Protocol of the Session on October 10, 2007

(Karen Koop CDU: Auf Platz 19!)

Eine gute Familienpolitik macht sich in der Verkehrspolitik, in der Stadtentwicklungspolitik, in der gesundheitlichen Versorgung oder in den Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche oder auch für die Eltern bemerkbar. Genau hieran hapert es bei dem CDU-Senat und die Quittung haben Sie jetzt mit diesem Familienatlas erhalten.

Ich will Ihnen gern ein paar Beispiele nennen. Beim Thema Verkehrssicherheit, bei der Anzahl der verunglückten Kinder im Straßenverkehr, belegt Hamburg zusammen mit Kiel und Lübeck den traurigen Spitzenreiterplatz. Von insgesamt 10.000 Kindern, die in Deutschland im Straßenverkehr verunglücken, sind es in Hamburg auch heute noch 1.518. Jedes Kind ist ein Kind zu viel.

Ebenso mau sieht es im Bereich der gesundheitlichen Versorgung von Kindern aus, Frau Koop. Ich muss Ihnen widersprechen, das hat entscheidenden Einfluss darauf, wie hoch die Kinderarztdichte ist, und die lässt in Hamburg zu wünschen übrig. Auf 100.000 Kinder kommen in Hamburg gerade einmal 61 Kinderärzte.

(Wolfgang Beuß CDU: Wir haben doch keine Staatsmedizin. Sie haben doch keine Ahnung!)

Das sind rund 1.600 Kinder pro Kinderarzt. Zum Vergleich: In der Hansestadt Rostock kommen auf einen Kinderarzt 600 Kinder.

Auch beim Anteil von Familienwohnungen in Bezug auf den Wohnungsbestand liegt Hamburg im Vergleich mit 40 Städten im hinteren Drittel. Es ist also kein Wunder, dass Hamburg in der Endbewertung der Wohnungssituation und des Wohnumfeldes auf Platz 35 von 40 liegt oder, wie Frau Veit gerade zu Recht gesagt hat, in der Gesamtbewertung den drittletzten Platz einnimmt. Das muss man sich einmal klarmachen.

Schwach ist Hamburg auch im Bereich Bildung und Ausbildung. Ein Trauerspiel ist hier vor allen Dingen die Klassengröße mit 24,8 Schülerinnen und Schülern. In der Grundschule belegt Hamburg im Vergleich mit 40 Städten den letzten Platz, Frau Koop.

Eigentlich ist es genug der Zahlenspiele, denn diese Beispiele reichen aus, um zu zeigen, dass Hamburgs Familienpolitik noch große Lücken aufweist und großer Handlungsbedarf besteht. Aber genau an dieser Stelle haben sich der Senat und bedauerlicherweise auch die CDU-Fraktion schlafen gelegt. Sie ruhen sich auf der Quote von 21 Prozent der Betreuungsquote für die unter Dreijährigen aus und vergessen dabei immer in Ihrem Lobgesang, Hamburg sei bundesweit spitze, dass das nur für Westdeutschland gilt. Sie haben das eben in einem Nachsatz noch richtiggestellt.

Sie ruhen sich auch aus auf Platz 14 der Vereinbarkeit von Familie und Beruf

(Karen Koop CDU: Was heißt ausruhen!)

und versäumen dabei, familienfreundlichen Wohnraum zu schaffen. Stattdessen bauen Sie die HafenCity für Singles und kinderlose Paare.

Politik für Familien, meine Damen und Herren, muss viel mehr sein und es muss vor allen Dingen alle Familien mitnehmen.

Den Kreislauf von Armut und geringen Bildungschancen zu durchbrechen, ist aus unserer Sicht die vorrangigste Aufgabe von Familienpolitik.

Aus Sicht der GAL-Fraktion hat Hamburg unter dem CDU-Senat keinen besseren Platz in diesem Familienatlas verdient. Wer Bücherhallen in Wohnquartieren schließt, wer Büchergeld und Vorschulgebühren einführt, wer Jugendeinrichtungen bespart und jede Freifläche zubaut, anstatt sie für Jugendliche bereitzuhalten, der hat keinen besseren Platz verdient.

(Lydia Fischer CDU: Es sind viele betreute Kinder- spielplätze entstanden!)

Hamburg kann es besser. Das könnten wir zeigen, aber nicht mit dieser CDU.

(Beifall bei der GAL und der SPD - Michael Neu- mann SPD: Sehr gut!)

Das Wort bekommt Frau Senatorin Schnieber-Jastram.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist gut, dass wir den Familienatlas haben, der uns ausgewählte Daten bietet und einen umfangreichen Länder- und Städtevergleich präsentiert. Solche Untersuchungen, solche Vergleiche sind für die Arbeit wichtig. Sie bieten immer wieder eine gute Chance zu reflektieren, was wir erreicht und welche Stärken und Schwächen wir haben. Dieser Bericht kommt zu dem zusammengefassten Urteil: Hamburg ist in allen Aspekten als stabile Region für Familien klassifiziert worden.

(Beifall bei der CDU)

Das ist für Hamburg und seine Familien ein sehr gutes Ergebnis.

Das reicht Ihnen natürlich nicht, verehrte Abgeordnete der SPD und auch der Grünen. Sie sprechen fast reflexartig immer den gleichen Satz: Wir können das besser.

(Heiterkeit bei der SPD und der GAL)

Sie sollten erst einmal gucken, wie es gewesen war,

A C

B D

(Dirk Kienscherf SPD: Beweisen!)

als Sie Verantwortung getragen haben.

(Dr. Verena Lappe GAL: Das ist 100 Jahre her, Sie müssen Verantwortung übernehmen!)

Was ist dort, wo Ihre Parteikollegen Verantwortung tragen? Alle drei SPD-regierten norddeutschen Hauptstädte Berlin, Bremen, Hannover, schließen in dieser Studie tatsächlich mit dem Urteil "Gefährdete Region" ab. Nur die Stadt Kiel - regiert von der CDU und ihrer Bürgermeisterin Angelika Volquartz - erwirbt den Titel "Engagierte Region".

Fakt ist, SPD-regierte Städte stehen schlechter da als Hamburg. Das hat seine Gründe, das wissen Sie auch.

(Beifall bei der CDU)

Aber lassen Sie uns einen genaueren Blick in diesen Familienatlas, den Sie so gut gelesen haben, werfen. Der Familienatlas unterteilt sich in vier Handlungsfelder: Erstens Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zweitens Wohnsituation und Wohnumfeld, drittens Bildung und Ausbildung und viertens Freizeit- und Kulturangebote. Das alles hört sich im ersten Moment sehr umfassend an, man muss in solchen Berichten jedoch immer das Kleingedruckte lesen. Damit meine ich die einzelnen, oft wenigen Kriterien, die für die jeweiligen Handlungsfelder bewertet wurden. Da schleicht sich für mich jedenfalls das eine oder andere Fragezeichen ein. Ich weiß nicht, wer den ganzen Bericht gelesen hat, aber in der Kategorie Freizeit- und Kulturangebote beispielsweise fällt Hamburg im Vergleich der Großstädte um vier Plätze zurück, weil wir - man höre und staune - weniger Kinoleinwände pro 100.000 Einwohner haben als andere Städte. Gott im Himmel, das ist wahrhaftig keine politische Frage, allerdings hätte das Zählen von Zuschauerplätzen, das Zählen der Besucher vielleicht etwas mehr gesagt als das Zählen der Leinwände.

(Beifall bei der CDU)

Auch die Kriterien im Bereich Wohnsituation und Wohnumfeld - übrigens immer ein problematisches Feld, weil die Vorgängerregierungen in dieser Stadt nie dafür gesorgt haben, dass Familien wirklich Wohneigentum erwerben konnten - sind in diesem Bericht nicht ganz klar, beispielsweise der Kaufwert einer Wohnung. Eine Metropole wie Hamburg weist selbstverständlich andere Zahlen auf als ein Flächenland und das ist im Vergleich mit anderen Großstädten auch gut erkennbar. Da steht Hamburg zum Beispiel bei den Großstädten, was die Erschwinglichkeit von Wohneigentum angeht, an erster Stelle.

(Beifall bei der CDU - Ingo Egloff SPD: Es kann sich nicht jeder Wohneigentum leisten!)

In den beiden Handlungsfeldern, die für eine gute Familienpolitik stehen, beim Arbeitsmarkt und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, schneidet Hamburg besonders gut ab. Es tut mir Leid, dass ich Ihnen das sagen muss.

(Beifall bei der CDU)

Dieses Handlungsfeld finde ich besonders spannend. Es zeigt nämlich, wie politisches Handeln Folgen zeigt. Im Vergleich zu den anderen Großstädten liegen wir deutlich vorne. Die ausgezeichnete und überdurchschnittliche Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung - wir haben vorhin ausgiebig darüber gesprochen - kommt Hamburgs

Familien zugute. Unser Hamburger Kita-Gutscheinsystem, der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung für Berufstätige - genau in dem Umfange, wie es die Berufstätigkeit erfordert - sind zentrale Leistungsfaktoren für unsere Hamburger Familien.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren von den Oppositionsparteien, Sie behaupten immer wieder, Sie könnten alles besser. Diese Chance hatten Sie von 1997 bis 2001.

Hier Ihre familienpolitischen Werte aus dem Jahre 2001 gegenüber unseren im Jahre 2006.

Stichwort Kinderbetreuung: Der Versorgungsgrad im Krippenbereich war 2001 15 Prozent, 2006 lag er über 19 Prozent.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Der Versorgungsgrad im Elementarbereich war 2001 80 Prozent und 2006 88 Prozent.

Stichwort Arbeitsmarkt: Die Erwerbsquote war in Hamburg 2001 knapp 60 Prozent, 2006 lag sie über 75 Prozent.

(Beifall bei der CDU)

Die Frauenerwerbsquote war 2001 51 Prozent und 2006 lag sie über 70 Prozent.

(Beifall bei der CDU)