Alle Mitglieder der SPD-Fraktion haben sich in der Enquete-Kommission dafür ausgesprochen, dass Gymnasien Stadtteilschulen werden können und nach unserem Wunsch auch werden sollten, aber eben nicht gegen den Willen der Eltern und der Schulkonferenz. Wir halten auch nichts davon, vom grünen Tisch aus zu beschließen, dass die Gymnasien ihre Schülerinnen und Schüler künftig alle behalten müssen. Dies kann nur ein Entwicklungsprozess sein, den Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrer mit gestalten, denn wem nützt eine gute Schule, wenn sie nicht von der Mehrheit der Eltern, Schülerinnen und Schüler akzeptiert wird.
Ich möchte noch etwas zu den Gymnasien sagen. Ich glaube, dass sich in den letzten Jahren die Schülerschaft der Gymnasien verändert hat; sie ist heterogener geworden. In den Gymnasien lernen Kinder und Jugendliche aus unterschiedlichen sozialen Schichten mit und ohne Migrationshintergrund. Insofern kann man nicht sagen, dass die Gymnasien die soziale Spaltung dieser Stadt zementieren. Künftig gibt es mehrere Wege zum Abitur, die jeder nutzen kann.
Ich freue mich, dass Sie mit mir einig sind, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass wir mehr Abiturientinnen und Abiturienten und mehr Studierende brauchen.
Ich möchte – Sie haben mir eine gute Überleitung gegeben – als Hochschulpolitikerin zum Schluss darauf hinweisen, dass die Hochschulen verstärkt Menschen ohne Abitur offenstehen sollten.
Deshalb hat sich die SPD-Gruppe in der Enquete-Kommission dafür eingesetzt, den Hochschulzugang ohne Abitur von derzeit 0,5 Prozent auf 5 Prozent im europäischen Durchschnitt anzuheben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Man soll sich nicht selber loben, aber wir können mit Recht stolz auf unseren historischen Kompromiss in der Schulpolitik sein.
Die Stadtteilschule ist ein ganz neues Modell, angelehnt an Thüringen und Sachsen und dennoch so weiter entwickelt, dass es genau auf unseren Stadtstaat Hamburg passt. Durch die Einbeziehung der beruflichen Gymnasien und der Aufbaugymnasien ist auch an der Stadtteilschule ein Abitur möglich. Nach der vierten Klasse besteht also praktisch für jeden Schüler die Möglichkeit, das Abitur zu machen, egal für welche Schule er sich entscheidet.
Wir brauchen in jedem Stadtteil starke und innovative Schulen. Diese Funktion werden die Stadtteilschulen neben dem Gymnasium übernehmen. Hauptschulen werden kaum noch angewählt, Gesamtschulen bleiben hinter den Erwartungen deutlich zurück.
Meine Damen und Herren! Wir haben in der EnqueteKommission zahlreiche Vorträge gehört. Alle waren hervorragend, aber mit der Zeit wurde auch deutlich, dass der Weg, den wir jetzt in Hamburg gehen wollen und auch müssen, mit Abstand der beste ist. Wer wie Sie, meine Damen und Herren von der GAL, weiter für die
Frau Goetsch, es gehört schon viel Mut dazu, dieses Thema heute zur Aktuellen Stunde anzumelden, wo Sie doch gerade letzte Woche noch lesen konnten, dass über die Hälfte der Eltern ihre Kinder für das Gymnasium angemeldet haben.
Da frage ich mich wirklich, wie Sie die Eltern von Ihren weltfremden Ideen überzeugen wollen. Ist Ihnen der Elternwille wirklich so wenig wert? Ich freue mich daher sehr, dass sich die Mitstreiter der SPD letztlich überzeugen ließen und sich nach einigem Zögern für die Zweigliedrigkeit ausgesprochen haben. Meine Damen und Herren von der SPD, das war ein richtiger Schritt.
Ich sehe aber auch mit Sorge, dass es offenbar immer noch Fraktionsmitglieder gibt, die dies nur als Übergangslösung so sehen wollen.
Die CDU – das betone ich hier noch einmal – wird die Gymnasien niemals infrage stellen. Wir sehen in der Zweigliedrigkeit eine dauerhafte Struktur. Ich persönlich bin sehr optimistisch, dass sich das neue System gut etablieren wird. Wir werden am Ende mehr junge Menschen zu höheren Schulabschlüssen führen können. Wenn die Stadtteilschulen, wie wir es vorhaben, auch finanziell besser ausgestattet werden, dann ergeben sich ganz neue Möglichkeiten für eine individuelle Förderung.
Die Schulen vor Ort wissen am besten, wie sie die Bildung voranbringen können; dafür bedarf es klarer Strukturen. Diese Transparenz schaffen wir mit unserer Richtungsentscheidung für zwei Säulen. Wir werden zudem die Identifikation mit der Schule stärken, praxisorientiertes Lernen wird einen ganz neuen Stellenwert bekommen. Letztlich möchten wir auch, dass die Stadtteilschulen zu Mittelpunkten für die Kommunikation vor Ort werden, das heißt, auch eine ganz starke Vernetzung bis hin zur Jugendhilfe.
Wir haben in der Enquete-Kommission die Weichen für einen Aufbruch gestellt, für mehr Transparenz und ganz neue Möglichkeiten. Mit Leben füllen müssen es die Lehrer, Eltern und Schüler vor Ort. Unsere Aufgabe wird es allerdings sein, diesen Prozess aktiv zu begleiten. Dafür brauchen wir den Zusammenhalt aller politischen Kräfte.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe das Gefühl, dass wir noch eine Enquete-Kommission für Frau Dinges-Dierig und eine für Frau Meyer-Kainer brauchen.
Das ist unfassbar. Bei den elf Sitzungen, die wir in der Enquete-Kommission hatten, hat Frau Dinges-Dierig eigentlich nicht mitgearbeitet, Frau Meyer-Kainer. Ich
habe gerade zu Beginn der Debatte gesagt, dass es wichtig sei, dass das Parlament gestärkt werde und das haben wir hier geleistet. Frau Dinges-Dierig, natürlich brauchen wir mehr Akademiker, gerade auch von der Fachhochschule. Schauen Sie sich doch einmal an, dass es uns hinten und vorne an Ingenieuren fehlt. Es geht doch gar nicht darum, dass nicht verschiedene Wege dualer Ausbildung nach den neun oder zehn Schuljahren folgen, dass die Fachhochschule folgt, dass es berufliche Gymnasien gibt. Unser Prinzip ist nur, länger gemeinsam zu lernen, damit die Kinder sich nicht schämen müssen, damit nicht durch Selektion, die Sie betreiben wollen, Talente verlorengehen.
Ein Hauptübel ist doch heute wieder deutlich geworden. Sie sollten sich noch einmal das Lied von Degenhardt "Spiel nicht mit den Schmuddelkindern" anhören. Ich glaube, das zeigt deutlich, dass Sie weiterhin die Selektion nach sozialer Herkunft betreiben wollen. Das wird nicht dazu führen, dass wir besser qualifizierte und ausgebildete Kinder und Jugendliche haben. Diesen Graben zwischen uns bekommen wir im Augenblick nicht zugeschüttet.