Protocol of the Session on April 18, 2007

Ich habe ausdrücklich gesagt, diese Studie sei keine empirische Untersuchung. Ich meine, Sie müssten das auch wissen, Sie haben auch studiert. Zwischen einer wissenschaftlichen Studie und einer empirischen Untersuchung gibt es Unterschiede. Es ist keine Massenuntersuchung. Sie können mir ja einmal erklären, wie man bei Zwangsgeräumten Massenuntersuchungen machen soll. Das ist menschenunmöglich. Man kann nur mit einzelnen Betroffenen reden und das entsprechend qualitativ hochwertig tun, wenn man daraus etwas lernen will. Ich finde, der Senat könnte etwas lernen, wenn er diese Studie liest und die Konsequenzen daraus zieht. Wir wollen dazu jedenfalls etwas beitragen.

Letzter Punkt: Das Thema Unterbringung in öffentlichen Einrichtungen ist eine der teuersten Veranstaltungen für diese Stadt. Die Unterbringung in den öffentlichen Einrichtungen dauert immer länger. Jeder Zweite ist mehr als zwei Jahre, jeder Dritte mehr als drei Jahre und jeder Fünfte mehr als fünf Jahre in diesen Unterkünften. Wenn wir mühsam die Menschen dort herausbekommen und die Unterkünfte mit Zwangsgeräumten wieder auffüllen, dann ist es ein Kreislauf, von dem ich gesprochen habe, der schwierig ist und an dem wir gemeinsam arbeiten

sollten. Zu diesem gemeinsamen Arbeiten sind wir auch bereit.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Allerletzte Bemerkung: Die GAL und auch wir - es ist ja heute und morgen zur Abstimmung gestellt - haben gesagt, wir müssten am Thema Mietobergrenzen etwas tun. Ich finde Ihre Ankündigung, dass das geschehen wird, sehr erfreulich. Wir sind sehr gespannt, ob dabei wirklich etwas materiell Wichtiges und Sinnvolles geschieht. Das Geld dafür ist im Haushalt eigentlich vorhanden. Helfen Sie den Menschen, dass sie nicht in schwierige Lagen gebracht werden, sondern eine Unterkunft in der Stadt finden. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch und Farid Müller, beide GAL)

Das Wort bekommt Frau Gregersen.

Frau Senatorin, Sie sprachen eben an, dass es eher schon ein Erfolgsmodell sei. Aber der Kooperationsvertrag mit den Wohnungsbaugenossenschaften und den Wohnungsanbietern funktioniert einfach nicht.

(Petra Brinkmann SPD: Richtig!)

Ich möchte Ihnen darlegen, warum er nicht klappt. Es gibt Leute, die bekommen keine Post, obwohl die Adressen in der Behörde weitergegeben werden sollten. Ich weiß es von 150 Leuten - das haben die sozialen Kontaktstellen zusammengetragen -, die schwören, dass sie keinerlei Post erhalten hätten, obwohl man ihnen im Amt gesagt hatte, dass man ihre Adressen weitergegeben hätte. Wenn diese Menschen keine Angebote bekommen, dann sind sie frustriert. Da funktioniert etwas nicht. Dann gibt es Menschen - dazu habe ich keine Zahlen aber es sollen auch nicht wenige sein -, die sich vorstellen und auch keine Angebote erhalten, weil man dann vielleicht doch gedacht hat, dass sie nicht so ganz in das Haus, das man vermieten möchte, passen. So sollte die Kooperation überhaupt nicht laufen. Da muss nachgebessert werden.

Frau Schnieber-Jastram, Sie haben eben gesagt, Sie wollten die Leute aus öffentlicher Unterbringung herausholen. Das ist aber sehr schade - warum nur aus der öffentlichen, nur von fördern & wohnen? Was ist mit den Leuten, die im Marianne-Doell-Haus wohnen. Oder was ist mit den Leuten aus den Kirchenkaten? Wollen Sie die alle dalassen? Ich hoffe, Sie holen alle heraus und nicht nur die aus öffentlicher Unterbringung. Es warten verdammt viele Menschen darauf, dass Sie das ernst machen, was Sie gesagt haben. Packen Sie es bitte endlich an.

(Beifall bei der GAL und bei Sabine Boeddinghaus SPD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung. Zunächst stelle ich fest, dass die Große Anfrage aus der Drs. 18/5908 besprochen worden ist. Wer einer nachträglichen Überweisung dieser Drucksache an den Sozialausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das Überweisungsbegehren ist einstimmig angenommen worden.

A C

B D

Wir kommen zu Punkt 5 der Tagesordnung, Große Anfrage der SPD-Fraktion: Sprachförderung in Kitas, Vorschulen und Schulen im Schuljahr 2006/2007.

[Große Anfrage der Fraktion der SPD: Sprachförderung in Kitas, Vorschulen und Schulen im Schuljahr 2006/2007 - Drs. 18/5731 -]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Schulausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? - Frau Meyer-Kainer, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass es unser Senat war, der im Jahr 2004 erstmals ein Konzept zur Sprachförderung entwickelt und damit den Weg für eine gezielte Förderung unserer Kinder freigemacht hat. Zu Ihrer Zeit, meine Damen und Herren von der Opposition, gab es dergleichen bei Weitem nicht. Für uns ist Sprachförderung hingegen ein zentrales Element unserer Politik. Wissend, dass Hamburg den zweithöchsten Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in der Bundesrepublik Deutschland hat, haben wir gehandelt und die Sprachförderung konsequent ausgebaut.

(Beifall bei Lydia Fischer, Michael Fuchs und Ro- bert Heinemann, alle CDU)

Seit 2005 werden alle schulpflichtig werdenden Kinder im Jahr vor der Einschulung in der zuständigen Grundschule vorgestellt. Ihre Entwicklung und der Sprachstand werden hierbei überprüft. Seit diesem Schuljahr sind Kinder mit erheblichem Förderbedarf sogar verpflichtet, im Jahr vor der Einschulung eine Vorschule zu besuchen. Der Besuch ist in diesem Fall kostenfrei. Zudem sind sie verpflichtet, zusätzlich zweimal in der Woche vierstündige Sprachförderkurse am Nachmittag zu besuchen, von denen derzeit 151 an 124 Standorten angeboten und von 1 460 Kindern besucht werden. Die verpflichtenden Sprachkurse halte ich für ein ganz zentrales Element.

(Beifall bei der CDU)

Dennoch bleibt natürlich die Frage, welche Kinder hierfür zu verpflichten sind. Ich denke aber, dass es uns mit klaren Kriterien gelungen ist, dazu eine richtige Auswahl zu treffen. Zu beachten ist ferner, dass in den Kitas und in den Vorschulen generell Sprachförderung betrieben wird, die letztlich allen Kindern zugute kommt, die sich dort aufhalten. In Hamburg besuchen heutzutage ein Jahr vor der Einschulung fast alle Kinder eine Bildungseinrichtung. Dass wir natürlich bei der Beteiligung der Fünfjährigen auf 100 Prozent und bei den Drei- bis Vierjährigen auf mindestens 85 Prozent kommen möchten, ist auch eine Empfehlung der Enquete-Kommission, die wir gemeinsam umsetzen wollen.

Auch in den Schulen wird Sprachförderung verstärkt realisiert. In den Sommerferien 2007 werden für Grundschüler mit Förderbedarf erstmals mehrwöchige Sommercamps angeboten. Darüber hinaus gibt es Deutschkurse für Mütter und Kinder. In Grundschulen und weiterführenden Schulen erfolgt Sprachförderung aufgrund normierter Sprachstandsanalysen, also nach wissenschaftlichen Kriterien. Förderstunden werden nach transparenten Sozialindizes an die Schulen verteilt, soziale Brennpunkte erhalten entsprechend mehr. Zur Umsetzung des Sprachförderkonzeptes haben wir die Fortbil

dung zu Sprachlernkoordinatoren auf den Weg gebracht, die eine dreijährige Fortbildung der Lehrkräfte vorsieht. Sie sehen also, dass wir nichts dem Zufall überlassen. Dass man sich natürlich immer noch mehr Förderung wünschen könnte, liegt in der Natur der Sache. Ich möchte in diesem Kontext noch einmal daran erinnern, dass wir in 2006 für die Sprachförderung über 200.000 Euro mehr ausgegeben haben als in 2005.

(Christa Goetsch GAL: Ja, weil Sie das gestrichen haben!)

Auch für die Vorschulen haben wir 2007 höhere Gesamtkosten angesetzt. Als Fazit möchte ich noch einmal betonen, dass wir in der Sprachförderung ein gutes Stück vorangekommen sind. Dies zeigen auch die Zahlen in der Großen Anfrage. Dass Sie das Haar in der Suppe suchen, meine Damen und Herren von der Opposition, ist mir ganz klar.

(Christa Goetsch GAL: Wir haben doch noch gar nicht geredet! - Ingo Egloff SPD: Wir finden das dann auch!)

- Das kommt aber, ich kenne Sie.

Mit dem Bericht der Enquete-Kommission wurden jedoch auch für den Bereich der Sprachförderung die Weichen gestellt. Letztlich bedeutet Sprachförderung die Reduzierung von Risikoschülern. Daran wollen wir auch gemeinsam arbeiten.

(Doris Mandel SPD: Auch bei arbeitslosen Eltern?)

Es darf nicht sein, dass mangelnde Sprachkompetenz schulische und auch berufliche Erfolge gefährdet. Deshalb ist und bleibt Sprachförderung so wichtig.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Fiedler.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Meyer-Kainer, was nützt uns das beste Konzept zur Sprachförderung, wenn die Umsetzung nicht stimmt. Letztendlich ist es wichtig, was bei den Kindern ankommt. Es ist nicht so, dass die Antworten des Senates auf unsere Große Anfrage sich als eine Erfolgsgeschichte präsentieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir sicherstellen wollen, dass Kinder rechtzeitig die deutsche Sprache lernen, dann müssen wir unbedingt dafür sorgen, dass alle in für diese Aufgabe qualifizierte Einrichtungen kommen, seien es Vorschulen oder Kitas. Darüber sind wir uns alle einig. Aber gerade hierbei ist eine Negativentwicklung zu beobachten. Dies möchte ich mit einigen Zahlen belegen.

Wir haben seit der Einführung der Vorschulgebühren vor zwei Jahren bis heute einen Rückgang von 485 Kindern nichtdeutscher Muttersprache in Vorschulen. Das ist immerhin ein Minus von 22 Prozent. Erfreulicherweise steigt die Zahl der Kinder in der Vorschule im kommenden Schuljahr wieder. Wir sprechen von rund 6 Prozent mehr als vor der Einführung der Vorschulgebühren. Dann ist immer noch ein Minus von 16 Prozent vorhanden. Meine Damen und Herren von der CDU, das ist die überfällige Korrektur Ihrer eigenen Fehlentscheidung, die Vorschulgebühren einzuführen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Erst vor wenigen Tagen erklärte der Senat auf eine Anfrage von mir und meiner Kollegin Dr. Hilgers, dass ihm die Zahl der Kinder mit Sprachförderbedarf und jetzt ohne Gebührenverpflichtung in den neuen Vorschulklassen bisher nicht bekannt sei. Das ist einfach nicht nachvollziehbar, nachdem der Senat die Anmeldezahlen bereits öffentlich gefeiert hatte. Da frage ich mich, wie man von Erfolg sprechen kann, wenn Ihnen die Zahlen nicht einmal bekannt sind.

Grund zur Zufriedenheit besteht beileibe auch nicht in den Kitas. Zwar konnte der Anteil der Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache in den Kitas im letzten Jahr gehalten werden, er hätte aber deutlich steigen müssen, um dem Ziel besserer Sprachförderung gerechter zu werden, als es bis jetzt der Fall ist. Denn 48 Prozent der unter sechs Jahre alten Kinder haben einen Migrationshintergrund. Genau für diese Kinder ist der Zugang zu einer Kita immer noch keine Selbstverständlichkeit und das, obwohl aus allen Ecken das heilige Wort "Priorität Sprachförderung" erschallt. Es war und bleibt ein Irrtum, das Kriterium Sprachförderbedarf in das Kita-Gutscheinsystem nicht einzubeziehen.

Eine andere Blackbox sind die additiven Kurse - Frau Meyer-Kainer hat schon davon gesprochen -, die die Bildungssenatorin sehr laut propagiert hat. Auch hierbei tappen wir weiterhin im Dunkeln, was den sprachlichen Zuwachs anbelangt, der in den vier Wochenstunden Nachmittagsunterricht erreicht worden ist. Wir wissen, dass diese Kinder da sind, aber wir haben überhaupt keine Vorstellung, wie der sprachliche Zuwachs tatsächlich aussieht. Die Einführung der Vorschulpflicht für Kinder mit Sprachförderbedarf zeigt ebenfalls, dass dieses Experiment nach nicht einmal zwei Jahren auf jeden Fall stark infrage steht. Ich möchte nicht behaupten, dass es gescheitert sei, aber man könnte das auch so nennen.

Kommen wir auf die Schulen zu sprechen. Hier heißt es, bessere Sprachförderung solle durch Optimierung von Diagnose und Förderinstrumenten, koordinierte Förderung in allen Unterrichtsfächern und verbesserte Erfolgskontrollen erreicht werden. So weit, so gut. Wenn man aber konkrete Resultate wissen will, stellt man vor allem fest, dass der Senat wenig über die Umsetzung seines Konzeptes weiß, im Positiven wie im Negativen. Dabei gibt es eine Berichtspflicht der Schulen über die Umsetzung des Sprachförderkonzeptes. Die Schulen sollen Daten zu fünf Informationsbereichen liefern, von der Sprachstandsdiagnose über eingeleitete Förderpläne bis hin zu Ressourceneinsatz und Ergebnissen. Das macht auch Sinn. Wir wollen verbindliche Förderstandards und wir wollen Qualitätssicherung. Das Problem ist nur, dass viele Schulen im Schuljahr 2005/2006 der Berichtspflicht nur eingeschränkt nachgekommen sind. Ich behaupte, dass dies sicherlich nicht aus reiner Willkür, Desinteresse oder gar Faulheit geschieht, sondern weil die Schulen bei der Dauerbombardierung mit immer neuen Aufgaben bei bestenfalls gleichen Ressourcen einfach nicht mehr mitkommen.

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den Hilferuf der Schulleiter von Gymnasien, der neulich in der Presse zu finden war und den Sie alle sicherlich gelesen haben. Ich denke, dass die Aufgabenfülle in anderen Schulformen bestimmt nicht geringer ist. Ich denke, dass das ein Grund dafür ist, dass man auch bei solchen Vorhaben keine gesicherte Evaluation herstellen kann. Die Folge ist, dass das Sprachförderkonzept nicht so umgesetzt

werden kann wie es sollte. 17,2 Prozent der Schulen konnten keine Informationen über individuelle Förderpläne vorlegen. Die Behörde weiß also nicht, was dort wirklich passiert. Nimmt man die Schulen, die nur in drei von fünf Kategorien berichtet haben,

(Vizepräsidentin Bettina Bliebenich übernimmt den Vorsitz.)

dann sind es sogar fast 20 Prozent der Schulen, von denen der BBS in wesentlichem Umfang Informationen über die Sprachförderung fehlen. Auch wenn das Monitoring noch neu ist, muss man doch sagen, dass das für ein verpflichtendes Berichtswesen auf jeden Fall erklärungsbedürftig ist.

Die Bildungssenatorin hat im letzten Schuljahr Ziel- und Leistungsvereinbarungen über die Umsetzung des Sprachförderkonzepts mit allen Schulen abschließen lassen. Unsere Frage, wie viele Schulen die Ziele nicht erreicht haben, hat der Senat nicht beantworten können. Es geht hier nicht darum, mit der Sanktionskeule über den Senat herzufallen. Eines ist klar: Entgegen dem proklamierten Anspruch lässt sich die erfolgreiche Umsetzung des Sprachförderkonzepts bisher offenbar nicht belegen.

Woran könnte es liegen? Meine Fraktion hat von Anfang an die Unterfinanzierung des Sprachförderkonzepts kritisiert. Wir reden nach wie vor von 160 Lehrerstellen für Sprachförderung, die nicht etwa neu verteilt wurden, sondern die die Senatorin einfach zweckentfremdet hat. Das könnte eine der Gründe sein, dass die Schule nicht diagnostizierbare Ergebnisse abliefert. Aber der Senat behauptet unverdrossen, dass die Sprachförderung optimal ausgestattet sei.

Meine Damen und Herren! Das Sprachförderkonzept klingt wie ein hehres Versprechen. Was die Sprachförderung in den Schulen angeht, weiß der Senat in Wahrheit gar nicht so genau, wie der Stand der Dinge ist. Er kann es nicht wissen, weil sein Berichtswesen mangelhaft ist. Warum das jetzt und hier als ultimativer Erfolg gefeiert wird, bleibt Ihr Geheimnis. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält die Abgeordnete Goetsch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Meyer-Kainer, ich stelle mich jetzt nicht hin und suche das lange blonde Haar in der Suppe, sondern ich könnte meine Rede von 2005 hier noch einmal halten, wo ich en détail dargestellt habe, wie lange es gedauert hat, bis man so einen Entwurf auf dem Tisch hatte. Der Entwurf liegt nun vor und das kann man natürlich ganz locker feiern, weil die Implementierung losgegangen ist. Wenn Sie sagen, Frau Meyer-Kainer, dass 200.000 Euro draufgelegt wurden, dann ist es natürlich keine tolle Sache, wenn man das vorher ordentlich jahrelang gespart hat.