Protocol of the Session on December 12, 2007

(Beifall bei der CDU)

Sie haben eben gesagt, dass im Strafvollzug Berufsausbildung und Beschäftigung nicht gewährleistet sein könnten. Wir haben zurzeit fast Vollbeschäftigung. Es wird manchem Gefangenen zum ersten Mal in seinem Leben eine neue Möglichkeit der Berufsqualifikation und Ausbildung angeboten, vielleicht nicht auf höchstem Niveau, aber Gabelstaplerfahrer ist für manchen durchaus eine Berufsperspektive, die er bisher nicht hatte. Wenn Sie sagen, man würde hier nichts tun, ist das eine Verkennung der Tatsachen.

(Beifall bei der CDU)

Interessant ist in dem Zusammenhang, dass Herr Steffen am Montag im "Hamburger Abendblatt" bedauert hat, der offene Vollzug sei vom jetzigen Senat so weit zurückgefahren, dass es nicht mehr wie zu rotgrünen Zeiten weiter hohe Ausbruchszahlen gibt. Wir wollen keine hohen Ausbruchszahlen und mit Ihnen würden sie wieder kommen.

(Beifall bei der CDU)

Des Weiteren bemängeln Sie, dass Hamburger Gefängnisse immer leerer werden. Das ist natürlich traurig. Die unhaltbaren Zustände, die es früher gegeben hat, haben wir dadurch abgeschafft, dass wir neue Haftanstalten gebaut haben.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie haben Steuergel- der verschleudert - Doris Mandel SPD: Völlig am Bedarf vorbei!)

Die Gefangenen können nicht mehr frei herumlaufen. Warum sind die Gefängnisse leerer? Wenn man den Behauptungen der Opposition Glauben schenken würde, würde nur im offenen Vollzug resozialisiert werden. Ich schließe im Moment daraus, wir haben eher weniger Gefangene, die rückfällig werden, und wir zeigen sehr wohl, dass wir mit diesem Vollzug richtig handeln.

(Beifall bei der CDU)

Eines ist vor allen Dingen wichtig: Im geschlossenen Vollzug ist der Gefangene anwesend und das ist die erste Chance, mit manchen Menschen, die gestrauchelt sind, überhaupt in Kontakt zu kommen und ihnen nicht wieder die vermeintliche Freiheit zu geben wie manchen Freigängern in Vierlande, die sich wieder mit Drogengeschäften und Ähnlichem beschäftigt haben. Das kann nicht

unsere Überzeugung sein. Wir wollen mit den Gefangenen arbeiten und dafür sind sie in der Haftanstalt. Die Opfer haben ein Recht, dass diese Gefangenen auch so behandelt und in Sicherheit untergebracht werden.

(Beifall bei der CDU)

Das Gesetz verankert die Mitwirkungspflicht. Das kritisieren Sie beim Thema Chancenvollzug. Wir halten das für richtig. Wir sagen, jeder hat seine Chance mitzuwirken, sie wird auch eingefordert, bei den Jugendlichen mehr als bei den Erwachsenen. Ich weiß nicht, welche Probleme Sie damit haben. Wir halten diese konsequente Grundausrichtung für richtig.

Zum Schluss möchte ich noch einen Punkt erwähnen, den Sie natürlich immer unter den Tisch fallen lassen. Wir sind das einzige Bundesland, das im Gesetz die Einzelunterbringung im Erwachsenenvollzug festschreibt. Das ist einzigartig. Insofern, Herr Dressel, loben Sie auch einmal etwas, kritisieren Sie nicht immer nur. Wir halten das Gesetz nicht für verfassungswidrig. Wir werden es heute so abstimmen und morgen in zweiter Lesung auch. - Danke.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Dressel hat das Wort.

Bevor Herr Dr. Dressel das Wort ergreift, bitte ich alle, ihre Nebengespräche entweder draußen zu führen oder komplett einzustellen. Das betrifft mehrere Gesprächsrunden in diesem Raum. - Bitte, Herr Dr. Dressel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich fange mit dem letzten Punkt an. Wir sind begeistert, dass Sie die Einzelbelegung im Strafvollzug ins Gesetz schreiben. Bald haben wir eine Situation, dass jeder Gefangene zwei Zellen bekommen kann, weil Sie Haftplatzüberkapazitäten geschaffen haben.

(Dr. Manfred Jäger CDU: Daran können Sie sehen, wie sicher die Stadt geworden ist!)

Auf Kosten der Steuerzahler haben Sie Herrn Kusch in Billwerder noch ein Denkmal gesetzt. Deshalb ist weiter der Punkt offen, dass der Rechnungshof dieser Stadt sich damit beschäftigen muss, wie Sie dort Millionen Steuergelder versenkt haben.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben Ihre Pressemitteilung, die Sie am 12. Dezember herausgegeben haben, mit Interesse gelesen. Dort heißt es, die SPD würde sich zum Sicherheitsrisiko entwickeln, weil wir heute die sofortige zweite Lesung verweigern. Es ist natürlich lachhaft, wenn Sie hineinschreiben, wir würden der zweiten Lesung widersprechen und damit verfassungswidrige Zustände im Jugendstrafvollzug in Kauf nehmen. Das sagt die Fraktion, die in Hamburg für rechtswidrige Vollzugspraktiken mit verantwortlich ist, die uns ein Gesetz zur Beschlussfassung vorlegt, das von verfassungsrechtlichen Risiken nur so wimmelt. Das werfen Sie uns an der Stelle vor. Nein, unsere Aufgabe ist es, dass verfassungswidrige Gesetzesbeschlüsse in dieser Bürgerschaft verhindert werden. Genau deshalb haben wir die sofortige zweite Lesung verweigert.

(Beifall bei der SPD)

Man muss insgesamt zu Ihrem Gesetz sagen, nicht überall, wo Sicherheit draufsteht, ist auch Sicherheit drin. Dieses Gesetz wird die Rückfallwahrscheinlichkeit in dieser Stadt erhöhen. Das zeichnet sich sowohl durch Ihre Vollzugspraxis als auch durch dieses Gesetz, das Sie vorgelegt haben, aus. Wir gehen aufgrund der Anhörung eher davon aus, dass es zukünftig mehr Straftatenopfer geben wird, wenn Strafgefangene in der Haft nicht ausreichend auf ein straffreies Leben nach der Haft vorbereitet werden.

(Beifall bei Doris Mandel SPD)

Ich nenne dazu ein paar Zahlen. Es heißt, die Leute kommen ganz schnell wieder auf freien Fuß. Wir müssen die Realität sehen. Laut Statistischem Bundesamt vom 31. März 2007 sehen die Zahlen im Vollzug wie folgt aus:

(Viviane Spethmann CDU: Ihre Zahlentricks ken- nen wir schon!)

- Nein, die kennen Sie noch nicht, Frau Spethmann.

(Zurufe von der CDU)

- Vielleicht gucken Sie noch einmal in der häuslichen Nachbereitung nach.

Von 1.637 Strafhäftlingen sind 372 zu bis unter sechs Monaten verurteilt und 355 zu sechs Monaten bis einschließlich einem Jahr. Das heißt, in Hamburg werden 44 Prozent der Strafhäftlinge nach maximal einem Jahr entlassen. Das heißt, sie sind nach maximal einem Jahr wieder in der Stadt unterwegs. Es ist Ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit, dafür zu sorgen, die Zeit der Haft dafür zu nutzen, die Gefangenen bestmöglich darauf vorzubereiten, dass sie in die Freiheit kommen und keine neuen Straftaten begehen. Das ist Ihre Verpflichtung und der sind Sie mit diesem Gesetz nicht gerecht geworden.

(Beifall bei der SPD)

Man kann es auch konkret machen. In der Anhörung wurde gesagt, welche Fälle es gegeben hat. Der Kollege Schäfer hat, glaube ich, eine Anfrage zu einer Situation gestellt, dass ein Häftling - kurz vor seiner Entlassung aus der Vollzugsanstalt - in Fesseln zu einem Bewerbungsgespräch geführt wurde. Wie soll derjenige wieder einen Job finden, wenn er in dieser Weise bei seinem potenziellen Arbeitgeber vorgeführt wird? Ist das Ihr Beitrag zur Integration? Wie hat Herr Trepoll es so schön genannt? Ein schonender Übergang in die Freiheit. In Fesseln, herzlichen Glückwunsch, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Till Steffen GAL)

Zweiter Punkt. In der Anhörung wurde auch angesprochen - einige Anhörpersonen sind heute bei uns -, dass es in Hamburg vor 2001 nicht die Realität war, Gefangene in die Obdachlosigkeit zu entlassen. Es muss natürlich ein Entlassungsmanagement vorhanden sein, das dafür sorgt, Gefangenen eine Wohnungsperspektive und eine Anschlussperspektive zu geben. Ist das Ihr schonender Übergang, Herr Trepoll? Das kann es wohl an der Stelle nicht sein.

Stichwort: Sozialtherapie. Auch hier hätten Sie beim Gesetz ein bisschen innovativ sein können. In Bayern hat man zum Beispiel in das Gesetz hineingeschrieben, dass es ab 2011 oder 2013 eine Sollvorschrift für Gewaltstraftäter geben wird, sodass sie die Möglichkeit haben, in eine Sozialtherapie zu kommen. Das ist eine gute Sache,

das haben wir in der Anhörung ausdrücklich benannt. Hamburg hätte es gut angestanden zu sagen, wir wollen die Sozialtherapie stärken und ausbauen, wir wollen auch, dass Gewaltstraftäter einen Therapieplatz bekommen. Was haben Sie gemacht? Sie haben mit Herrn Kusch die Sozialtherapie in Hamburg zerschlagen, die bundesweit vorbildlich war, die nur eine halb so große Rückfallhäufigkeit wie im Regelstrafvollzug hatte. Dafür sollten Sie sich schämen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Zur Vorbereitung auf ein straffreies Leben nach der Haft gehört natürlich auch, dass Recht und Gesetz im Strafvollzug gilt. Das ist eine Selbstverständlichkeit und es geht nicht darum, an Gefangene irgendwelche Wohltaten zu verteilen. Es geht darum, die Frage zu beantworten, wie ein Staat Gefangenen ein Leben nach Recht und Gesetz beibringen soll, wenn er sich nicht selbst an Recht und Gesetz im Strafvollzug hält. Deshalb muss es an der Stelle genau das geben, was SPD und GAL vorschlagen. Wir brauchen die Möglichkeit, als Ultima Ratio auch Zwangsmittel für Vollzugsbehörden, weil sie sich in diesen Einzelfällen als renitente Rechtsbrecher betätigt haben. Wir können es an der Stelle durchdeklinieren. Vor uns liegt der Brandbrief des Landgerichts. Es hat Fälle gegeben, in denen sich die Vollzugsbehörden als renitente Rechtsbrecher erwiesen haben. Deshalb brauchen wir diese Zwangsmittel.

(Beifall bei Dr. Till Steffen GAL - Viviane Speth- mann CDU: Mäßigen Sie mal Ihre Worte!)

Wir können die Fälle gern noch einmal durchgehen. Sie haben sich sehr schwer getan, auch im Ausschuss darüber zu sprechen. Anstatt es hier zu rechtfertigen, müsste es Ihnen abgrundtief peinlich sein, dass die Justizbehörde - nicht irgendeine Behörde, sondern eine Behörde, die für die Einhaltung von Recht und Gesetz zuständig ist - solche Fälle zu verantworten hat.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Es sind die verfassungsrechtliche Situation und ihre Risiken benannt. Es wird in jedem Fall Klageverfahren geben. Es gibt Anwälte, die durchaus in den Startlöchern stehen, dieses Richtung Karlsruhe auf den Weg zu bringen. Insofern wird es mit Sicherheit ein Wiedersehen geben, aber es wird auch ein Wiedersehen nach dem 24. Februar geben. Dieses Gesetz wird eines der ersten sein, das diese Bürgerschaft mit rotgrüner Mehrheit wieder in Ordnung bringen wird.

(Inge Ehlers CDU: Wetten, das nicht!)

Das werden Sie dann schon erleben, weil dieses Gesetz an der Stelle ein Rückschritt für den Opferschutz in dieser Stadt ist. Deshalb gehört es hier nicht beschlossen, Meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Herr Dr. Steffen hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Spethmann, wie heißt es immer so schön? Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Die Lektüre unseres Antrags hätte noch weiterhelfen können.

Sie sagen, wo gibt es so etwas, Zwangsmittel gegen eine