Protocol of the Session on April 2, 2008

- Darüber werden wir noch sprechen, den Hammer packen Sie ruhig aus.

(Beifall bei den Fraktionen SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen zum ersten Thema sehe ich nicht. Dann rufe ich das zweite Thema auf, das von der GAL-Fraktion angemeldet wurde:

Partnerschaft mit China – Solidarität mit Tibet

Das Wort hat Herr Maaß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der derzeitige Protest, der in Tibet sichtbar wird, macht für alle offenbar, was seit Jahrzehnten weitgehend unbemerkt von der Weltöffentlichkeit passiert, nämlich dass von China eine jahrtausendalte Kultur systematisch zerstört wird.

Tibet ist ein Land, dessen Geschichte über zwei Jahrtausende zurückreicht und dessen Staatlichkeit spätestens Anfang des letzten Jahrhunderts außer Frage gestanden haben sollte. China hat 1949 durch einen Einmarsch seiner Armee in dieses Land die Unabhängigkeit beendet. 1959 kam es in Tibet zu einem ersten großen Volksaufstand, der wiederum rücksichtslos niedergeschlagen wurde. Mindestens 80.000 Tibeter flohen, darunter auch der Dalai Lama. Gestatten Sie mir eine Zwischenbemerkung. Ich finde es gut, dass dieses geistliche Oberhaupt der Tibeter im letzten Jahr von der deutschen Kanzlerin empfangen wurde, und ich finde es schade, dass der deutsche Außenminister meinte, dieses kritisieren zu müssen. Dieser Empfang ist richtig und wichtig für Tibet, damit die Weltöffentlichkeit endlich das Licht auf die Missstände in diesem Land richtet.

(Beifall bei den Fraktionen GAL und CDU)

In der Folge der Niederschlagung des Volksaufstandes von 1959 kam durch die chinesische Herrschaft mindestens eine Million Tibeter durch Unterdrückung und Hinrichtungen in Arbeitslagern und auf andere Weise zu Tode. Bis heute sind Gefängnisse und Arbeitslager Alltag für Tibeter, insbesondere für solche, die sich religiös verwirklichen und politisch äußern wollen. Es gibt bis heute eine gezielte Politik der chinesischen Regierung zur Bevölkerungsumsiedelung, zur gezielten Minorisierung der Tibeter, zur gezielten Zerstörung der tibetischen Kultur. All das hat über Jahrzehnte - weitgehend von der Weltöffentlichkeit unbemerkt - stattgefunden. Deswegen ist es gut, dass die Weltöffentlichkeit diesen Prozess unter dem Eindruck des Protests, der jetzt in Tibet vonstatten geht, diesen Prozess wahrnimmt. Ich glaube, dass Hamburg als Partnerstadt Shanghais und als Partner Chinas in Deutschland auch diese Punkte sehr kritisch im Rahmen unserer Partnerschaft anspricht. Es ist wichtig, dass wir auch in der Bürgerschaft deutlich machen, dass die Menschenrechtssituation in Tibet für uns nicht hinnehmbar ist und dass wir dieses im Rahmen unseres kritischen Dialogs mit China sehr klar ansprechen wollen.

(Beifall bei den Fraktionen GAL und CDU)

Wir sollten dabei auch die Möglichkeit nutzen, dass aufgrund der Olympischen Spiele große Aufmerksamkeit auf

China gerichtet wird. Dabei geht es weniger um die Frage eines Boykotts, sondern darum, was wir von Gastgebern erwarten. Wir erwarten nämlich, dass sich hinter einer schönen Fassade nicht etwas verbirgt, was letztendlich auf Unterdrückung hinausläuft, sondern dass das, was mit Olympischen Spielen verbunden wird, nämlich Völkerfreundschaft und Friede, von unseren Gastgebern eingelöst wird.

(Beifall bei der GAL-Fraktion und bei Dr. Michael Naumann und Ingo Egloff, beide SPD)

Gerade unsere wirtschaftlich engen Verbindungen mit China geben uns Möglichkeiten und auch die Pflicht, unsere chinesischen Partner auf diese Probleme anzusprechen. Ich erwarte dies auch von der Wirtschaft. Demokratie und Rechtsstaat sind nicht nur die Voraussetzungen für die Realisierung individueller Freiheiten, sondern ich bin davon überzeugt, dass sie auch die Voraussetzungen für die langfristige Schaffung von Wohlstand und wirtschaftlicher Entwicklung sind.

Deswegen werden wir unsere Arbeit, die wir in der vergangenen Legislaturperiode und auch schon davor begonnen haben, in der Bürgerschaft fortsetzen. Wir fordern, dass für Hamburg keine Waren aus China bezogen werden, die in Arbeitslagern hergestellt und mit Steuergeldern bezahlt werden. Wir verlangen, dass wir im Rahmen unserer Beschaffungspolitik auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratie achtgeben.

(Beifall bei den Fraktionen GAL und CDU und Eli- sabeth Baum DIE LINKE - Dr. Michael Naumann SPD: Gut zuhören!)

B Wir wollen deswegen die Transparenz und den kritischen Dialog mit unseren chinesischen Partnern fortsetzen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den Fraktionen GAL und CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Ploog.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer sich in diesen Tagen mit dem Thema Partnerschaft mit China und Solidarität mit Tibet befasst, weiß, dass das ein schwieriges Thema ist, dem man sich vorsichtig nähern möchte. Dennoch wird einem sehr bald klar, dass es ein Thema ist, das klare Aussagen verlangt. Zunächst wird man spontan und offen seine Solidarität mit dem tibetischen Volk zeigen müssen und, ich glaube, das ist auch die einzige Aussage, die diesem Hause angemessen zusteht, also eine unverzichtbare Haltung dieses Hauses: Die Solidarität mit dem tibetischen Volk.

(Beifall bei den Fraktionen CDU und GAL und ver- einzelt bei den Fraktionen SPD und DIE LINKE)

Nur wenige Wochen nach Beginn der Proteste ist jüngst der Aufstand gegen die chinesische Regierung wieder aufgeflammt. Tausende Menschen haben sich außerhalb der Klöster wieder spontan diesen Demonstrationen angeschlossen. In dieser Situation ruft der Dalai Lama der Weltgemeinschaft zu, dass er hilflos dastehe und nur bete. Ich darf es noch einmal wiederholen: So gilt denn die uneingeschränkte Solidarität auch meiner Fraktion dem tibetischen Volk und ihrem geistlichen Oberhaupt, dem Dalai Lama, auch in dieser aktuellen Situation. Die Solidarität gilt dem Kampf Tibets um die Einhaltung der

Menschenrechte. Sie gilt aber auch dem Kampf Tibets und seiner Menschen um die Glaubens- und Religionsfreiheit und dem Ringen des Volkes um seine kulturelle Identität. Doch nur China und Tibet können dieses Problem wirklich alleine lösen. Um eine Entwicklung in diesem Prozess anzustoßen, war es richtig, dass die Außenminister der EU jüngst die chinesische Regierung aufgefordert haben, sofort und umgehend die Repression zu stoppen, unabhängige Mediziner in das Land zu lassen und den Menschen, die dort gerade auch in diesen Auseinandersetzungen zu Schaden gekommen sind, zu helfen und vor allem die Medienblockade aufzuheben. Zusätzlich wurde China zum Dialog mit dem Dalai Lama aufgefordert. Ich muss sagen: Ich bedauere sehr, dass China dieses Angebot zurückgewiesen hat.

Zugleich wird in China erneut behauptet, der Dalai Lama selbst habe die derzeitigen Unruhen von langer Hand geplant. Diese Aussage kann nach meiner Auffassung nicht hingenommen werden.

(Beifall bei den Fraktionen CDU und GAL und bei Ingo Egloff SPD)

Eine behauptete Beteiligung des Dalai Lama am Terrorismus ist unter gar keinen Umständen akzeptabel, ebenso wie die damit einhergehende Dämonisierung seiner Person. Für die CDU-Fraktion weise ich diese Darstellung entschieden zurück.

(Beifall bei der CDU-Fraktion und bei Christian Maaß GAL)

Die derzeitigen Unruhen in Tibet sind vielmehr das Ergebnis jahrelanger Unterdrückung und der Nichtbeachtung des tibetischen Volks, seiner Religion und seiner Kultur durch die chinesischen Machthaber. Die Verweigerung grundlegender Menschenrechte wie Religions- und Meinungsfreiheit, die Unterdrückung der tibetischen Kultur durch die Zerstörung von Klöstern und Kulturgütern durch die Rotgardisten in der Kulturrevolution und die chinesische Besiedlungspolitik sind nur einige wenige Beispiele. Deshalb muss der Versuch der Chinesen, den Dalai Lama als einen gefährlichen Separatisten darzustellen und als Anstifter der Unruhen zu bezeichnen, als falsch bezeichnet und zurückgewiesen werden.

In der aktuellen Auseinandersetzung - ich wiederhole das an dieser Stelle noch einmal - muss zunächst ein absoluter Gewaltverzicht von den chinesischen Machthabern gefordert werden, ebenso wie die umgehende Wiederherstellung der Glaubens- und Religionsfreiheit.

(Beifall bei den Fraktionen CDU und GAL und ver- einzelt bei der Fraktion DIE LINKE)

In dieser aktuellen Diskussion kommt es aber nicht nur darauf an, Peking zu verurteilen, sondern den chinesischen Machthabern vielmehr einen Weg aufzuzeigen, der sie aus dieser Sackgasse herausführen kann, einen Weg aufzuzeigen, der China die Chance gibt, seine Würde in dieser Auseinandersetzung mit Tibet eben nicht selbst zu verletzen. Dabei kann es durchaus hilfreich sein, hervorzuheben, was die chinesische Regierung seit Jahren an Öffnung vollzogen hat, und auch zu betonen, welche gewaltigen Fortschritte das chinesische Volk in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten aus eigener Kraft gemacht hat. Gewaltige wirtschaftliche und soziale Erfolge sind zu verzeichnen, ebenso, wie über viele Jahre eine enorme politische Stabilität bewahrt wurde. Angesichts der aktuellen Situation in Tibet drohen diese enor

men Leistungen des chinesischen Volks allerdings aus dem Bewusstsein der Weltöffentlichkeit zu schwinden. China sollte mit sehr viel mehr Selbstbewusstsein, Gelassenheit und Souveränität den aktuellen Konflikt analysieren und beilegen.

(Glocke)

- Herr Präsident, ich habe das Zeichen gesehen.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Wichtig scheint mir, noch einmal zu betonen, dass vor allem die Medienblockade aufgehoben werden muss. Denn Verdächtigungen können nur dort blühen und nur dort haben Verleumdungen Platz, wo es keine freie Berichterstattung gibt. Ich möchte China ermuntern, der Welt durch den Zugang der Medien Teilhabe zu geben an den aktuellen Vorgängen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Fraktionen CDU, SPD und GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete Frank.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, dass wir uns in diesem Hause darüber einig sind, dass die Politik Chinas in Tibet und nicht nur dort eine Politik des Unrechts ist, versehen mit schwersten Menschenrechtsverletzungen, weit weg von Toleranz, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Wir machen hier keine Weltpolitik, aber die politisch Verantwortlichen in China und die vielen Vertretungen auch in Hamburg sollen wissen, dass wir diese Politik der brutalen Unterdrückung mit Abscheu missbilligen. D

(Beifall bei den Fraktionen SPD, GAL und CDU)

Wir dürfen in Hamburg nicht schweigen, wenn Folter, Hinrichtungen, Unterdrückung und Zerstörung der Klöster an der Tagesordnung sind. Menschenrechte sind unteilbar und gelten für alle Menschen auf dieser Welt, auch für die Menschen in China. China ist seit Jahrzehnten dabei, die tibetische Kultur und Identität zu zerstören und die Tibeter im eigenen Lande zu marginalisieren. Viele wundern sich, dass nun ausgerechnet in China die Olympischen Spiele stattfinden. Der Sport kann Politik nicht ersetzen. Mit der Vergabe an Peking hat sicherlich auch die Hoffnung eine Rolle gespielt, dass der Zugang für mehr als 20.000 Medienvertreter und ihre Berichterstattung zu einer stärkeren Öffnung des Landes führen kann oder könnte. Welche Rolle die Olympischen Spiele für die innere Entwicklung Chinas spielen werden, bleibt abzuwarten. China hat bei der Vergabe einige Standards versprochen, zum Beispiel auch eine Verbesserung der Menschenrechtslage. Die Entwicklung ist zurzeit aber eine ganz andere. Da ist die brutale Gewalt in Tibet, da gibt es erzwungene Ausreisen von Journalisten und auch von Touristen, man hört von Verhaftungen, man hört von Entfernung von Wanderarbeitern und anderen unerwünschten Personen aus den Olympiastädten. Die Politik und auch der Sport müssen die Einhaltung der versprochenen Standards mit Nachdruck verlangen. China riskiert unausweichlich eine noch intensivere Diskussion über einen Boykott der Olympischen Spiele.

Für Hamburg - das ist schon gesagt worden - ist China ein sehr wichtiger, insbesondere wirtschaftlich wichtiger Partner. CHINA TIME und China Summit sind ein deutlicher Ausdruck der intensiven Beziehung zwischen China

und Hamburg. Die Erhaltung der tibetischen Kultur und die Achtung der Menschenrechte sind den Hamburgerinnen und Hamburgern auch eine Herzensangelegenheit. Der Senat, der Erste Bürgermeister, die Hamburger Kaufmannschaft und die Handelskammer müssen sich ihrer Verantwortung sehr bewusst sein und alle Spielräume in den Beziehungen zu China nutzen, um unsere politisch-humanitäre Haltung unmissverständlich klarzumachen. Dazu gehört manchmal aber auch Symbolik oder ein öffentliches Wort. Hamburg als Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt darf sich in dieser Frage nicht verstecken.

(Frank Schira CDU: Der Bürgermeister hat den Dalai Lama empfangen!)

Das Schweigen der Kaufmannschaft, des Senats und der Handelskammer zu China und Tibet ist politisch …

(Frank Schira CDU: Das stimmt überhaupt nicht!)

- Das können Sie gleich korrigieren. Kommen Sie nach vorne. Ich habe jetzt das Wort.

(Frank Schira CDU: Das stimmt überhaupt nicht. Der Bürgermeister hat den Dalai Lama empfan- gen. Herr Runde hat das nie getan!)

Ich bitte, mir das Wort zu verschaffen.

Herr Abgeordneter, sprechen Sie doch einfach weiter, Sie haben das Mikrofon.

- Ja, aber er schreit zu sehr.