Protocol of the Session on November 21, 2007

Bevor ich Frau Senatorin Schnieber-Jastram das Wort erteile, möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass es ein Phänomen ist, dass so wenige anwesende Abgeordnete einen solch hohen Murmelfaktor erzielen können. Ich glaube, dass all diejenigen, die Gespräche führen wollen, das sicher vor der Tür tun können. Frau Senatorin Schnieber-Jastram hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bei so viel Einigkeit fehlen einem die Worte. Ich will noch eines betonen. Es ist schon erstaunlich, dass es gelungen ist, diesen Krankenhausplan im Einvernehmen zu beschließen. Dafür möchte ich mich bei all denen, die beteiligt waren, die Krankenkassen, die Krankenhäuser und die privaten Krankenkassen, ganz herzlich bedanken. Das war nicht selbstverständlich, denn für alle miteinander ergaben sich schwierige Diskussionen hinsichtlich der Rahmenbedingungen im Gesundheitsbereich. Von hier aus Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Dieses Einvernehmen kommt natürlich auch nicht aus der Luft, sondern hat etwas damit zu tun, dass wir uns bemüht haben, immer den Dialog zu pflegen. Ich glaube, dass es gelungen ist, eine Art Grundvertrauen zu erzeugen. Das sollte man auch weiter pflegen, denn das nützt den Bürgern dieser Stadt. Es ist eines der ganz wichtigen Ziele eines Krankenhausplans, die Realität in der Krankenhausversorgung abzubilden. Ich freue mich, dass die Anzahl der Planbetten an die reale Nutzung für die Versorgung der Bevölkerung im Einvernehmen mit den Krankenhäusern angepasst werden konnte und trotz dieses rechnerischen Abbaus von 927 Betten zum Jahresende - das will ich gerne noch einmal betonen - keine Leistungseinschränkungen in den Hamburger Krankenhäusern verbunden sind. Das wird manchmal immer noch aus alten Diskussionen impliziert, aber die Fachleute wissen darüber längst Bescheid.

Es gibt mit dem Krankenhausplan 2010 einige wichtige neue Leistungen, für die wir mehr Kapazitäten benötigen in den Bereichen Psychiatrie, Geriatrie und Palliativmedizin. Ich glaube, dass alle Leistungen von den Rednern vor mir schon aufgezählt worden sind. Deswegen muss ich das nicht wiederholen. Ich freue mich darauf und halte es auch für wichtig, dass wir wohnortnah in Wandsbek, Mümmelmannsberg und Wilhelmsburg tagesklinische Behandlungsplätze für psychiatrische Fälle einrichten. Auch das ist, glaube ich, eine wichtige Optimierung und ein weiterer wichtiger Ausbau des Versorgungsangebotes.

Ein gleichfalls wichtiger Bereich ist das Thema Herzinfarkt- und Schlaganfallversorgung. Auch hier gibt es inzwischen die sogenannten Stroke Units an bestimmten Krankenhäusern. Das heißt, jeder, der in Hamburg einen Herzinfarkt oder Schlaganfall hat, landet bei solch einer Stroke Unit, die dann entsprechend die Überlebensqualität und -fähigkeit deutlich verlängert. Auch das ist eine gute Kooperation. Ich glaube, wir können mit Fug und Recht sagen, dass Hamburg über hochleistungsfähige Krankenhäuser verfügt, die sich zu Kompetenzzentren für die Versorgung der Metropolregion und darüber hinaus entwickelt haben. Harald Krüger hat das gesagt, rund 30

Prozent der Patienten kommen aus dem Umland und von außerhalb und das unterstreicht sicher die Qualität der Versorgung in Hamburg.

Ich wünsche mir, dass wir in gleicher Weise in Hamburg weiter zusammenarbeiten, so wie ich es mitbekomme im Parlament und auch außerhalb. Vielen Dank für die Beratungen.

(Beifall bei der CDU)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen dann zur Abstimmung.

Wer einer Überweisung der Drs. 18/7221 an den Ausschuss für Gesundheit und Verbraucherschutz zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das Überweisungsbegehren ist abgelehnt.

Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft Kenntnis genommen hat.

Wir kommen zum Punkt 29 der Tagesordnung, Antrag der CDU-Fraktion: Scientology.

[Antrag der Fraktion der CDU: Scientology - Drs. 18/7304 -]

Die SPD-Fraktion möchte diese Drucksache an den Innenausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? - Frau Martens, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die wenigsten von Ihnen werden mitbekommen haben, dass Anfang November ein kleiner Artikel in der Presse darüber berichtet hat, dass die Scientology-Organisation in Spanien als Kirche anerkannt worden ist. Diese Entscheidung zeigt, wie wichtig eine Debatte über die umstrittene Psychogruppe Scientology in Deutschland, aber auch europaweit ist.

Nach ihrem Selbstverständnis bezeichnet sich die Scientology-Organisation als Religion. In der Bundesrepublik wird die Organisation hingegen vom Verfassungsschutz beobachtet. Es bestehen tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Scientology-Organisation verfassungsfeindliche Ziele mit ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen erstrebt. Es ist dabei völlig unbeachtlich, ob diese Bestrebungen Erfolg haben oder nicht. Auch ist es dabei unerheblich, ob andere Länder, wie Spanien, die Scientology-Organisation als Kirche oder als Religionsgemeinschaft anerkennen. Die Organisation versucht, sich nach außen als unpolitische und demokratiekonforme Religionsgemeinschaft darzustellen. Tatsächliche Anhaltspunkte für politische Bestrebungen liegen jedoch vor. Sie ergeben sich vorzugsweise auch aus dem Schrifttum von Scientology. Einige Argumente möchte ich dazu aus dem Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts aus dem Jahre 2004 vortragen, wo es hauptsächlich darum geht, dass es nach wie vor als rechtmäßig anerkannt ist, dass Scientology vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Scientology betreibt Werbung, missioniert aktiv und schult vor allen Dingen seine Mitglieder, verfolgt einen Expansionskurs und bemüht sich, Einfluss in der Gesellschaft

und im Staat zu erlangen. Die Expansion wird sogar als Frage intern von Leben und Tod verstanden. Tatsächliche Anhaltspunkte, dass die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte beseitigt oder außer Geltung gesetzt werden, ergeben sich auch daraus, dass Gegner von Scientology, sogenannte unterdrückerische Personen, als Freiwild angesehen werden. Scientology lehnt die Demokratie ab und geht davon aus, dass lediglich eine Demokratie nach scientologischen Vorstellungen eine echte Demokratie ist.

Ein weiterer Beleg für die gegen die Menschenrechte und den Rechtsstaat gerichtete Bestrebung von Scientology ist die Existenz eines weltweit tätigen organisationseigenen Geheimdienstes, das sogenannte OSA - Office of Special Affairs. Damit ist eine Beobachtung von Scientology durch den Verfassungsschutz in der Bundesrepublik rechtmäßig, so urteilt auch das Verwaltungsgericht Köln.

Die Überwachung wird seit 1997 auf Bundesebene durchgeführt. Außerdem wird die Scientology-Organisation in Hamburg, Bayern und Baden-Württemberg auf Länderebene beobachtet. Durch die jüngst verstärkten Aktivitäten der Organisation in Berlin wurde auch hier im Juni 2007 die Überwachung wieder aufgenommen. Vorrangig wird also in den Bundesländern beobachtet, in denen die Scientology-Organisation mit Zentralen aktiv ist. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass die anderen Bundesländer, die die Scientology-Organisation nicht beobachten, sie als ungefährlich einstufen würden. Vielmehr gibt es dort nur keine Aktivitäten der Organisation vor Ort, die Anlass für eine Beobachtung geben würden.

Die Scientology-Organisation wurde 1954 von dem US-Science-Fiction-Autor L. Ron Hubbard gegründet. Es gehören ihr in der Bundesrepublik nach Schätzung circa 5.000 bis 6.000 Mitglieder an, in Hamburg schätzungsweise 750. Das ist jedoch eindeutig kein Argument dafür, dass man diese Organisation als ungefährlich einstuft. Ich warne ausdrücklich davor, das Problem Scientology in unserer Gesellschaft wegen der anscheinend geringen Mitgliederzahl zu bagatellisieren oder zu verharmlosen. Ganz im Gegenteil, denn am 8. April 2006 fand in Brüssel der sogenannte 1. Europäische Expansionsgipfel der Scientology-Organisation statt. Die Zeitung "Le Soir" veröffentlichte anschließend Interna. Demnach haben Scientology-Funktionäre propagiert, Scientology befände sich im Krieg und man müsste die Kontrolle über Belgien übernehmen. Das ist eine Kriegserklärung gegenüber der Demokratie und damit gegenüber ganz Europa.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Gefährlich ist, dass die Scientology-Organisation nicht offen an Bildungsprozessen teilnimmt, sondern in Tarnorganisationen agiert. So gibt es zahlreiche Einrichtungen, in deren Namen der Begriff Scientology überhaupt nicht vorkommt und deren Zusammenhang mit der Scientology-Bewegung für den Laien problematischerweise überhaupt nicht erkennbar ist. Beispiele dafür sind: "KVPM e.V." - Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschrechte, "Narconon" als Selbsthilfegruppe für Drogenabhängige, "Ziel" mit Angeboten für Nachhilfeunterricht für Schüler. In 2006 wurde die Organisation "Jugend für Menschenrechte" aktiv. Viele junge Menschen, auch in der Bundesrepublik, haben sich dort engagiert in dem Glauben, sich dort an etwas Gutem zu beteiligen. Scientology-Organisationen sind quasi auch in ihren einzelnen Mitgliedern Verführer der Schwachen in unserer Gesell

schaft unter dem Deckmantel sozialer Hilfeleistungen. Deshalb ist die Hilfe für die betroffenen Opfer dieser Psychogruppe und deren Familien nach wie vor das Wichtigste. Neben der unermüdlichen Aufklärung der Öffentlichkeit ist das der wichtigste Umgang mit Scientology. Besonderen Schutz benötigen hier die Kinder, die in der Scientology-Organisation aufwachsen.

Die gegenwärtig in Deutschland verstärkten Aktivitäten der Scientology-Organisation haben dazu geführt, dass ihre Gefährlichkeit wieder einmal erneut kontrovers diskutiert wird. Die Verfassungsschutzämter, unter anderem auch die Hamburger "Arbeitsgruppe Scientology" haben Fakten und Beweismittel gesammelt, die einen Antrag des Verbotes nach Vereinsrecht für Scientology erfolgreich erscheinen lassen. Deshalb bitten wir seitens der CDU unseren Innensenator, Herrn Nagel, auf der im Dezember anstehenden Innenministerkonferenz ein mögliches Vereinsverbot für die Scientology-Organisation auf Bundesebene prüfen zu lassen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Bitte heute an Sie: Unterstützen auch Sie Herrn Nagel mit Ihrer Zustimmung.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Lein.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! 5.000 bis 6.000 Mitglieder in Deutschland und davon überproportional viele - 750 - in Hamburg, so schätzt der Hamburger Verfassungsschutzbericht die Größe der Scientologen-Organisation ein. Sechsmal so viel zur Unterwanderung unserer demokratischen Grundordnung bereite Angehörige dieser Organisation in der Stadt, verglichen mit dem Bundesdurchschnitt. Es steht uns also gut an, dass wir in Hamburg besonders wachsam sind. Seit 15 Jahren haben wir auch eine Arbeitsstelle in der Innenbehörde - die Arbeitsgruppe Scientology, 1992 gegründet. Sie hat weit über Hamburg hinaus Anerkennung und Beachtung gefunden, auch für ihre individuelle Hilfestellung. Dafür, glaube ich, sollten wir in diesem Hause nicht nur von Sozialdemokraten ausdrücklich Dank sagen.

(Beifall bei der SPD, der CDU)

Kann denn die Scientology-Organisation in solch ablehnendem Umfeld überhaupt Einfluss gewinnen. Wenn selbst einem Schauspieler, der dieser Organisation angehört, in einem Spielfilm in Berlin der Dreh an einem historischen Ort fast verwehrt worden wäre, dann ist doch die Öffentlichkeit in einem Maße sensibilisiert, dass man denken könnte, alles sei in Ordnung. Ich glaube, wir tun aber gut daran, alles auszuloten, was den Einfluss dieser Organisation, dieses subversiven Vereins reduzieren hilft. Wie schwierig das ist, kann man jüngst wieder an den anscheinend unverfänglichen Aktivitäten dieser Leute sehen. Mit zahlreichen Vereinigungen und Organisationen versuchen sie immer wieder, Ahnungslose anzusprechen, insbesondere junge Leute. Wie unsensibel man - sicherlich unabsichtlich - damit ab und an umgeht, zeigt folgender Vorgang: Da schreibt der Amtsleiter der Behörde für Bildung und Sport, Amt für Bildung, an die Schulen und macht sie darauf aufmerksam, dass ein Warnhinweis der Landeszentrale für politische Bildung ergangen sei, eine Scientology-Organisation wolle zum

59. Jahrestag der Allgemeinen Menschenrechte an der Domstraße eine Veranstaltung durchführen. Soweit ausdrücklich löblich. Ich wünsche mir solche Informationen für die Schulen, aber wenn dann im Anschreiben des Briefes steht:

"(…) der Scientology Kirche"

dann ist das problematisch.

Es ist keine Kirche und wir dürfen auch nicht durch laxe Sprachwahl dafür sorgen, dass so etwas vielleicht immer stärker in Benutzung kommt. Das ist ein eingetragener Verein, der nicht das Kirchenprivileg genießt.

(Beifall bei der SPD, der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Nun soll diesem Verein das e.V. entzogen werden. Ich glaube, das ist gut so. Zumindest sollte die Innenministerkonferenz ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz in die Wege leiten. Ich will nicht in einem Oberseminar die Vereinsgesetze zitieren, ich erspare mir das in diesem Haus. Aber ich glaube, dass es wichtig und konsequent ist, dass wir bereit sind, alles auszuloten. Wie immer kommen dann aus Übersee und vielleicht sogar aus Europa besorgte Reaktionen zu unserem Rechtsverständnis in dieser Sache. Tatsächlich genießt die Scientology-Organisation in den USA und anderswo einen Status, den sie bei uns nicht hat. In den USA gab es ein jahrzehntelanges Verfahren bis man dann das Steuerprivileg, das übrigens dann auch ganz andere Organisationen haben, wie die Kirche Satans oder andere Organisationen erreicht hat.

Diese öffentlichen Ratschläge von Übersee können wir gut ertragen. Hier gilt deutsches Recht und deutsche Rechtsstaatlichkeit, und nicht die Selbsteinschätzung einer Organisation ist ausschlaggebend für den Status womöglich als Kirche oder als eingetragener Verein.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Schade, fast ärgerlich ist, dass die CDU dieses Thema nicht im Innenausschuss erörtern will.

(Aydan Özoguz SPD: Ja!)

Frau Martens hat zu Anfang gesagt, wie wichtig eine öffentliche Debatte ist. Der Innenausschuss ist übrigens auch öffentlich.

(Hans-Detlef Roock CDU: Aber hier ist doch auch Öffentlichkeit!)

Man könnte die Öffentlichkeit ausschließen, wenn man das will, aber im Prinzip sind Innenausschussdebatten öffentlich, jedenfalls sehe ich das so. Die Frage ist, wovor Sie eigentlich Sorge haben. Dass wir uns umbesinnen könnten? Oder dass tatsächlich mehr Abgeordnete tiefer in das Thema einsteigen und vielleicht noch einmal die Argumente Bayerns, die möglicherweise die ausschlaggebenden für diesen Vorstoß sind, hinterfragen und sich selbst ein Bild machen, was denn tragfähige Gründe sein können? Oder dass wir womöglich Scientologen als Sachverständige einladen und dann die Ausschussmitglieder umgekrempelt würden? Oder dass Ihre Pressestelle zweimal tätig sein muss? Heute und dann noch einmal nach einer Ausschusssitzung? Das ist alles leicht zu entkräften, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich glaube, die Abgeordneten der CDU, der Regierungsfraktion, sind einfach nur bequem. Ich will es mir ersparen, dieses andere Wort mit "faul" zu benutzen, weil ich mir sonst

vielleicht eine Rüge einfangen würde.

Wir stimmen also zu. Die Ausschusserörterung wäre allerdings angemessener gewesen. - Danke.

(Beifall bei der SPD)