Protocol of the Session on March 4, 2009

Das ist kein Ruhmesblatt für den Parlamentarismus. Im April oder später sollen die Ergebnisse der Arbeitsgruppen im Zusammenhang mit der im letzten Sommer geborenen Idee einer Uni-Verlagerung auf den Kleinen Grasbrook vorgestellt und breit diskutiert werden. Herr Beuß und Frau Gümbel haben das schon erwähnt.

(Wolfgang Beuß CDU: Ende März!)

Ende März. Wir hoffen, dass es dabei bleibt, wir warten.

Und wir hoffen auch, dass es bei der Zusage der Senatorin bleibt, die in der letzten Ausschusssitzung gefallen ist, dass es eine wirklich offene Debatte geben wird, also das Ergebnis keine Fakten schaffen wird, und dass es kein Präjudiz sein wird, was Ernst & Young dort vorlegt. Darauf verlassen wir uns erst einmal und werden es dann gegebenenfalls einfordern.

Nun zur Wissenschaftsstiftung: Das ist in der Tat eine Idee der GAL noch aus Oppositionszeiten.

(Jens Kerstan GAL: Genau!)

Neben der Verbesserung der Situation an den Hamburger Hochschulen wollten Sie gleichzeitig einen Richtungswechsel in der Hamburger Politik herbeiführen weg von der einseitigen Orientierung Hamburgs auf Handel und Hafen mehr hin zur Wissenschaft. 2007 in der Opposition forderte die GAL ein Stiftungskapital von 1 Milliarde Euro, was einen jährlichen Ertrag für die Stiftung von 40 bis 50 Millionen Euro gebracht hätte. Jetzt hat die schwarz-grüne Regierung mit der Drucksache 19/1959 ein anderes Konzept zur Errichtung einer Wissenschaftsstiftung vorgestellt.

Herr Kerstan, vielleicht hören Sie heute ausnahmsweise einmal zu. Ich habe Ihnen unsere Argumente schon einmal in einer Bürgerschaftssitzung dargelegt. Und alles, was Sie machen, ist, einfach Ih

ren Standpunkt zu wiederholen und mit keinem Wort auf die Kritik zu diesem Konstrukt einzugehen. Eine Debatte sieht anders aus.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Nach der Vorstellung im Haushaltsausschuss titelten die Zeitungen in Hamburg:

"Senat gibt 375 Millionen Euro für Wissenschaftsstiftung"

Beim genauen Durchlesen der Drucksache wird klar, dass die Journalisten sich geirrt hatten. Das Stiftungskapital ist nicht nur von 1 Milliarde Euro auf 375 Millionen Euro geschrumpft, sondern es ist auf null geschrumpft. Es gibt nämlich gar keins.

(Zuruf: Genau!)

Genau.

Stattdessen hat man eine komplizierte Konstruktion einer Stiftung des öffentlichen Rechts gewählt und über Reallasten auf Grundstücke der Universität, die jederzeit wieder abgelöst und auf andere Gebäude verteilt werden können, sollen 2009 2,05 Millionen Euro, in 2010 10 Millionen Euro und in 2011 und den folgenden Jahren 15 Millionen Euro Kapital oder Zahlungen an die Stiftung erfolgen. Den Betrag von 15 Millionen Euro, der ab 2011 gezahlt werden soll, hat man dann mit 4 Prozent gleichgesetzt. Man hat so getan, als seien das die Zinsen auf irgendein Kapital. Dadurch kommt man auf die sagenhafte Summe von 375 Millionen Euro, wobei man sagt, das sei das Kapital.

(Wolfgang Beuß CDU: Das ist doch besser als gar nichts!)

Das Problem ist nur: Dieses Kapital gibt es überhaupt nicht und das kennen wir doch schon von irgendwoher. Das ist virtuelles Kapital. Sie haben in diesem Fall das System der Finanzblase auf die Wissenschaftsstiftung übertragen. Diese Finanzierung ist grober Unfug und die bekannte schwarzgrüne Mogelpackung.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD – Jens Kerstan GAL: Ihre Rede ist grober Unfug!)

Zudem bezweifelt DIE LINKE, dass mit dieser mickrigen Ausstattung die Grundlagenforschung in Hamburg so befördert werden kann, dass die Universität anschließend im Rahmen der Exzellenzinitiative bessere Chancen für Förderprojekte erhält.

Nun noch einmal zur Finanzierung: Wenn von der schwarz-grünen Regierung ständig gesagt wird, dass sowohl das von der SPD als auch das von uns vorgeschlagene Finanzierungsmodell unseriös sei, dann sage ich Ihnen eines. Sie finanzieren mit Löchern. Sie haben weniger Steuereinnahmen, Sie haben Löcher durch die Elbphilharmonie und noch

ein paar Löcher mehr. Damit finanzieren Sie und das ist total unseriös.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Über eine Wissenschaftsstiftung – um alle Unklarheiten zu beseitigen –, könnte man mit uns durchaus reden, aber dieses Konstrukt lehnen wir ab.

(Farid Müller GAL: Nur, weil Sie es nicht ver- stehen!)

Uns ist darüber hinaus wichtig, dass die Bedingungen für die Studierenden insgesamt verbessert werden. Der Bologna-Prozess ist eines der zentralen Themen in der derzeitigen Veränderung der Hochschullandschaft. Die Kernpunkte des Konzepts sind Modularisierung von Studiengängen und flächendeckende Einführung von Bachelorund Master-Studiengängen in den beteiligten europäischen Ländern. Dies soll die Studiengänge an den Universitäten zu einem internationalen Standard führen. Das eigentliche Ziel dabei ist ein kürzeres und stärker verschultes Studium mit höherem Praxisbezug und einer besseren Verwertbarkeit der Absolventen in Wirtschaft und Industrie.

Viele Studien haben zwischenzeitlich gezeigt, dass das Konzept von schneller, praktischer und besser nicht funktioniert. Es ist formaler, weniger wissenschaftlich und führt in die bildungspolitische Sackgasse. Das Problem ist, dass der Abstand der Bachelor-Abschlüsse zu einer guten Ausbildung im klassischen dualen System zu gering ist und die Abschlüsse teilweise noch nicht einmal gleichwertig sind. Während sich der Bachelor stark an konkreten Forderungen der Arbeitgeber orientiert, ist erst im Master-Studium eine fachwissenschaftliche Vertiefung möglich. Der DGB hat deswegen zum Beispiel einen Kurswechsel bei der Einrichtung der neuen Studiengänge gefordert und hat es "Qualität vor Tempo" genannt.

Unabhängig von einer kritischen Würdigung dieser Studiengänge haben die Studierenden in diesem System mit vielen Widrigkeiten zu kämpfen, so auch in Hamburg. Als das schwerwiegendste Problem werden die Chancen der Bachelor-Absolventinnen und -Absolventen auf dem Arbeitsmarkt und die allgemein geringe Akzeptanz dieses Abschlusses bewertet. Mit einem Master haben die Studierenden eher eine Chance auf einen adäquaten Arbeitsplatz. Deshalb muss für alle Bachelor-Absolventen die Möglichkeit bestehen, nach Studienabschluss einen Masterstudiengang anschließen zu können. Das ist leider in Hamburg und auch anderswo nicht der Fall. Sieht man sich die Produktinformation des Haushaltsplans an, fällt auf, dass außer in der Produktgruppe 01 die Zahlen der Bachelor- und Master-Absolventen insgesamt in einem krassen Missverhältnis stehen.

Im Jahre 2010 stellt es sich im Verhältnis ähnlich dar. Wenn es bei der praktizierten Regelung bleibt,

dass das Master-Studium nicht für alle Bachelor-Absolventen offen steht und sogar die Hälfte ausschließt, dann haben wir es mit einem knallharten Eliteförderungsprogramm zu tun und das lehnen wir ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb fordern wir die Aufstockung der Masterplätze mit dem Ziel, dass alle Bachelor-Absolventen, die ein Master-Studium aufnehmen wollen, auch einen Platz erhalten.

Abschließend möchte ich noch auf die Studiengebühren eingehen. Wir hätten auch wie die SPD in diesem Haushalt die Abschaffung fordern können. Das war uns nach der ausführlichen Debatte im Wissenschaftsausschuss und in der Bürgerschaft zu einfach und zu wenig wirksam. Selbstverständlich bleibt es unser politisches Ziel und wir teilen ausdrücklich die Einschätzung der Fachschaftsrätekonferenz der Universität Hamburg, die uns heute eine Resolution übergeben hat. Darin heißt es:

"Die Abschaffung der Studiengebühren fördert kooperatives, kritisches Lernen im Rahmen gesellschaftlicher Verantwortung statt konformem Lernen für marktgebundene, private Zwecke. Ihre Abschaffung verbessert die finanzielle Lage der Studierenden als Voraussetzung von Lernen …"

(Wolfgang Beuß CDU: Das waren wohl Ihre eigenen Leute!)

Wir sind nicht im Parlament, um jeden Tag wieder unsere Thesen und Botschaften zu verkünden. Wir hoffen, auf dem Wege der Überzeugung – und jetzt komme ich auf Ihr Boot und auf Ihre Gemeinsamkeiten, Herr Beuß –

(Wolfgang Beuß CDU: Sie habe ich aber gar nicht gemeint!)

die Situation an der Universität Hamburg verbessern zu können, indem wir auch Überzeugungsarbeit leisten. Deshalb schlagen wir in Fortsetzung der Argumentation der Rettungsschirme die Aussetzung Ihrer nachgelagerten Studiengebühren vor, sozusagen als ersten Schritt. Fest steht, dass die Wirtschaftskrise viele Menschen treffen wird, insbesondere die, die jetzt schon Schwierigkeiten haben, über den Monat zu kommen. Ein sozialer Rettungsschirm für wirtschaftlich Schwache ist nicht vorgesehen. Dieser hätte allerdings direkte Wirkung auf die Konjunktur und würde die Auswirkungen erheblich mildern. Die Fachschaftsrätekonferenz drückt es in ihrer Resolution so aus:

"Die Studierenden werden das Geld, das ihnen bis jetzt genommen wird, sofort in den Wirtschaftskreislauf bringen."

Damit haben sie recht. Die sozial schwächste Gruppe an der Universität sind die Studierenden. Durch die nachgelagerten Studiengebühren sind

für viele die sozialen Bedingungen noch härter geworden. Frau Stapelfeldt hat darauf hingewiesen, wie viele Studierende nicht mehr stundungsberechtigt sind.

Wir hoffen, Sie gehen noch einmal in sich.

(Wolfgang Beuß CDU: Die Hoffnung stirbt zuletzt!)

Rufen Sie sich doch bitte die Debatte um die Finanz- und Wirtschaftskrise und um die Konjunkturprogramme noch einmal in Erinnerung. Ich möchte daran erinnern, dass der Senat darauf hingewiesen hat, dass die schlimmsten Auswirkungen abgemildert werden müssen. Die Konsequenz daraus wäre für die Studierenden, dass man sie von den Studiengebühren befreit. Wir hoffen dabei auf Ihre breite Zustimmung.

Wir haben in einigen Detailfragen und in vielen Projekten Ihren Vorschlägen zugestimmt, zum Beispiel bei dem Forschungszentrum Bahrenfeld. Das halten wir für eine gute Sache und wir begrüßen auch, dass es heute gelungen ist, für das Zentrum für Suizidgefährdete einen Rettungsplan zu schaffen, und dass in Aufteilung zwischen UKE und Wissenschaftsstiftung jetzt gesichert sein soll, dass das Suizidzentrum weiter fortgeführt werden kann. Wir vertrauen auf Ihr Wort. – Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN und bei Anja Dom- res und Michael Neumann, beide SPD)

Ich gebe das Wort Senatorin Dr. Gundelach.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Bürgerschaft hat die Debatte zum Haushalt der Behörde für Wissenschaft und Forschung an eine prominente Stelle gesetzt. Das zeigt mir und das freut mich auch, welch hohen Stellenwert sie den Hochschulen und den Forschungseinrichtungen beimisst. Wissensintensive Dienstleistungen und Industrien werden für die Zukunft unserer Gesellschaft immer wichtiger, auch in Hamburg. Dieser Verantwortung ist sich dieser Senat bewusst. Ziel des Senats ist es daher, die Hamburger Hochschulen national und international wettbewerbsfähig zu machen. Dafür benötigen wir Anreize für Innovation und Exzellenz in Lehre und Forschung. Wir wollen die Leistungsträger fördern und wir wollen und werden dafür sorgen, dass der Bachelor-Abschluss einen sicheren Start ins Berufsleben ermöglicht und zugleich die Chancengleichheit der Studienbewerber gewährleistet ist.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Zu einer zukunftsorientierten Wissenschaftspolitik gehört aber auch, dass der Lehre und Forschung angemessene Räumlichkeiten und Baulichkeiten zur Verfügung stehen. Hierbei gilt es manches De

fizit zu beheben. Lassen Sie mich zunächst auf Studium und Lehre und hier als Erstes auf die Studiengebühren eingehen. Jahr für Jahr werden sie mindestens 38 Millionen Euro für die Hochschulen bringen. Diese sollen ausschließlich für die Verbesserung der Lehre eingesetzt werden. Ich bin daher stolz darauf, dass es uns innerhalb eines halben Jahres gelungen ist, die in der Koalition vereinbarten nachgelagerten Studiengebühren zu realisieren.