Ich erwarte schlichtweg von einem Finanzsenator der Freien und Hansestadt Hamburg, einer Stadt, die sich selber als Weltstadt begreift, gerade auch in wirtschaftlichen Dingen, dass er einfach einmal zur Kenntnis nimmt, was auf Finanzmärkten, nicht nur in Hamburg, sondern weltweit, jeden Tag passiert. Natürlich gibt es dort Finanzinvestoren und Hedgefonds, die sich ganz strategisch solche Minderheiten zusammenkaufen und dann blockieren. Und wissen Sie, warum sie das machen? - Das machen sie schlicht und ergreifend, um dann Sonderdividenden zu kassieren. Die lassen sich diese Blockadepolitik nämlich mit sehr viel Geld abkaufen - Geld, das die HHLA und letztendlich die Stadt mit ihrem Anteil dann teuer bezahlen müsste. Das ist natürlich ein Fall, der viel früher einsetzt als bei den 25 Prozent, die zusammenkommen müssen. Da muss ich wirklich sagen: Es mag ja sein, dass Sie weltweit gar nicht verfolgen, was passiert. Aber fragen Sie einmal Herrn Marnette, was für Probleme er im Moment hat.
Wissen Sie, wie hoch der Anteil des Investors ist, der sich gerade bei Herrn Marnette eingekauft hatte? - Der hat mit 10 Prozent angefangen und ist jetzt bei 15. Dass diese für die Norddeutsche Affinerie doch sehr entscheidende Übernahme stattfinden wird, kann dieser Investor mit 15 Prozent verhindern, Herr Uldall.
Wer sagt denn, dass die HHLA langfristig immer diese Local-Hero-Strategie verfolgt? Vielleicht wird die HHLA irgendwann einmal zu dem Punkt kommen, dass sie Übernahmen anstrebt. Die kann ein solcher Investor mit einer kleinen Schachtel verhindern. Schauen Sie sich die Deutsche Börse an. Wissen Sie, wie hoch der Anteil dieses Hedgefonds war, der die Übernahme der Londoner Börse verhindert hat? - Der hatte geschlagene 5 Prozent. Die Deutsche Börse steht jetzt zunehmend allein da. Alle anderen Börsen weltweit schließen sich zusammen und mittlerweile gilt die Deutsche Börse als Übernahmekandidat. All diese Punkte spielen bei Ihnen überhaupt keine Rolle. Da frage ich mich wirklich: Ist die
HHLA und sind die Finanzen dieser Stadt bei Ihnen wirklich in den richtigen Händen? - Ich denke nein.
Kommen wir zu einem weiteren Punkt: Wenn man jetzt schon so weit ist, dass man öffentliche Unternehmen verkauft, dann sollte es doch wirklich angesichts der knappen Finanzen dieser Stadt klar sein - nicht unbedingt, dass man den maximal erzielbaren Preis nimmt, aber -, dass man einen relevanten Kaufpreis erzielt. Bei Ihrem Modell, Herr Uldall, verzichtet die Stadt auf Hunderte von Millionen, wenn man bereit ist, 30 Prozent der HHLA zu verkaufen. Wenn Sie eine Schachtel der HHLA in Höhe von 25 oder 30 Prozent an einen strategischen Investor verkaufen, ist dieser in der Regel bereit, 10 bis 20 Prozent Paketaufschlag zu bezahlen.
- Natürlich, Frau Ahrons. Ja, darüber müssen wir auch weiter reden, wenn Sie solchen Unsinn planen, Frau Ahrons.
(Barbara Ahrons CDU: Sie drehen sich im Kreis, Herr Kerstan! - Gegenruf von Dr. Willfried Maier GAL: Wenn Sie Pirouetten drehen!)
Bei einem geschätzten Wert der Hälfte der HHLA von 1,5 Milliarden, für die es wohl auch Angebote gegeben hat, sind 10 Prozent 150 Millionen. Wissen Sie was? Das ist eine ganze Elbphilharmonie, die Sie da so verschenken. Ich glaube nicht, dass diese Stadt im Geld schwimmt, dass man so ohne Weiteres, wenn man bereit und gezwungen ist, öffentliches Vermögen zu verkaufen, dann auch bereit sein sollte, auf Summen in dieser Größenordnung zu verzichten. Wie ist denn die Situation im Sozialbereich, wenn wir darüber reden, die soziale Teilung dieser Stadt zu verhindern und dort Maßnahmen zu ergreifen? Ich glaube nicht, dass wir dort sagen: "Gott, 150 Millionen brauchen wir dafür nicht." Da reden wir über ganz andere Beträge. Die sind im Moment nicht da. Insofern ist der Weg, den Sie vorschlagen, auch in diesem Punkt unverantwortlich.
Kommen wir zur Speicherstadt: Wenn Sie sich die Aussagen der Experten im Haushaltsausschuss anschauen, werden Sie keinen finden, der sagt, dass das eine gute Lösung sei. Die haben alle gesagt: "Wenn ich ehrlich sein soll, habe ich von diesem Modell noch nie gehört. Mag sein, dass das rechtlich und finanziell so geht, aber vernünftig und sinnvoll ist das nicht." Denn letztendlich ist das eine höchst komplexe und höchst streitanfällige Lösung, die Sie dort vorschlagen, und das an einem Schlüsselpunkt der Stadtentwicklung dieser Stadt. Mitten in der HafenCity haben wir das größte Stadtentwicklungsprojekt ganz Europas und im Scharnier zwischen HafenCity und der restlichen City liegt die Speicherstadt.
Da wäre es doch verrückt, diese Flächen dem Kalkül von privaten Investoren zu überlassen, die dort nicht entscheiden, was die beste Entwicklung für Hamburg wäre, sondern die nach Renditegesichtspunkten gehen. Sie haben mit diesen Tracking Stocks eine sehr komplexe Lösung versucht zu finden, bei der aber in der Anhörung deutlich wurde, dass das enorme finanzielle Risiken bei der Prospekthaftung bedeutet und privaten Investoren, die vielleicht im Rest der HHLA einsteigen, auch Klage
rechte gibt. Auch das ist keine sinnvolle Lösung. Auch in diesem Punkt kann man Ihnen nur abraten, diesen Weg zu gehen.
Aber Sie sind sehr weit gegangen und so, wie Sie sich in der Vergangenheit bei strategischen Projekten verhalten haben, kann man nicht davon ausgehen, dass Sie Argumenten zugänglich sind. Darum werden wir heute - obwohl das sehr einfach wäre - nicht nur gegen Ihren Vorschlag reden, sondern möchten Ihnen eine Alternative vorschlagen, die einerseits den Investitionsbedürfnissen der Stadt gerecht wird und andererseits den Einfluss der Stadt auf die HHLA zu 100 Prozent gewährleistet. Ich möchte Sie ernsthaft um das bitten, was Sie in der Anhörung im Haushaltsausschuss nicht getan haben. Dort haben Sie drei Stunden lang Experten angehört, haben keine 30 Sekunden überlegt und haben dann entschieden. Darum haben wir heute einer zweiten Lesung nicht zugestimmt, weil wir möchten, dass Sie sich diese Alternative noch einmal ernsthaft überlegen. Denn letztendlich besteht im Moment - Frau Dräger hat darauf hingewiesen - kein Handlungsbedarf. Sie wollen eine günstige Börsensituation nutzen, um Geld einzusammeln. Aber der Hauptteil der Investitionen wird in den Jahren 2011 bis 2015 erfolgen.
Ich muss ehrlich sagen: Ich habe nicht das Vertrauen, dass der Senat in den nächsten acht Jahren ein paar 100 Millionen auf die hohe Kante legt. In der Zeit, glaube ich, könnte der Senat jede Menge Unsinn damit anstellen.
Insofern überlegen Sie sich das mit den Vorzugsaktien noch einmal sehr gut. Natürlich bringen sie im Moment nicht so viel wie Stammaktien. Aber Sie werden dort mehrere 100 Millionen Euro einsammeln, die für die nächsten paar Jahre die Hafeninvestitionen abdecken. Sie lassen der Stadt alle Handlungsmöglichkeiten, die man in wenigen Jahren noch bräuchte, wenn der Bedarf wirklich so groß ist, wie Sie uns im Moment sehr wolkig dargestellt haben. Zukünftige Senate und Bürgerschaften könnten dann frei und nicht so eingeschränkt entscheiden, wie Sie es mit diesem Modell im Moment vorantreiben.
Mit dem LBK haben Sie eine Privatisierung hingelegt, bei der Sie selber, wenn Sie ehrlich sind, sagen müssten, dass es so nicht hätte laufen dürfen. Machen Sie den gleichen Fehler nicht sehenden Auges wieder. Wir haben die gleiche Situation wie beim LBK. Sie schlagen ein Modell vor, bei dem es viele sehr begründete und ernsthafte Warnungen gibt und bei dem große Risiken existieren. Beim LBK haben Sie alle Warnungen in den Wind geschlagen und Stück für Stück müssen wir jetzt feststellen, dass jede einzelne Warnung in der Realität eingetreten ist. Machen Sie diesen Fehler bei der HHLA nicht. Dafür ist die HHLA zu wichtig und dafür ist der Hafen zu wichtig. Darum bitte ich Sie: Stimmen Sie unserem Zusatzantrag zu. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Hafen und die HHLA sind das Herzstück des Wirtschaftsstandorts Hamburg, zweitgröß
ter Containerhafen Europas, achtgrößter der Welt. 133 000 Arbeitsplätze sind vom Hamburger Hafen abhängig. Der Containerumschlag hat sich in den letzten Jahren außerordentlich positiv entwickelt. Er erreichte eine Verdoppelung
und bis zum Jahre 2015 wird eine weitere Verdoppelung auf gut 18 Millionen Standardcontainer vorausgesagt.
Wir wollen für den Hamburger Hafen Investitionen in einem Gesamtvolumen von etwa 2,9 Milliarden Euro tätigen. Dieses Geld ist hervorragend investiert, weil es nicht nur die Hafenwirtschaft ernährt, sondern in Wahrheit die gesamte Stadt.
Ich will Ihnen deutlich machen, dass wir in den nächsten Jahren allein aus der Hafenwirtschaft erhebliche Mehreinnahmen erwarten können. Den Investitionen stehen Steuereinnahmen gegenüber, die wir für zehn Jahre auf etwa 10 Milliarden Euro aus dem Hafenbereich vor Länderfinanzausgleich taxieren. Das heißt, der Hafen finanziert auch Schulen, der Hafen finanziert Kindergärten, der Hafen finanziert die gesamte Stadt.
Deshalb kommt es natürlich darauf an - darüber sind wir uns, glaube ich, in diesem Hause alle einig -, dass wir die richtigen finanziellen Entscheidungen fällen.
Ich mache keinen Hehl daraus, dass die Haushaltspolitik dieses Senats sich von der Haushaltspolitik SPDgeführter Senate unterscheidet. Sie haben uns einen völlig verschuldeten Haushalt hinterlassen. Wir müssen den in Ordnung bringen und genau das tun wir.
Sie haben zwischen 1990 und 2000 Privatisierungen im Volumen von 3,5 Milliarden Euro vorgenommen. Dieses Geld ist vollständig in den Löchern der Haushalte verschwunden. Sie haben Vermögen vernichtet, wir mehren das Vermögen mit unserer Politik. Da unterscheiden wir uns mit Überzeugung von Ihnen.
Wir werden eines nicht tun, das sage ich Ihnen ganz klar: Wir werden die aktuelle gute konjunkturelle Situation, die auch gut für den Hamburger Haushalt ist, nicht in die Richtung bewegen, die Sie eingeschlagen haben, nämlich einen Verschuldungshaushalt. Wir werden das Geld, das wir jetzt einnehmen, primär dafür verwenden, um die Neuverschuldung so schnell wie möglich auf Null zu bekommen. Wir müssen endlich anfangen, auch die alten Schulden zurückzuzahlen. Das ist unser Credo, daran werden wir uns halten. Es ist keine Zeit für Geschenke.
Wir haben uns bei den Investitionen für den Hamburger Hafen für eine Variante entschieden, die darauf hinausläuft, rund 30 Prozent des HHLA-Grundkapitals an der
Börse zu platzieren, weil wir für eine gute Zukunftsinvestition im Hamburger Hafen Finanzierungsbausteine brauchen. Die 2,9 Milliarden Euro sind durch verschiedene Töpfe abzudecken. 733 Millionen Euro sind bereits in den Haushalt und in die mittelfristige Finanzplanung eingestellt. Die mittelfristige Finanzplanung umfasst aber nicht alle Investitionen bis zum Jahr 2015. Deshalb müssen wir natürlich auch weitere Refinanzierungsinstrumente nutzen und insofern ist der Börsengang das richtige Instrument.
Wir haben folgende Grundsätze aufgestellt: Hafen finanziert Hafen, das heißt, was durch den Börsengang an Mitteln in die Stadt hineinkommt, wird für die Hafenfinanzierung verwandt. Entscheidendes Element unseres Börsenganges ist, dass Hamburg im Hafen das Steuer fest in der Hand hält.
Ihre Beiträge, die Sie in Bezug auf 30 Prozent bringen, sind widersprüchlich. Sie haben natürlich ein schlechtes Gewissen, denn Sie haben Infrastrukturunternehmen verkauft. Wer hat die HEW mehrheitlich verkauft? Sie waren es. Sie haben Hamburg dauerhaft um die HEW gebracht, wir sichern dauerhaft die Mehrheit der HHLA und des Hafens in Hamburg. Das unterscheidet uns zu 100 Prozent.
Insofern brauche ich von Ihnen keine Belehrungen, was eine Minderheitsbeteiligung - 30 Prozent ist ein Minderheitsanteil - für Risiken für die Stadt bedeutet. Darüber werde ich mich gleich gern noch mit Ihnen auseinander setzen. Wären Sie bei der HEW doch bloß so sensibel gewesen wie heute, dann hätten wir die HEW noch. Sie haben sie verkauft und deshalb haben Sie ein schlechtes Gewissen. Wir sind anders als Sie, meine Damen und Herren.