Protocol of the Session on June 20, 2007

(Ingo Egloff SPD: Wir besetzen Niedersachsen!)

Da sind wir dann allerdings bei einem Punkt, der natürlich auch eine politische Debatte auslöst, weil - so erfreulich das mit dem Hafen auch ist - es natürlich unbestreitbar ist, dass aufgrund der Flächenknappheit gewisse Nutzungskonflikte nicht auszuschließen sind, wenn man in der Mitte einer Metropolregion einen wachsenden Hafen hat.

Vor diesem Hintergrund, muss man sagen, ist natürlich diese Entscheidung für die Westerweiterung eine positive, weil sie einerseits vorhandene Flächen in der Nutzung wesentlich effektiver macht und auch den Weg der Zuschüttung von Hafenbecken geht - eine Strategie, die übrigens wir Grünen schon damals bei der Entscheidung über Altenwerder als Alternative für Altenwerder in die Debatte dieser Stadt eingebracht haben. Wir freuen uns, dass dieser Argumentationsstrang auch weiterhin eine so wichtige Rolle spielt. Zum anderen ist es natürlich auch damit verbunden, dass man auch entscheiden muss,

welche Hafennutzungen denn für diese Stadt produktiv sind und welche nicht, dass dort also …

(Unruhe im Hause - Glocke)

Meine Damen und Herren! Ich bitte um Ruhe. - So gefällt es mir schon viel besser. - Fahren Sie fort, Herr Kerstan.

Denn letztendlich musste man bei dieser Entscheidung, will man dort jetzt die Containerumschlagskapazitäten ausbauen, Tanklager verlagern. Die Verlagerung der Tanklager ist auch mit einer Reduzierung der Kapazität einhergegangen. Insofern ist das natürlich aufgrund der Flächenknappheiten auch eine politische Debatte, die geführt werden muss, nämlich welche Hafennutzungen wir bei knappen Flächen, die nicht beliebig vermehrbar sind, in Zukunft in dieser Stadt zulassen wollen. Auch vor diesem Hintergrund ist das aus unserer Sicht eine richtige Entscheidung. Aber letztendlich ist das ein Grundproblem, dass uns bei dem wachsenden Hafen immer wieder beglücken wird, dass es nicht so ist, dass nur durch Stadtentwicklungsprojekte wie HafenCity oder eventuell die Bebauungen des Grasbrooks die Stadt an den Hafen heranrückt, sondern manchmal der Hafen auch an die Stadt.

Natürlich ist der Petroleumhafen immer Hafengebiet gewesen. Aber bisher waren dort Hafennutzungen wie Tanklager vorgesehen, die die Wohnbevölkerung auf der anderen Seite der Elbe nicht sonderlich beeinträchtigt haben. Das wird bei einem Rund-um-die-Uhr-Betrieb eines Containerterminals natürlich anders sein und wir werden wahrscheinlich alle noch mit Interesse verfolgen, wie die dort anhängigen Klagen sich auf den Baufortschritt und auf den Betrieb von solchen Anlagen auswirken werden. Da bin ich bei dem Punkt, dass man nicht zu selbstzufrieden sein sollte: Es ist schön, dass der Hafen boomt. Dass der Senat alles tut, um diesen Boom auszunutzen, ist auch gut. Aber letztlich, muss man sagen, ist das eigentlich keine besondere Großtat, sondern das ist die gängige Tätigkeit aller Senate - dieses, des vorhergehenden und aller anderen -, dass man einen Hafenboom nutzt und dass man eine Tätigkeit, in der man weltweit durchaus führend ist, auch weiterhin stärkt und bewahren will.

Das ist auch die Position der Grünen. Darum haben wir auch überhaupt kein Problem, dieser Drucksache zuzustimmen. Worauf man aber aufpassen muss, ist, dass Hamburg manchmal mit seinem boomenden Hafen sehr selbstgenügsam und selbstzufrieden ist und dazu tendiert, wichtige Entwicklungen zu verschlafen. Ich weiß nicht, ob man das diesem oder vorherigen Senaten vorwerfen kann. Aber, wenn man in die Hamburger Geschichte schaut, war das häufig so. 1860, als Blohm + Voss als erster Industriebetrieb Hamburgs gegründet wurde, herrschte in der Händler- und Handelsrepublik Hamburg die Einstellung, dass man das nicht bräuchte. Man sei eine erfolgreiche Hafen- und Handelsstadt, diese Industrietätigkeiten bräuchte man nicht. Letztlich ist Hamburg nicht durch eigene Anstrengungen eine große Industriestadt geworden, sondern durch das GroßHamburg-Gesetz, als …

(Unruhe im Hause - Glocke)

Meine Damen und Herren! Es wird mir wieder zu kommunikativ.

Letztlich ist Hamburg nicht durch eigene Anstrengung zur großen Industriestadt mit großem Arbeitsplatzgewinn geworden, sondern schlicht und ergreifend erst durch das Groß-Hamburg-Gesetz, durch das die preußischen Industriestädte Altona, Harburg und Wandsbek Hamburg zugeschlagen wurden.

(Wolfhard Ploog CDU: Das ist lange her!)

Was kann man daraus lernen? - Man sollte sich nicht immer nur auf das konzentrieren, in dem man gut ist, sondern sollte auch große neue Megatrends im Auge behalten. Das ist genau der Punkt, bei dem wir Grünen mit unserer kreativen Stadt sagen: Diesen Trend dürfen wir nicht verpassen.

Herr Egloff, den Seitenhieb kann ich mir jetzt leider nicht verkneifen. In der Anhörung zu unserer "Zukunftswerkstatt Hafen jetzt!" hatten Sie so schön gesagt: "Ja, wir sind im Zweifel immer auf der Seite der Arbeitsplätze." Sie meinten damit die 12 Prozent hafenabhängigen Arbeitsplätze, die der Hafen für Hamburg bringt. Wir haben darauf geantwortet: "Ja, wir sind auch für die Arbeitsplätze in dieser Stadt. Aber wir schauen auch auf die 88 Prozent der anderen Arbeitsplätze und halten die für genauso wichtig." - Vor allem, weil natürlich diese 88 Prozent die Arbeitsplatzverluste im Hafen, die es ja unbestritten in den letzten 20 Jahren gegeben hat, nicht nur ausgeglichen, sondern mehr als ausgeglichen haben.

(Beifall bei der GAL)

Insofern - bei aller Zufriedenheit über den wachsenden Hafen und die erfolgreichen Strategien von uns allen, dieses Wachstum zu bewältigen - muss man eins festhalten: Wer glaubt, dass es das Entscheidende für die Zukunft dieser Stadt, und zwar das allein Entscheidende, ist, wenn man den Hafen sichert, der irrt und verspielt viele Chancen, die diese Stadt auch haben könnte.

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Wenn wir uns gemeinsam darauf einigen könnten, dass neben gemeinsamen Aktivitäten für den Hafen auch weitere Bereiche für die Entwicklung dieser Stadt wichtig sind und der Pflege der Politik auch mit Geld bedürfen, dann wären wir gemeinsam auf einem guten Weg. - Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort bekommt Senator Uldall.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon ein besonders erfreuliches Gefühl, wenn man eine solch breite Übereinstimmung in dieser Debatte spürt. Insofern möchte ich Frau Dräger, Herrn Ohlsen und Herrn Kerstan für ihre Redebeiträge herzlich danken.

Vor Hamburg und besonders im Hafen liegen außerordentlich gute Zukunftsperspektiven. Die Prognosen, die einhellig von den Instituten vertreten werden, sprechen von einem Wachstum des Welthandels in den nächsten Jahren von etwa 7 Prozent. Da die Schiffstransporte die günstigsten Transportmittel sind, wird also der Hafen im Rahmen des Welthandels eine besonders überproportionale Entwicklung nehmen können.

Wenn wir dann noch bedenken, dass wir besonders begünstigt sind, weil wir in dem Wachstumsraum bis Mittel– und Osteuropa hinein eine besonders gute Verkehrsanbindung haben beziehungsweise in Ostasien, in China, einen sehr guten Partner haben, bin ich der Meinung, dass wir uns auf eine deutliche Wachstumsperspektive für die Hamburger Wirtschaft und für unseren Arbeitsmarkt freuen können.

Herr Kerstan, Sie haben völlig recht, wenn Sie davon sprechen, dass man die Megatrends verfolgen muss. Es ist bei weitem nicht so, dass wir nur auf den Hafen setzen. Gerade in den letzten Tagen konnten wir sehr positive Nachrichten über den Ausbau des Luftfahrtindustriestandortes Hamburg vermelden. Das ist auch ein Megatrend mit überproportionalen Wachstumsraten, den wir richtig wahrnehmen werden. Aber wir wollen natürlich in voller Breite alle Chancen, die wir in Hamburg erhalten können, auch ergreifen, denn für uns gibt es in der Wirtschaftspolitik ein Ziel. Dieses Ziel heißt: Wir wollen für Hamburg mehr Arbeitsplätze erreichen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelter Beifall bei der SPD sowie Beifall bei Jens Kerstan GAL)

Im Hamburger Hafen - das wurde bei den vorherigen Redebeiträgen bereits verdeutlicht - wird eine Kapazitätserweiterung vorgenommen, und zwar von 9 Millionen TEU auf 18 Millionen TEU. Das ist in den Jahren bis 2015 eine Verdoppelung. Wenn wir hierbei berücksichtigen, dass wir in den letzten Jahren schon einmal unsere Kapazität verdoppelt haben und diese verdoppelte Kapazität jetzt in den Jahren bis 2015 noch einmal verdoppeln möchten, dann sieht man, welch gewaltiges Tempo von uns verlangt wird, um diese Wachstumschancen realisieren zu können.

Hierbei möchte ich auch hervorheben, dass es sich nicht nur um Containerumschlag handelt, sondern auch um den Massengutumschlag und um den konventionellen Stückgutumschlag. Wir wollen in allen Bereichen wachsen und neue Arbeitsplätze schaffen. Wir wollen weiterhin ein Universalhafen bleiben.

Daher wird es den Dreiklang geben, dass wir zunächst versuchen, die vorhandenen Flächen im Hamburger Hafen zu optimieren. Als nächstes werden die vorhandenen Terminals erweitert und erst dann gehen wir an den Neubau von Terminals heran.

Für die EUROGATE-Umschlagskapazitäten haben wir hinsichtlich einer wirtschaftlichen Nutzung der vorhandenen Liegeplätze zunächst einmal den Ausbau derselben in Angriff genommen. Dieses Programm wird wie geplant in den nächsten Jahren abgewickelt. Jetzt kommt eine Erweiterung nach Westen.

Alle heutigen Prognosen, die wir über das Wachstum in den kommenden Jahren abgeben, sind Prognosen nach bestem Wissen und Gewissen. Natürlich können unvorhergesehene Ereignisse eintreten, die den Welthandel weniger wachsen lassen. Wir müssen nur heute alle Kraft daransetzen, um mit Tempo den Ausbau des Hafens voranzutreiben.

Wenn wir in einigen Jahren feststellen sollten, dass sich diese positiven Perspektiven nicht in diesem Tempo realisieren lassen, dann ist es immer noch möglich, den Ausbau zu verlangsamen. Aber wenn wir jetzt nicht zügig herangehen, wird es nicht mehr möglich sein, den Zeit

verlust wieder auszugleichen. Daher müssen wir heute mit aller Energie den Ausbau vorantreiben.

Ich möchte auf die beiden Punkte eingehen, die Sie, Frau Dräger, genannt haben. Der erste Punkt war: Warum wird das EUROGATE-Terminal teurer als ursprünglich geplant? Die Antwort hierauf haben Sie sich zum Teil selbst gegeben. Sie sagten, dass es sehr schwierig ist, auf eine sehr lange Perspektive hin zu planen. Diese Schwierigkeit ist uns bewusst. Daher gehen wir vorsichtig heran. Wir werden auch genau verfolgen, welche zusätzlichen Kapazitäten sowie Umschlagsmöglichkeiten geschaffen werden und wie sich das Personal dort entwickeln wird.

Aber es muss auch berücksichtigt werden, dass wir in der ursprünglichen Planung nur eine Kapazität von 1,2 oder 1,5 Millionen TEU hatten, während wir jetzt von einer Planung von etwa 2 Millionen TEU ausgehen. Das ist natürlich teurer, aber es ist auch der Drehkreis enthalten, den wir dringend brauchen. Der Drehkreis ist nicht nur eine EUROGATE-Investition, sondern er ist auch für den gegenüberliegenden Burchardkai notwendig. Der Burchardkai würde seine volle Leistungsfähigkeit nicht entfalten können, wenn man diesen Ausbau für den Drehkreis nicht mit vorsehen würde.

(Beifall bei der CDU)

Der zweite Punkt, den Sie, Frau Dräger, angesprochen hatten, war die Kosten-Nutzen-Analyse. Ich glaube, Sie, Herr Kerstan, sind auch auf diesen Punkt eingegangen. Sie werden sich erinnern, dass ich bei den Beratungen im Ausschuss ausdrücklich erklärt habe, dass ich dieses Kosten-Nutzen-Verhältnis von 13 nicht teile, sondern nach meiner Einschätzung muss man von einem niedrigeren Verhältnis ausgehen.

Aber das ist für unsere Entscheidung nicht relevant, da man die Auffassung vertritt, dass, wenn eine Investition einen Kosten-Nutzen-Faktor der Größe 1 hat, es dann eine sinnvolle Investition ist. Hierbei ist es egal, ob es 13, acht, neun oder fünf sind. Wir wollen natürlich lieber 13 als fünf haben. Aber ich bin der Meinung, dass wir feststellen können, dass die Kosten-Nutzen-Analyse in jedem Fall positiv ausfällt.

In der Drucksache haben wir das Berechnungsverfahren wiedergegeben, das der Gutachter PLANCO angewandt hat. Dieser hat sich seinerseits wieder an das Berechnungsverfahren angelehnt, das im Bundesverkehrswegeplan angewandt wird. Aber wir erkennen und sind uns einig, dass alles diskutierbar ist.

Ich bin der Auffassung, dass wir uns in Hamburg mit Stolz und Dankbarkeit über diese Chancen freuen können. Wir sollten in diesem Sinne auch nach außen wirken und positiv über die Entwicklung sprechen. Aber eine Sache sollte uns auch einen, nämlich die Erkenntnis, dass es nicht nur darauf ankommt, den Hafen auszubauen, sondern dass wir auch daran arbeiten müssen, dass die Verkehrswege aus Hamburg heraus in das Binnenland ausgebaut werden.

Daher möchte ich ein Zitat von Bundespräsident Horst Köhler anbringen, der kürzlich anlässlich des 32. Deutschen Seeschifffahrtstages in Emden erklärt hat, ich zitiere:

"Es zeichnet sich ab, dass möglicherweise das schwächste Glied in der Transportkette nicht auf

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dem Wasser und auch nicht an der Schnittstelle zwischen Wasser und Land liegt, sondern Straßen und Schienen drohen zum Nadelöhr für den weiteren Warentransport zu werden."

Wir werden daher alles daransetzen, um eine verbesserte Infrastruktur der Verkehrswege in Norddeutschland insgesamt zu erreichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese heutige Beschlussfassung ist zunächst einmal eine gute Beschlussfassung für das Unternehmen EUROGATE und die neuen Arbeitsplätze, die dort geschaffen werden. Es ist aber auch eine gute Beschlussfassung für den Wirtschaftsstandort Hamburg insgesamt. Nun füge ich hinzu, dass es darüber hinaus eine gute Entscheidung für den Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt ist, denn die deutsche Wirtschaft hängt maßgeblich von der Leistungsfähigkeit unserer Exportwirtschaft ab. Die Exportwirtschaft benötigt kostengünstige Transportwege über die Häfen nach Übersee in die Länder, in die unsere Exporte hineingehen.

Insofern bin ich der Meinung, dass dieses nicht nur ein Tag der Freude für uns in Hamburg ist, sondern darüber hinaus auch für die gesamte deutsche Wirtschaft.

(Beifall bei der CDU)