Protocol of the Session on March 4, 2009

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Frau Heitmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

"Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts!"

(Thomas Böwer SPD: Ja!)

Dieses Zitat Schopenhauers ist wohl zeitlos aktuell und auch für diesen Hamburger Doppelhaushalt gilt, dass die Gesundheits- und Drogenpolitik ein unverzichtbarer Teil des großen Ganzen ist.

(Thomas Böwer SPD: Ja! – Andy Grote SPD: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!)

Auch in diesem Teil freue ich mich, dass die grüne Handschrift deutlich erkennbar wird, nämlich vor allem daran, dass wir einen großen Schwerpunkt auf die Prävention setzen.

(Dirk Kienscherf SPD: Bei Subway, oder wie?)

Vor allem mit dem Pakt für Prävention und der Stärkung der Familienhebammen ist dieser Schwerpunkt klar erkennbar. Ziel des Pakts für Prävention ist es, verschiedene Akteure in dieser Stadt für nachhaltige und effektive Präventionsarbeit in Zukunft zusammenzubringen und damit die Vorsorge für alle Hamburgerinnen und Hamburger effizient zu stärken.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Ein ganz spezieller Schwerpunkt des Doppelhaushalts ist jedoch, wenn man genauer hinschaut, vor allem auch die Prävention für Hamburgerinnen und Hamburger mit Migrationshintergrund. Hierzu haben wir, wie auch Herr Krüger schon erwähnt hat,

das MiMi-Projekt im Haushalt fest verankert und durch unseren zusätzlichen Antrag fördern wir zudem den Einsatz der MiMi-Mediatorinnen noch einmal zusätzlich. Für alle, die das MiMi-Projekt nicht kennen, möchte ich es noch einmal kurz erläutern. Dieses Projekt hat es sich zum Ziel gesetzt, Migrantinnen und Migranten in gesundheitlichen Themen auszubilden, die dann ihr Wissen in ihren jeweiligen Communitys weiter vermitteln können. Auf diese Weise werden sprachliche und kulturelle Hürden überwunden und die Versorgung dieser Bevölkerungsgruppe kann in Zukunft besser gewährleistet werden.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

"Die Zeit" hat diesem Projekt, das bundesweit schon an 38 Standorten verankert ist, vor vier Wochen einen ausführlichen und lobenden Artikel gewidmet und ich freue mich, dass wir mit diesem Haushalt den Hamburger Standort auch für die nächsten Jahre sichern und stärken können.

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist bei Subway ja nicht der Fall!)

Ein weiteres Beispiel dafür, dass wir die gesundheitliche Prävention von Migrantinnen und Migranten mit diesem Haushalt im Fokus haben, ist auch die halbe Stelle bei der AIDS-Hilfe, die sich speziell dem Thema Migration widmet. Darüber hinaus möchte ich auch noch einmal betonen, dass wir nach jahrelangen Kürzungen tatsächlich endlich wieder die Förderung für die AIDS-Hilfe deutlich erhöhen, um das Beratungsangebot für Infizierte besser auszubauen und um neue Infektionen so gut es geht in Zukunft zu verhindern.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Aber nicht nur für den Gesundheitsbereich, sondern auch für die Themenbereiche Drogen und Sucht gilt es, dass schöne grüne Akzente zu erkennen sind. So wurden 100 000 Euro zusätzliche Mittel für den Ausbau der Beratung von Minderjährigen mit Essstörungen in diesen Haushalt eingestellt. Alle Träger in der Stadt, die darauf bereits in der Vergangenheit einen Schwerpunkt in ihrer Beratung gesetzt haben, müssen leider feststellen, dass die Nachfrage das Angebot bei Weitem übersteigt. Es ist traurig, dass in Zeiten, in denen Heidi Klum zur besten Sendezeit im deutschen Fernsehen blutjunge spindeldürre Mädels in den Himmel lobt, hierin investiert werden muss, aber es ist leider nötig und deshalb tun wir es auch.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Darüber hinaus freue ich mich auch – wie Herr Krüger gerade schon erwähnt hat –, dass es uns gelungen ist, die Fortführung des Diamorphin-Projekts für Heroinabhängige für die nächsten Jahre zu sichern, auch wenn ich hoffe, dass sich auf Bundesebene bald eine Bereitschaft abzeichnet,

(Harald Krüger)

Diamorphin in die Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen zu überführen, damit die Betroffenen in Zukunft von den einzelnen Landeshaushalten unabhängig werden und ihre Versorgung gesichert sehen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Noch mehr grüne Akzente in diesem Bereich des Haushalts finden sich, wie schon erwähnt, im Bereich Verbraucherschutz; darauf wird Frau Weggen gleich noch genauer eingehen. Abschließend muss ich sagen, dass wir mit diesem Doppelhaushalt gesundheits- und drogenpolitisch mit großem Optimismus in die nächsten zwei Jahre schauen können. Das sind zwei Jahre mit deutlich grünem Anstrich. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Frau Artus.

Herr Präsident, sehr geehrte Herren und Damen! Die Gesundheitswirtschaft ist der bedeutendste Wachstumsfaktor, heißt es offiziell von Senatsseite. In der Tat tun Sie viel für die Wirtschaft, die mit der Gesundheit und mit der Krankheit Geld verdient. Aber Sie tun nicht genug für die Gesunderhaltung der Frauen, Männer und Kinder und sorgen nicht ausreichend für schnelle, effektive und kostengünstige Hilfe bei Krankheiten.

(Beifall bei Norbert Hackbusch DIE LINKE)

Ich finde es eine Schande, dass das so ist und dass Sie lieber an den Golf fahren, um die Gesundheitswirtschaft anzupreisen, anstatt dafür Sorge zu tragen, dass es in jedem Stadtteil Hamburgs ausreichend Kinderärztinnen und Kinderärzte gibt.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Sie fördern lieber den Gesundheitstourismus und holen die Scheichs an die Elbe. Die Presse freut sich, zeigt sie doch nur zu gern dicke Bonzen-Wagen vorm UKE. Ich finde diese Fotomontage mit dem dicken Rolls-Royce vor der Aufnahme im "Hamburger Abendblatt" sehr gelungen. Ich finde sie sehr gelungen und sehr symbolträchtig.

(Wolfgang Beuß CDU: Tolles Bild! – Harald Krüger CDU: Damit wird das UKE finan- ziert!)

So stellen Sie sich lediglich auch nur eine tolle Imagekampagne vor, um den Pflegeberuf attraktiv zu machen, und verleugnen beharrlich den Pflegenotstand mit der Folge, dass Alter ein unkalkulierbares Krankheitsrisiko in Hamburg wird und bereits ist. Eigentlich lautet die historische Nachricht des 21. Jahrhunderts, dass die Menschen auch im Alter gesünder und fitter sind, als sie es jemals wa

ren. Sie tragen durch Ihre Schönrederei dazu bei, dass diese historische Wahrheit sich wieder umkehrt beziehungsweise nur auf gut Betuchte beschränkt. Und dann machen Sie höchstens ein tragisches Gesicht, wenn es wieder einmal heißt, dass alte Menschen verwahrlost in einem Altenund Pflegeheim oder zu Hause bei völlig überforderten Angehörigen aufgefunden wurden.

Was tun Sie stattdessen? Sie forcieren vor allem den Wettbewerb unter den Krankenhauskonzernen, speisen die sozialen Sicherungssysteme der Stadt mit ein paar Euro ab und tragen so dazu bei, dass die betriebswirtschaftliche Rechnung mehr zählt als die beste medizinische Versorgung, vor allem in ärmeren Stadtteilen.

(Beifall bei der LINKEN – Harald Krüger CDU: Wir haben noch nie soviel für Kran- kenhäuser ausgegeben! – Zuruf von Michael Neumann SPD)

Was tun Sie zum Beispiel dagegen, dass Asklepios weitere Arztpraxen aufkauft und in medizinische Versorgungszentren umwandeln will? Der Konzern kann sie ansiedeln in Hamburg, wo er will. Glauben Sie, dass auch nur eine einzige davon in einem Stadtteil entstehen wird, in dem es wenig privat Versicherte gibt?

Was tun Sie außerdem nicht? Sie beklagen die Zunahme von AIDS-Neuinfektionen, aber Sie stellen keine kostenlosen Kondome zur Verfügung beziehungsweise Sie feiern den ehemaligen Tennisstar Michael Stich im Rathaus für eine Anti-AIDS-Kampagne, die den Müttern die Schuld für die HIV-Infektionen ihrer Babys gibt.

(Wolfgang Beuß CDU: Das ist ja wohl lä- cherlich!)

Aber bei Zuwendungen für die sexualpädagogische Arbeit knausern Sie herum, anstatt die Zentren für Intervention und das magnus hirschfeld centrum ausreichend und vor allem gendergerecht auszustatten, warum ich Ihnen auch nicht glaube, dass Sie mit Ihrer Definition von Gesundheitswirtschaft und Ihrer Geldverteilung eine umfassende Versorgung und beste Betreuung wollen. Sie loben zum Beispiel die Einrichtung eines Mammographie-Screening-Zentrums in der Mönckebergstraße.

(Wolfgang Beuß CDU: Das ist auch toll!)

Aber Sie ignorieren die Kritik an der mangelnden Aufklärung, welche negativen Folgen eine Früherkennung von Brustkrebs haben kann. Das Mammographie-Screening-Zentrum kommt nicht im Ansatz auf die Zahlen, die benötigt werden, um eine vernünftige Aussage über Brustkrebsursachen zu treffen. Es ist lediglich ein gigantisches, sehr teures Projekt, an dem sich vor allem die Unternehmen eine goldene Nase verdienen, die diese Apparate herstellen – und die Kassen zahlen.

(Linda Heitmann)

(Wolfgang Beuß CDU: Das ist abenteuer- lich!)

Und wer zahlt die Apparatemedizin wirklich? Wir, die die Krankenkassenbeiträge bezahlen.

(Wolfgang Beuß CDU: Staatsmedizin, das wollen Sie!)

Das Gleiche passiert mit der Spritze gegen Gebärmutterhalskrebs. Wo ist Ihr kritischer Beitrag dazu? Die Spritze bringt unglaublich viel Geld, schützt aber nur bedingt vor diesem Krebs. Vor allem Müttern aber wird signalisiert: Wenn du deine Tochter nicht impfen lässt, bist du später Schuld an ihrem Krebs durch Sex. Was investieren Sie, sehr geehrte Herren und Damen des Senats, an Geld, um darüber aufzuklären? Sie freuen sich vermutlich lediglich, dass auch hier kräftig verdient wird.

So jubeln Sie mit viel Selbstlob über die Investitionen, die den Hamburger Krankenhäusern zugute kommen. Und Sie finden es auch noch richtig, dass Asklepios in Wandsbek eine Frühgeborenenstation geschlossen hat, die erst kurz zuvor mit 600 000 Euro auf den aktuellen medizinischen Stand gebracht wurde. Was ist das für eine Schlamperei am UKE? Wer kommt für die Schäden auf, die beim Neubau aufgetreten sind? Und was hat die Einführung der elektronischen Patientenakte den Steuerzahler und die Steuerzahlerin gekostet, die der Personalrat nun drastisch kritisiert?

(Wolfgang Beuß CDU: Sie haben doch keine Ahnung!)

Warum weist der UKE-Chef Debatin mit Inbrunst alles von sich?

(Wolfgang Beuß CDU: Weil er recht hat!)