Protocol of the Session on September 16, 2009

Sie, liebe Kollegen von der SPD, machen in einem ganz wichtigen Punkt den gleichen Fehler, den der Vorstand der HSH Nordbank gemacht hat. Sie wollen wieder den Fachleuten vertrauen, sollen doch die Experten das machen. Wir haben zwei parlamentarische Untersuchungsausschüsse, wo wir als Abgeordnete unsere parlamentarischen Rechte

(Ingo Egloff SPD: Das eine schließt das an- dere ja nicht aus!)

wahrnehmen, um Aufklärung zu leisten und politische Verantwortung festzulegen. Und was sagen Sie? Bevor wir dort überhaupt weitergekommen sind, bevor diese Ausschüsse überhaupt mit der Arbeit angefangen haben, wollen Sie diese Aufgabe an Fachleute delegieren, an Wirtschaftsprüfer.

(Beifall bei Elke Thomas CDU)

Das wird unserer Rolle nicht gerecht und ist nicht der entscheidende Punkt. Meine Fraktion möchte politisch klären und hinsichtlich politischer Verantwortlichkeiten überprüfen, was dort passiert ist.

(Ingo Egloff SPD: Ein bisschen Sachver- stand hilft aber auch!)

Das ist unsere Aufgabe und nicht die von Wirtschaftsprüfern.

Genauso falsch war es, dass sich der Vorstand der HSH Nordbank allein auf Rating-Agenturen verlassen hat. Das waren auch Experten, die dort Triple-A-Ratings vergeben haben. Hinterher hat man

(Thies Goldberg)

festgestellt, dass es anscheinend doch keine so großen Experten waren,

(Andy Grote SPD: Und wie steuern Sie das heute politisch, Herr Kerstan?)

denn das waren keine sachgerechten Einschätzungen. Darum möchte ich auch davon abraten, eine solche Debatte wie Herr Marnette jetzt anzuführen. Es mag sein, dass sich nun Wirtschaftsprüfer darüber streiten, ob man nach internationalen Rechnungslegungsstandards bilanzieren sollte oder nach HGB.

(Andy Grote SPD: Wollen Sie das politisch entscheiden, wie das geht?)

Meinetwegen sollen das die Wirtschaftsprüfer prüfen. Unsere Aufgabe ist es, auch als Eigentümer dieser Bank zu klären, ob Aufsichtsrat und Vorstand ihre Pflichten wahrgenommen haben. Wir haben die Instrumente dafür eingesetzt und ich würde mir wünschen, dass auch in Hamburg mit der Arbeit begonnen wird und wir im PUA Anhörungen und Ähnliches haben, so wie wir es im Moment aus den Medien in Schleswig-Holstein erfahren können. Diese Sonderprüfer, die jetzt alles richten sollen, die Experten, die Wirtschaftsprüfer, das waren unter anderem diejenigen, die uns auch mit in diese Krise hineingerissen haben.

Lassen Sie uns unsere Verantwortung wahrnehmen und hören Sie auf mit diesen Spiegelgefechten und Nebenkriegsschauplätzen, die im Moment wirklich nichts Zusätzliches zur Aufklärung beitragen, abgesehen von dem, was wir bereits gemeinsam beschlossen haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort hat Herr Bischoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich gestehe Ihnen zunächst einmal zu, Herr Kerstan, dass dieser Antrag nicht gerade durch große inhaltliche Kompetenz besticht.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Sich aber hinzustellen, wie Sie das machen, und zu sagen, das sei eine bloße Mode bei der SPD, ist dem Problem doch nicht angemessen. Wir haben vielleicht auch ein Problem mit der SPD, aber das müssen wir hier nicht diskutieren, sondern wir haben in der Tat ein Problem mit der HSH Nordbank. Das existiert in der Öffentlichkeit. Gerade Sie können sich nicht einfach hinstellen und den Spruch von der Wahl zwischen Pest und Cholera bringen. Ich habe Ihnen schon gesagt, dann müssen Sie diesen Satz ernst nehmen und schauen, dass Sie das Ding in Ordnung bringen. Haben Sie das in Ordnung gebracht? Das haben Sie nicht, Sie haben auch keinen politischen Druck dahinge

hend ausgeübt, dass die Bank in ein anderes Fahrwasser kommt.

Fakt ist zum Beispiel, dass die Bank, kaum hatte sie das Geld und die Garantien eingesackt, im Rating heruntergesetzt wurde. Am Montag habe ich gelesen, dass Fitch die Bank weiter heruntergesetzt hat auf Rating Watch Negative. Da kommen Sie jetzt an mit diesem U-Boot aus der CDU, mit Herrn Marnette,

(Elke Thomas CDU: Was?)

das ist doch gar nicht das Problem. Unser Problem ist, dass vor unseren Augen diese Bank weiterhin in immer schwierigeres Fahrwasser gerät. Die Frage ist – das attestiere ich jetzt auch der SPD –, ob wir im Sinn der Stadt und des Geldes, was dort drinsteckt, einen Kurswechsel hinbekommen; darum geht es. Herr Goldberg, da könnte das Instrument einer Sonderprüfung durchaus hilfreich sein, muss es aber nicht. Sie dürfen nicht einfach, wie auch bei anderen Beteiligungen, über die wir heute noch sprechen werden, Geld hineingeben, sondern müssen den Willen haben, das zu ändern, Verantwortung zu übernehmen und die Bank nicht einfach laufen zu lassen, wie das bisher der Fall war.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Martin Schäfer SPD)

Was hinter dem Antrag der SPD steht, ist nicht ein billiger Wahlkampftrick, sondern die tiefe Unruhe darüber, wie die Bank weiterläuft. Müssen wir deswegen, um die Geschäftsjahre 2007/2008 zu klären, noch ein zusätzliches Instrument haben? Das können wir auf eine andere Art und Weise lösen. Was aber die aktuelle Situation betrifft, bin ich ausgesprochen beunruhigt. Ich kann hier und in den Ausschüssen immer nur an Sie appellieren, das nicht so weiter laufen zu lassen, denn wenn wieder Probleme auftauchen, werden wir alle die Quittung dafür bekommen.

Herr Kerstan, manchmal frage ich mich auch, wie Sie das eigentlich auf die Reihe kriegen. Sie sind doch mitverantwortlich dafür, dass diese SAM für die Anstalt öffentlichen Rechts als Kompetenzzentrum herhält. SAM, Sachsen Asset Management, das sind die Leute, die die SachsenLB gegen die Wand gefahren haben.

(Thies Goldberg CDU: Das ist gelogen! Das wissen Sie ganz genau! Das stimmt nicht!)

Herr Goldberg, für Ihren einfachen Geschmack mag das ausreichen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Jedenfalls ist diese Bank, ist dieses Zentrum eingekauft worden, um ein bestimmtes Kontrollsystem zu entwickeln. Nun stellt sich Herr Kerstan hin und sagt, dass wir das alles selbst machen. Das ist doch wirklich eine Vernebelung. Wenn Sie sagen,

(Jens Kerstan)

dass Sie das politisch machen müssen, dann hätten Sie dafür sorgen können, dass wir diese Anstalt öffentlichen Rechts – dazu bekommen wir nachher noch eine Vorlage – ein bisschen anders handhaben. Sie lenken immer davon ab und nehmen drittklassige, abgewirtschaftete Bankmanager in den Sold von Hamburg, um ihnen die Aufgabe zu übertragen, kein weiteres Geld zu versenken. Das ist doch die Realität.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das muss in aller Schärfe gesagt werden, denn es geht nicht nur um das Kreditersatzgeschäft – Herr Marnette hin oder her, an dem Punkt hat er immer recht gehabt –, sondern je länger die Krise marschiert, desto größer wird das Problem, was bei dem Brechen der aktuellen Kreditverträge herauskommt, gerade im Bereich Schiffbau und im Bereich Immobilien. Insofern macht es schon sehr viel Sinn, auch wenn ich die Hintergründe nicht genau kenne, dass die Rating-Agenturen diese Bank, wie andere Landesbanken auch, immer stärker nach unten schieben.

Die politische Verantwortung haben in erster Linie Sie. Sie müssten sagen, dass wir eingreifen müssen. Wenn Sie sich mit so einem geringschätzigen Beitrag hier hinstellen, dann nehmen Sie nicht einmal das Problem ernst und das werfe ich Ihnen vor.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Im Vorwege Schelte am parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu üben, ist wirklich gelungen. Wir könnten gerne darüber diskutieren, wie lange der Senat braucht, um die Akten vorzulegen.

(Jens Kerstan GAL: Warum haben Sie es denn so spät beantragt, viel später als Schleswig-Holstein?)

Herr Kerstan, Sie wissen ganz genau, dass die Fraktion der LINKEN in diesem Ausschuss so gut wie nichts zu sagen hat. Diese Aufklärung, die Sie einfordern – das ist nicht nur meine Auffassung, sondern das können Sie jedes Mitglied der Fraktion fragen –, ist für uns zum Teil eine Beerdigung erster Klasse. Das ist kein Aufklärungsengagement, da müssten wir ganz anders an die Sache herangehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sich dann hier hinzustellen und zu sagen, jetzt krempeln Sie doch endlich einmal die Ärmel hoch und fangen an zu arbeiten, ist meines Erachtens schon ein ziemlich starkes Stück.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Herr Kerstan ist Zeitungsleser, das schafft er wenigstens noch. Schauen wir uns einmal an, was denn bei dem Untersuchungsausschuss in Schleswig-Holstein herausgekommen ist. Es ist herausgekommen, was wir hier schon die ganze Zeit dis

kutieren, nämlich, dass diese Bank 2007 ein völlig unzureichendes Risikomanagement hatte. Es war völlig klar, dass diese Bank – ich bin im PUA und kann jetzt auch Akten lesen – 2007 hochsensibel gefährdet war und Liquiditätsprobleme hatte. Und alle Beteiligten, angefangen von Herrn Peiner bis zu Herrn Freytag, wussten, dass die Finanzmarktkrise noch eine ganze Zeit weitergehen würde.

Wissen Sie, was der Fall war? Der Kollege dort auf der Bank hat sich hier in den Raum gestellt und gesagt, obwohl er das alles wusste, liebe Leute, gebt noch eine Milliarde Kapitalaufstockung dazu. Die ganze Katastrophe ist erst ab September 2009 hereingebrochen. All das, was Herr Hakverdi einfordert, ist Zeitungswissen. Wenn Sie nicht so herumeiern würden, dann würden Sie sagen, dass es höchste Zeit für personelle Änderungen in diesem Senat sei, denn diese Unglaubwürdigkeit ist überhaupt nicht zu toppen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Stattdessen machen Sie eine drittklassige Nummer mit Freshfields, diesem berühmten Untersuchungsauftrag, den Herr Peiner – nicht nur Herr Peiner allein, sondern der Aufsichtsrat – erteilt hat. Wir haben jetzt September, wenn ich das richtig weiß, ist dieses Gutachten Anfang Mai in Auftrag gegeben worden. Es wurde schon zigmal nachgefragt, wann wir es endlich zu sehen bekommen. Da könnten Sie als Mitglied der Exekutive auch einen bestimmten Druck ausüben. Es ist hochspannend und würde mich interessieren, warum Freshfields …

(Klaus-Peter Hesse CDU: Er ist Mitglied der Legislative, nicht der Exekutive!)

Da hat der schon seinen Anteil dran.

Sie hoffen wahrscheinlich, und da werden Sie auch noch Ihr blaues Wunder erleben, dass die Bank allein durch eine Veränderung der Großwetterlage auf den Finanzmärkten wieder in besseres Fahrwasser kommt. Sie haben jedenfalls keinen Beitrag dazu geleistet, dass die Fehlentwicklung aufgeklärt worden ist. Sie haben keinen einzigen Beitrag dazu geleistet, dass wir mit den Steuermitteln in Hamburg etwas verantwortlicher umgehen. Das Einzige, was Sie hinbekommen haben – da muss ich sagen: Chapeau –, ist Peiner, der wirklich nur eine Spur von Dummheit zurückgelassen hat.