Protocol of the Session on October 1, 2008

(Michael Neumann SPD: Wir haben es auch gesagt! – Dr. Andreas Dressel SPD: Das ha- ben Sie im Wahlkampf nicht gesagt!)

Sie haben nach dem Wahlkampf unglaublich schnell Ihre Position gewechselt. Vielleicht wird uns Herr Egloff noch erklären, welche Argumente dahinter stehen, wenn es nicht Opportunismus ist.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Es glaubt Ihnen keiner, dass die SPD die einzige Partei ist, die vor einer rechtlichen Prüfung genau weiß, was hinten heraus kommt.

(Michael Neumann SPD: Das haben Sie doch gesagt!)

Sie sind nicht so viel schlauer als wir oder als die CDU. Das verfängt nicht.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Ich möchte noch auf die Argumente von Frau Heyenn eingehen. Frau Heyenn, Sie haben Recht, es ist für eine grüne Klimaschutzpartei nicht einfach

(Senatorin Anja Hajduk)

zu erklären, warum sie eine solche Entscheidung getroffen hat. Wir haben uns mit dieser Entscheidung nicht hinter bürokratischen Genehmigungsverfahren versteckt, sondern ich habe mich gehalten gesehen, mich an einen rechtlichen Rahmen zu halten. Die rechtlichen Maßstäbe, die wir in unserem Land haben, müssen wir Politiker alle ernst nehmen. Wenn Sie das verniedlichen und sich hinter bürokratischen Genehmigungsverfahren verstecken, dann setzen Sie sich dem Verdacht aus, dass Sie mit dem rechtlichen Rahmen in der Bundesrepublik nicht ernsthaft umgehen wollen. Ich würde das an Ihrer Stelle nicht tun.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Deswegen gilt auch, dass gerade bei dem Streit um Kohlekraftwerke, um andere Kraftwerke, um unsere Energiesicherheit und Energieversorgung alle gehalten sind, ernst zu nehmen, wie ernsthaft sich die Bevölkerung darum Sorgen macht und wie wenig sie darauf angewiesen ist, zu einfache Antworten zu erhalten

(Beifall bei der GAL und der CDU – Michael Neumann SPD: Die haben Sie im Wahl- kampf gegeben und nicht gehalten. Das ist Ihr Problem!)

Ich kann zum künftigen Wahlkampf auch noch etwas sagen. Einfache Antworten helfen nicht weiter. Was weiter hilft, ist, dass wir mit Blick auf das Bundesimmissionsschutzgesetz Änderungen bekommen, damit klimapolitische Erwägungen, die Sie fordern, Frau Heyenn, in die Genehmigungsverfahren solcher Kraftwerke einbezogen werden können. Das werden die Grünen im Bundestagswahlkampf zum Thema machen. Ich hoffe, dass die LINKE an der Stelle springt. Herr Kerstan hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sie mit Blick auf die Kohle eine differenzierte Position hat, wenn man die Landkarte der Bundesrepublik Deutschland betrachtet.

Ich habe jetzt, glaube ich, ein bisschen zu viel geredet. Deswegen komme ich zum Schluss.

(Beifall bei der SPD)

Auch wenn ich die Opposition kritisiert habe, im Mittelpunkt steht natürlich, das will ich nicht leugnen, die Glaubwürdigkeit der grünen Politik im Wahlkampf. Wir haben politisch – und dabei bleiben wir – eine Position, die neue Kohlekraftwerke nicht für den richtigen Weg hält. Wir haben einen rechtlichen Weg gesehen, dieses Kraftwerk nicht genehmigen zu müssen oder zu dürfen. Der hat sich nicht durchgesetzt, dass ich den weiter vollziehen könnte. Ich bin gern bereit einzuräumen, dass das auch heißt, dass wir uns an der Stelle politisch nicht durchgesetzt haben, weil es rechtlich keinen Weg gab, weil ich das nach rechtlichen Maßstäben bewerten wollte und musste. Ich will gern einräumen, dass das auch für uns eine Enttäuschung ist. Aber ich bleibe dabei, in der Politik ist es nicht viel

anders als im normalen Leben oder – andersherum – zum Glück ist es in der Politik so wie im normalen Leben, es gehören auch schwierige Entscheidungen dazu. Ehrlich darüber zu reden, könnte ein Weg sein, die Glaubwürdigkeit der Politik zu erhöhen. Zu laute Häme macht einen überhaupt nicht glaubwürdig.

(Lang anhaltender Beifall bei der GAL und der CDU)

Frau Senatorin, ich gebe Ihrem Gefühl des Zulange-Redens recht. Das war die doppelte Redezeit, die ein Abgeordneter in der Aktuellen Stunde hat.

Frau Weggen bekommt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Genehmigung, die von der Behörde für das Kohlekraftwerk Moorburg erteilt werden musste, ist sicherlich keine Sternstunde für Hamburg, auch nicht für meine Partei und sicherlich auch keine Sternstunde für den Klimaschutz. Das ist nicht kleinzureden und das ist mit Sicherheit auch nicht meine Absicht.

Die Auflagen, die erteilt wurden, bieten die Möglichkeit, schlimmere ökologische Auswirkungen zu verhindern. Das ist zu begrüßen, aber sicherlich kein Grund zu feiern. Aber, Frau Heyenn, die Auflagen müssen eingehalten werden und das ist sehr wichtig für die Umwelt.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Die Genehmigungen – auch mit ihren Auflagen –, die gefällt werden mussten, sind nach Recht und Gesetz getroffen worden. Uns wäre es natürlich auch lieber gewesen, wenn das Gericht unserer Auffassung über die Fischtreppe in seinem Hinweisbeschluss gefolgt wäre. Aber wir stehen nun einmal nicht über dem Gesetz. Schließlich musste diese Genehmigung nach den gesetzlichen Vorgaben getroffen werden und das war die einzige Entscheidungsbasis. Die gesetzlichen Vorgaben stellen die eigentliche Problematik dar. Darauf haben Herr Kerstan und Frau Senatorin Hajduk schon hingewiesen. Die Rahmenbedingungen für die Genehmigung von Kohlekraftwerken werden von der Bundesgesetzgebung vorgegeben. Ein zentrales Regelwerk ist dabei das Bundesimmissionsschutzgesetz. In diesem Gesetz sind keinerlei Regelungen und keinerlei Grenzwerte für den CO2-Ausstoß von Kohlekraftwerken vorgesehen. Wenn man bedenkt, dass eines der Hauptargumente gegen den Neubau von Kohlekraftwerken in ihrer Klimaschädlichkeit besteht, dann ist das absurd. Kohlekraftwerke sind aufgrund ihrer Klimaschädlichkeit nicht zu verhindern. Damit dieses möglich wäre, müsste die Bundesgesetzgebung geändert werden. Frau Heyenn, vielleicht hat das ein bisschen zur Klärung beigetragen.

(Senatorin Anja Hajduk)

Wenn man die Bundesgesetzgebung ändert, kann man Moorburg vielleicht nicht mehr verhindern. Aber, meine Damen und Herren von der SPD, wenn Sie es wirklich ernst meinen, dass keine neuen Kohlekraftwerke gebaut werden sollen – Herr Neumann, bei Ihnen konnte ich das eben nicht heraushören, Sie haben sich nicht klar positioniert, aber in der Vergangenheit hat, wenn ich mich richtig erinnere, eine ganze andere Positionierung stattgefunden – nehmen Sie Ihre Möglichkeit wahr, auf Bundesebene auf Ihre Partei einzuwirken. Immerhin stellen Sie den Bundesumweltminister. Allerdings hat sich Herr Gabriel in der vergangenen Woche deutlich zum Bau von Moorburg bekannt. Reden Sie also nicht nur mit uns über Moorburg, führen Sie keine Stellvertreterdebatte, sondern handeln Sie verantwortlich im Interesse des Klimaschutzes.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Ich habe von Ihnen schon sehr viele Worte gehört, auch viele gute Gründe gegen den Neubau von Kohlekraftwerken. Aber dann setzen Sie das bitte auch in Taten um, überzeugen Sie Ihre Partei auf Bundesebene und Ihren Bundesumweltminister.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

In Berlin – nicht in Hamburg – kann entschieden werden, dass keine neuen Kohlekraftwerke gebaut werden. Wir ziehen Konsequenzen, indem wir die Energieversorgung in Hamburg neu ausrichten. Wir setzen in Zukunft auf einen stadteigenen Energieversorger, denn es hat sich deutlich gezeigt, dass mit Vattenfall in Hamburg keine Klimaschutzpolitik zu machen ist. Also nehmen wir das selbst in die Hand und schaffen die Voraussetzung dafür, dass alle Hamburger Haushalte in Zukunft von einem stadteigenen Anbieter sauberen Strom bekommen können, der jetzt schon alle Hamburger Haushalte erreicht.

Wir schaffen außerdem die Voraussetzungen dafür, dass wir in Zukunft verstärkt erneuerbare Energien fordern und uns dafür entscheiden können, aus welchen Energiequellen Energie in die Hamburger Netze eingespeist wird.

Das alles kann durch einen stadteigenen Energieversorger geschehen. So handeln wir im Interesse des Klimaschutzes.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Zum Abschluss komme ich kurz auf die Auflagen zu sprechen. Das Kraftwerk kann so nicht auf vollen Touren laufen – das ist wichtig – und die Wasserentnahme aus der Elbe wird deutlich beschränkt. Sie können sicher sein, solange wir als Grüne in Hamburg mit an der Regierung beteiligt sind, gibt es keine Fischsuppe in der Elbe. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Herr Kruse.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Erzählen Sie mal etwas über die Fischtreppe!)

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Frau Heyenn, sollte es noch einen Beweis dafür geben müssen, warum wir Ihnen die Bildungspolitik niemals anvertrauen würden, Sie haben ihn geliefert.

(Michael Neumann SPD: Warten Sie mal ab, was der Ihnen noch abnötigt!)

Es mag sein, dass im Sozialismus alles anders ist, aber für den Rest der Welt gilt immer noch, dass zwei Drittel deutlich weniger sind als drei Viertel.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Einmal ist keinmal, aber dann haben Sie sich gleich noch einmal verrechnet und uns vorgeworfen, wir hätten das Solarprogramm gekürzt. Wir hatten es mit 5 Millionen Euro ausgestattet, wir haben dann weitere 2 Millionen Euro hinzugetan. Fünf plus zwei macht sieben, auch das ist mehr, das nennt man nicht kürzen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Es ist schon fast lässlich, dass Sie sich dann noch ein drittes Mal vertan haben. Das macht es nicht ganz so schlimm. Sie haben hin und her gerechnet, bei der CO2-Belastung ist es nun einmal so, in Deutschland gibt es für die Energieversorgung 440 Millionen Tonnen CO2-Zertifikate. Die sind verteilt und das war es; das CO2 wird in die Luft gepustet. Unser Weg, für den wir uns entschieden haben, ist, über diese Zertifikate den CO2-Gehalt zu senken. Wir müssen nicht hin und her rechnen, wo etwas abgeschaltet oder dazu geschaltet wird.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Darf es ein bisschen mehr sein?)

Sie haben zu Recht gesagt, jetzt muss geguckt werden, wo wir klimapolitisch die Akzente setzen könnten, nachdem wir in Hamburg in eine Technik investieren werden, die der Zeit, aber nicht der Zukunft entspricht. Das haben wir immer gesagt und Sie werden sich erinnern, dass die CDU, als dieser Antrag gestellt wurde, ein solches Kraftwerk zu bauen, es sich damit in der letzten Legislatur nicht leicht gemacht hat. Wir haben zunächst gesagt, das passt so, wie es beantragt wurde, nicht in die Landschaft. Dann haben wir in schwierigen Verhandlungen

(Ingo Egloff SPD: Deshalb ist es doppelt so groß geworden!)

erhebliche Nachbesserungen erreicht. Es gab mit zusätzlich 160 Millionen Euro für Investitionen in den Umweltbereich einen wesentlich erhöhten Wir

(Jenny Weggen)

kungsgrad, sodass wir zu dem Zeitpunkt gesagt haben, für uns ist dieses Kraftwerk akzeptabel.