Protocol of the Session on October 10, 2007

(Bernd Reinert CDU: Was? Das ist aber eine Wahrnehmungsstörung!)

Das ist schlecht. Das ist schlecht für diese Stadt. Ich will einmal etwas zur Wirtschaftspolitik sagen, weil sie so ungläubig schauen, Herr Reinert. Als Herr Senator Uldall ins Amt kam, gab es im besten Sinne eine Baustelle, so wie ich sie beschrieben habe, den Luftfahrtstandort - das meine ich sehr positiv -, eine Baustelle in dem Sinne, dass etwas angefangen worden war, was in die Zukunft ging, ein Gebäude, dessen Grundstein gelegt wird, auf dem Sie aufbauen konnten, auf dem Sie aufgebaut haben, manchmal nicht so, wie wir uns gewünscht haben, aber Sie hatten eine Grundlage. Ich würde mir wünschen, dass es Bereiche gäbe, in denen ihr Nachfolger das Gleiche sagen kann. Ich will zwei Dinge skizzieren, wo ich glaube, dass es solche Bereiche gibt und wo man nach vorne gewandt Wirtschaftspolitik in dieser Stadt hätte betreiben können und müssen.

Das eine liegt - das haben wir im Wirtschaftsausschuss in der letzten Woche schon einmal andiskutiert - im Bereich ökologische Industriepolitik. Sie haben einen Masterplan "Industrie" vorgelegt. Auch der ist im Wesentlichen rückwärts gerichtet, denn dieses große Thema, mit dem Hamburg in Deutschland und in der Welt punkten könnte, wie wir unseren Industriestandort weiter ausbauen können, sodass "Made in Hamburg" in zehn oder 15 Jahren ein Siegel dafür ist, dass aus dieser Stadt Produkte kommen, die nicht nur besonders klimafreundlich produziert sind, sondern auch einen großen Beitrag dazu leisten, überall in der Welt für Umweltschutz und Klima zu sorgen; dieses Thema gehen Sie nicht an. Diese Vision, diese Idee, so etwas machen zu können, so etwas vielleicht erfinden zu können und mit dieser Erfindung Menschen begeistern zu können - auf solche Ideen kommen Sie überhaupt nicht. Deswegen ist das, was Sie tun, rückwärts gewandt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Der zweite Bereich, wo Sie nach vorne schauen müssten und woran auch der Mittelstand in dieser Stadt ein hohes Interesse hat, dass der Senat das täte, ist der Bereich des drohenden Fachkräftemangels. Hamburg hat durch seine Lage und auch durch viele erfolgreiche Institutionen die Chance, zu einer Metropole der Weiterbildung und der Bildung zu werden. Hamburg ist es noch nicht. Sie könnten etwas dafür tun. Auch das haben Sie nicht getan. Den Rest spare ich mir für die zweite Runde. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Kerstan.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dass Sie heute zum wiederholten Mal dieses Thema angemeldet haben, beweist eigentlich nur, welche Ideenlosigkeit Sie angesichts vieler Probleme in dieser Stadt haben.

(Beifall bei der GAL und der SPD - Harald Krüger CDU: Nein, das zeigt, wie gut das Thema ist!)

Denn Sie bejubeln immer das Wirtschaftswachstum. Das haben wir zuletzt am 1. Juli in der letzten Sitzung vor den Ferien debattiert. Im Monat davor, am 20. Juni, haben Sie genau das gleiche Thema in der Aktuellen Stunde angemeldet. Am 18. April haben Sie das Thema angemeldet und auch Anfang des Jahres zweimal im Januar, am 31. Januar und am 17. Januar. Jetzt könnte man sich

über Ihre Ideenlosigkeit belustigen, wenn es nicht wichtigere Themen in dieser Stadt gäbe.

(Beifall bei der GAL und der SPD - Harald Krüger CDU: Wichtigeres als Wirtschaftspolitik?)

Es gibt viele Themen, über die wir als Parlament dringend im Rahmen der Aktuellen Stunde reden sollten, zum Beispiel im Moment die Rückkehr der ehemaligen Beschäftigten des LBK. Es gibt 1.960 Beschäftigte, die ihr Rückkehrrecht zur Stadt wahrgenommen haben. Obwohl Sie, Herr von Beust, und Ihr Senat seit Monaten wussten, dass diese Menschen zurückkommen, haben Sie ihnen immer noch keine Zusicherung gegeben. Diese Menschen wissen nicht, ob sie eine Zukunft im öffentlichen Dienst haben. Sie schweigen und das ist eine Schande.

(Beifall bei der GAL und bei Gesine Dräger SPD)

Heute werden wir in der Aktuellen Stunde eben nicht über dieses Problem reden, denn Sie wollen in dieser Sitzung wieder einmal über die Wirtschaftskonjunktur jubeln. Ich denke, wir sollten endlich einmal darüber reden, wie wir die Probleme dieser Stadt lösen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort erhält Senator Uldall.

(Michael Neumann SPD: Er kann, er will, er wird!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kerstan, ich stimme Ihnen zu. Jeder Politiker hat seine Lieblingsthemen, über die er immer gerne spricht. Ich sage ganz ehrlich: Das Thema "Hamburger Wirtschaft und Arbeitsplätze, Wachstum an Arbeitsplätzen" ist mein Lieblingsthema.

(Beifall bei der CDU - Michael Neumann SPD: Das ist der Fachsenator, daran liegt es!)

Und ich wünschte mir genauso, Herr Kerstan, sehr geehrte Frau Kollegin Dräger, dass dieses auch Ihr Lieblingsthema wäre, nämlich wie wir das Wachstum voranbringen und wie wir neue Arbeitsplätze in Hamburg aufbauen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin Dräger hatte von vielen Baustellen in Hamburg berichtet. Das ist völlig klar. Das fasse ich zunächst einmal als ein Kompliment auf, denn eine wachsende Stadt zeigt Baustellen. Stagnation hat keine Baustellen. Hamburg hat Baustellen und damit Wachstum.

(Beifall bei der CDU - Ingo Egloff SPD: Deshalb stehe ich auch jeden Morgen im Stau!)

Ich will Ihnen gleich ein Beispiel für eine Baustelle geben, die ich heute Morgen besichtigt habe. Heute Morgen war ich bei der Firma Getreide Terminal Hamburg. Getreide Terminal Hamburg - jetzt achten Sie genau auf die Zeitenfolge - hat im November letzten Jahres die ersten Überlegungen angestellt, ein neues Silo für eine Investitionssumme von 20 Millionen zu schaffen. Heute, als ich da war, war der Turm bereits nicht nur im Bau, sondern er hatte eine Höhe von 72 Metern erreicht. Da sieht man, mit welcher Geschwindigkeit die Hamburger Verwaltung an dem

(Ingo Egloff SPD: Wieso, hat die das Ding gebaut?)

Bewilligen von Investitionen in Hamburg mitarbeitet. Ich glaube, darüber können wir uns freuen, dass sich das gegenüber früheren Jahren geändert hat.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege von Frankenberg hatte schon die wichtigsten Kernzahlen genannt. Ich möchte diese deswegen nicht wiederholen. Ich möchte nur, weil Frau Dräger mich aufforderte, ich sollte auch einmal über die Leute reden, die keine Arbeit haben, Ihnen sagen, liebe Frau Kollegin: Wir haben im Juli dieses Jahres - das ist der letzte Zeitpunkt, für den ein Statistikvergleich hergestellt wurde - exakt 21.600 Beschäftigte mehr in Hamburg als ein Jahr früher. Darüber sollten wir uns gemeinsam freuen.

(Beifall bei der CDU - Michael Neumann SPD: Das tun wir! Was meinen Sie, wie wir das tun wür- den, wenn es gute Politik gäbe?)

Wir sollten uns auch freuen über die positiven Entwicklungen, die sich für das kommende Jahr abzeichnen. Ich gehe für 2008 von einem etwas geringeren Wachstum aus,

(Michael Neumann SPD: Weil Sie nicht mehr da sind. Das liegt daran, dass Sie nicht mehr da sind!)

aber doch immerhin von einem stabilen Wachstum von 2,5 Prozent. Ich gehe davon aus, dass dann der Beschäftigungsaufbau in Hamburg weitergehen wird. Ich bin zuversichtlich, dass die Immobilienkrise in den USA keine Auswirkungen auf den Hamburger Markt haben wird, so wie Sie auch heute noch nicht zu spüren ist. Natürlich wissen wir nicht um konjunkturelle Risiken, aber alles in allem sind die Weichen für Hamburg positiv gestellt.

Schauen wir uns einmal an, wer die großen Treiber der wirtschaftlichen Entwicklung in Hamburg sind. Da ist zunächst einmal der Welthandel. Der Welthandel bedeutet zusätzlichen Umschlag im Hamburger Hafen,

(Ingo Egloff SPD: Den steuern Sie von hier wahr- scheinlich!)

bedeutet zusätzliches Geschäft für die Logistikunternehmen, bedeutet zusätzliche Aufträge für den Groß- und Außenhandel und damit zusätzliche Arbeitsplätze. Wir können davon ausgehen, dass die Luftfahrtindustrie sich weiterhin positiv entwickeln wird. Die Turbulenzen, die sich am Horizont abzeichneten, sind weitestgehend verschwunden, die Luftfahrtindustrie verfügt über volle Auftragsbücher. Wir haben in Hamburg ein hohes Investitionsniveau, auch in Immobilien. Ich gehe davon aus, dass die hohen Investitionen, die in diesem Jahr getätigt werden, dazu führen, dass sich der Wachstumstrend im Jahre 2008 weiter fortsetzen wird. Bei allen Problemen sage ich auch, dass wir in Hamburg über einen gesunden Mittelstand verfügen. Wir haben große führende Unternehmen, die viel mehr im Mittelpunkt der Berichterstattung stehen als die zahlreichen kleinen Unternehmen. Aber seien wir uns darüber im Klaren und seien wir stolz darauf: Der Mittelstand in Hamburg ist stark, er bildet den Humus für weiteres Wachstum und zusätzliche Arbeitsplätze. Deswegen an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle mittelständischen Betriebe in Hamburg.

(Beifall bei der CDU)

Es zahlen sich jetzt die Investitionen aus, die wir im Hamburger Hafen, im Flughafen, bei der Hamburg Messe

und Congress GmbH und auf Finkenwerder getätigt haben. Insgesamt sind das Investitionen, die jetzt dazu führen, dass sich unser wirtschaftliches Potenzial verstärkt und wir in der nächsten Zeit auf einem soliden Wachstumskurs sind.

Ich möchte Ihnen einige Unternehmen nennen, die in den letzten zwölf Monaten in Hamburg investiert haben, neu angesiedelt wurden und neue Arbeitsplätze geschaffen haben. Ich erinnere zum Beispiel an die große Investition von Hennes & Mauritz mit 600 Arbeitsplätzen. Ich erinnere an TNT mit einem Aufbau von 300 Arbeitsplätzen. Ich erinnere daran, dass es uns gelungen ist, die Firma TRIMET nach Hamburg zu holen, und dass wir 300 Arbeitsplätze, die bereits verloren gegangen waren, wieder neu beleben konnten.

(Ingo Egloff SPD: Es sind sogar 450 verloren gegangen!)

Ich möchte hinzufügen, dass wir nicht nur eine Stabilisierung bei der Hütte des Aluminiumwerks, sondern auch bei dem Walzwerk haben, dessen Existenz ebenfalls gefährdet war. Auch hier werden in Kürze große Investitionsvorhaben begonnen. Das zeigt: Hamburg ist ein starker Industriestandort. Das sollten wir nicht kleinreden.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte für die zukünftigen Jahre, dass wir in Hamburg ein Wachstumsziel verfolgen, das dauerhaft in der Größenordnung von vielleicht 1,75 Prozent liegen sollte. Mir liegt nicht daran, dass wir durch irgendwelche künstlichen Initiativen die Wachstumsrate nach oben drücken, sondern ich möchte, dass wir eine kontinuierliche Entwicklung unseres wirtschaftlichen Wachstums haben. Wenn wir bei dieser Größenordnung zwischen 1,5 und 2 Prozent Wachstum pro Jahr liegen, dann ist das die Grundlage für einen dauerhaften Aufbau zusätzlicher Beschäftigung bei uns in Hamburg. Dieses ist solide Wirtschaftspolitik und dieses sollten wir so fortführen.

(Beifall bei der CDU)

Auch wenn wir heute gute Perspektiven haben und wenn wir gute Ergebnisse der Regierungstätigkeit aus den vergangenen Jahren vorlegen können, so sollten wir uns doch darüber im Klaren sein, dass Wirtschaftspolitik sehr sensibel reagieren kann und dass es deswegen darauf ankommt, dass wir nachhaltig gute Rahmenbedingungen für die wirtschaftenden Kräfte in Hamburg schaffen

(Nebahat Güclü GAL: Und für die Menschen!)

und dass wir ein gutes Klima für die Unternehmen schaffen, damit die Einstellung zusätzlicher Arbeitskräfte möglich wird. Denn das ist das eigentliche Ziel unserer Wirtschaftspolitik, dass wir zusätzliche Arbeitsplätze in Hamburg schaffen.

(Beifall bei der CDU - Nebahat Güclü GAL: Und für die Menschen!)