Protocol of the Session on August 30, 2007

(Beifall bei der CDU)

Man muss sich vor Augen führen, dass dort aber auch eine Klientel einsitzt, die die Strafanstalten dieser Stadt teilweise noch toppen. Es sind ein Thomas Holst und andere perverse Straftäter, vor denen uns allen graut, und wir können nur froh darüber sein, dass sie im Moment höchst sicher untergebracht sind. Die Gleichsetzung eines gefährlichen Straftäters in Haft mit Herrn Dr. Kusch, Frau Brinkmann - und es ist wahrlich nicht meine Aufgabe, Herrn Dr. Kusch zu verteidigen -,

(Dr. Andreas Dressel, Gesinde Dräger, beide SPD und Dr. Till Steffen GAL: Nicht mehr!)

- Nicht mehr.

finde ich nicht in Ordnung.

(Beifall bei der CDU)

Die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung ergab sich schon vor einigen Jahren und ich finde es gut, dass wir hier sehr lange beraten haben. Diese Materie ist rechtlich und gesundheitspolitisch ausgesprochen schwierig. Das alte Gesetz hatte einen alten Geist. Ich beschreibe nur: Die dort untergebrachten Personen hießen Patienten. Stellen Sie sich vor, was die Eltern der Opfer sagen, die Thomas Holst als Täter erlebten und der dann als Patient bezeichnet wird. Das war der Hohn für die Opfer. Ich finde es gut, dass wir nun die Patienten nicht mehr als "Patienten" bezeichnen, sondern als "die untergebrachte Person". Das ist neutraler.

Wir müssen aber auch feststellen, dass ein Großteil der Täter kranker geworden ist und dass wir mehr Täter haben. Wir hatten vor einigen Jahren recht spektakuläre Entweichungen. Daraufhin wurden die Sicherheitsmaßnahmen erheblich gesteigert. Wir müssen hier einen Dank an den Leiter, Herrn Dr. Knecht, aussprechen. Er hat in den letzten Jahren ein ausgesprochen "gutes Händchen" dafür bewiesen, wie er mit Lockerungen umzugehen hat. Aber faktisch müssen wir uns vor Augen führen, dass er die Möglichkeit hatte, auch bei einem Thomas Holst über Freigang zu entscheiden. Die Verantwortung können wir einem Leiter nicht allein auferlegen und da haben wir einen Änderungsbedarf gesehen. Wir haben nicht bei dem normalen psychisch Kranken Änderungsbedarf gesehen, sondern bei den hoch gefährlichen. So sehen wir zum Beispiel die Lockerungen, bei denen Sie, Herr Klooß, kritisieren, dass die Staatsanwaltschaft beteiligt werden soll. Wir wollen nicht bei jedem Maßregelvollzugsinsassen, sondern nur bei den gemeingefährlichen Gewaltstraftätern und Sexualstraftätern die Staatsanwaltschaft beteiligen. Ich glaube auch, die

Staatsanwaltschaft freut sich nicht darüber, dass wir auf politischer Ebene diesen Wunsch gehabt haben und dass noch jemand Verantwortung zeigt. Ich hätte mich als Staatsanwalt auch nicht darüber gefreut, aber wir halten es politisch für richtig, dass eine weitere Instanz in diesem Bereich mitspricht und bei diesen Menschen mit entscheidet. Für die Sicherheit der Stadt und der Sicherheit der Opfer halten wir dieses für sehr richtig.

(Beifall bei der CDU)

Zum Thema Videoüberwachung. Herr Klooß, nicht alles, was in Anhörungen gesagt wird, ist richtig. Sie ziehen sich immer Ihre selektive Wahrnehmung aus den Dingen. Ich denke an die Anhörung vom letzten Dienstag, in der wir auch zum Thema Videoüberwachung im Strafvollzug geredet haben. Wir hatten dort ein sehr schönes Erlebnis. Der Datenschutzbeauftragte erwähnte Artikel 13, die Unverletzlichkeit der Wohnung.

Ein Sachverständiger hat mit ein paar kurzen Worten klipp und klar dargestellt, dass ein Haftraum nicht unter Artikel 13 fällt.

(Rolf-Dieter Klooß SPD: Er hat aber auch auf Arti- kel 2 hingewiesen!)

Die gesamte Argumentation bricht richtig schön zusammen. Das trifft hier also nicht zu, Sie ziehen hier nur ein Schreckgespenst auf.

(Beifall bei der CDU)

Frau Husen spricht davon, wir würden die Anstalt aufgrund dieser Gesetzesgrundlage komplett unter Videoüberwachung stellen. Das ist personell, finanziell und auch sonst nicht machbar. Wir wollen aber die gesetzliche Grundlage haben, dass der Anstaltsleiter - so steht es da auch - in einem abgestuften Verfahren, bei bestimmten Gefährdungslagen eine Videoüberwachung stattfinden lassen darf. Das halten wir für richtig. Es gibt gewisse Gefährdungslagen - beispielsweise bei der Vorbereitung eines Ausbruchsversuchs -, die eine latente Videoüberwachung rechtfertigen. Unter strengen Voraussetzungen halten wir das für richtig. Wir wollen keine massenhafte Überwachung, aber in Einzelfällen wollen wir die Rechtsgrundlage schaffen. Die ist nötig und das haben auch die Experten gesagt.

Nun komme ich noch einmal zur Privatisierung. Die Privatisierung hat letztendlich nur einen Punkt, den wir hier hereingenommen haben, die Anpassung an das gewandelte Organisationsgefüge. Das Grundgesetz verbietet gar keine Privatisierung. Was wir hier haben, ist eine umfassende Fach- und Rechtsaufsicht. Ich habe selten gesehen, wie gründlich in dem Vertrag einzelne Maßnahmen geregelt sind, wann die Behörde eingreifen und etwas tun kann. Ich denke an rotgrüne Zeiten zurück, ich war damals auch schon ein paar Mal im Maßregelvollzug. Ich habe dort keinen einzigen Beamten getroffen, sondern nur Angestellte. Wo ist da jetzt bitte der Wandel zwischen den Angestellten des LBK und den Angestellten des Asklepios Klinikums? Da ist gar kein Wandel. Den privaten Sicherheitsdienst, Herr Klooß, der massive Eingriffe vorgenommen hat, gab es damals schon. Und dann kommen Sie mir heute mit Privatisierungsverboten? Das ist lächerlich.

(Beifall bei der CDU)

Ich kann nur feststellen, dass Sie an diesem Gesetz wenig Substanzielles zu kritisieren finden, Sie wollen eine

erneute LBK-Debatte aufziehen. Das gelingt Ihnen nicht. Dieses Gesetz ist gut und deswegen werden wir es auch so abstimmen, wie es hier vorliegt. - Danke.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Senatorin Schnieber-Jastram.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Senat hat Ihnen heute den Entwurf zur Novellierung des Hamburgischen Maßregelvollzugsgesetzes vorgelegt, mit dem Heilung und Besserung - Herr Müller-Kallweit hat es vorhin sehr zutreffend erläutert - der Patienten, aber auch der Schutz der Allgemeinheit vor erneuten Straftaten auf eine neue Grundlage gestellt wird.

Warum braucht Hamburg ein neues Maßregelvollzugsgesetz? Vor fast genau 18 Jahren ist das geltende Hamburgische Maßregelvollzugsgesetz in Kraft getreten und vor 18 Jahren waren in der hamburgischen Maßregelvollzugseinrichtung jahresdurchschnittlich rund 50 Patientinnen und Patienten untergebracht. Heute sind es rund 230 schwerstkranke Patientinnen und Patienten, die dort stationär nach Gerichtsbeschluss - auch für diejenigen, die das nicht so kennen - behandelt werden. Hinzu kommen rund 70 ehemalige Patientinnen und Patienten in der ambulanten Nachsorge.

Standen 1989 rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Betreuung und Behandlung der Patientinnen und Patienten zur Verfügung, so sind es heute 290 qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterschiedlichster Berufsgruppen, vorrangig medizinisch-therapeutisches Personal, Pflegepersonal, Psychologen, Pädagogen, Sozialarbeiter. In den zurückliegenden Jahren hat sich die forensische Psychiatrie zu einer eigenständigen, hoch spezialisierten Subdisziplin, zur Intensivbehandlung schwerst psychisch kranker Patientinnen und Patienten entwickelt. Die Verweildauer der Patienten variiert je nach Unterbringungsgrund zwischen wenigen Wochen und - nicht selten - auch mehreren Jahren.

Seit Bestehen des Hamburgischen Maßregelvollzugsgesetzes haben sowohl die Anforderungen als auch die strukturellen Bedingungen und damit einhergehend die Praxis der Durchführung des Maßregelvollzugs sowie das allgemeine Rechtsbewusstsein Änderungen erfahren. Diesen wird durch die Novellierung des Gesetzes Rechnung getragen. Der Maßregelvollzug braucht einen Ordnungsrahmen, der eine qualitativ hochwertige Therapie seiner Patientinnen und Patienten ebenso gewährleistet wie ein hohes Maß an Sicherheit zum Schutze der Allgemeinheit. Die Neufassung dieses Gesetzes berücksichtigt nicht nur die sich aus der übergeordneten Gesetzgebung ergebenden Vorgaben und die Änderungsvorschläge der Sachverständigenkommission zur Untersuchung des Maßregelvollzugs in Hamburg im Oktober 2001. Die Formulierung des Gesetzentwurfs erfolgte darüber hinaus in einem sorgfältig und gründlich abgestimmten Prozess. Sowohl Senat als auch Bürgerschaft haben in Sachverständigenanhörungen den Rat von außerhalb der hamburgischen Verwaltung stehenden Expertinnen und Experten eingeholt und die dabei gewonnenen Erkenntnisse haben Eingang in den hier vorgelegten Gesetzesentwurf gefunden. Nach Urteil der Praktiker, nach Urteil der Rechtsexperten liegt Ihnen damit ein differenzierter und ausgewogener Gesetzesentwurf vor, dem es in

Anpassung an die fortgeschrittenen Standards im Vollzug der Maßregeln gelingt, die Aspekte von Therapie und Sicherheit in Einklang zu bringen.

Mit der Novellierung des Hamburgischen Maßregelvollzugsgesetzes wird durch eindeutige und praktikable Vorgaben eine Rechtssicherheit zur qualifizierten Durchführung des Maßregelvollzugs begründet, welche sowohl die Rechte der dort untergebrachten Personen als auch das berechtigte Bedürfnis der Bevölkerung nach dem Schutz vor Straftaten respektiert.

Angesichts dieser Bewertung von Experten und Praktikern verwundert es auch nicht, dass im weiteren Verfahren die inhaltlichen Schwerpunkte der Gesetzesnovelle wie Gleichrangigkeit der Ziele, der Besserung und der Sicherung des Maßregelvollzugs, Gewährleistung von Qualitätssicherung und Sicherheitsstandard, Beteiligung der Vollstreckungsbehörde an den Lockerungsentscheidungen, die Anpassung an das gewandelte Organisationsgefüge, die Rechtsgrundlage zur Indikation und Durchführung von Fixierungen, der Anspruch auf einen bestmöglichen Schulabschluss und berufsbildende Maßnahmen oder auch die rechtlichen Vorgaben zur Entlassungsvorbereitung durch therapeutische Beurlaubung wenig bis gar nicht kritisiert wurden.

(Zuruf von Katja Husen GAL)

- Wir waren offensichtlich in ganz unterschiedlichen Anhörungen, Frau Husen.

Offenbar suchen Sie hier die Gelegenheit, die Privatisierung des LBK Hamburg noch einmal zu kritisieren. Dieses ist mit den Gesetzesänderungen von vor über zwei Jahren in diesem Hause entschieden worden.

(Katja Husen GAL: Aber nicht mit unseren Stim- men!)

An dieser Rechtslage wird heute gar nichts mehr geändert.

(Beifall bei der CDU)

Schauen Sie das geltende Maßregelvollzugsgesetz und seine Neufassung an. Sie werden dazu keine veränderte Silbe finden. Besonders befremdet, dass es der Opposition in diesem Zusammenhang gar nicht um die Rechte und den Grundrechtsschutz sowohl der von einer Maßregel betroffenen Person als auch der Bevölkerung insgesamt zu gehen scheint. Diese Debatte veranstalten Sie auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Maßregelvollzugseinrichtungen, die nachweislich eine im Bundesvergleich hervorragende Arbeit leisten.

(Beifall bei der CDU)

Hamburg hat - ich wiederhole die Punkte, die auch Frau Brinkmann schon genannt hat, um einen Vertreter der Opposition zu nennen - eine unterdurchschnittliche Verweildauer,

(Petra Brinkmann SPD: Ja, immer gehabt!)

geringere Wiederaufnahmequote, geringe Quote an Entweichungen, differenziertes therapeutisches Angebot. Diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die ihre schwere Tätigkeit mit höchster Verantwortung wahrnehmen, machen Sie die Leistung der Einrichtung schlecht, nur weil auf dem Betreiberschild nicht mehr die Stadt steht. Das sollten Sie, so finde ich, lieber lassen.

(Beifall bei der CDU - Dr. Heike Opitz GAL: So ein Quatsch!)

Im Rahmen der Beratungen dieses Gesetzesentwurfs in den Fachausschüssen wurde deutlich, dass Qualität und Effizienz der Leistungen der Maßregelvollzugseinrichtungen in Hamburg in den vergangenen Jahren anhaltend verbessert werden konnten. Diese Entwicklung werden wir im Interesse der Patientinnen und Patienten sowie der Bürgerinnen und Bürger weiter fördern und unterstützen. Hamburg braucht für den Vollzug der Maßregeln, der Besserung und Sicherung einen modernen, praktikablen und zukunftsorientierten Handlungsrahmen. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu diesem neuen Maßregelvollzugsgesetz. - Danke.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Klooß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Senatorin, Sie haben gesagt, wir hätten unterschiedliche Wahrnehmungen über die durchgeführten Verhandlungen und Expertenanhörungen. Wir haben Wahrnehmungen, aber woher Sie Ihre haben, weiß ich nicht. Sie waren ja nicht dabei.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ihr Staatsrat war dabei, aber der ist heute nicht hier.

(Katja Husen GAL: Der hat die Rede geschrieben!)

Sie haben in einer unglaublich demagogischen Art - allerdings auch leicht zu durchschauen und deshalb wirkungslos - gemeint, wir wüssten die Arbeit der Bediensteten im Maßregelvollzug nicht zu schätzen oder wir würden sie niedermachen oder auf ihrem Rücken etwas veranstalten.