Das kann man gut nachvollziehen, dass das die Menschen verunsichert und sie beunruhigt reagieren. Aber, meine Damen und Herren, dieses ist kein Grund, eine sachliche Debatte über die Energieversorgung in Norddeutschland umzumünzen in einen polemischen Ausfall zu aktuellen Tagesfragen.
Es ist keine Frage, dass die Vorfälle der letzten Tage den Senat nicht unbeeindruckt lassen und dass wir uns veranlasst sehen, mit großer Wachsamkeit und Aufmerksamkeit die Vorgänge vor den Toren Hamburgs zu beobachten und eine sehr sorgfältige Beurteilung vorzunehmen, soweit wir dieses von Hamburg aus vornehmen können, denn die verantwortlichen Institutionen für die Reaktorsicherheit sind nicht in Hamburg, sondern in Kiel. Dieses konnte man bei den vorhergehenden Debattenbeiträgen der Oppositionsredner manchmal vergessen, meine Damen und Herren.
Ich meine, dass wir uns in Ruhe und Sachlichkeit mit diesem ernsten Thema auseinandersetzen müssen. Deswegen möchte ich drei Punkte festhalten.
Erstens: In beiden Kraftwerken kam es zu Schnellabschaltungen. Dieses hat ordnungsgemäß funktioniert, ohne dass es zur Gefährdung von Menschen und Umwelt gekommen ist. So, meine Damen und Herren, nicht der Hamburger Senat, sondern die Ministerin Trauernicht in Kiel. Sie ist nicht der Senat und gehört Ihrer Partei an, Frau Schaal, und wird deswegen von Ihnen als Zeugin sicherlich auch akzeptiert werden.
Da es bei der Schnellabschaltung in Brunsbüttel zu Auffälligkeiten gekommen war, hat die zuständige Aufsichtsbehörde in Schleswig-Holstein eine intensive Prüfung unter Einbeziehung von Gutachtern des TÜV und des Germanischen Lloyds durchgeführt. Diese Überprüfung hat ergeben, dass die Auffälligkeiten nach den Abhilfemaßnahmen keinen Einfluss mehr auf die Sicherheit der Kernkraftwerke haben.
Zweitens: Das Ministerium in Kiel hat daraufhin das Wiederanfahren des Kernkraftwerks genehmigt und Brunsbüttel ist damit drei Tage nach dem Kurzschluss und der Schnellabschaltung wieder ans Netz gegangen.
Drittens: Das Kernkraftwerk Krümmel bleibt weiter abgeschaltet, sodass auch das zutrifft, was ich zu Brunsbüttel sagte, dass dieses eine Entscheidung der für die Reaktorsicherheit zuständigen Stellen in SchleswigHolstein ist. Erst vier Tage nach dem Feuer in dem Nebengebäude auf dem Gelände des Reaktors konnten sich die Brandexperten des Landeskriminalamtes Schleswig-Holstein ein Bild von der Lage machen.
Seit vorgestern sind die Experten der Reaktorsicherheitsbehörden und der obersten Baubehörden gemeinsam wiederum mit Sachverständigen des TÜV-Nord und des Germanischen Lloyds dabei, die Ursachen des Vorfalls aufzuklären.
Frau Ministerin Trauernicht hat am Dienstag, dem 3. Juli 2007, ein schnelles Wiederanfahren des Reaktors ausgeschlossen. Dieser bleibt abgeschaltet.
Meine Damen und Herren! Das ist die Sachlage, wie ich sie geschildert habe, und jetzt können wir nüchtern und sachlich Folgendes festhalten: Die Störungen in Krümmel und Brunsbüttel waren konventioneller Art und standen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Nuklearbetrieb der Anlage. Beide Kernkraftwerke befanden sich - so bewerte ich nach wie vor die veröffentlichten Feststellungen der Ministerin Trauernicht - die ganze Zeit über in einem sicheren Zustand.
Für den Senat wiederhole ich mit aller Deutlichkeit: Der Senat wird äußerst aufmerksam die weiteren Abläufe und Untersuchungen beobachten. Wir haben keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass die Aufsichtsbehörde in Kiel ihre Prüfung mit größtmöglicher Sorgfalt und Gründlichkeit durchführt. Frau Ministerin Trauernicht wird das Wiederanfahren des Reaktors erst dann gestatten, wenn alle Fragen restlos geklärt sind.
Es ist für den Senat keine Frage, dass die Kernkraft nur in höchstmöglicher Sicherheit zu verantworten ist.
Nur unter dieser Prämisse ist der Senat der Auffassung, dass für eine ausreichende und nachhaltige Energieversorgung als Übergangstechnologie auch die Kernenergie gehört.
Aus unserer Sicht ist der von Ihnen verfolgte Verzicht auf Kernkraftwerke unter den von Ihnen immer wieder genannten Prämissen für den Klimaschutz erst dann vorstellbar, wenn erneuerbare Energien in großem Umfang wettbewerbsfähig sind und neue Technologien ihre Marktreife erlangt haben. Wir müssen den erneuerbaren Energien die notwendige Zeit lassen, ihren erwarteten Beitrag für eine gesicherte Energieversorgung zu leisten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem es eben bei den Kollegen von SPD und GAL so klang, als seien sie gegen Kernenergie und gegen Kohlekraftwerke, wirft das natürlich die Frage auf, wie sie dann einen geordneten und zukunftsfähigen Energiemix miteinander sichern wollen. Diese Frage hat die Opposition zu beantworten. Aus dieser Verantwortung lassen wir Sie nicht heraus.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist sicherlich auch eine Aussage. Der für Wirtschaft zuständige Senator hält hier eine Beschwichtigungsrede und der für Umwelt zuständige Senator ist noch nicht einmal da. So weit ist das in dieser Stadt gekommen.
Zunächst zu Ihrem Wunsch, Herr Senator Uldall, wir sollten hier ruhiger debattieren. Es gibt für uns in Hamburg keinen Grund, nach diesen Störfällen ruhig zu sein. Im Gegenteil. Es gibt für die Menschen in Hamburg allen Grund, beunruhigt zu sein, solange die Reaktoren in Brunsbüttel und in Krümmel weiterlaufen sollen und solange dieser Senat auch noch die Verlängerung der
Was bedeutet diese Laufzeitverlängerung, die Sie auch heute wieder gefordert haben, erstens für die Sicherheit Hamburgs, zweitens für die Versorgungssicherheit unserer Stadt und unserer Industrien - auch darüber will ich sprechen, wenn schon der Wirtschaftssenator hier spricht - und was bedeutet das für den Klimaschutz.
Zum ersten Punkt, zur Sicherheit: Dazu muss man zunächst feststellen, dass Vattenfall auch bei diesem Zwischenfall wieder nach dem Motto verfahren ist: Täuschen, Tricksen, Tarnen. Zunächst wird abgestritten, dass es einen Zusammenhang zwischen den beiden Störfällen gegeben hat, dann wird beschwichtigt und gesagt, alles sei nicht so schlimm, und anschließend werden die Informationen häppchenweise herausgelassen.
Ich will noch ein Wort dazu sagen, was der Wirtschaftssenator eben angesprochen hat, dass der Reaktor gar nicht betroffen gewesen sei. Ich möchte zitieren, was ein Sprecher der zuständigen schleswig-holsteinischen Atomaufsicht im Sozialministerium gesagt hat:
"Es habe drei Störungen gegeben, die Vattenfall bislang nicht veröffentlicht habe. Die Störungen beeinflussten offenbar die Wasserversorgung des Reaktors. Es sei durch unplanmäßiges Öffnen von zwei Sicherheits- und Entlastungsventilen und dem Ausfall von mehreren Reaktorspeisewasserpumpen zu einem schnellen Druck- und Füllstandsabfall im Reaktordruckbehälter gekommen."
Das waren also schwerwiegende Störungen im höchst sensiblen Bereich eines Reaktors, die letztendlich dazu führen können, dass es zur Freisetzung von Radioaktivität kommt. Ich halte es für unverantwortlich, Herr Senator, das abzustreiten und uns zu beschwichtigen.
Es war bemerkenswert, dass es hier offenbar eine Kettenreaktion gegeben hat, mit der niemand gerechnet hat: erst ein Brand in Brunsbüttel, dann ein Zusammenbruch im Hamburger Stromnetz und anschließend wieder ein Brand in Krümmel. Zunächst hatte Vattenfall gesagt, es gäbe keinen Zusammenhang zwischen diesen Vorfällen. Mit anderen Worten: So etwas kann in den Atomkraftwerken von Vattenfall rein zufällig auch gleichzeitig passieren; wir haben ohnehin so viele Pannen, das kann einmal vorkommen.
Wer so verfährt, wer sagt, dass zwei schwerwiegende Vorkommnisse durchaus nebeneinander vorkommen können, weil die AKW so sicher sind, der handelt leichtfertig. Das sagt einiges über die Sicherheitskultur in diesem Unternehmen aus.
Diese Kettenreaktion, von der wir ausgehen müssen, zeigt, dass es bei Atomkraftwerken immer noch eine ganze Menge Fehler und Ursachenzusammenhänge gibt, mit denen auch heute - nach über 20 Jahren Betrieb von Atomkraftwerken - offenbar niemand rechnet. Eine Technologie, die im schlimmsten Falle zu solchen unliebsamen Überraschungen führen könnte - darauf möchte ich bestehen -, dass in Norddeutschland im breiten
Ausmaße Radioaktivität freigesetzt werden kann und unsere Stadt für mehrere Jahrzehnte zwangsevakuiert werden müsste, ist unverantwortbar.
Deswegen fordern wir Grünen alle Hamburgerinnen und Hamburger und auch den Ersten Bürgermeister auf, sich von Vattenfall als Stromversorger endgültig zu trennen. Jede Glühbirne, die in dieser Stadt nicht mehr mit dem Strom aus den Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel betrieben wird, ist ein Beitrag zur Sicherheit in dieser Stadt. Jede Bürgerin und jeder Bürger, die sich von Vattenfall trennen und zu einem Ökostromanbieter wechseln, leisten einen Beitrag zur Sicherheit in dieser Stadt und zum Klimaschutz.
Zum Punkt der Versorgungssicherheit: Die Atomkraft sei ein Garant dafür, dass jederzeit genug Strom vorhanden ist. Bisher war immer das Argument, nur mit Atomkraftwerken sei sichergestellt, dass die Lichter in Hamburg nicht ausgehen.
In der letzten Woche hatten wir tatsächlich den Beweis, dass es die Atomkraftwerke waren - ich komme zum Schluss -, die dafür gesorgt haben, dass in Hamburg wortwörtlich die Lichter ausgegangen sind. So kann unsere Energieversorgung nicht weitergehen, wir brauchen dringend den Ausstieg.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Uldall, Sie haben vor Hysterie und Polemik gewarnt. Ich finde auch, das sollte man dabei nicht an den Tag legen, und ich habe die Diskussion auch nicht so empfunden, sondern sie war außerordentlich sachlich.
In der Diskussion, die jetzt anhand der beiden Störfälle über Kernenergie stattgefunden hat, gab es folgende Fragen: Sollen wir mit diesen Störfällen gelassen umgehen, nachdem wir wissen, wie oft Brunsbüttel kaputt war? Sollen wir gelassen damit umgehen und eine Diskussion, die Herr von Beust angefangen hat, über eine Verlängerung der Laufzeiten weiterführen, obwohl wir seit dem letzten großen Störfall in Brunsbüttel vor ungefähr drei Jahren wissen, dass wir nur mit sehr großem Glück an einem Riesenunfall vorbeigekommen sind, weil eine Rückschlagsklappe, die für den Druck, der sich intern bei der Wasserstoffexplosion entwickelt hat, nicht ausgelegt war, sich glücklicherweise verklemmt hat und nicht herausgeflogen ist. Es war also reines Glück.
Das also sollen wir ganz gelassen sehen und auch, dass der Betreiber sich wochenlang geweigert hat, in den inneren Bereich hineinzugehen, um nachzugucken, was passiert ist. Erinnern Sie sich noch daran? Wochenlang hat der Betreiber gesagt, liebe Aufsichtsbehörde, wenn ihr das wissen wollt, dann müsst ihr uns vorher mögliche Ausfallzeiten - für den Fall, dass nichts zu finden sein sollte - in zig Millionenhöhe garantieren, wenn wir den Reaktor nicht wieder anfahren dürfen. Als er dann aufgemacht wurde, weil die schleswig-holsteinische Regie