Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Herr Rabe, trotz des Beifalls Ihrer Fraktion – und den gönne ich Ihnen, weil Sie von der Hamburger Bevölkerung ansonsten für Ihre Politik keinen Beifall bekommen – habe ich genau zugehört.
Und ich habe herausgehört, dass Sie im Endeffekt die Einheitsschule wollen. Sie haben davon gesprochen, dass wir alle Schulen für alle Schüler öffnen sollen, und das kann ich nur so interpretieren, dass die Einheitsschule unter Ihrer irgendwann stattfindenden Regierung kommen soll. Und dazu sagen wir als CDU und als Koalition: Das machen wir nicht mit.
Vor einem Jahr wurde der Beginn einer erfolgversprechenden Neuorientierung in der Schulpolitik eingeleitet. Diese Neuorientierung ist ein Ergebnis der Bürgerschaftswahlen und der sich anschließenden Koalitionsvereinbarungen. Zwei Parteien, das bekenne ich hier, haben zusammengefunden, wissend, dass sie ursprünglich auch zwei verschiedene Konzepte zur Schulreform verfolgten. Wir sehen in dieser schwarz-grünen Koalition die notwendige Haltung gymnasialer Bildung gewährleistet. Wir sehen, dass gemeinsames Lernen nicht nur auf vier Jahre beschränkt werden kann. Diese Einigung, verehrter Herr Kollege Rabe, ist stärker als Ihre überzogene Kritik an der Schulpolitik.
Wenn es eines Beweises bedurft hätte, warum die SPD gestern und heute nicht regierungsfähig ist, dann waren und sind es Ihre Worte und auch Ihre Versprechen, die Sie gerade gemacht haben, denn es ist wirklich eine Zumutung für die Bürgerinnen und Bürger, ein Schulsystem vorzuschlagen, das im Endeffekt keine Unterscheidungen mehr kennt. Dieses wird mit unseren Stimmen nicht gelingen.
Unrealistische und widersprüchliche Finanzierungskonzepte in Ihrem Antrag werden von Ihnen als Angebote angepriesen. Das sind schlechte Alternativen, dafür werden Sie hier im Hause keine Mehrheit erhalten und das ist auch gut so.
Sie haben kein überzeugendes Konzept für den Hamburger Bildungsbereich entwickelt. Sie verlieren sich – und Sie haben das eben vorgeführt – in Einzelheiten. Ich vermute, Sie wollen es jedem Bürger, jeder Schule und jeder Klientel recht machen und verlieren dabei die Verantwortung und den Überblick für das Ganze.
So kann man wegen der nach meiner Meinung fehlenden Realitätsnähe keine verantwortliche Schulpolitik für unsere Kinder gestalten. Die Erinnerungen an frühere SPD-Zeiten in der Schulpolitik werden allerdings wach.
Auch damals haben Sie keine realitätsnahe Schulpolitik betrieben und – mein Kollege sagte es gerade – es war eine grauenvolle Zeit.
Ich spreche auch von den finanziellen Mitteln für eine richtige Schulpolitik, die sich mit der – und jetzt hören Sie gut zu – jahrzehntelangen ideologisch gefärbten SPD-Schulpolitik nun wirklich nicht vergleichen lässt. Allerdings schwant mir etwas Schlimmes, wenn ich bedenke, dass Ihre Arbeitsgemeinschaft für Bildungsfragen sich eine Vorsitzende gewählt hat, die gerade für diese von uns sehr deutlich abgelehnte Politik in den Neunzigerjahren gestanden hat. Das wollen wir nicht.
Kuschelpädagogik machen wir nicht mit, der Erste Bürgermeister hat das auch gesagt. Wir sind auf dem Weg, eine Schule zu gestalten, die alle Talente optimal fördert. In kleinen Klassen mit mehr Lehrkräften als jemals zuvor werden wir eine erfolgversprechende Bildungseinrichtung für alle unsere Kinder schaffen. Die Zahlen liegen uns auch vor. Wir sind froh, jetzt schulische Qualität auch finanziell unterstützen zu können. Die SPD weiß selber nicht genau, in welche Richtung es eigentlich gehen soll, ob mit oder ohne neun oder zehn Jahre gemeinsamer Schulzeit – in der Presse wird dann, wenn es wohlfeil ist, davon gesprochen, dass man die Gymnasien eigentlich doch stärken wolle, eben haben Sie aber etwas anderes gesagt –, sie verstrickt sich in Anträge und Gegenanträge. Auch vonseiten der LINKEN werden uns nur kleine Brocken vorgeworfen. Sie denkt zum Beispiel, mit der Abschaffung des Büchergelds würde automatisch eine hervorragende Schulpolitik gemacht,
aber das ist mit Sicherheit nicht der Fall. Während dies alles geschieht und in den Medien auch noch als eine Art Politikposse verkauft wird, arbeiten CDU und GAL konstruktiv zusammen.
Unser Erster Bürgermeister Ole von Beust hat in den ersten Monaten auch Kritik aus den Reihen der Wählerinnen und Wähler der CDU erfahren. Allerdings hat er sich nicht von den Koalitionsvereinbarungen abbringen lassen und den eingeschlagenen mutigen Reformkurs fortgesetzt.
Durch die Entscheidung zur Einführung der Primarschule und zur Fortsetzung des schon unter der letzten CDU-Regierung beschlossenen Wegs zur Stadtteilschule hat sich in den vergangenen Jahren sehr viel inhaltlich, aber auch finanziell in der Schulpolitik in Hamburg getan. Wir werden mit den jetzt im Haushaltsplan-Entwurf enthaltenen erweiterten Finanzmitteln unsere Anstrengungen verstärken und uns für eine chancengerechte Schule einsetzen. Dieses kommt – und darauf legen wir Wert – sowohl den leistungsstarken als auch den eher unauffälligen und doch leistungsbewussten Schülern, aber auch den schwächeren Schülern zugute.
In der Presse konnte man schon von den positiven Auswirkungen einer sachorientierten Schulpolitik der vergangenen CDU-Regierung lesen. Es sind bessere Ergebnisse erzielt worden, wir sagen aber auch, dass bessere Ergebnisse für uns noch keineswegs gute Leistungen darstellen; wir werden das fortsetzen. Der Hauptschulabschluss konnte prozentual von mehr Jugendlichen erreicht werden als in den Jahren zuvor. Dies verdanken wir einerseits – und ich sage das sehr bewusst – der guten Arbeit und dem Einsatz vieler Lehrerinnen und Lehrer, denen ich ausdrücklich dafür danken möchte,
aber auch den innovativen Ziel- und Leistungsvereinbarungen, den veränderten Bildungsplänen und dem energischen politischen Auftreten der Verantwortlichen. Sicher werden wir noch weitere Interpretationen abwarten müssen, um Lehren aus diesen guten Zahlen ziehen zu können. Dies ist für uns eine Verpflichtung. Auch für die nächsten Schülerjahrgänge müssen wir positive Resultate erzielen. Wir wollen durch den erhöhten Personaleinsatz – 165 Millionen Euro zusätzlich –, durch kleinere Klassen, durch Förderung und Einführung abgestimmter Profilbildungen in der Primarschule und mit den weiterführenden Schulen die individuellen Stärken unserer Schülerinnen und Schüler in angemessener Weise fördern – ich will es noch verstärken –, wir müssen die Möglichkeiten und die Kompetenzen unserer Schüler leistungsgerecht verstärken.
Wir wissen, dass wir den Lehrkräften, aber auch den Schülern und den Eltern mit unserer Reform viel abverlangen, denn zu einem qualitativ hochwertigen Schulsystem gehören natürlich die Lehrer. Aus- und Fortbildung der Lehrerschaft sind ein Eckpfeiler dieser neuen Schulstruktur. Dafür stellen wir jährlich mehr als 1 Million Euro zur Verfügung. Ein weiterer Eckpfeiler sind die Beratungen in den regionalen Schulkonferenzen, auf die ich kurz eingehen möchte und die seit gut einem halben Jahr tagen. Die Ergebnisse dieser regionalen Schulkonferenzen müssen sich in den Vorschlägen wiederfinden, denn wir wollen allen Beteiligten das ehrliche Gefühl von Transparenz und Partizipation vermitteln.
Meine Koalitionspartner und -redner werden noch auf weitere Haushaltsvorwürfe eingehen, die Sie gemacht haben. Wir sehen, dass diese schwarzgrüne Regierung mit Ole von Beust und Frau Senatorin Goetsch verantwortungsbewusst und erfolgreich handelt. Deshalb hat diese Regierung unsere volle Unterstützung zum Haushaltsgesetz. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Rabe, Ihr Bild von den Kreuzzügen möchte ich kurz aufgreifen. Keiner in dieser Stadt hat Ihnen bislang irgendeinen Vorwurf gemacht in Richtung Kreuzzugcharakter. Allerdings erinnert mich das, was Sie die letzten Tage unter anderem gemacht haben, auch ein bisschen an das, was früher bei den Kreuzzügen und in dieser Zeit geschehen ist. Sie sollten vielleicht noch einmal in sich gehen,
bevor Sie anderen Leuten vorwerfen, gegen Sie einen Kreuzzug zu unternehmen; das als kleine Vorbemerkung.
Dieser Tag ist ein guter Tag für Hamburgs Schulen, denn wir streiten uns heute nicht darüber, ob überhaupt und wenn ja, wo wie viel Geld in der Schullandschaft gespart werden kann, sondern wir haben einen Bildungshaushalt vorgelegt, der im Gegenteil die Bildungsausgaben wieder einmal erhöht, und zwar bis 2010 um 8 Prozent. Das muss man erst einmal festhalten.
Investitionen in Bildung sind Investitionen in unsere Zukunft. Das ist nicht mehr nur eine Floskel für Sonntagsreden, sondern diese Aussage findet sich auch in harten Zahlen im Haushalt wieder.
Wir diskutieren heute darüber mit Ihnen zu Recht – oder zu Unrecht, das wird sich zeigen –, ob die Mittel, die wir als Mehrausgaben bereitstellen, im Schulbereich auch richtig ausgegeben werden. Diese zusätzlichen 8 Prozent werden wir nicht einfach blindlings in das System pumpen. Wir wissen schon lange, dass Hamburgs Schulsystem – Herr Kerstan hat das ganz am Anfang des heutigen Nachmittags schon einmal erwähnt – in einem Punkt wirklich spitze ist, nämlich in den Ausgaben pro Schülerin und Schüler. Die Ergebnisse und Leistungen, die am Ende stehen, lassen das bis heute leider nicht erkennen. Aus diesem Grund wissen wir, dass nur mehr Geld allein nicht zielführend ist. Mehr Geld für Bildung ohne einen Umbau des Schulsystems wird wirkungslos verpuffen. Das hat Herr Kerstan auch schon gesagt.
Deshalb zeigt der heutige Tag eines: CDU und GAL meinen es ernst mit der Weiterentwicklung der Hamburger Schullandschaft. Uns geht es um weit mehr als nur die Reform der Schulstruktur. Uns geht es um eine Verbesserung der Qualität an Hamburgs Schulen. All denen, die uns sagen, die Veränderung der Struktur alleine reiche nicht aus, sagen wir deutlich, das wissen wir. Deshalb ist die Einführung der Primarschule und der Stadtteilschule für uns untrennbar verbunden mit einer Verbesserung der Unterrichtsqualität.
All denen, die uns sagen, wie Herr Rabe das gesagt hat, wenn diese Reform erfolgreich sein soll, dann müsst Ihr auch Geld in die Hand nehmen, antworten wir, das wissen wir. Deshalb ist unsere gemeinsame Bildungsoffensive auch untrennbar verbunden mit Mehrausgaben im Bildungshaushalt. Wenn wir deutlich mehr Geld für Bildung ausgeben wollen, ist dies bei aller Einigkeit im Hause allerdings immer noch erklärungsbedürftig. Wir erleben das in diesen Tagen immer wieder, weniger in der Debatte, sondern auf der Straße in Diskussionen und in Briefen. Es gibt immer noch viele Menschen in dieser Stadt, die glauben, unser Schulsystem sei eines, auf das andere Staaten wegen seiner Erfolge mit Neid blicken.
Die Ursachen für die Schwierigkeiten, die viele Jugendliche nach Verlassen der Schule auf dem Arbeitsmarkt haben, werden von vielen Menschen leider immer noch bei den Schülerinnen und Schülern selbst vermutet, frei nach dem Motto: Wer wirklich will, der kann auch, wer nichts kann, der will nicht. Deshalb erläutere ich gerne noch einmal, woran es unserem Schulsystem mangelt und in dieser Analyse sind wir uns eigentlich weitgehend einig.
Der erste Mangel: Der schulische Erfolg hängt immer noch zu sehr davon ab, welchen Bildungsstand die Eltern haben. Wenn wir als Staat Schule ernst nehmen, dann kann es uns nicht kalt lassen, wenn es der Schule nicht richtig gelingt, die unter
schiedlichen Voraussetzungen, die gleich talentierte Kinder von zu Hause mitbringen, im Laufe der Jahre zu kompensieren.
Der zweite Mangel: Wir haben auch zu wenig Erfolg in der Leistungsspitze. Im internationalen Vergleich haben wir in Hamburg zu wenige Jugendliche, die die Schulen mit Abitur verlassen. Auch die Gymnasien liegen leider im internationalen Leistungsvergleich zurück.
Der dritte Mangel: Unser Schulsystem geht völlig ineffektiv mit der wertvollen Ressource Zeit um. Bei den 15-jährigen Schülerinnen und Schülern haben in Hamburg laut PISA 2006 28,7 Prozent eine verzögerte Schullaufbahn. Das heißt, sie sind ein Jahr oder mehrere Jahre zu lange im Schulsystem. Bei den Hauptschülern trifft das sogar auf zwei von drei Schülerinnen und Schülern zu. Dieser Verschwendung von Lebenszeit gilt es zu begegnen.