Anhand der LAU- und KESS-Studien, die von der Behörde gemacht und statistisch sauber geführt worden sind, hat Herr Professor Tillmann eindeutig nachgewiesen, dass die Kinder von Akademikern eine 3,8-mal höhere Chance auf eine Gymnasialempfehlung haben. Nimmt man das Elternwahlrecht dazu, dann haben Akademikerkinder sogar eine viereinhalbmal höhere Chance, die Empfehlung für den Übergang in ein Gymnasium zu bekommen, und 40 Prozent von ihnen schaffen das Abitur, wie bereits gesagt wurde. Ich brauche Ihnen nicht zu erzählen, dass die Kinder, wenn sie sukzessive, erst auf die Realschule, dann auf die Hauptschule, heruntergeschult werden, gebrochene Menschen sind und ganz große Schwierigkeiten haben, wieder auf die Beine zu kommen.
Ich weiß, wovon ich rede, ich hatte einmal eine achte Realschulklasse mit sieben Schülern, die vom Gymnasium kamen und in ihrer Persönlichkeit gebrochen waren. Ich brauchte ein halbes Jahr, bis sie wieder ihr Selbstbewusstsein erlangt hatten, und Gott sei Dank haben sie alle hinterher auf dem Wirtschaftsgymnasium ihr Abitur gemacht.
Nein. Ich will Ihnen auch genau sagen, warum. Ich höre jetzt zum xten Mal eine Rede von den Sozialdemokraten zur Schulgesetznovelle und jedes Mal sagen sie etwas anderes.
Wir halten die enge Kooperation von Primarschulen mit Gymnasien für gefährlich und möchten daran erinnern, dass es in Hamburg einmal den Versuch mit den sogenannten Progymnasien gegeben hat, die laut Gesetz verboten wurden. Wir möchten auf jeden Fall, dass Kinder nach der Primarschule jede andere Schule besuchen können und dass es keine Vorentscheidung gibt. Frau Senatorin Goetsch hat heute in der Pressekonferenz versprochen, dass keine pränatalen Entscheidungen
Leider ist Herr Beuß nicht da, der gestern in puncto HCU gesagt hat, es würde immer das Gleiche gesagt werden; doch wenn man ernsthaft einen Standpunkt eingenommen hat, wiederholt man ihn natürlich auch. Wir haben nach wie vor eine differenzierte Stellung zur Schulgesetznovelle und fänden es gut, wenn die Reform jetzt endlich dem Praxistest unterzogen werden würde.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ernst, Sie werden ja nicht müde, zu betonen, dass Ihre Partei für längeres gemeinsames Lernen steht. Was ich aber nicht verstehe, ist, dass gleichzeitig die Botschaft ausgesendet wird, das möge aber bitte nicht hier und jetzt geschehen.
Frau Heyenn hat eben betont, es müsse endlich losgehen, und Sie, Herr Neumann, schreiben sich sogar als Fraktionsvorsitzender eine Grundsympathie – ich beziehe mich auf Ihr Sommerinterview – für die Gegner der Schulreform auf die Fahne, die sich deutlich gegen ein längeres gemeinsames Lernen aussprechen und die Reform um jeden Preis verhindern wollen. Mir und inzwischen den meisten Menschen in der Stadt ist überhaupt nicht klar, welchen Kurs Sie eigentlich politisch und fachlich fahren.
Einerseits wollen Sie nicht gegen das gemeinsame Lernen sein, andererseits treten Sie als entschiedener Gegner der Schulreform auf und ich kann überhaupt keine Linie mehr erkennen. Wesentlich konstruktiver ist meiner Meinung nach eine kritische Begleitung, wie es die LINKE macht. Ich weiß nicht, welche politische Alternative
Sie bieten und wo Ihr Angebot für eine andere Schulpolitik bleibt. Ich weiß auch nicht, ob Sie Ihren Wählern, von denen sich 59 Prozent für die Schulreform ausgesprochen haben, einen Gefallen tun. Sie müssen endlich einmal zu einer klaren Linie finden.
Ich möchte noch gerne einige Sätze zum Elternwahlrecht sagen, weil dieses im Fokus steht und die anderen Punkte der Schulgesetznovelle ja auch von den Experten sehr positiv goutiert worden sind.
Das Elternwahlrecht ist sicherlich ein sehr wichtiges, aber auch schwieriges Thema. Eltern werden viel genauer und viel früher wissen, wo ihr Kind steht, da es nicht mehr den nur einmal jährlich stattfindenden Elternsprechtag gibt, an dem sie gerade einmal zehn Minuten mit den Lehrern sprechen können. Stattdessen gibt es eine regelmäßige, klare Rückmeldung an Eltern und Schüler, verbindliche Gespräche der Klassenlehrer, Lernentwicklungsberichte, Lernvereinbarungen und eine Lernplanung mit den Kindern. Bei der Übergangsentscheidung werden natürlich die ausgewiesenen Lern- und Leistungsstände einfließen, denn wir wollen, dass nach Leistung beurteilt wird
und nicht nach sozialer Herkunft. Hinzu kommen die Kompetenztests in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch und neben der Fremdeinschätzung wird auch die Selbsteinschätzung der Schüler und Schülerinnen berücksichtigt. Insofern spielen mehrere Bewertungskomponenten und nicht nur ein einzelner Lehrer oder eine Zeugnis
konferenz bei der Übergangsentscheidung eine Rolle. Auf der Basis der so festgestellten und gewichteten Ergebnisse entscheidet dann die Primarschule über die Übergangsberechtigung.
Auch die Kinder, die keine Berechtigung erhalten – nun kommen wir zu einem ganz wichtigen Punkt –, können jede Stadtteilschule in Hamburg besuchen, ebenso wie auch ein Kind, das eine Empfehlung oder Berechtigung fürs Gymnasium bekommt, jedes Gymnasium in Hamburg besuchen kann. Es gibt keine Festlegung von vornherein und auch keine vor der Anmeldung für die Primarschule.
Ihr Vorwurf, Frau Ernst, wir würden die Stadtteilschule vernachlässigen, ist überhaupt nicht haltbar. Sehen Sie sich die Standortempfehlungen an, dann bemerken Sie, dass die Stadtteilschulen starke Schulen sind und somit der Vorwurf bezüglich der gymnasialen Oberstufe jeglicher Grundlage entbehrt. Wollen Sie etwa das Oberstufenhaus der Ida-Ehre-Gesamtschule und der Gesamtschule Eppendorf mit ihrem hochqualitativen Angebot abschaffen und dass stattdessen beide ihre eigene kleine Oberstufe haben? Das wäre doch absoluter fachlicher Blödsinn. Es ist doch sinnvoll, wenn zwei starke Stadtteilschulen eine gemeinsame Oberstufe haben und jedes Kind, das in einer Stadtteilschule angemeldet wird, weiß, in welche Oberstufe es geht. Qualitativ kommen noch die hervorragenden Entwicklungen bei den beruflichen Schwerpunkten hinzu. Wenn das keine vernünftige Perspektive ist, dann weiß ich nicht, was dieser Vorwurf soll.
Ich komme noch einmal auf einen heiklen Punkt zu sprechen, den auch Frau Heyenn kurz angesprochen hat. Wer muss nach Klasse fünf oder sechs vom Gymnasium zurück auf eine andere Schulform? Es gibt die Rückkehrer, also Schülerinnen und Schüler, die von den Gymnasien wieder an andere Schulformen abgegeben werden. Dies wird viel zu wenig zur Kenntnis genommen, was es bedeutet, wenn round about 1 000 Schüler jedes Jahr sogar noch nach Klasse 7 die Schule verlassen müssen. Sie erleben tatsächlich ein Wechselbad von Versagen und Demotivation und deshalb ist es sinnvoll, die Kinder nicht unnötig auf einen Weg zu bringen, der vom Scheitern verfolgt ist und es ihnen erschwert, wieder auf die richtige Spur zu kommen.
Noch einen anderen Aspekt möchte ich ansprechen, nämlich Bremen. Es ist ja schön und gut, wenn sich inzwischen viele Bundesländer auf den Weg machen, weil sie möglicherweise unter demografischem Druck stehen und merken, dass nicht mehr alles so haltbar ist und bleibt, wie es schon vor hundert Jahren war. Auch Bremen geht einen
Weg, schafft aber nicht das elendig frühe Sortieren der zehnjährigen Kinder ab und bleibt weiterhin hinter dem europäischen Standard zurück.
Wir, der schwarz-grüne Senat, haben uns immer eindeutig dafür ausgesprochen, dass wir beides brauchen, Leistungsstärke und Gerechtigkeit, und haben uns zum Handeln entschlossen. Wir gehen Schritt für Schritt, wir gehen nicht zu langsam und auch nicht zu schnell.
Wir haben im Februar die Rahmenkonzepte, die übrigens bundesweit hoch anerkannt sind, für Primarschule, Stadtteilschule und das sechsstufige Gymnasium vorgelegt. An der Stelle sei noch einmal bemerkt, dass wir stabile Gymnasien haben und dass keiner ihrer Standorte aufgegeben wird. Wir haben in einem zweiten Schritt eine Schulgesetznovelle vorgelegt, über die jetzt im Parlament beraten wird, und wir haben heute den dritten wichtigen Schritt unternommen, nämlich den Entwurf zum Schulentwicklungsplan für die Schulformen 2010 bis 2017.
Wir schreiten also in großen Schritten auf die Reform für längeres gemeinsames Lernen und Qualitätsverbesserung des Unterrichts zu. Unser Ziel ist klar, wir wollen mehr Leistung und mehr Gerechtigkeit, und zu dem von uns favorisierten Prozedere gibt es meiner Meinung nach keine Alternative. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Wir führen in der Tat seit einem Jahr dieselbe Debatte und die geht so: Man sagt, man wolle soziale Gerechtigkeit und deswegen müsse man dies und das machen. Dann reden wir alle über ganz tolle Ziele und kündigen ganz viele tolle Maßnahmen an. In diesem Schulgesetz, Frau Heyenn, steht wirklich ganz viel Tolles, das finden wir auch. Es sollen hundert Haupt-, Real- und Gesamtschulen zu Stadtteilschulen werden, es soll fünfzig neue Ganztagsschulen geben und was haben wir noch im Angebot? Doppelt so viele Hortplätze, zehn neue Produktionsschulen schaffen wir auch noch,
ein komplett neues berufliches Bildungsangebot, alles klar, neue Zeugnisse und vor allem neuer Unterricht sowie bessere Lehrer, die jetzt über moderne Diagnosefähigkeiten verfügen.
Klar, 17 000 Lehrer umschulen, das kriegen wir mit links hin. Was haben wir noch im Angebot? Binnendifferenzierter Unterricht, Abschaffung des Sitzenbleibens, die Förderschüler – die CDU möge einmal kurz zuhören – kommen jetzt alle an die
Regelschulen. Das war das, was Sie vier Jahre lang krampfhaft versucht haben zu verhindern und zu unterlaufen, aber jetzt wird alles gemacht, das steht im neuen Schulgesetz. Jahrgangsübergreifendes Lernen, die Fächertrennung schaffen wir ab, das Pausensignal schaffen wir gleich mit ab