Protocol of the Session on February 10, 2010

Die Bezirke haben sich Firmen gesucht, die aber der Streupflicht nicht nachkommen, weil sie 13 Jahre nicht dieses Aufkommen hatten und weil sie immer mehr Aufträge angenommen haben, als sie überhaupt ableisten konnten. Es ist sehr schade, dass es Firmen gibt, die Aufträge annehmen, denen sie dann nicht nachkommen, aber deshalb kann man nicht sofort die Verträge aufkündigen. Wenn Ihr Vermieter irgendetwas nicht nachkommt, dann können Sie erst einmal die Miete kürzen. Sie können aber nicht sofort sagen, wir geben Ihnen noch nicht einmal die Chance, es besser zu machen, und übernehmen es gleich selbst. Von daher kann man gar nicht sofort handeln, außer vielleicht erst einmal ein Zwangsgeld anzulegen.

Sprechen wir aber auch über die Hauseigentümer. Mein Weg vom Bahnhof nach Hause zum Beispiel geht nicht nur über öffentlichen Grund. Der geht an sehr vielen Häusern vorbei, auch an Mietshäusern. Wir sprechen hier von Denunziantentum, diese Vorwürfe habe ich auch von Bürgern bekommen. Aber seit gedroht wird, dass die endlich streuen müssen, ist auch etwas passiert und der Fußweg ist einfacher geworden.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Was wollen Sie uns eigentlich sagen, Frau Gregersen?)

Was im "Hamburger Abendblatt" berichtet wurde, dass wir zum Beispiel, wie der Kollege Rose sagte,

beim Winterdienst gekürzt hätten, aber den gleichen Service verlangen würden, entspricht nicht den Tatsachen.

(Arno Münster SPD: Es ist gar kein Service mehr!)

Es sind über all die Jahre 6,9 Millionen Euro ausgegeben worden und die sind auch weiterhin dafür da. Von daher sind das komische Vorwürfe in der Presse, die sich aber vielleicht leicht verkaufen lassen. Aber die Salzvorräte zum Beispiel sind in allen Städten am Ende.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Da haben Sie doch den Lieferanten gewechselt! Alle Länder, Städte und Kommunen warten auf das nächste Schiff, das zum Beispiel gestern Abend ankam. Von daher ist es egal, wo man hin- guckt; alle sind froh, wenn sie wieder Salzgranulat haben und streuen können. (Andy Grote SPD: Unter dem Strich heißt das, es war alles in Ordnung?)

Ich werde nie sagen, dass alles in Ordnung ist. Herr Kienscherf, Sie rufen zum Beispiel nach sauberen Radwegen. Es ist natürlich nicht schön, dass viele Menschen fallen. Aber wenn Sie jetzt sagen, wir sollen auch jeden Tag noch alle Straßen und Radwege freimachen, ist das in Ihrem Sinne? Dann ist es doch eher wichtig, die Fußwege rutschfrei zu bekommen und sich darum zu kümmern.

(Glocke)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk (unterbrechend) : Ich bitte nochmals um etwas mehr Ruhe.

Dann möchte ich noch einmal auf das Radfahren eingehen. Natürlich haben wir uns vorgenommen, den Radverkehr zu stärken, und das wollen wir auch.

(Dirk Kienscherf SPD: Aber nicht im Winter!)

Das wollen wir auch im Winter. Aber trotzdem kann keiner mit dem Bügeleisen rausgehen und alle Wege frei machen, Herr Kienscherf.

Es gibt ein Urteil vom Bundesgerichtshof von 1994, nach dem, wenn benutzungspflichtige Radwege nicht benutzbar sind, dann auch die Straße benutzt werden darf.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Weiß das die Fi- nanzbehörde schon?)

Dieses ist nicht immer einfach, das gebe ich zu. Auch ich fahre gerne Fahrrad und es ist an großen Straßen schon nicht einfach, diese zu nutzen. Deshalb appelliere ich auch an alle Autofahrerinnen und Autofahrer, wenn jemand trotzdem das Fahr

rad nutzt, weil es für ihn wichtig ist, auf die Radfahrer Rücksicht zu nehmen.

(Glocke)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk (unterbrechend) : Frau Gregersen, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kienscherf?

Nein. Herr Kienscherf kann sich gerne zu Wort melden.

(Beifall bei Horst Becker GAL und der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Früher waren Sie noch mutiger! – Gegenruf von Kai Voet van Vormizeele CDU: Früher waren Sie einmal besser!)

Wir haben bis jetzt eine Veloroute in Hamburg, die gestreut wird. Das ist die Route 3 und ich gebe zu, das ist mir zu wenig. Auch wir möchten – und das sehen Sie in unserem Antrag – evaluieren, wie es in diesem Winter gelaufen ist. Wir möchten ein Konzept erarbeiten und wir möchten auch, dass das vorgestellt wird. Und wenn Ihnen das dann nicht ausreicht, können Sie gerne daran mittätig werden und andere Vorschläge machen. Von daher halten wir unseren Antrag für wichtig und wir werden uns natürlich in dem Konzept auch damit beschäftigen, wie wir mit den Radfahrern in den nächsten Jahren besser umgehen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Senatorin Hajduk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieser lange Winter und die Dauerhaftigkeit der Wetterlage haben in der Tat viele von uns gefordert und teilweise in eine schwierige Lage gebracht. Ich gebe zu, da will ich gar nichts beschönigen, dass die Masse der ungeräumten und vereisten Gehwege, insbesondere wie wir sie in den letzten Wochen und Tagen erlebt haben, ein Problem ist, worüber sich Bürgerinnen und Bürger zu Recht ärgern. Insofern muss man diese Debatte auch mit selbstkritischen Tönen führen, da will ich nicht ausweichen.

(Beifall bei der GAL, der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das Winterräumkonzept, das wir in dieser Stadt seit langen Jahren haben, sieht in der Tat keinen lückenlosen Winterdienst durch die öffentliche Hand vor, einmal ganz unabhängig davon, ob jetzt die Menschen ihren Pflichten nachkommen. Es werden Prioritäten gesetzt und es ist ein Konzept – davon sollten wir in unserem Anspruch auch nicht vollständig abrücken –, in dem den Anliegerinnen und Anliegern auch eine große Mitverant

wortung für die Verkehrssicherheit auf Gehwegen gegeben wird. Das wird auch in Zukunft notwendig sein und das muss man in dieser Debatte auch sagen dürfen. Ich sage das nicht, um irgendwelche Verantwortung wegzuschieben. Das hat auch ein bisschen mit dem Verständnis zu tun, wie man in so einer Stadt lebt.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Die Aufgabe des Winterdienstes wird arbeitsteilig übernommen. Verantwortlich sind die Stadtreinigung, die Anliegerinnen und Anlieger der öffentlichen Wege und die Bezirksämter. Ich möchte hier eindeutig keine große Kritik an der Stadtreinigung üben, ganz im Gegenteil.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich bin vorhin aufgefordert worden, selbstkritisch zu sein als Senat, der die Verantwortung hat und in dem ich als BSU-Senatorin Verantwortung trage. Die Stadtreinigung hat in den vergangenen Wochen großartig die Hauptverkehrsstraßen frei gehalten und sie gut geräumt.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Sie hat bisher keine schlimmen Engpässe gehabt, soweit ich unterrichtet bin, was Streugut angeht. Herr Hackbusch hat es auch eingangs seiner Rede gesagt, da hat man auch Dank auszusprechen.

Wir haben, das ist schon eine Tatsache, auch prozentual gesehen ein großes Problem bei der Räumungspflicht privater Anlieger und Anliegerinnen. Zu sagen, weil es auf öffentlichen Gehwegen nicht gut aussah, sei das andere sozusagen nur als kleines Problem zu behandeln, wäre nicht gut. Ich gebe dem Argument von Herrn Hackbusch aber vollständig recht. Wenn man sieht, dass der Räumdienst vor Behörden und öffentlichen Gebäuden nicht richtig funktioniert, dann ist das natürlich ein ganz schlechtes Beispiel.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Richtig, so ist es!)

Deshalb komme ich auf das Thema zu sprechen, das mich auch in den sehr intensiven Gesprächen mit den Bezirksamtsleitern beschäftigt hat. Ich habe sie natürlich gebeten, mir darzulegen, was denn in ihrer Verantwortung vor Ort los sei und wie sie das bewerten. Wir wollen uns jetzt einmal auf die Gehwegsituation konzentrieren, weil das gerade in den vergangenen acht Tagen so offenkundig gewesen ist. Das hat sich nach dem Schneefall Mitte letzter Woche auch noch einmal dramatisch zugespitzt.

(Wolfgang Rose SPD: Das ganze Personal ist eingespart!)

Dann wurde geschildert – und das ist schon ein wichtiger Punkt, über den wir uns austauschen müssen –, dass ein großer Anteil der beauftragten privaten Firmen sich als teilweise überfordert erwiesen hat und seinen Pflichten nicht nachkommt.

(Martina Gregersen)

(Wolfgang Rose SPD: So ist das bei der Pri- vatisierung!)

Deshalb werden wir uns darüber auch auszutauschen haben. In puncto Verantwortung hätte ich immer Verständnis dafür gehabt, wenn jemand sagt, der Auftrag, den ich vergeben habe, funktioniert nicht, jetzt muss etwas anderes gemacht werden, da hätte ich gerne geholfen. Ich habe dann am Montag mit Herrn Siechau reagiert und wir haben das dann übernommen. Seit Dienstag sind die Leute auf der Straße und ich möchte noch einmal zu Herrn Neumann sagen, der heute Morgen so kritisch von einer Mogelpackung gesprochen hat – die Zahlen sind von Herrn Hesse genannt worden –, dass 300 Mitarbeiter von der Stadtreinigung im Einsatz sind und 700 weitere dabei sind. Es sind 114 Kräfte von HAMBURG WASSER gekommen und heute 43 Mitarbeiter von den Hamburger Friedhöfen. Wir haben den Ersatz geschaffen, den die Bezirksamtsleiter nicht organisiert hatten und den sie leider auch nicht vorher bei mir angemeldet haben; das hätte ich auch gut gefunden. Wir sind in eine Situation gekommen, in der man kritisch reflektieren muss, ob das mit der Aufgabenverteilung so richtig ist. Ich übernehme gerne Verantwortung, aber die Stadtreinigung hat ihren Job verdammt gut gemacht und macht im Moment weit mehr als das, auf das sie sich hätte vorbereiten müssen. Und so unbürokratisch, wie dieser Einsatz gemacht wird, Herr Neumann, ist das keine Mogelpackung, sondern das verdient auch Ihre Anerkennung.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Wir werden dann vielleicht schauen müssen, wie das mit der Aufgabenverteilung und der Verantwortung ist. Wir haben den Anspruch der Selbstverantwortung der Bezirke, das habe ich hier vorhin gehört, aber dann muss dieser Verantwortung auch wirklich nachgekommen oder ausdrücklich gesagt werden, dass man Unterstützung brauche. Ich möchte daran erinnern, dass wir diese Unterstützung auch schon seit dem 25. Januar 2010 praktiziert haben. Da war das Thema auch schon da, es ist nicht erst seit Montag ein Thema. Da haben wir die Stadtreinigung auch zur Verfügung gestellt. Ich möchte das hier nur für die Debatte sagen, damit klar ist, dass wir uns da überhaupt nicht zurückgelehnt haben und weil mich das insgesamt auch ein wenig geärgert hat.

Aber auch die anderen Angebote, die wir in dem 7-Punkte-Plan aufgestellt haben, sind schon sehr gut umgesetzt worden, nicht nur die Bereitschaft dieser zahlreichen Mitarbeiter, für Abhilfe zu sorgen,

(Juliane Timmermann SPD: Warum musste es denn so weit kommen?)

sondern es ist auch zusätzlich geleistet worden, dass wir diese Hotline gut bereitstellen konnten.

Gestern gab es in der Tat ein sehr hohes Aufkommen. Es sind 18 900 Anrufe eingegangen, da ist natürlich auch eine Überlastungssituation eingetreten, die alle entgegenzunehmen. Heute waren es bis zum Nachmittag 2300 weitere Anrufe, davon konnten schon 2200, ein ganz hoher Anteil, angenommen werden. Es wurde und wird also auch sehr gut in Anspruch genommen. Die Rückmeldung, die ich von der Stadtreinigung bekommen habe, besagt, dass 70 Prozent der Glättemeldungen Gehwege betroffen haben, an denen Anlieger streu- und winterdienstpflichtig sind. Das wird ein Thema sein, das wir später bei einer Analyse berücksichtigen müssen. Ich finde es nur richtig, dass wir jetzt trotzdem handeln, und es ist gut, dass mittlerweile alle 14 Recyclinghöfe Streusplitt zur kostenlosen Abgabe zur Verfügung stellen. Von den 50 angekündigten weiteren öffentlichen Plätzen sind mittlerweile schon 20 zusätzliche Plätze eingerichtet worden und die weiteren werden auch unmittelbar eingerichtet werden. Trotz des Schneefalls, den wir jetzt auch wieder zusätzlich hatten, wird dieser Plan gerade von den Verantwortlichen sehr konsequent umgesetzt. Das ist wichtig und ich hoffe, dass das auch Abhilfe schafft für die Betroffenen, die so große Schwierigkeiten hatten, sicher auf die Straße zu treten.

Wir werden auch noch darüber reden müssen, ob wir bei denjenigen, die ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, aufgrund von Ersatzvornahmen dann später auch Kostenpflichtigkeit herstellen. Wenn jemand seiner Aufgabe nicht nachkommt, muss man dieser Pflichtverletzung auch deutlicher und stärker hinterhergehen. Dazu habe ich die Bezirksamtsleiter ausdrücklich aufgefordert und das finde ich richtig.

Zu den Anträgen möchte ich sagen, dass es schon sinnvoll ist, uns noch einmal selbstkritisch damit zu beschäftigen, wie wir vorgehen können. Es ist zu Recht gesagt worden, dass es auch in anderen Städten Probleme gibt und dass wir hier jetzt unseren Weg gehen. Ich war am Montag aus Dienstgründen in Berlin, meine Kollegin Frau Lompscher hat da mit der Situation bestimmt auch ihre Probleme, das ist dort auch nicht ganz einfach.