Protocol of the Session on February 28, 2007

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Alle Mitglieder der SPD-Fraktion haben sich in der Enquete-Kommission dafür ausgesprochen, dass Gymnasien Stadtteilschulen werden können und nach unserem Wunsch auch werden sollten, aber eben nicht gegen den Willen der Eltern und der Schulkonferenz. Wir halten auch nichts davon, vom grünen Tisch aus zu beschließen, dass die Gymnasien ihre Schülerinnen und Schüler künftig alle behalten müssen. Dies kann nur ein Entwicklungsprozess sein, den Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrer mit gestalten, denn wem nützt eine gute Schule, wenn sie nicht von der Mehrheit der Eltern, Schülerinnen und Schüler akzeptiert wird.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ich möchte noch etwas zu den Gymnasien sagen. Ich glaube, dass sich in den letzten Jahren die Schülerschaft der Gymnasien verändert hat; sie ist heterogener geworden. In den Gymnasien lernen Kinder und Jugendliche aus unterschiedlichen sozialen Schichten mit und ohne Migrationshintergrund. Insofern kann man nicht sagen, dass die Gymnasien die soziale Spaltung dieser Stadt zementieren. Künftig gibt es mehrere Wege zum Abitur, die jeder nutzen kann.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Ich freue mich, dass Sie mit mir einig sind, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass wir mehr Abiturientinnen und Abiturienten und mehr Studierende brauchen.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Aber nur gute Abi- turienten!)

Dann werden wir mit Herrn Dräger gemeinsam darüber sprechen, wie wir das hinkriegen.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte – Sie haben mir eine gute Überleitung gegeben – als Hochschulpolitikerin zum Schluss darauf hinweisen, dass die Hochschulen verstärkt Menschen ohne Abitur offenstehen sollten.

(Wolfgang Beuß CDU: Tun sie doch!)

Deshalb hat sich die SPD-Gruppe in der Enquete-Kommission dafür eingesetzt, den Hochschulzugang ohne Abitur von derzeit 0,5 Prozent auf 5 Prozent im europäischen Durchschnitt anzuheben.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Dies ist für uns ein wichtiger Schritt hin zu einer guten Bildung für möglichst viele Menschen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Meyer-Kainer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Man soll sich nicht selber loben, aber wir können mit Recht stolz auf unseren historischen Kompromiss in der Schulpolitik sein.

(Beifall bei der CDU)

Mein Dank geht an dieser Stelle besonders an Frau Senatorin Dinges-Dierig,

(Christa Goetsch GAL: Die hat in der Enquete- Kommission auch ganz toll mitgemacht!)

die dieses Thema in Hamburg in Gang gesetzt und angestoßen hat.

(Beifall bei der CDU)

Die Stadtteilschule ist ein ganz neues Modell, angelehnt an Thüringen und Sachsen und dennoch so weiter entwickelt, dass es genau auf unseren Stadtstaat Hamburg passt. Durch die Einbeziehung der beruflichen Gymnasien und der Aufbaugymnasien ist auch an der Stadtteilschule ein Abitur möglich. Nach der vierten Klasse besteht also praktisch für jeden Schüler die Möglichkeit, das Abitur zu machen, egal für welche Schule er sich entscheidet.

(Gerhard Lein SPD: Aber mehr theoretisch als wirklich!)

So viel Durchlässigkeit, meine Damen und Herren, hat es an Schulen noch nicht gegeben.

(Beifall bei der CDU)

Wir brauchen in jedem Stadtteil starke und innovative Schulen. Diese Funktion werden die Stadtteilschulen neben dem Gymnasium übernehmen. Hauptschulen werden kaum noch angewählt, Gesamtschulen bleiben hinter den Erwartungen deutlich zurück.

(Wilfried Buss SPD: Oh!)

Da spricht wirklich vieles für eine ganz konsequente Neuordnung.

Meine Damen und Herren! Wir haben in der EnqueteKommission zahlreiche Vorträge gehört. Alle waren hervorragend, aber mit der Zeit wurde auch deutlich, dass der Weg, den wir jetzt in Hamburg gehen wollen und auch müssen, mit Abstand der beste ist. Wer wie Sie, meine Damen und Herren von der GAL, weiter für die

Einheitsschule plädiert, hat meines Erachtens schlicht die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

(Beifall bei der CDU)

Frau Goetsch, es gehört schon viel Mut dazu, dieses Thema heute zur Aktuellen Stunde anzumelden, wo Sie doch gerade letzte Woche noch lesen konnten, dass über die Hälfte der Eltern ihre Kinder für das Gymnasium angemeldet haben.

(Gerhard Lein SPD: In zwei Jahren spätestens sind die wieder weg!)

Da frage ich mich wirklich, wie Sie die Eltern von Ihren weltfremden Ideen überzeugen wollen. Ist Ihnen der Elternwille wirklich so wenig wert? Ich freue mich daher sehr, dass sich die Mitstreiter der SPD letztlich überzeugen ließen und sich nach einigem Zögern für die Zweigliedrigkeit ausgesprochen haben. Meine Damen und Herren von der SPD, das war ein richtiger Schritt.

Ich sehe aber auch mit Sorge, dass es offenbar immer noch Fraktionsmitglieder gibt, die dies nur als Übergangslösung so sehen wollen.

(Wilfried Buss SPD: Die ganze Partei hat das so beschlossen!)

Die CDU – das betone ich hier noch einmal – wird die Gymnasien niemals infrage stellen. Wir sehen in der Zweigliedrigkeit eine dauerhafte Struktur. Ich persönlich bin sehr optimistisch, dass sich das neue System gut etablieren wird. Wir werden am Ende mehr junge Menschen zu höheren Schulabschlüssen führen können. Wenn die Stadtteilschulen, wie wir es vorhaben, auch finanziell besser ausgestattet werden, dann ergeben sich ganz neue Möglichkeiten für eine individuelle Förderung.

Die Schulen vor Ort wissen am besten, wie sie die Bildung voranbringen können; dafür bedarf es klarer Strukturen. Diese Transparenz schaffen wir mit unserer Richtungsentscheidung für zwei Säulen. Wir werden zudem die Identifikation mit der Schule stärken, praxisorientiertes Lernen wird einen ganz neuen Stellenwert bekommen. Letztlich möchten wir auch, dass die Stadtteilschulen zu Mittelpunkten für die Kommunikation vor Ort werden, das heißt, auch eine ganz starke Vernetzung bis hin zur Jugendhilfe.

Wir haben in der Enquete-Kommission die Weichen für einen Aufbruch gestellt, für mehr Transparenz und ganz neue Möglichkeiten. Mit Leben füllen müssen es die Lehrer, Eltern und Schüler vor Ort. Unsere Aufgabe wird es allerdings sein, diesen Prozess aktiv zu begleiten. Dafür brauchen wir den Zusammenhalt aller politischen Kräfte.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Goetsch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe das Gefühl, dass wir noch eine Enquete-Kommission für Frau Dinges-Dierig und eine für Frau Meyer-Kainer brauchen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das ist unfassbar. Bei den elf Sitzungen, die wir in der Enquete-Kommission hatten, hat Frau Dinges-Dierig eigentlich nicht mitgearbeitet, Frau Meyer-Kainer. Ich

habe gerade zu Beginn der Debatte gesagt, dass es wichtig sei, dass das Parlament gestärkt werde und das haben wir hier geleistet. Frau Dinges-Dierig, natürlich brauchen wir mehr Akademiker, gerade auch von der Fachhochschule. Schauen Sie sich doch einmal an, dass es uns hinten und vorne an Ingenieuren fehlt. Es geht doch gar nicht darum, dass nicht verschiedene Wege dualer Ausbildung nach den neun oder zehn Schuljahren folgen, dass die Fachhochschule folgt, dass es berufliche Gymnasien gibt. Unser Prinzip ist nur, länger gemeinsam zu lernen, damit die Kinder sich nicht schämen müssen, damit nicht durch Selektion, die Sie betreiben wollen, Talente verlorengehen.

(Lars Dietrich CDU: Quatsch!)

Ein Hauptübel ist doch heute wieder deutlich geworden. Sie sollten sich noch einmal das Lied von Degenhardt "Spiel nicht mit den Schmuddelkindern" anhören. Ich glaube, das zeigt deutlich, dass Sie weiterhin die Selektion nach sozialer Herkunft betreiben wollen. Das wird nicht dazu führen, dass wir besser qualifizierte und ausgebildete Kinder und Jugendliche haben. Diesen Graben zwischen uns bekommen wir im Augenblick nicht zugeschüttet.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)