Protocol of the Session on May 9, 2007

Wir benötigen in der Bildungsvorsorge im Hinblick auf die Eigenverantwortung einen Mentalitätswandel. Das ist unser politisches Signal. Die befragten Experten in den Behörden erhalten jetzt von uns den Auftrag, Pläne zu entwickeln, wie die öffentliche Hand diese Eigenverantwortung zukünftig durch geeignete staatliche Anreizsysteme unterstützen und fördern kann. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse können wir dann in die Ausschussdiskussion eintreten, die wir zurzeit noch nicht für erforderlich halten. Daher lehnen wir jetzt auch eine Ausschussüberweisung dieser Initiative ab.

Abschließend möchte ich noch ausführen, dass wir uns, was diese Diskussion betrifft, in guter rot-grüner Gesellschaft befinden. Ein prominentes Mitglied der SPD, der ehemalige Universitätspräsident Dr. Lüthje, fordert diese Bildungsvorsorge schon sehr lange, konnte sich aber offensichtlich in seiner Zeit, als die SPD noch regiert hat, nicht durchsetzen. Ich finde es auch sehr charmant, was die damalige Wissenschaftssenatorin zu dem Vorschlag von Herrn Dr. Lüthje gesagt hat: "Die Idee hat sehr viel Charme". In diesem Sinne bitte ich um Unterstützung unseres Antrages. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Professor Dr. Brüning.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Beuß, in einer Zeit, in denen die Studierenden an den Hochschulen gegen Studiengebüh

ren protestieren und vor allem gegen immer schlechter werdende Studienbedingungen, kommen Sie mit der Idee des Bildungssparens. Dann führen Sie auch noch aus: Bildungssparen ja, aber für Studiengebühren soll das Bildungssparen ausdrücklich nicht verwendet werden. Dann frage ich mich, wofür soll es eigentlich verwendet werden?

(Wolfgang Beuß CDU: Das habe ich doch eben erzählt!)

Die Zahl derer, die es ablehnen, in überfüllte Seminare zu gehen und 500 Euro Studiengebühren zu zahlen, weil sie beispielsweise den Praktikumsplatz nicht erhalten, nimmt zu. Hier stellt sich für mich die Frage: Wenn wir für Bildungssparen sind, meinen Sie, dass man dann vielleicht irgendwann im Jahre "X" von 500 Euro auf 2.500 Euro Studiengebühren heraufgehen möchte? Mit der SPDFraktion ist das nicht zu machen. Wir lehnen Bildungssparen zur Beschaffung von Studiengebühren ab.

(Beifall bei der SPD)

Aus unserer Sicht ist Ihr Antrag aus drei Gründen nicht akzeptabel.

Der erste Grund ist ein bundespolitischer. Wenn Sie ähnlich wie beim Bausparen Steuervorteile anstreben, so ist der Bund hierfür zuständig und nicht das Land Hamburg. Außerdem glaube ich nicht, dass Bundesländer - im Übrigen auch CDU-regierte Bundesländer -, die keine Studiengebühren eingeführt haben, irgendein Interesse daran haben könnten, jetzt Bildungssparen in Gang zu bringen. Im Übrigen haben die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land von Zusatzrenten sowie Zusatzversicherungen die Nase voll und jetzt soll auch noch das Bildungssparen hinzukommen.

(Beifall bei der SPD)

Im Gegensatz zu Ihnen finde ich das Bildungssparen ungerecht. Wer Geld hat, kann ein Bildungssparbuch für seine Kinder anlegen. Wer kein Geld hat, muss den Staat um Hilfe bitten. Dann kann doch gleich der Staat weiterhin die Hauptverantwortung für die Ausbildung der Kinder übernehmen und muss nicht über Umwege das Bildungssparen für sozial Bedürftige finanzieren. Außerdem würden von einem steuervergünstigtem Bildungssparen sowieso nur diejenigen Schichten profitieren, deren Kinder schon heute vorrangig die Hochschulen besuchen.

Der dritte Grund ist für mich perspektivisch gesehen ein möglicher Dammbruch der Bildungsfinanzierung. Ich glaube Ihnen nicht, Herr Beuß, dass Bildungssparen sich nicht auch auf die Schule beziehen könnte.

(Wolfgang Beuß CDU: Panikmache lehnen wir ab!)

Wenn Bildungssparen dazu dienen soll, Kita- und Studienplätze zu finanzieren, dann wäre es doch denkbar, dass Sie irgendwann eines Tages damit auch die Schulen finanzieren wollen. Hier ist doch die Möglichkeit nie ausgeschlossen, dass bei der Einführung des Bildungssparens dann nicht auch die Frage gestellt wird, warum eigentlich nicht die Schulen davon finanziert werden. Dann wären wir wieder dort angelangt, wo wir bereits früher schon einmal waren, nämlich beim Schulgeld, und auch das lehnen wir ab.

(Karen Koop CDU: Das hat kein Mensch gesagt!)

Die SPD ist der Auffassung, dass es im Wesentlichen die Aufgabe des Staates ist, Bildung und Ausbildung von Kindern und jungen Erwachsenen zu finanzieren. An dieser Aufgabe wollen wir festhalten.

Einen Aspekt aus Ihrem Antrag finden wir dennoch bedenkenswert. Bildungssparen für Weiterbildungsmaßnahmen ist unter bestimmten Umständen sinnvoll. Aus unserer Sicht könnten hierfür verschiedene Modelle entwickelt werden. Hierbei wäre es allerdings wünschenswert, auch die Tarifpartner zu beteiligen.

Sie haben bereits in Ihrem Antrag erwähnt, dass die Bundesregierung diesbezüglich verschiedene Initiativen ergriffen hat. Daher bedarf es nicht des Anstoßes aus Hamburg und schon gar nicht, um das Bildungssparen für die Studiengebühren in Anspruch zu nehmen.

Wir würden gern über Ihren Antrag im Ausschuss diskutieren, wie das eigentlich immer bei besonders interessanten, aber umstrittenen Anträgen die Regel war. Da Sie sich verweigern, müssen Sie akzeptieren, dass wir Ihren Antrag ablehnen.

(Barbara Ahrons CDU: Sie verstehen ihn ja gar nicht! - Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Dr. Opitz.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Beuß, ich würde sehr gern mit Ihnen über Bildungskonten und Bildungsgutscheine sprechen und Ihnen erklären, dass Bildungssparen ein ganz anderer Teil ist. Niemand und insbesondere Krista Sager hat das jemals mit Studiengebühren in Verbindung gebracht hat.

(Dr. Barbara Brüning SPD: Das ist völlig abwegig! - Beifall bei Jens Kerstan GAL)

Insofern ist dieser Vergleich etwas an den Haaren herbeigezogen. Zudem ist Bildungssparen ohne staatliche Anreize eine reine Luftnummer. Ich bin sehr gespannt, was uns die Wissenschaftsbehörde irgendwann einmal präsentieren wird.

Vorweg sei gesagt, dass wir uns bei Ihrem Antrag enthalten werden. Die Idee ist nicht völlig falsch, zudem ist sie geklaut und geht an dem eigentlichen Problem völlig vorbei.

Sie verstärken mit Ihren Studiengebühren die soziale Spaltung der Gesellschaft. Daher ist dieser Antrag auch kein Beitrag für die Wissenschaftspolitik, sondern ist nur eine Beruhigung Ihres schlechten Gewissens.

(Beifall bei der GAL und bei Dr. Barbara Brüning SPD)

Der Antrag ist eigentlich überflüssig. Die Eltern, die es können, legen längst Geld für die Bildung ihrer Kinder zurück. Und die Eltern, die es nicht tun, verfügen oft oder meistens nicht über die notwendigen Mittel. Was bedeutet Ihr Vorschlag eigentlich für einkommensschwache Familien? Gar nichts.

(Dr. Barbara Brüning SPD: Gar nichts, null!)

Sie können sich das Bildungssparen schlicht und einfach nicht leisten und Sie haben für diese Familien überhaupt keine Lösung. An irgendwelche Stipendien oder ein BA

föG für Ihre Gebühren denken Sie noch nicht einmal und wollen das auch gar nicht einführen. Das Resultat ist, dass immer weniger Kinder aus den sogenannten einkommensschwachen Schichten studieren werden, obwohl genau das Gegenteil nötig wäre.

Was bedeutet eigentlich Ihr Vorschlag für kinderreiche Familien? Gar nichts, denn anders als in Bayern werden die Kinder aus diesen Familien nicht von Studiengebühren befreit und damit ist Bildungssparen wegen der hohen Gesamtbelastung der Kosten gar nicht möglich.

Sie reden gern von China. Auch das scheint hier nur ein weiterer Schritt zur Ein-Kind-Politik des Senats zu sein. Neben der Bestrafung der Eltern bei mehreren Kindern im Kita- und im Schulsystem setzt sich das bei den Studiengebühren fort. Anstatt Bildungssparen wäre hier eine ganz klare Befreiung von Studiengebühren angesagt.

(Beifall bei der GAL und bei Dr. Barbara Brüning SPD)

Aktuell wird deutlich, welchen Scherbenhaufen Herr Senator Dräger in der Hochschullandschaft hinterlässt und wie schlecht die Bedingungen an den Hamburger Hochschulen sind. Hier wären Initiativen nötig, Herr Beuß. Stattdessen versuchen Sie, Ihre ruinösen Studiengebühren schönzureden, um Ihren eigenen Bankrott bei der Frage der Sozialverträglichkeit zu verdecken. - Danke.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Beuß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Dr. Opitz, ich habe das Gefühl, dass bei Ihnen noch ein wenig das Credo des Parteitages vom Wochenende mit schwingt, an dem Sie offensichtlich Ihr soziales Herz als Grüne neu entdeckt haben.

(Christa Goetsch GAL: Ach Quatsch!)

Allerdings war das an dieser Stelle etwas deplaziert, weil wir - und das haben Sie auch zugegeben - heute schon viele Leute haben, die im Bereich Bildungssparen für ihre Kinder und Enkelkinder aktiv sind. Wir möchten gern darüber hinausgehen und erreichen, dass Bildungssparen auch staatlich finanziell honoriert wird. Das ist der Kern dieser Aussage. Beide, Frau Dr. Brüning und Frau Dr. Opitz haben bei der Diskussion dieser Initiative bewiesen, dass sie eine Art wissenschaftlichen Tunnelblick haben.

(Dr. Barbara Brüning SPD: Besser einen Tunnel- blick, als keinen!)

Ich habe ausdrücklich erklärt, dass sich diese Initiative auch sowohl an das Handwerk als auch an den Handel richtet

(Dr. Barbara Brüning SPD: Da sind wir nicht ge- gen!)

und sie wendet sich an die Chance der Weiterbildung für alle Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Das will ich noch einmal klarstellen. Ich gebe Ihnen auch gern zu, Frau Dr. Brüning, dass die Initiative sehr langfristig angelegt ist, weil das durchwachsen muss. Aber irgendwann müssen wir einmal anfangen und das tun wir heute mit dieser Initiative.

(Beifall bei der CDU)

Sie sagen, dass es Hamburg nicht zustünde, sich in dieser Frage zu engagieren. Ich bin der Meinung, dass es jedem Stadtstaat und jedem Bundesland zusteht, entsprechende Initiativen über den Bundesrat auf den Weg zu bringen. Das tun wir mit dieser Initiative. Wir unterstützen hiermit die Aktivitäten der großen Koalition in Berlin und es wäre ganz toll, wenn Sie Ihre eigenen Genossen in Berlin mit unterstützen würden.

(Dr. Barbara Brüning SPD: Für die Weiterbildung habe ich das ja gesagt!)