Wir dürfen natürlich nicht aufhören bei den Kindertagesstätten, sondern diese Botschaft muss im Alltag der Unternehmen ankommen. Die familienfreundliche Arbeitswelt ist erforderlich, das zeigen nicht nur die auch in Hamburg überdurchschnittlich in Anspruch genommenen Vätermonate, sondern auch der Fachkräftemangel wird das mit sich bringen. Die Familienfreundlichkeit wird ein Wettbewerbsfaktor beim Ringen um die besten Nachwuchskräfte werden.
Vor diesem Hintergrund freue ich mich, dass wir in Fortsetzung der Arbeit meiner Vorgängerin, Frau Schnieber-Jastram, die Allianz für Familien mit der Handelskammer und der Handwerkskammer fortsetzen können. Wir haben gerade heute das 77. familienfreundliche Siegel an ein Hamburger Unternehmen verleihen können.
Kinderbetreuung ist vielleicht das Wichtigste, um Kinder von Anfang an richtig zu fördern. Es ist aber nicht das Einzige, was wir tun können und müssen, um Familien zu unterstützen. Wir dürfen auch nicht immer nur auf die Familien schauen, die große Probleme haben. Ich glaube, jede Familie hat heute den Anspruch darauf, unterstützt und beraten zu werden. Wir brauchen dieses verlässliche und in den Stadtteilen gut erreichbare Netz von Erziehungs- und Mütterberatung, von Elternschulen, Familienbildungsstätten und anderen Angeboten.
Aber wir wissen auch, dass viele Familien bei den immer komplexer werdenden Anforderungen Schwierigkeiten haben und die Erziehungskompetenz von Eltern häufig nicht mehr ausreicht, um Kinder optimal zu fördern und optimal zu begleiten. Deswegen setzen wir gezielt diesen Schwerpunkt, der auch angesprochen worden ist, zum Beispiel mit den Eltern-Kind-Zentren. Diese Eltern-KindZentren werden, wie ich vorhin sagte, von vornherein in Abstimmung mit den bezirklichen Gremien, in Vernetzung mit anderen sozialen Hilfsangeboten im Stadtteil geplant und umgesetzt. Sie sind wirklich ein Modellprojekt für diese neue Politik.
Frau Artus, Sie haben das Thema Kinderarmut angesprochen. Ich glaube, dass es in den vergangenen Jahren in Deutschland eine hohe Sensibilisierung für dieses Thema gegeben hat, und es ist zu Recht auch in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt worden. Das kann ich nur ausdrücklich begrüßen. Doch sich dieser Armutsdebatte zu stellen, heißt auch sich zu entscheiden. Will man es beim Mitgefühl oder sogar bei Schuldzuweisungen belassen, will man sich mit großen Vorschlägen zu mehr Umverteilung zufrieden geben oder will man den schweren Weg gehen, sich differenziert anzuschauen, welche Armutskonstellationen wir haben und welche Ursachen diese haben, welche intelligenten Ansätze es gibt, Verhältnisse und Verhalten, die zu Armut beitragen, zu überwinden?
Wenn wir diesen schweren Weg gehen, differenziert das Thema Kinderarmut anzuschauen, dann stellen wir fest, dass viele Familien zum Glück nur kurzfristig – gerade Alleinerziehende mit sehr kleinen Kindern – auf soziale Transferleistungen angewiesen sind, weil sie eben nicht in Vollzeit arbeiten können und sollen und weil sich leider häufig der Erzeuger aus dem Staub gemacht hat. Dass diese Eltern in dieser Phase Unterstützung durch den Sozialstaat bekommen, finde ich absolut richtig.
Viel schwieriger ist wiederum, was Herr Kerstan sagte und was ich in der Sozialpolitikdebatte sagte, dieses Thema verfestigte Armut und verfestigte Bildungsarmut. Hierbei gilt, wer diese Kinderarmut beseitigen will, muss nicht nur Geld verteilen, sondern er muss den Menschen helfen, wieder Verantwortung für sich und seine Familie übernehmen
zu können. Deswegen geht es an der Stelle um Förderung der Kompetenz für Eltern und Kinder und nicht zuletzt um Sprachförderung, angefangen im Kindergarten.
Dieses auch vorhin von mir bereits strapazierte Ziel, Aufstieg durch Bildung zu verwirklichen, heißt, dass wir im Kindergarten anfangen müssen. Aber wir dürfen auch beim längeren gemeinsamen Lernen in der Schule nicht aufhören. Dabei ist es unverantwortlich, wie sich ein Teil der Opposition aus Opportunitätsgründen in die Meckerecke stellt. Wer die Kinder fördern will, der muss auch Ja sagen zu längerem gemeinsamen Lernen.
Hinter desolaten familiären Verhältnissen und Überforderung der Eltern steht leider nicht selten auch eine Gefährdung des Kindeswohls.
Hinter der Überforderung der Eltern steht häufig auch die Gefährdung des Kindeswohls. Deshalb wollen wir auch in diesem Bereich unseren Weg weiter gehen und die sozialen Dienste ausbauen; Frau Blömeke hat es gesagt. Wir wollen die Verwaltung modernisieren und die Vernetzung aller Berufsgruppen – man denkt, das sei selbstverständlich – aus Pädagogik und Medizin in der Stadt tatsächlich verwirklichen, aber auch ein klares Bekenntnis zum starken Staat abgeben, der interveniert, wenn das Kindeswohl in Gefahr ist; das allerdings, ohne das Kind mit dem Bade auszuschütten.
Für mich heißt Kindes- und Jugendwohl auch, dass wir Jugendgewalt und Jugendkriminalität nicht in einer hilflosen Haltung als schicksalhaft akzeptieren dürfen.
Hier wollen und werden wir die Maßnahmen des behördenübergreifenden Handlungskonzepts gegen Jugendgewalt konsequent weiter verfolgen, denn auch das ist für mich Jugendschutz. Wir dürfen nicht nur die Opfer vor Schaden, sondern auch die Täter wirksam vor der Zerstörung ihrer eigenen Lebensperspektiven bewahren.
Mit dem vorgelegten Haushaltsplan-Entwurf für die Jahre 2009 und 2010 können wir die von CDU und GAL vereinbarten vielfältigen Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Stadt als attraktives, zukunftsfähiges Zuhause von Familien verwirklichen; auch das ist Wachsen mit Weitsicht.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Das war vonseiten der Regierungsfraktion doch nicht so interessant, wie ich gedacht hatte. Sie haben sich viel mit unseren Anträgen beschäftigt, aber das sind auch die spannenderen und besseren Vorschläge.
Eines vorweg, weil es hier schon angesprochen wurde: Wir haben im Jugendausschuss und auch im Haushaltsausschuss gefragt, wie Sie denn Ihre erhebliche globale Minderausgabe in diesem Etat finanzieren. Da hat Herr Senator Wersich uns geantwortet, das wäre alles gar kein Problem, er habe jedes Jahr Reste in Höhe von 80 bis 120 Millionen Euro, und zwar strukturell seit dem Jahre 2002. Wenn das so einfach ist, dann können wir doch mit dem Geld auch Maßnahmen finanzieren, die für diese Stadt dringend notwendig sind.
In der Tat sind die Haushaltsberatungen die Zeit der Zahlen. Senator Wersich hat zu Zahlen ein eher ambivalentes Verhältnis. Hier wie auch auf Pressekonferenzen redet er gern über die Zahlen, die passen, und verschweigt dann, was gerade nicht opportun ist. Ein Stichwort: Eigene finanzielle Leistung und Bundesmittel. Fragt man in der Behörde nach den Details zu öffentlich verkündeten Zahlen für neue Kitas in diesem Jahr, dann herrscht da Schweigen.
Stichwort Geld: Geht es um eigene Vorhaben, sind die Finanzen kein Problem. Ein Problem sieht der Senator erst dann, wenn es um die Vorschläge der SPD geht, Vorschläge übrigens, die dann häufig Jahre später mit langer Verzögerung umgesetzt und als eigene Ideen verkauft werden.
Stichwort Beitragsfreiheit und Rechtsanspruch: Gute Zahlen haben Sie in der Tat im bundesweiten Vergleich bei der Kinderbetreuung vorgefunden. Mithilfe einer großen Elterninitiative haben wir gegen Ihren Willen das Kinderbetreuungsgesetz durchgesetzt, das ist inzwischen ein richtiges Erfolgsmodell. Sie haben es zahlenmäßig ausbauen müssen, weil entsprechende Rechtsansprüche bestehen und die Nachfrage der Eltern gewaltig ist.
Das ist gut und richtig und dafür muss man auch einmal 427 Millionen Euro gesetzliche Leistungen ausgeben.
Stichwort viel zu große Gruppen in den Kitas: Ihre Standardabsenkung aus dem Jahre 2004 wirkt hier als Qualitätsminus immer noch fort. Dabei hat kaum ein anderes Thema in den letzten Jahren so an Bedeutung gewonnen wie die vorschulische Förderung und Bildung von Kindern. Bei Ihnen ist das noch nicht so richtig angekommen. Betreuung ja, individueller Bildungsanspruch Fehlanzeige. Sie tun für die Kinder, die Förderung und Bildung besonders nötig hätten, weniger als Sie könnten, und das ist weder "Wachsen mit Weitsicht" noch ein Aufwachsen der Kinder mit Aussicht.
Herr Senator Wersich, es ist schon auffällig; während bei Ihnen die Betreuung ausgedünnt wird, wird sie im Bereich der Grundschule verstärkt. Kleinere Klassen, individualisierte Bildung wäre auch für die Kitas der richtige Weg.
In den Schulen wird spätestens seit Senatorin Raab berücksichtigt, woher die Kinder kommen. KESS-Index heißt das Stichwort und es bedeutet im Klartext, wo die Schüler zu Hause nicht optimal gefördert, wo die Sozialstrukturen schwach und die Familien eher fern der Bildung sind, bekommen die Schulen zusätzliche Mittel.
Warum gibt es KESS nur in der Schule und nicht in den Kitas? Warum vergeuden wir wertvolle Jahre, in denen die Chancen genau dieser Kinder nicht verbessert werden? Herr Senator, das müsste nicht so sein, wenn Sie sich einmal bewegen würden.
Wer Chancengleichheit will, muss Kinder ungleich fördern. Wir wollen Chancengleichheit, wir wollen, dass in den KESS-1- und KESS-2-Gebieten auch die kleinen Kinder besser gefördert werden und die Gruppenstärken auf 18 Kinder begrenzt werden wie in der Grundschule. Das ist eine gute und wichtige Zukunftsinvestition, eine mit Weitsicht. Darum sollten Sie dem zustimmen.
Sie planen in der Tat, den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz, allerdings erst Ende 2010, auch auf die Zweijährigen auszuweiten und künftig, nachdem Sie es viele Jahre angekündigt haben, endlich das letzte Jahr vor der Schule kostenfrei zu stellen. Das können Sie auch nicht mehr anders
Erstens: Das reicht nicht. Frühkindliche Bildung darf keine Frage des Geldbeutels sein und deshalb dürfen wir nicht bei den Fünfjährigen stehen bleiben. Wir wollen ab dem Jahr 2010 auch die Vierjährigen kostenfrei stellen.