Protocol of the Session on April 18, 2007

(Klaus-Peter Hesse CDU: Dann fahren wir wieder mit dem Schiff!)

Insgesamt dürfte der Flugverkehr mittlerweile einen Beitrag am globalen Klimawandel nicht von 2 bis 3 Prozent haben, wie ich es eingangs zitiert habe, sondern eher von 9 Prozent. Damit ist der Flugverkehr tatsächlich einer der größten Einzelverursacher des Treibhauseffektes.

Was besonders beunruhigend ist, ist nicht allein diese Zahl, sondern das ganz dynamische Wachstum, das der Flugverkehr in den letzten Jahren hingelegt hat, und die Prognosen für das Wachstum in den kommenden Jahren. Wir haben heute im "Hamburger Abendblatt" lesen können, dass der Hamburger Flughafen im letzten Jahr einen Zuwachs von 12 Prozent an beförderten Passagieren gehabt hat. Global ist in den letzten Jahren der Flugverkehr - sieht man einmal von der Zeit nach dem 11. September 2001 ab - um jeweils mindestens 5 Prozent gewachsen. Seit 1970 hat sich der Flugverkehr verzehnfacht und bis 2025 werden wir bei den derzeitigen Wachstumsraten gegenüber dem heutigen Niveau noch einmal eine Verdoppelung haben, und das alles vor dem Hintergrund dessen, was ich am Anfang gesagt habe, nämlich dass wir eine radikale Reduzierung der Treibhausgase auf globaler Ebene brauchen, wenn wir hier in Hamburg nicht im Süßwasserwatt sitzen wollen.

Diese Zahlen machen schlicht deutlich, Herr Hesse, dass auch alleine eine verbesserte Technik der Flugzeuge und ein geringerer Treibstoffverbrauch durch bessere Turbinen nur bedingt weiterhelfen, denn wir müssen sicherlich in diesem Bereich - das sagt auch unser Antrag - das herausholen, was wir herausholen können. Da stehen wir auch in einer besonderen Verantwortung mit dem Luftfahrtcluster, das wir in Hamburg haben. Aber alle Verbesserungen bei der Effizienz der Flugzeuge werden eben nicht ausreichen, um das mengenmäßige Wachstum des Flugverkehrs letztlich überkompensieren zu können. Im Gegenteil: Diese Effizienzeffekte werden durch das Wachstum der geflogenen Kilometer wieder aufgefressen und reichen längst nicht aus.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Herr Maaß, bauen wir jetzt den Transrapid?)

- Herr Hesse, wir können hier gerne im Weiteren noch über Verkehrspolitik reden. Jetzt rede ich erst einmal über Flugverkehr.

Es führt kein Weg daran vorbei, dass wir das Wachstum des Flugverkehrs insgesamt bremsen müssen und dass wir die Anzahl der Flüge verringern müssen. Das ist auch eine wirklich unbequeme Wahrheit und man kann deswegen - das klingt auch schon ein bisschen durch - leicht als Spaßbremse verunglimpft werden. Aber der Spaß am Zerstören unserer Lebensgrundlagen ist tatsächlich ein sehr begrenzter und wir sollten uns als Parlament, Herr Hesse, daran wirklich nicht beteiligen.

(Beifall bei der GAL und bei Jenspeter Rosenfeldt und Silke Vogt-Deppe, beide SPD - Klaus-Peter Hesse CDU: Der Transrapid war kein Spaß!)

Natürlich wollen wir die Zeit nicht zurückdrehen. Uns ist doch auch vollkommen klar, dass der Flugverkehr einen Platz in der globalisierten Welt hat und dass er natürlich für jeden Einzelnen von uns auch Vorteile mit sich bringt.

(Vizepräsidentin Dr. Verena Lappe übernimmt den Vorsitz.)

Das ist doch vollkommen klar. Dennoch muss uns eben auch klar sein, dass unser jetziges Verhalten und das, was an Wachstum auf globaler Ebene prognostiziert wird, schlicht nicht länger tragbar sind und dass wir uns beschränken müssen. Die derzeitige Realität ist aber die, dass es nicht in Richtung Begrenzung geht, sondern dass wir auf allen politischen Ebenen systematisch den umweltfeindlichsten Verkehrsträger, den wir haben, nämlich den Flugverkehr, subventionieren und unterstützen und auf der anderen Seite den umweltfreundlichsten Verkehrsträger, den wir haben, die Eisenbahn, gegenüber dem Flugverkehr systematisch benachteiligen. Das fängt auf europäischer Ebene an. Ich will das gerne einmal auf allen drei Ebenen durchgehen - in Europa, Deutschland und auf Landesebene.

Das fängt auf der europäischen Ebene an, wo im Gegensatz zum Bahnverkehr für grenzüberschreitende Flüge keine Mehrwertsteuer erhoben wird. Ebenso wenig ist der Flugverkehr bisher in das Emissionshandelssystem einbezogen. Daher begrüßen wir auch die Initiative der Europäischen Kommission, die dazu endlich einen Vorschlag gemacht hat. Noch besser wäre es, wenn sich noch viel mehr Länder der Initiative Frankreichs und Schwedens anschließen würden und eine Abgabe auf den internationalen Flugverkehr erheben würden, um eben gerade den Ländern, die von der Globalisierung

nicht profitieren, gerade denjenigen, die von der Globalisierung abgehängt werden, durch mehr Entwicklungshilfe zu helfen.

Diese Überförderung des Flugverkehrs setzt sich auch auf Bundesebene fort. Ausgerechnet der umweltfeindlichste Verkehrsträger ist von der Öko- und Mineralölsteuer befreit. Das ist ein klarer Wettbewerbsvorteil, den das Flugzeug gegenüber der Bahn hat. Schauen Sie sich das einmal an einem ganz konkreten Beispiel an.

Wenn Sie von Hamburg nach München mit der Bahn anstatt mit dem Flugzeug reisen, dann müssen Sie rund 25 Euro mehr an Steuern zahlen. So kommen dann diese Billigpreise der "Low Fare"-Airlines auf Kosten der Umwelt zustande. Es ist ein Irrsinn, dass derjenige, der sich umweltfreundlich verhält, über den Griff in sein Portemonnaie bestraft wird. Dass muss ein Ende haben.

(Beifall bei der GAL und bei Gerhard Lein SPD)

Das Erstaunliche ist, dass sich das auch auf hiesiger Ebene fortsetzt, und zwar zu einer Zeit, in der wir angeblich im hamburgischen Senat den Schwerpunkt Klimaschutz haben.

Der Flughafen Hamburg betreibt mit Unterstützung der Wirtschaftsbehörde und auch der CDU–Fraktion eine glatte Subventionierung des Wachstums des Flugverkehrs in Hamburg. Wenn man sich den Bericht des Senats vom Januar 2007 einmal durchliest, den wir auch in unserem Antrag zitiert haben, dann muss man eigentlich denken, dass es den Klimawandel überhaupt nicht gibt oder der Senat hiervon zumindest noch nichts gehört hat. Der Senat brüstet sich damit, dass er Einkaufsflüge zum Shoppen über das Wochenende nach Hamburg fördert. Das ist Antiumweltpolitik aus der Steinzeit, die wir uns heute einfach nicht mehr erlauben können. Solange Sie solche Drucksachen wie vor wenigen Wochen fabrizieren,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Dann sollen die Touris- ten wohl mit dem Fahrrad kommen!)

ist Ihr ganzes Gerede vom Klimaschutz nur ein pures Lippenbekenntnis, Herr Hesse.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Quatsch! - Beifall bei der GAL und bei Silke Vogt-Deppe SPD)

Und damit nicht genug. Es gibt Subventionen in Form von Gebührenermäßigungen für Fluggesellschaften, die neue Flugverbindungen anbieten. Es gibt Subventionen für zusätzliche Flugpassagiere auf wachsende Städteverbindungen. Im vergangenen Jahr haben die Fluggesellschaften für jeden zusätzlichen Fluggast innerhalb dieses Programms knapp vier Euro pro Person in den Rachen geworfen bekommen. Das muss man sich einmal vorstellen.

Ich habe noch nicht vernommen, dass für die Bahn oder für Bahnunternehmen ein solches Programm existiert, um zusätzlich Leute nach Hamburg zu transportieren. Auch bei dem HVV, der zusätzlich Personen nach Hamburg befördert, gibt es kein derartiges Programm. Das Gegenteil ist doch der Fall. Diejenigen, die sich umweltfreundlich verhalten und mit der Bahn oder mit dem HVV reisen, werden beispielsweise mit einer Erhöhung der HVV– Tarife bestraft und diejenigen, die aus Dubai oder New York geflogen kommen, erhalten vom Senat ein Geldgeschenk.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das ist doch Quatsch. Der HVV wird auch subventioniert!)

Das ist Ihre Politik und ist in Zeiten des Klimawandels nicht mehr tragbar.

(Beifall bei der GAL)

Daher hilft nur eines: Die klimafeindliche Subventionierung des Flugverkehrs muss auf europäischer, deutscher und hamburgischer Ebene eingestellt werden. Gleichzeitig benötigen wir - und damit meine ich auch uns als Bürgerschaft - ein neues Bewusstsein in puncto Reisen.

Gerade wir als Bürgerschaft können mit gutem Beispiel vorangehen. Wir müssen kritisch prüfen, ob und wie wir die Anzahl unserer Reisen, auch die Reisen der Bürgerschaftskanzlei, reduzieren können. Hierzu gehört auch, dass wir die technischen Voraussetzungen schaffen, beispielsweise Videokonferenzen abzuhalten, wie das in vielen multinationalen Unternehmen längst schon Usus ist.

Es ist uns vollkommen klar, dass es natürlich auch weiterhin Flugreisen geben wird und wir unsere Städtepartnerschaften nicht ausschließlich über Videokonferenzen pflegen können. Soweit es weiterhin noch Flüge geben muss, die auch die Bürgerschaft durchführen wird, müssen wir an diesem Punkt handeln. Das heißt, wir müssen die Voraussetzungen schaffen, dass die durch die Bürgerschaftsreisen ausgelösten Emissionen an anderer Stelle kompensiert werden können.

Die Organisation "German Watch" mit dem Programm Atmosfair, an dem sich meine Fraktion im Übrigen schon seit einiger Zeit beteiligt, und auch das Nordelbische Missionszentrum mit dem Programm FlugFairCare machen uns vor, was wir an dieser Stelle unternehmen können. Ich freue mich auch über die Initiative, die von dem Nordelbischen Missionszentrum an die Bürgerschaft herangetragen worden ist. Das heißt, durch den Erwerb von Zertifikaten innerhalb dieser Programme werden Mittel für diese Organisationen frei, die dann in Entwicklungsländern sinnvolle Projekte realisieren können, die zum einen für mehr Klimaschutz über eingesparte Emissionen führen und zum anderen die Lebensqualität in den Entwicklungsländern für die Personen in den Kommunen verbessern.

Ich bin froh, dass wir uns im Ältestenrat darauf geeinigt haben, dass wir prüfen wollen, um zu sehen, ob wir uns als Bürgerschaft an diesen Programmen beteiligen können und gegebenenfalls hierfür die rechtlichen Voraussetzungen schaffen.

Wenn wir alle die hier genannten Maßnahmen beherzigen, dann sind wir tatsächlich auf dem Weg, den wir gemeinsam mit Ihnen und mit dieser Bürgerschaft gehen wollen, nämlich hin zu einem Parlament, das in dieser Republik am klimafreundlichsten reist. Das stünde uns als Metropole tatsächlich gut zu Gesicht, denn wir sind das Land, das in Deutschland am Klimawandel tatsächlich mit am stärksten betroffen sein wird. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der GAL und bei Wilfried Buss SPD)

Herr Engels hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren schon seit Wochen und aus guten Gründen die ganze Problematik Klimaschutz. Ich möchte auch deutlich zum Ausdruck bringen, dass es vernünftig ist, dass wir uns einmal den Flugverkehr vornehmen, wenn er auch nur 3 Prozent ausmacht. Aber 3 Prozent sind, gemessen an den geforderten Standarten, immer noch zu hoch.

Aus diesem Grunde werden wir der Überweisung des Antrags an den Ausschuss zustimmen. Dort werden wir diesen Antrag dann im Zusammenhang - und das ist wichtig, auch wenn das hier nur ein kleiner Punkt ist - mit dem vom Senat zurzeit erarbeitenden Gesamtklimakonzept behandeln.

Es ist natürlich vernünftiger, auch die verschiedenen Kleinmaßnahmen durchzusprechen und dann zu einem Gesamtkonzept, das in sich schlüssig ist, zusammenzufassen. Wir werden also im Ausschuss das Thema Flugverkehr erörtern.

Eine kleine Korrektur habe ich, Herr Maaß: Ich habe soeben 3 Prozent genannt, die der Flugverkehr etwa beim Emissionseffekt ausmacht. Da jetzt der Flugverkehr etwa einen dreifachen beziehungsweise zwei- bis vierfachen Faktor - hierüber kann man sich streiten - ausmacht, haben Sie das hochgerechnet. Sie haben sozusagen doppelt gerechnet. Das ist in allen Berechnungen bereits berücksichtigt.

(Zuruf von Christian Maaß GAL)

- Doch das ist berücksichtigt. Man kommt dann durchschnittlich auf etwa 3 Prozent, wenn man die verschiedenen Einrichtungen Bundesumweltministerium und verschiedene Umweltorganisationen zugrunde legt.

(Zuruf von Christian Maaß GAL)

- Ja, es gibt Extremrechnungen, das weiß ich auch. Aber auch 3 Prozent sind - und das sagte ich bereits - ein wichtiger Punkt. Daher wird dieser Punkt auch erörtert und besprochen. Aber man sollte es auch nicht übertreiben.

Genauso haben Sie bei Ihren allgemeinen Klimabemerkungen übertrieben, wie beispielsweise Hamburg bekäme ein Süßwasserwatt. Das Ansteigen der Weltmeere ist natürlich zum Teil durch Gletscherschmelze bedingt. Das wäre dann allerdings im Wesentlichen Süßwasser. Der größte Effekt aber ist schlicht und ergreifend die Wasserausdehnung durch die Erwärmung, was die Hälfte ausmacht. Diese Hälfte ist dann bereits Meerwasser. Hamburg nun als Süßwasserwatt–Stadt gefährdet zu bezeichnen, ist in der Sache leider nicht ganz richtig.

(Dr. Willfried Maier GAL: Es wird Brackwasser werden!)

Natürlich müssen wir uns auch um unsere Stadt bemühen, aber wir sollten in der Sache objektiv bleiben.

Jetzt komme ich zu der angeblichen Subventionierung. Es gibt bei allen Verkehrsmitteln, wie Eisenbahn, Auto, Flug- und Schiffsverkehr, unterschiedliche Art und Weisen, die notwendigen Zusatzmaßnahmen zu finanzieren, und zwar entweder aus dem allgemeinen Steuerpott, welche Steuer es auch immer sein mag, beispielsweise Mehrwertsteuer, oder durch die Kraftfahrzeugsteuer, die ursprünglich dazu angelegt ist, die für den Verkehr not

wendigen Maßnahmen zu finanzieren, und eigentlich und ursprünglich nicht zur Förderung einer vernünftigen Umweltpolitik dient. Hierüber kann man sich jetzt steuerrechtlich streiten, ob das sinnvoll ist. Das ist die allgemeine steuerliche Finanzierung.

Dann gibt es eine zweite Art der Finanzierung. Das ist die sogenannte Nutzungsfinanzierung. Die Nutzungsfinanzierung ist beim Flugverkehr über Wetterdienste, Flugsicherung oder Flughafenbetreibergesellschaften vorhanden. Dort wird also direkt bezahlt und nicht über den Umweg einer steuerlichen Ausgleichung. Das ist bei den anderen Transportmitteln nicht der Fall. Sie wissen, dass der Staat beispielsweise den Eisenbahnverkehr sehr stark aus allgemeinen Steuern fördert.

Es wird darüber gestritten, welche Art der Finanzierung die sinnvollste ist. Es gibt sehr viele Befürworter - im Übrigen auch im Kraftfahrzeugverkehr -, die es eher für angebracht halten, gerade was den Treibstoffbedarf anbelangt, beispielsweise beim Treibstoffverbrauch pro 100 Kilometer oder pro einen Kilometer, je nachdem, welche Maßzahl ich nehme, eine Nutzungssteuer oder eine Nutzungsfinanzierung zu betreiben. Ich bezweifele nur, dass Sie in diese Richtung denken.