Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am letzten Sonntag war die Fahrrad-Sternfahrt, wie bereits mehrere Jahre vorher auch, und sie hat einmal wieder gezeigt, dass viele Hamburgerinnen und Hamburger gern und auch über längere Strecken hinweg Fahrrad fahren, auch wenn das Wetter nicht so ganz mitspielt. Diesmal aber endlich auf der Fahrbahn mit viel Platz und mit einem vernünftigen Untergrund fahren: Dann macht das Fahrradfahren in dieser Stadt auch Spaß.
Wer, wie ich, am Sonntag in dieser Menge dabei gewesen ist, hat auch gemerkt, dass die Stimmung unter den Radfahrern gleichzeitig auf einem absoluten Tiefpunkt
angekommen ist, obwohl das eigentlich eine tolle Demo gewesen ist und obwohl es endlich einmal Spaß gemacht hat, Fahrrad zu fahren. Umso stärker wurde den Leuten bewusst, wie schlecht ihre Bedingungen im Alltag sind.
Da die Bedingungen so schlecht sind, fühlen sich die Radfahrerinnen und Radfahrer in Hamburg als Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse. Ihnen wird nicht das gewährt, was anderen gewährt wird. Wenn wir den Autofahrerinnen und Autofahrern in Hamburg die Bedingungen zumuten würden, die die Radfahrer in Hamburg täglich erdulden müssen, dann würde hier aber die Hütte brennen, um das einmal klar auszudrücken.
Hamburgs Radwege sind Huckelpisten. Hamburgs Radwege enden an vielen Stellen einfach im Nichts. Sie werden in wahnwitzigen Führungen auf die Fahrbahn herauf- und dann wieder auf den Bürgersteig zurückgeführt.
Sie sind oft zu schmal. Wenn das nicht reicht, dass sie an sich schon zu schmal sind, wird noch gern mit der Entpollerungsaktion nachgeholfen - wir erinnern uns alle daran - und diese Radwege sind dann zugeparkt.
Unter diesen Bedingungen kann kein Mensch in unserer Stadt vernünftig Fahrrad fahren und sich auf eine Art und Weise verhalten, die gesetzeskonform und sinnvoll wäre.
Dann fängt die CDU an, zu sanieren. Im Ergebnis dieser Sanierung sind die Radwege immer noch zu schmal, sind ihre Führungen immer noch katastrophal, sind die Konflikte mit abgestellten Autos einfach nicht gelöst und, um das Fass einfach schier übervoll zu machen, das sie an Güte über die Fahrradfahrer ausschütten, wird am Ferdinandstor noch eine Situation kreiert, die hinterher gefährlicher ist als vorher.
Gefährlicher ist an diesem Beispiel, dass die Führung, die vorher ampelgestützt, geradlinig und nachvollziehbar war, jetzt in eine Führung überführt worden ist, an der ein Radfahrer angeblich Vorfahrt hat, wenn er links abbiegt. Das erkennt kein Autofahrer. Diese Autofahrer sind auf einem freien Rechtsabbieger, wo sie überhaupt nicht gestört werden und brettern auf eine Kreuzung zu, an der jeder Radfahrer, der eigentlich geradeaus fahren will, in einem kurzen Linksschwenk über diese Straße herüber muss. Jeder Radfahrer verhält sich dort vernünftig, wenn er auf sein Vorfahrtsrecht verzichtet und abbremst. Das ist die Realität.
Dabei sind wir hier, Herr von Beust, doch in der Stadt, die Sie zur Modellregion für umweltfreundliches - Entschuldigung, ich muss mich verbessern - zur ökologischen Modellregion Deutschlands machen wollen.
- Ja, Herr Beuß, Entschuldigung, das war ein Fehler. Aber der größere Fehler ist der, der auf der Senatsbank gemacht wird, wenn er das Fahrradfahren als Beitrag zur Umweltfreundlichkeit einfach nicht ernst nimmt.
Beim Fahrradfahren haben wir es mit einer Mobilitätsform zu tun, die einen Beitrag zum Klimaschutz darstellt, weil überhaupt keine fossilen Brennstoffe verbrannt werden und somit kein Kohlendioxyd ausgestoßen wird. Es werden keine gefährlichen Abgase oder gar Feinstäube erzeugt. Das Fahrradfahren verursacht keinen Lärm und ist somit eine stadtverträgliche Verkehrsart. Weiterhin entlastet das Fahrradfahren die Straßen von Autofahrten, die einfach nicht notwendig sind.
Kurzum, das Fahrradfahren schützt die Umwelt, steigert die Lebensqualität in der Stadt und eigentlich würde es sogar der Gesundheit der Radfahrerinnen und Radfahrer dienen, wenn nicht solche Umbaumaßnahmen vorhanden wären, wie sie gerade vernommen worden sind.
Warum passiert das alles? Ist das einfach ein Fehler, der immer mal passieren kann? Nein, genau das Gegenteil ist der Fall. Diese Fehler haben System. Dieses System - erinnern wir uns zurück - hat sich an drei Punkten manifestiert. Erstens: Der Verkehrsentwicklungsplan 2004 kennt Fußgänger und Radfahrer gar nicht.
Zweitens: Das Velo-Routen-Konzept von Rotgrün wurde ersatzlos aufgegeben. Drittens: Im Haushalt sind die Aufwendungen für den Fahrradverkehr auf ein historisches Niedrigstmaß zurückgestutzt worden. So kann man keine Fahrradpolitik machen. - Danke.
Möchten Sie, dass ich Ihnen jetzt noch das Wort erteile, Herr Hesse? - Also, das Wort bekommt Herr Hesse, der schon hier vorn steht.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Lühmann, als ich heute die Anmeldung zur Aktuellen Stunde gelesen habe, habe ich eigentlich gehofft,
dass es hier eine Debatte werden wird, die recht einvernehmlich stattfinden kann. Das Thema "Klima retten, Verkehr ändern - Hamburg braucht eine neue Fahrradpolitik" trifft natürlich - denke ich - genauso in der SPD sowie auch bei der CDU auf Zustimmung.
Wir benötigen eine neue Fahrradpolitik. Aber im Gegensatz zu Ihnen, lieber Kollege Lühmann, kann ich Ihnen sagen, dass wir sie bereits haben.
Wir sind bereits dabei, eine neue Fahrradpolitik in dieser Stadt umzusetzen. Wenn man es nicht merkt, werde ich Ihnen gern darstellen, woran das vielleicht liegt.
Ich bin der Meinung, dass bei Ihrer Anmeldung ein Aspekt gefehlt hat. Das Klima rettet man nicht nur allein, wenn man die Verkehrspolitik beim Radfahren ändert, sondern es fehlt auch der wichtige Aspekt des öffentlichen Personennahverkehrs, der nicht außer Acht gelassen werden kann.
Nichtsdestotrotz, lieber Kollege Lühmann, warum haben wir Huckelpisten und warum sind Fahrradwege zu schmal? Warum enden Fahrradwege im Nichts? Das kann ich Ihnen erklären. Das ist eine jahrzehntelange fahrradfeindliche Verkehrspolitik, die in dieser Stadt stattgefunden hat. Und diese Politik hat nicht durch uns, sondern durch Sie stattgefunden.
Zwischenrufe sind ja gut, aber der Lärmpegel ist jetzt unerträglich hoch und dadurch wird natürlich der Kollege Hesse immer lauter. Ich denke daher, Herr Hesse, Sie haben das Wort und die anderen sind leiser.
Aber es ist doch offensichtlich und das wissen wir auch beide, Herr Lühmann, dass die Radwegebenutzungspflichten, die unter Rotgrün ausgesprochen wurden, Ihr Verdienst ist, dass Radwege zu schmal gebaut worden sind und trotzdem Radwegebenutzungspflichten erhalten haben.
Ich habe zu anderer Gelegenheit schon einmal Ihren Fraktionskollegen gelobt, der erfolgreich gegen die von Rotgrün eingeführten Regelungen von 1997 bis 2001 geklagt hat. Es ist doch offensichtlich, Herr Lühmann, und das haben wir schon mehrfach diskutiert, dass wir eine stärkere Rücksicht auf konzeptionelle Ansätze in dieser Stadt haben wollen. Wir wollen doch vom Gießkannenprinzip weg. Warum enden denn Radwege im Nichts? Warum sind sie denn zu schmal? Das rührt daher, weil die SPD jahrzehntelang und Sie von der GAL von 1997 bis 2001
Mittel an die Bezirke ausgegeben haben, die damit gemacht haben, was sie wollten. Daher hatten wir in jedem Bezirk eine andere Radverkehrspolitik. Das beklagen der ADFC und viele andere Fachleute. Und das liegt in Ihrer Verantwortlichkeit und nicht bei der CDU.