Protocol of the Session on January 23, 2008

Mit dieser Haltung macht dieser Senat auch Deutschland im weltweiten Jahr der Biodiversität ziemlich unglaubwürdig. Deutschland stellt sich zu Recht hin und fordert von anderen Ländern ein, dass diese Länder etwas zum Schutz der Artenvielfalt tun. Wir fordern unter anderem, dass der Regenwald geschützt wird, der Lebensraum der letzten Gorillas - da meine ich nicht die, die Sie den ganzen Tag begleiten -, der Lebensraum der Pandabären. Mit welcher Berechtigung soll sich Deutschland zukünftig hinstellen und den Schutz dieser Lebensräume fordern, die unzweifelhaft zum gemeinsamen Erbe der Natur auf dieser Welt gehören, wenn wir noch nicht einmal bereit sind, vor unserer eigenen Haustür unsere eigenen Naturräume zu schützen? Mit welcher Berechtigung soll Deutschland sich dann noch in der Welt hinstellen? Das ist doch eine große Frage, die Sie einmal beantworten müssen.

(Beifall bei der GAL)

Deswegen möchte ich an den Senat appellieren, an Herrn Senator Uldall und auch an Herrn Senator Gedaschko, dass Sie die letzten Tage, die Sie noch haben, nutzen, um zu überlegen, ob wir nicht doch gemeinsam mit den Niederlanden, den Partnern in Niedersachsen und in Schleswig-Holstein unserem Naturschatz, unserem Nationalpark Hamburgisches Watten

meer, den Schutz angedeihen lassen, den es verdient, nämlich den Status eines Weltnaturerbes. - Danke schön.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Kruse.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Melodie, Herr Maaß, die Sie angestimmt haben, hören wir aus der Umweltecke dann häufiger: "Das macht gar nichts, wenn Ihr das anmeldet. Das ist sowieso schon so stark geschützt, stärker kann man das gar nicht schützen." Erst einmal frage ich mich dann - das fällt mir nicht so schwer, mich da hineinzuversetzen -, wenn ich als Umweltlobbyist sage, den Schutzstatus könne man gar nicht mehr erhöhen, warum ich mich dafür engagieren muss. Dann ist es doch so in Ordnung.

(Manuel Sarrazin GAL: Das ist Werbung für Ham- burg!) - Sie sagen, das sei Werbung für Hamburg. Aber Sie müssen doch auch zugeben: Tourismus ist nicht immer der erste Freund des Naturschutzes. Diskutieren Sie das einmal mit BUND & Co. Aber darum soll es mir gar nicht gehen. Vielleicht - Herr Sarrazin, Sie studieren Geschichte - gehen Sie einmal in den Aktenraum der GAL und schauen unter dem Stichwort "Porschke", das ist noch so ein Altgestein Ihrer kurzfristigen Regierungsbeteiligung, und schauen einmal, was Herr Porschke, der das mit angemeldet hat, dazu vermerkt hat. Er hat dazu vermerkt, dass man es betreiben sollte, wenn es den Hafen nicht gefährdet. (Michael Neumann SPD: Wo haben Sie den Ver- merk her?) - Ja, wir recherchieren und schauen uns Dinge an.

(Beifall bei der CDU)

Genau das ist auch die Überlegung, die uns trägt. Nun sage ich aber, dass ich das bei der GAL verzeihe, weil es eine innere Logik hat. Sie wollen den Hafen nicht weiter ausbauen.

(Jens Kerstan GAL: Das stimmt doch gar nicht!)

Sie wollen ihn vielleicht als Weltkulturerbe "So schnell kann eine Handelsstadt nach unten gehen" anmelden. Sie wollen auch keine Elbvertiefung und Sie möchten den Hafen verlagern. Daher ist es durchaus konsequent zu sagen: "Sollte da ein Schaden daran sein, wenn wir es anmelden, macht es nichts. Es passt zu unserer Politik."

(Klaus-Peter Hesse CDU: So ist es!) - Richtig. Das Kapitel ist konsequent. (Beifall bei der CDU)

Nun komme ich zu dem Teil, der spannend ist. Was macht eigentlich die SPD? Ich habe eben gesehen, geklatscht haben Sie bis auf Frau Dr. Schaal nicht. Na gut, das ist immer unterschiedlich. Aber von der SPD kennen wir eigentlich, dass es in Sachen Hafen dann immer einen Schulterschluss gibt, weil Sie auch wissen,

wie wichtig der ist. Das weiß auch Ihr Spitzenkandidat, der nette ältere Herr mit der roten Kaffeetasse.

(Zurufe von der SPD)

Der sagt: "Ich werde noch einmal mit meinem Freund Gabriel reden. Das geht nicht, dass wir den Hafen gefährden." Wenn man ihn dann darauf anspricht, sagt er, dass er das in einem vertraulichen Kreis gesagt hätte. Das ist zumindest kein Dementi und zeigt zumindest auch, dass Frau Dr. Schaal nicht zu diesem Kreis gehört, weil sie am nächsten Tag eine Presseerklärung gegeben hat, in der sie den Senat gegeißelt hat, dass er das nicht anmeldet.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU)

Dann gibt es noch einen Randhinweis darauf, dass dieser Kandidat in vertraulichen Kreisen durchaus das sagt, was man für diese Stadt tun müsste, vielleicht auch sagt, wo er Kürzungen machen würde. Aber das sagt er der Öffentlichkeit nicht. Okay, solch eine Trennung kann man als Populist in der Wahl machen. Wir tun das nicht. Wir wissen, dass wir uns für die Wahlen keinen großen Gefallen tun, wenn wir sagen, wir hätten da noch Bedenken. Das ist natürlich immer ganz schick, etwas als Weltkulturerbe anzumelden.

(Christian Maaß GAL: Das heißt immer noch Weltnaturerbe!)

Aber Ihr Heldentum ist Heldentum bei Ebbe. Das Tragische am Wattenmeer ist immer, dass die Flut so schnell und vor allen Dingen viel schneller kommt, als Sie laufen können.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU - Dr. Willfried Maier GAL: 24. Februar!)

Andere, die die Tücken des Wattenmeers kennen, zum Beispiel in Ihrer Bundestagsfraktion, haben gerade den Unterstützungsantrag zurückgezogen. Die haben sich gesagt, dass sie da noch Beratungsbedarf hätten. Wenn man dann einmal schaut, ist es so: Wenn Sie das angemeldet haben, dann gibt es ein Schreiben von Herrn Tiefensee. Und Herr Tiefensee sagt zum Thema Waldschlösschenbrücke - die kennen Sie alle, das ist nur eine Brücke, das ist kein Hafen, keine Elbe, nur eine Brücke.

(Christian Maaß GAL: Das ist ein anderer Fall!) - Das wusste ich. Das würde ich als Jurist auch sagen, dass das ein anderer Fall ist. Dort führt er Folgendes aus, nämlich ob das binden würde: "Die Bundesrepublik Deutschland ist der Welterbekonvention beigetreten." (Christian Maaß GAL: Weil das nicht vorher angemeldet war!) - Lassen Sie mich doch einmal ausreden.

"Dabei seien die nach Grundgesetz Artikel 59 erforderlichen Voraussetzungen dafür geschaffen worden, dass die Welterbekonvention innerstaatlich nicht nur den Bund, sondern auch die Länder und Kommunen bindet."

Ein Teil von diesem Binden ist zum Beispiel, dass Sie beim Weltnaturerbe nachweisen müssen, dass es zwingend ist und dass Sie es nicht woanders machen können.

Ich glaube, die holländischen Freunde - charmant, wie sie sind - sagen: "Hamburger Hafen muss nicht sein. Wir machen das." Das bieten die uns aus purer europäischer Freundschaft an. Und dann stehen Sie da und sagen: "Wir wollten vertiefen für den Hamburger Hafen, damit der noch …" Und dann sagen die Holländer: "Das müsst Ihr nicht, wir machen es." Also, von daher bleiben Sie alleine zwischen Neuwerk und Cuxhaven im Wattenmeer stehen. Die Flut der Vernunft wird Sie wegspülen.

(Heiterkeit und lang anhaltender Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt für eine Minute der Abgeordnete Egloff.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dann will ich das schnell machen. Wir finden die Prämissen, die Herr Kruse aus dem Jahre 2001 zitiert hat, richtig, nämlich zu sagen, dass es keine Wettbewerbsnachteile für den Hamburger Hafen geben darf. Deswegen möchten wir, dass die rechtlichen Probleme eindeutig geklärt sind. Deswegen sind wir dafür, den Antrag aufzuschieben. Bevor diese Probleme nicht geklärt sind und nicht sicher ist, dass im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens die Fahrrinnenanpassung gesichert ist, sind wir nicht dafür, dass dieser Antrag gestellt wird. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Ich gebe das Wort Senator Uldall.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit einer persönlichen Bemerkung beginnen. Ich glaube, es gibt nur wenige Abgeordnete in diesem Haus, die sich in der nordfriesischen Halligwelt so gut auskennen und so viel im Wattenmeer gewandert sind wie ich.

(Michael Neumann SPD: Das wissen Sie. Wir fra- gen uns immer, wer der Experte ist!)

Deswegen habe ich durchaus Verständnis dafür, dass gesagt wird,

(Dr. Willfried Maier GAL: Er kennt jeden Hering!)

wir wollen diese schöne Landschaft in Nordfriesland und in Ostfriesland schützen.

Aber Politik bedeutet immer ein Abwägen zwischen verschiedenen Gesichtspunkten. In diesem Fall gilt es abzuwägen zwischen dem Schutz für die Landschaft im Wattenmeer und der Gefährdung von Arbeitsplätzen im Hamburger Hafen. Nun hat der Kollege Maaß eben schon völlig richtig gesagt, dass das Schutzniveau für das Wattenmeer durch die Naturparks und durch die deutsche Gesetzgebung hinsichtlich Umweltschutz bereits so hoch gesetzt ist, dass inhaltlich durch eine Welterbeerklärung überhaupt keine zusätzlichen Schutzwälle mehr aufgebaut werden.

(Christian Maaß GAL: Politische Schutzwälle!)

Das müssen wir jetzt zur Kenntnis nehmen. Wir steigern durch einen Beitritt zu diesem Welterbeabkommen nicht den Umweltschutz und den Naturschutz in den Wattenmeeren, sondern wir verändern, erschweren und verkomplizieren nur das Prozedere bei weiteren Verwal

tungsschritten bei uns in Deutschland. Nur das Prozedere wird verkompliziert.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir dem UNESCO-Übereinkommen beitreten, dann verpflichtet sich Deutschland, mit vollem Einsatz aller Möglichkeiten - durch Änderung von Gesetzen, durch Erlass von Verordnungen - und allen zur Verfügung stehenden Mitteln, einen weiteren Schutz und Erhalt dieses Weltnaturerbes sicherzustellen. Wir haben eine laufende Berichtspflicht gegenüber der UNESCO wahrzunehmen.

Wenn wir uns einmal ansehen, was das für das Planfeststellungsverfahren bedeutet, dann heißt das, dass die Komplexität des heute ohnehin an Komplexität überhaupt nicht mehr zu überbietende Planfeststellungsrechts in Deutschland noch einmal gesteigert wird, ein Planfeststellungsrecht, das es in dieser Form wohl kaum in anderen Nationen gibt. Nach der Anhörung von Verbänden und unter Beachtung der Naturschutzgesetze gibt es jede denkbare hierarchische Ebene, die in diesem Verfahren konsultiert werden muss und deren Zustimmung eingeholt werden muss. Es beginnt mit den Kommunen an der Elbe. Es setzt sich fort über die Einverständniserklärungen, die Niedersachsen und Schleswig-Holstein abgeben müssen. Es muss dann die Zustimmung des Bundesverkehrsministeriums vorliegen und die EU muss entsprechend der FFH-Richtlinie in Brüssel zustimmen. Nun kommt nach diesen vielen hierarchischen Ebenen noch die Weltebene durch die UNO und die UNESCO und da kann ich nur sagen: Dieses verkompliziert es, ohne tatsächlich zusätzlichen Schutz für das Wattenmeer zu erreichen.

Die UNESCO hat - wie Sie es richtig gesagt haben - die Zuständigkeit für das Weltnaturerbe in allen Teilen der Welt. Das bedeutet, dass sich die Aufmerksamkeit der UNESCO über die ganze Welt verteilt. Glauben Sie bitte nicht, Herr Maaß, dass man mit besonderem Augenmerk verfolgt, was bei uns stattfindet und Verständnis für die Komplexität unserer Abwägungsprozesse hat, die wir hier durchzuführen haben. Deswegen können wir mit Sicherheit sagen, dass sich durch einen Beitritt zum Weltnaturerbe eine zeitliche Verzögerung ergeben wird oder der Fahrrinnenausbau sich sogar als unmöglich ergeben könnte. Das bedeutet wiederum Gefährdung des Hafenausbaus und Verlagerung von Verkehren zu anderen Häfen. Das bedeutet den Verlust von Tausenden Jobs bei uns im Hamburger Hafen. Der Abwägungsprozess, den wir vorzunehmen haben, bedeutet einerseits keine weitere Verbesserung der tatsächlichen Lage im Wattenmeer und andererseits die Gefährdung von Tausenden Jobs bei uns im Hamburger Hafen. Deswegen sage ich: Wer den Beitritt zum Weltnaturerbe für das Wattenmeer fordert, der muss auch die Ehrlichkeit haben zu sagen, dass er damit bereit ist, Tausende von Jobs zu gefährden.

(Beifall bei der CDU)

Dazu kann ich nur sagen, bin ich nicht bereit.

Wir haben als große Gefahr die Abwanderung nach Rotterdam. Dieses ist auch immer die Position des Senats gewesen. Unter Ortwin Runde in der rotgrünen Koalition hat der Senat - Sie haben eben darauf hingewiesen, Herr Kruse - bereits eine Festlegung getroffen, dass es sichergestellt sein muss …

(Glocke)