Protocol of the Session on January 21, 2010

Der dritte Grund, warum man die Vermögensteuer wieder einführen sollte: In der jetzigen wirtschaftlichen Situation auf die Idee zu kommen, Steuern zu senken, ist für mich politisches Harakiri. Die neue Bundesregierung sieht dies ganz anders, jeder Grundschüler und jede Grundschülerin würde aber sagen, die können nicht rechnen.

(Beifall bei der LINKEN und der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Wenn man sich dann noch ansieht, welche Steuern gesenkt wurden, dann weiß man nicht, wie man sich entscheiden soll, ob es Klientelpolitik ist oder einfach heller Wahnsinn oder beides zugleich.

Herr Goldberg, als die Vermögensteuer ausgesessen und nicht wieder eingeführt wurde, wurde von Ihrer Partei stets argumentiert, wenn man die nicht abführe, dann wäre mehr Geld in den Händen, dann würde mehr in den Konsum investiert, es würde überhaupt mehr investiert, dann würde die Konjunktur angekurbelt und es kämen wieder mehr Steuergelder herein. Es hat nicht funktioniert und es wird diesmal auch nicht funktionieren,

(Thies Goldberg CDU: Das stimmt nicht, dass das das Argument war! Da kennen Sie sich offensichtlich nicht aus!)

dass die Steuersenkungen die Wirtschaft ankurbeln. Die Tatsachen zeigen, dass das nicht stimmt.

(Thies Goldberg CDU: Das, was Sie gesagt haben, stimmt nicht!)

Bürgermeister Ole von Beust beklagt – dies wurde schon angesprochen und es hatte großen Aufruhr in den Medien hervorgerufen – die Partikularinteressen der Bürger. Auf der anderen Seite senken

CDU und FDP für die Hotellerie die Mehrwertsteuer um 12 Prozent und durch Zufall kamen aus der gleichen Interessensecke große Parteispenden. Damit noch nicht genug: 14 Tage, nachdem dieser neue Mehrwertsteuersatz galt, Mitte Januar – die Senkung des Steuersatzes wird übrigens nicht an die Hotelgäste weitergegeben, die Hotelpreise sind ganz im Gegenteil sogar noch gestiegen –, machen sich schon die ersten Politiker aus den Regierungsparteien Gedanken, wie sie die Einnahmeausfälle für die Kommunen wieder kompensieren können. Es kamen so skurrile Vorschläge wie zum Beispiel, dass jeder Gast pro Nacht 3 Euro Kurtaxe zahlen solle, um den Verlust aus der Steuersenkung für die Hotellerie wieder auszugleichen. Ich fasse das überhaupt nicht, normalerweise ist es doch so, dass man sich, bevor man Gesetze verabschiedet, Gedanken macht, welche Auswirkungen dies hat. Es ist beim Wachstumsbeschleunigungsgesetz offenkundig überhaupt noch nicht erkannt worden, welche verheerenden Auswirkungen diese Steuersenkungen auf die öffentlichen Kassen haben werden. Diese neuerliche Steuersenkung, es ist schon die dritte Welle, hätte nie stattfinden dürfen. Stattdessen wäre die Einführung der Vermögensteuer angesagt gewesen.

Der vierte und letzte Grund, warum ich meine, dass die Vermögensteuer wieder eingeführt werden muss, ist, dass keiner weiß, wie die Staatsschulden wieder auf ein vertretbares Maß heruntergeführt werden sollen. Einige haben errechnet, dass es mehr als 100 Jahre dauern wird. Da kann man nur sagen: Wir sind wirklich unverantwortlich gegenüber den kommenden Generationen.

(Thies Goldberg CDU: Und Sie wollen 2 Mil- lionen Euro in den Konsum stecken!)

Mit der Einführung der Schuldenbremse glauben Sie nun, ein geeignetes Mittel gefunden zu haben, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Es soll dadurch funktionieren, dass die laufenden Ausgaben erheblich zurückgefahren werden. Aber dieses Kürzungspotenzial gibt es überhaupt nicht, wo wollen Sie noch etwas zurückfahren, das geht gar nicht.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Schuldenbremse genauso abgeschafft wird, wie sie eingeführt wurde, nämlich durch Mehrheitsbeschluss in den Parlamenten, wird bereits offen diskutiert. Für einen dringend notwendigen, langfristigen Schuldenabbau wäre eine Vermögensteuer ein gutes Mittel. Verantwortung für das Gemeinwohl zu übernehmen heißt auch, dafür zu sorgen, dass die Aufgaben des Staates für die Bürgerinnen und Bürger wahrgenommen werden, und das sozial gerecht. Daran fehlt es im Moment völlig.

An der Erhöhung der Steuern wird keiner vorbeikommen, früher oder später werden alle darauf kommen. Frau Merkel denkt jetzt schon über die Finanztransaktionssteuer nach. Aber je später wir

dies machen, desto teurer wird es für die Gesellschaft. Auch wenn die SPD das letzte Mal unseren Antrag zur Einführung der Vermögensteuer abgelehnt hat, werden wir ihrem Antrag heute zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Mi- chael Neumann SPD: Das ist gut!)

Nunmehr bekommt Finanzsenator Dr. Freytag das Wort.

(Michael Neumann SPD: Da müsste man ei- ne Unvermögensteuer erheben!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In Deutschland gilt im Steuerrecht das richtige Prinzip, dass stärkere Schultern stärker belastet werden, schwächere Schultern schwächer. So ist es auch in Hamburg.

Ich nenne Ihnen einmal die Zahlen. Wenn wir uns in Hamburg die 20 Prozent der einkommensstärksten Bürger ansehen, dann zahlen diese drei Viertel aller Steuereinnahmen bei der Einkommensteuer. Umgekehrt zahlen 80 Prozent der Steuerpflichtigen nur ein Viertel der Steuereinnahmen.

Jetzt sehen wir uns nur die Spitzengruppe an. Die Spitzengruppe – 1 Prozent der einkommensstärksten Steuerpflichtigen – zahlt etwa ein Drittel aller Steuereinnahmen. Die Belastungen, die aus den Steuereinnahmen kommen, sind in Deutschland sehr dezidiert aufgeführt. Wenn Sie ein hohes Einkommen haben, zahlen Sie mehr Einkommensteuer. Haben Sie mehr Guthaben, zahlen Sie höhere Steuern für Ihre Zinsen. Haben Sie Grund und Boden, zahlen Sie mehr Grundsteuer.

(Ingo Egloff SPD: Von der CDU erhöht! – Mi- chael Neumann SPD: Wieso mehr? Das ist ein fester Satz!)

Ich bin übrigens auch sehr froh, dass dies so ist und in Hamburg diejenigen, die mehr geben können, auch tatsächlich mehr herangezogen werden. Ich finde es aber falsch, dass wir jene, die jetzt schon die meisten Steuern zahlen, hier öffentlich in irgendeiner Weise anprangern. Ich bin glücklich über jede Hamburger Familie, die viel Geld hat, hier in Hamburg wohnen bleibt und nicht dort hingeht, wo sie weniger Steuern zahlen muss.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin auch froh, dass wir sehr viele Spitzenverdiener in dieser Stadt haben, die freiwillig in großer Zahl und in großem Umfang für die wichtigen sozialen und kulturellen Projekte unserer Stadt sehr viel Geld geben. Sie sollten das würdigen und schätzen und diese Menschen nicht vertreiben, sondern in der Stadt behalten.

(Beifall bei der CDU)

Ich wollte diese Daten und Fakten, bezogen auf Hamburg, einfach einmal nüchtern nennen. Das heißt, in Hamburg zahlen diejenigen, die mehr haben, die meisten Steuern und ohne diese einkommensstarke Gruppe könnten wir unseren Hamburger Haushalt gar nicht gestalten.

Ich betone – Herr Kerstan hat darauf hingewiesen –, dass in den Jahren 1998 bis 2005 die SPD eine Bundesregierung geführt hat mit Bundeskanzler Schröder. Nachdem 1997 die Vermögensteuer abgeschafft worden ist infolge eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts, hatte die SPD sieben Jahre Zeit,

(Michael Neumann SPD: Wer blockiert das im Bundestag!)

die Vermögensteuer wieder einzuführen. Aus guten Gründen hat Bundeskanzler Schröder das damals abgelehnt. Ich kann Sie nur auffordern, dem guten Beispiel von Bundeskanzler a.D. Schröder zu folgen und Ihren Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Petersen hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man ist doch ein bisschen entsetzt, dass bei dieser großen Krise über Klaus Störtebeker und "Und täglich grüßt das Murmeltier" schwadroniert wird. Wir haben die größte Finanzkrise nach dem Krieg in Hamburg zu bewältigen und keinen einzigen Vorschlag von Ihnen bekommen, wie wir diese Krise bewältigen können.

(Viviane Spethmann CDU: Aber die Vermö- gensteuer macht das, oder?)

Wir Sozialdemokraten haben einen Vorschlag gemacht und auch, wenn es das fünfte oder sechste Mal ist, haben wir diesen Vorschlag jetzt erneut gemacht und können ihn auch gut begründen.

(Thies Goldberg CDU: Sie haben nichts mit- bekommen vom Konjunkturprogramm und der Senatsklausur! – Viviane Spethmann CDU: Das war Sozialneid!)

Sie können sich doch gleich alle melden und das dann noch einmal begründen. Hören Sie doch erst einmal zu. Wenn Sie nicht zuhören wollen, dann können Sie hinausgehen.

Die Vermögensteuer ist etwas, das es seit dem Grundgesetz gibt. Sie ist im Grundgesetz verankert und damals war im Parlamentarischen Rat der Vorsitzende Konrad Adenauer. Aus Hamburg war für die CDU Paul de Chapeaurouge dabei. Von daher war die Vermögensteuer etwas, das es seit langem gibt und das es auch in vielen anderen Ländern gibt. Das ist für die Menschen in der Stadt ein wichtiger Aspekt.

(Dora Heyenn)

Wir machen diesen Vorschlag jetzt erneut, weil wir sehen, dass die finanzielle Schieflage, die es in der Stadt gibt, dazu führen wird oder schon dazu geführt hat, dass es vielen Menschen sehr viel schlechter geht, vor allen Dingen den Arbeitslosen, die durch diese Krise ihren Job verloren haben. Über 20 Prozent der Kinder leben in Armut. Wir machen diesen Vorschlag, damit der Staat beziehungsweise die Stadt die Möglichkeit hat, ihre Aufgaben zu erfüllen.

Von Ihnen, vor allen Dingen von der CDU, haben wir keinen einzigen Vorschlag gehört, wie das zu bewältigen wäre. Ihre Vorschläge sind Gebührenerhöhungen und die Senkung von staatlichen Leistungen. Damit helfen Sie den Menschen in der Stadt sicherlich nicht. Es gibt viele Menschen in Hamburg, die sehr viel verdienen und natürlich, Herr Senator Freytag, tun viele von ihnen viel Gutes durch ihre Steuerzahlungen. Aber es gibt auch Menschen in dieser Stadt, die viel verdienen und sagen, man brauche die Vermögensteuer, zum Beispiel der Reeder Krämer.

(Senator Dr. Michael Freytag: Ich gebe Ih- nen gerne die Kontonummer, da können Sie gerne was überweisen!) Dr. Michael Freytag : – Das ist eine äußerst freche Bemerkung, Herr Senator, eine äußerst freche Bemerkung. (Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Der Reeder Krämer tut viel, das wissen Sie ganz genau, er finanziert viele soziale Leistungen in dieser Stadt. Ihn hier vor dem Parlament so schlechtzumachen, gehört sich überhaupt nicht.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Die Maßnahmen, die Sie in Zukunft vorschlagen werden für den nächsten Haushalt, werden uns zeigen, wie Sie mit den Menschen in der Stadt umgehen. Ich sage Ihnen schon jetzt, es wird so sein, dass Sie wieder die Menschen, die wenig oder gar kein Vermögen haben, mehr belasten werden als diejenigen mit hohem Vermögen. Ich bin sicher, dass das Verständnis bei den Menschen, die ein hohes Vermögen haben, dafür, dass sie in dieser Zeit etwas mehr leisten sollten, sehr groß ist. Sie gehen darüber hinweg, Sie haben doch gar keine Gespräche mit diesen Menschen geführt, die ein hohes Vermögen haben. Ich habe mit vielen von ihnen gesprochen.

(Zurufe von der CDU: Ah, ah!)

Sie haben es nicht getan.

(Thies Goldberg CDU: Woher wollen Sie wissen, mit wem wir reden? Sind Sie immer dabei?)

Dann wüssten Sie es.

Ich habe mit vielen dieser Menschen gesprochen und viele von ihnen sind bereit, einen patriotischen Beitrag in dieser Notlage für die Stadt zu leisten. Und Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, machen diese Menschen lächerlich und das geht nicht.

(Thies Goldberg CDU: Lächerlich machen Sie sich selbst!)