Ich bin eine große Anhängerin von Wahrheit und Klarheit und das Erste, was ich mich gefragt habe, als ich diesen Haushaltsplan-Entwurf gelesen habe oder durchgeackert habe, mich durchgewühlt habe, war: Ist das eigentlich ein Plan? Und ich habe dann im Finanzbericht, im allgemeinen Vorbericht, gelesen, warum man eine Planung braucht. Das Erste ist: Es muss ersichtlich werden, in welchem Umfang voraussichtlich Mittel zur Finanzierung der Aufgaben Hamburgs zur Verfügung stehen. Das Zweite ist, welche Vorbelastungen aus bisherigen und neuen Maßnahmen zu erwarten sind. Schon allein diese beiden Punkte ließen bei mir doch häufig Zweifel aufkommen, ob diese vorliegenden "Telefonbücher" den Namen Haushaltsplan überhaupt verdienen. Das Zahlenwerk steht unter ganz bestimmten Prämissen.
Das Erste sind die Steuereinnahmen. Die Höhe, die vorgegeben ist, die prognostiziert ist in diesem Haushaltsplan-Entwurf, ist völlig unsicher und muss wahrscheinlich nach unten korrigiert werden, wahrscheinlich sogar sehr drastisch. Diese Voraussetzung stimmt schon einmal nicht.
dukts von durchschnittlich 1,5 Prozent pro Jahr gerechnet. Das ist nach heutigen Kenntnissen jenseits aller Schätzungen entschieden zu hoch. Wir können zufrieden sein, wenn wir am Ende ein Plus-Minus-Null herausbekommen. Skeptiker und Pessimisten gehen von einem Minuswachstum aus. Das ist die zweite Prämisse, die nicht haltbar ist.
Die dritte sind die Auswirkungen der Finanzkrise – und dabei insbesondere, was Hamburg anbetrifft – auf diese sehr außenhandelslastige Wirtschaft. Diese Risiken sind nicht einmal ansatzweise im Haushaltsplan berücksichtigt. Selbst Senator Gedaschko hat heute im "Hamburger Abendblatt" gesagt – ich zitiere:
Aber insgesamt konfrontiert der Senat uns nur mit Steigerungsraten und positiven Zahlen, wenn er zum Beispiel die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Hamburgs bis 2012 beschreibt. Auch das trifft nicht die Realitäten.
Das Vierte sind die Risiken, die absehbar sind. Vor allem die, die sich als Fass ohne Boden herauskristallisieren, sind völlig außer Acht gelassen. Ich spreche von der Elbphilharmonie, von der heute diskutierten HSH Nordbank und auch von der Hafenentwicklung. Interessanterweise kann man heute vom CDU-Wirtschaftsrat lesen – Zitat:
Das ist eine gute Idee, kann ich nur sagen. Und ich glaube, wir können uns so Einiges hier gar nicht leisten.
Das Problem ist: So, wie der Haushaltsentwurf aufgestellt wird, kann man auf keine Weise eine Antwort auf diese Fragen herauslesen und der Steuerzahlerbund hat dieses Zahlenwerk bereits beurteilt und es zur Makulatur erklärt. Von den Kammern, der Wirtschaft und den Gewerkschaften ist ähnliche Skepsis zu hören.
Eine weitere Prämisse ist: Es darf keine Neuverschuldung geben und der Haushalt ist unter das Thema gestellt worden: Verschuldung Hamburgs, Beenden der Nettoneuverschuldung und Schuldenbegrenzungsregelung. Einmal abgesehen davon – und das ist heute schon mehrfach gesagt worden –, dass im Senat und bei den Koalitionsparteien unterschiedliche und sich widersprechende Aussagen gemacht worden sind, muss doch einmal festgehalten werden, dass wir die Neuverschuldung die ganze Zeit schon betreiben. Herr
Kerstan hat in seinem Vortrag, in dem er den Finanzsenator gelobt hat, immer vom Kernhaushalt gesprochen und die Schattenhaushalte wohlweislich herausgelassen. Denn dass es sie gibt, weiß er auch.
So wohl war dem Finanzminister bei der Vorlage dieses Plans scheinbar auch nicht, denn in einem Anflug von Selbstkritik weist er darauf hin, dass – zumindest was die Einnahmenprognosen anbetrifft – ohne Zweifel Risiken in dem Plan sind. Deshalb weiß ich überhaupt nicht, Herr Kerstan, woher Sie Ihre Sicherheit nehmen, dass ganz bestimmte Beträge auch wirklich ausgegeben werden und die Einnahmen so sprudeln werden, wie in diesem Entwurf eingestellt. Ich kann das nicht nachvollziehen.
Wir sind als LINKE zu der Auffassung gekommen, dass dieser Haushaltsentwurf insgesamt ein Risiko darstellt. Alle fünf Grundannahmen stimmen nicht, so sieht kein solider und belastbarer Haushalt aus. Das ist uns auch bei der Diskussion der Einzelpläne in den Ausschüssen immer wieder gesagt worden, bei intensiven Nachfragen hieß es immer von den Behördenvertretern: Zwischen Drucklegung und heute sind die Zahlen leider schon veraltet. Deshalb wäre das Solideste, was Sie machen können, eine überarbeitete Fassung herzustellen, die sich mit ihrem Zahlenwerk an den Realitäten orientiert. Das wäre auch eine gute Idee.
Ich habe die Schattenhaushalte angesprochen. Die Verschiebung von Aufgaben und Krediten, also die Verschiebung von Neuverschuldung, soll fortgesetzt werden. Um den Investitionsstau an Schulen abzubauen, plant die Behörde für Schule und Berufsbildung einen Landesbetrieb Schulbau einzurichten. Herr Kerstan kommt dann immer mit diesen 171 Beamten in der Schulbehörde, die nicht in der Lage waren, das Geld auszugeben, das sie hätten ausgeben sollen. Das mag ein bisschen an der Jahreszeit liegen, wir begeben uns nämlich langsam in die Märchenzeit. Daran glaube ich zum Beispiel nicht.
Ab 2010 wird dann das Sondervermögen die Schulbauprojekte durchsetzen und es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, so ist uns das im Schulausschuss gesagt worden, dass bis dahin die Hochbaudienststelle der BSB die Aufgaben weiter übernimmt. Nun steht aber zu befürchten, dass – solche Informationen gibt es aus den Schulen und das konnte man auch im Schulausschuss zwischen den Zeilen heraushören – all die Baumaßnahmen an den Schulen, die bereits genehmigt aber noch nicht angefangen worden sind, auf Eis gelegt werden sollen. Das ist etwas, was wir überhaupt nicht nachvollziehen können. Das hängt mit Sicherheit auch damit zusammen, dass die baulichen Bedingungen für die Installierung des Zwei-Säulen-Modells abgewartet werden müssen. Deswegen wird es wahrscheinlich einen Baustopp
geben und genau das lehnen wir ab. Die Schulen brauchen Planungssicherheit und so haben sie diese nicht.
Sie können immer nur Zwischenrufe machen, im Ausschuss und überall. Dann stellen Sie sich doch hier vorne hin und sagen einmal etwas.
(Beifall bei der LINKEN – Klaus-Peter Hesse CDU: Im Stadtentwicklungsausschuss war gar kein Vertreter der LINKEN anwesend!)
Fakt ist, dass die Bedingungen für Lernerfolge in den Hamburger Schulen schlecht sind. Daran kann keiner vorbeireden und da braucht man auch nicht lange in PISA-E von gestern zu schauen. Das erleben wir ständig und das haben die Schüler letzte Woche sehr eindrucksvoll vorgetragen. Einige mussten gleich fragen: Wer steckt dahinter, oh Gott, oh Gott? Ich kann Ihnen sagen, wer dahinter gesteckt hat – 6 500 Schülerinnen und Schüler. Und das war große Klasse.
Die haben auf den Punkt gebracht: Die Klassen sind zu voll, die Lehrer sind überlastet, die Räume sind unzureichend und die Lernmittel sind veraltet. Das Mindeste, was man erwarten kann, ist, dass das Büchergeld wieder zurückgenommen wird. Es müssen viel mehr Lehrer eingestellt werden als geplant. Auch wenn durch empfindliche Abzüge die Frühpensionierungen zurückgegangen sind, muss festgestellt werden, dass die hohe wöchentliche Arbeitszeit unter den Bedingungen, wie heute Schule in Hamburg stattfindet, viele Lehrer krank macht. Aus dem Grunde muss die Wochenarbeitszeit herunter und es muss auch die Altersteilzeit, die vor kurzer Zeit abgeschafft worden ist, wieder hergestellt werden, damit Lehrer auch im hohen Alter noch ihren Dienst verrichten können, aber nicht in voller Zeit. Nur die, die nahe dran sind, wissen, was es bedeutet, heute in Hamburg Vollzeitlehrer zu sein über Jahre und Jahrzehnte. Das Bild, das in der Öffentlichkeit von Lehrern gezeigt wird, stimmt mit der Realität in keinster Weise überein.
Es ist die Rede von der Kinderarmut gewesen. Die Kinderarmut in Hamburg hat heute eine Dimension erreicht, die ein aktives, intensives Handeln vom Senat schon lange erfordert hätte.
Davon können wir im Haushaltsentwurf leider gar nichts finden. Das Mindeste – Herr Tschentscher hat darauf hingewiesen – wäre, dass es ein kostenloses Mittagessen in der Kita ab sofort gibt, das heißt ab Inkrafttreten des Haushalts. Anzustreben
ist auf jeden Fall auch ein kostenloses Mittagessen in den Schulen. Da sind wir mit unseren Forderungen nicht allein, auch das Diakonische Werk und andere Verbände fordern das.
Politik hat die Aufgabe gegenzusteuern und eine prognostizierte drohende Rezession hat die Diskussion um Konjunktur- und Investitionsprogramme wieder angefacht. Das begrüßen wir. Wir begrüßen auch, dass es eine konzertierte Aktion und runde Tische geben soll. Aber auf eines möchte DIE LINKE ganz deutlich hinweisen: Vor einem halben Jahr haben wir immer vom Konjunkturaufschwung gesprochen. Der ist inzwischen allerdings verfrühstückt worden, und zwar durch die Geldgier des ungehemmten Kapitalismus. Herr Freytag hat vom Kasino-Kapitalismus gesprochen. Herr Freytag, ich muss Sie doch wirklich bitten, nicht den Bock zum Gärtner zu machen. Wenn Sie jetzt sagen, die Banken sind die Opfer und die, die die Banken kritisieren, sind die Täter, frage ich Sie allen Ernstes: Wer hat eigentlich die Arbeitsplätze weltweit vernichtet? Doch nicht die, die das jetzt kritisieren.
Für uns ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass dieser Aufschwung, von dem immer geredet wurde, bei der Mehrheit der Menschen nicht angekommen ist. Wenn wir jetzt Konjunkturprogramme auflegen, dann macht das aus unserer Sicht nur Sinn, wenn die Maßnahmen der Konjunkturprogramme auch dort ankommen, wo sie hingehören. Herr Dr. Bischoff hat die Frage gestellt, was eigentlich das Subjekt Hamburg ist. Das Subjekt Hamburg sind die Menschen in Hamburg. Das heißt, die Maßnahmen müssen auch dort ankommen und ein Konjunkturprogramm kann nicht den Sinn dadurch erfüllt haben, …
Frau Abgeordnete, ich möchte Ihnen nur die volle Aufmerksamkeit auch des Abgeordneten Grapengeter zuwenden.
Wir möchten gerne, dass ein Konjunkturprogramm bei den Menschen ankommt, und zwar bei der Mehrheit der Menschen, und nicht nur Strukturen
festigt. Wir unterstützen auch einen ganz wichtigen Ansatzpunkt, von dem heute zu lesen war. Wenn wir den Haushaltsverlauf 2008 anschauen, müssen wir feststellen, dass durch welche Maßnahmen auch immer – Arbeitszeitverlängerung, Rente mit 67 – die Personalausgaben der Hansestadt Hamburg um 8 Prozent gesenkt worden sind. Hier muss nach unserer Meinung insbesondere in der jetzigen Situation ganz intensiv aufgestockt werden. Das ist auch vom Senat angekündigt worden und die Details sollen im Dezember vorgelegt werden. DIE LINKE wird einen Antrag zum Arbeitsmarkt einbringen. Ergänzt wird dieses Landesprogramm Arbeit durch einen Maßnahmenkatalog zum Klimaschutz. Es ist von der GAL schon darauf hingewiesen worden, dass das auch Maßnahmen sind, um die Konjunktur anspringen zu lassen.
Die Frage von Finanzierung – davon war heute auch oft die Rede – ist nicht nur eine Frage, wann, wo und wie viele Ausgaben getätigt werden, es ist auch eine Frage der Einnahmen. Im Gegensatz zu den Aussagen im Wahlkampf haben CDU und GAL Steuern erhöht, nämlich die Grunderwerbsteuern. Diese werden veranschlagt mit 63 Millionen Euro pro Jahr. Das gleicht gerade einmal die Mindereinnahmen durch die Absenkung der Unternehmensteuer aus.
DIE LINKE fragt: In welchem Bermuda-Dreieck ist der Antrag auf Aufstockung der Steuerfahnder und Betriebsprüfer eigentlich verschwunden? Das hätten wir gerne gewusst. Im Haushaltsausschuss ist es angenommen worden, in der Bürgerschaft ist es angenommen worden, die Zahlen sollten nur noch einmal kurz überprüft werden – im Haushalt finden wir davon nix.
Der Senat verzichtet also bewusst auf jährliche Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe. Jeder von uns kann unterschreiben, dass Hamburg sich das überhaupt nicht leisten kann. Überhaupt sind Steuersenkungen der falsche Weg, weil man mit Steuern auch Schulden abbauen kann. Man muss damit nicht nur immer Neuausgaben tätigen. Gerade im Zusammenhang mit der Finanzkrise, den Schwindel erregenden Zahlen, der Begrenzung der Managergehälter auf lumpige 50 000 Euro pro Jahr und den unter anderem von der HASPA ausgegebenen Lehmann-Papieren, mit denen die älteren Menschen um die Ersparnisse gebracht worden sind, ist der Ruf nach Gerechtigkeit in der Bevölkerung stark geworden.
Man muss natürlich auch hinhören, das ist immer der Punkt. Und es besteht schlicht die Befürchtung, dass wieder einmal der berühmte kleine Mann die Zeche zahlt.