Weil wir gerade den Übergang vom Bachelor zum Master haben, finde auch ich diese Einführung von faktischen Übergangsquoten, wie sie aktuell unter Senator Dräger passieren, völlig falsch und hinderlich. Das kann nicht sein. Gerade weil wir noch nicht sicher wissen, wie die Bachelor-Abschlüsse von der Wirtschaft aufgenommen werden, muss es grundsätzlich auch immer möglich sein, noch weiter einen Master zu machen, wenn man erfolgreich einen Bachelor absolviert hat.
Ein neuer Punkt ist aber auch die Frage, dass diese Bachelor-Studiengänge den Vorteil haben, dass sie ein bisschen mehr verschult sind, also die Studierenden mehr an die Hand nehmen. Das kann man auch als Nachteil sehen, aber das ist einfach so. Hier, Frau Koop, ist es ein frommer Wunsch, wenn Sie meinen, dass nur dieser Punkt dazu führen würde, dass sich die Bedingungen in der Lehre an den Hochschulen verbessern. Im Gegenteil. Das ist damit überhaupt nicht verbunden und das ist auch eine große Gefahr bei der Umstellung, auf die wir reagieren müssen. Ich möchte deswegen, um auch noch ein neues Argument in den Raum zu werfen, darauf hinweisen, dass der Wissenschaftsrat einen sehr interessanten Vorschlag gemacht hat, nämlich sogenannte Lehrprofessuren einzurichten, dass nämlich Professoren extra dafür eingestellt werden, dass sie ein deutlich höheres Lehrdeputat von zwölf Stunden und einen Schwerpunkt in der Lehre haben. Ich finde, das ist ein sehr guter und richtiger Weg, um deutlich zu machen, dass Lehre und Forschung gleichberechtigt sind und wir
Ansonsten sind wir in dem Punkt relativ einer Meinung und haben gleich noch ein etwas spannenderes Thema im Wissenschaftsbereich. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass der Bachelor/Master- und der Bologna-Prozess immer mehr zu einem echten Erfolgsmodell in der deutschen Hochschullandschaft werden. Inzwischen sind es 45 europäische Staaten, die im Rahmen dieses Bologna-Prozesses bis zum Jahre 2010 gemeinsam dieses gestufte neue Studiensystem einführen wollen.
Dieser einzigartige europäische Hochschulraum wird die internationale Mobilität fördern und das im Übrigen sogar während der Bachelor- und Masterstudiengänge, wie die Studien zeigen. Außerdem wird die neue Studienstruktur die Arbeitsmarktchancen von Akademikern weiter verbessern. Dieser Aspekt kam mir soeben in den Diskussionen etwas zu kurz.
Dieser Bologna-Prozess ist für Deutschland eine große und notwendige Vision, deren Realisierung mit ebenso großen Kraftanstrengungen vonseiten der Hochschulen verbunden ist.
Der Reformprozess hat heute an den Hamburger Hochschulen eine erhebliche Dynamik entfaltet. Seit dem Wintersemester 2006/2007 gibt es an den hiesigen staatlichen Hochschulen 130 Bachelor- und Masterstudiengänge. Das sind 54 Prozent des Studienangebots. Wir liegen damit ein Stückchen über dem Bundesdurchschnitt. Besonders erfreulich finde ich, dass wir deutlich vor unserem ursprünglichen Zeitplan liegen.
Anstatt in 2010 werden 2007 und 2008 die meisten Studiengänge umgestellt sein und auch die privaten Hochschulen sind inzwischen hier konsequent auf das neue Studiensystem eingestellt.
Wer sich erinnert, welchen Kraftakt der Überzeugung es uns 2002 gekostet hat, die staatlichen Hamburger Hochschulen, die seinerzeit einen Rückstand gegenüber dem Rest der Republik hatten, auf den richtigen Weg der Umstellung zu bringen und nicht ein Umlabeling von integrierten Studiengängen zu betreiben, der – glaube ich – kann sich mit uns über den Erfolg freuen, dass wir heute einen Vorsprung vor den anderen haben und dass wir vor unserem Zeitplan sind.
Natürlich sind das alles nur nackte Zahlen und zu diesen Zahlen, Frau Dr. Brüning und Frau Dr. Opitz, gehören auch die Quoten, die Sie angesprochen haben. Diese Quoten sind aber anders, als Sie sie erwähnt haben. Es gibt keine Einzelquotierungen für die Studiengänge. Es gibt aber sehr wohl, und zwar auch wirklich über alle 16 Länder hinweg – also auch dort, wo Rotgrün regiert –, die Entscheidung, dass der Bachelor der Regelabschluss sein soll. Insofern ist die Welt nicht so rotgrün oder schwarz-weiß,
Aber diese Zahlen, die wir soeben gehört und auch diskutiert haben, lassen ein wenig von der Kraft und Anstrengung erahnen, die den Hochschulen im Rahmen dieses Reformprozesses abverlangt wurden und natürlich auch noch werden.
Die Einführung des Bachelor-/Master-Systems in der Art, wie es jetzt vorgenommen wird, ist keine Umetikettierung eines mehr oder weniger Altbewährten, sondern ist eine tiefgreifende Studienreform. Frau Koop hat bereits darauf hingewiesen, dass diese Reform eine grundlegende Neuorientierung an den Belangen der Studierenden mit sich bringt. Diese ausgetretenen Pfade müssen endlich verlassen werden. Ich glaube, dass das Bachelor-/Master-System als Anstoß für eine notwendige und auch ein Stückchen überfällige Studienreform ein wichtiger Aspekt ist. Die Mühe lohnt sich, denn hinter dieser Studienreform steckt ein echter Paradigmen-Wechsel, der gleichzeitig auch eine völlig neue studentenorientierte Sichtweise in die Hochschulen einziehen lassen kann, wenn man es dann ernst meint. Ich möchte Ihnen hierfür drei aus meiner Sicht sehr prägnante Beispiele geben.
Erstens: Wenn bisher der Umfang eines Studiums bemessen wurde, dann galt immer die professorale Perspektive. Das heißt, es wurde immer angegeben, wie viele Stunden Lehre ein Professor oder Professorin in jede Vorlesung hineinstecken musste. Das war die beliebte SWS, die Semesterwochenstunde. Heute gilt die Studentensicht. Das heißt, bei jeder Vorlesung oder Übung muss die Hochschule sagen, wie groß die Arbeitsbelastung für Studierende ist. Das sind die sogenannten Kreditpunkte. Und diese Währung "Kreditpunkte" ist dann sogar europaweit einheitlich. Es zählt also nicht der Professorenblick der Lehrebelastung, sondern der Studentenblick der Arbeitsbelastung.
Zweitens: Während bisher eine Hochschule das Studium immer nach dem Input plante, was die Studenten lernen müssen, muss heute eine Hochschule für die Studiengänge angeben, was die Studenten am Ende des Studiums können müssen. Hierbei ist egal, wie sie zu diesem Können gekommen sind, ob durch Eigenstudium, Projektarbeit, praktische Erfahrungen oder durch die klassische Vorlesung. Diese am Outcome orientierte Sichtweise erleichtert nicht nur den Studierenden die Planung ihres Studiums, sondern gibt später auch den Arbeitgebern bei der Einstellung ein Gefühl, was die Studenten tatsächlich können.
Drittens: Während Qualitätssicherung in der Vergangenheit leider oftmals eine intransparente Angelegenheit war, wird die Qualität heute im Rahmen der Akkreditierung deutschlandweit einheitlich durchgeführt. Ich räume ein, es ist Mühe, Aufwand und kostet auch Geld. Das hat – ich glaube, Frau Dr. Opitz war es – richtig bemerkt. Aber diese Mühe lohnt sich. Die Ergebnisse werden publiziert und wir erhalten Transparenz. So kann ein Studieninteressierter genau ablesen, ob an seiner oder ihrer Wunschhochschule und mit dem Wunschstudiengang auch wirklich die versprochene Qualität besteht. Immerhin sind in Hamburg inzwischen 50 Studiengänge akkreditiert. Das reicht noch nicht. Wir müssen noch einen Zahn zulegen, aber wir sind auf dem Weg.
Diese drei Beispiele machen klar, welchen wertvollen und auch notwendigen Paradigmenwechsel die Hochschulen in den letzten Jahren vollzogen haben. Ich glaube, wir sollten alle – und das klang auch an der einen oder anderen Stelle bereits durch – klar sagen: Dank gebührt hier den Hochschulen für ihre Anstrengungen. Sie sind heute mehr als früher bereit, die notwendigen Reformen anzupacken, sich auf die Herausforderungen des neuen Studiensystems einzulassen, und haben entscheidend dazu beigetragen, den Wissenschaftsstandort Hamburg international wettbewerbsfähiger zu machen.
So mühevoll die Diskussionen in den Gremien und in den Studienreform-Kommissionen zweifellos gewesen sind, einen Effekt haben sie auf jeden Fall gehabt. An den Hochschulen ist im Rahmen dieses Prozesses ein ganz neues Bewusstsein für die Frage nach Qualität von Lehre entstanden. Das, Frau Dr. Opitz, sagt noch nicht sofort, dass die Qualität bereits vorhanden ist, aber immerhin ist das Bewusstsein hierfür entstanden. Traditionell stand die Lehre an den deutschen Hochschulen immer im Schatten der Forschung. Hiermit ist jetzt Schluss. Der BolognaProzess hat unter den Verantwortlichen eine völlig neuartige Diskussion über die Ziele einer Hochschulausbildung und deren Qualität extrem zum Nutzen der Studierenden ausgelöst.
Bei aller Euphorie, die ich über dieses neue Studiensystem verspüre und auch besitze in der Hoffnung, andere damit anzustecken, bleiben natürlich auch noch Herausforderungen. Einige sind vorhin schon erwähnt worden.
Ich nenne nur die Studienrichtung "Rechtswissenschaften". Hier haben wir einen Koalitionsvertrag in der Bundesregierung, der nicht angepackt werden soll, obwohl es eigentlich eher eine Angelegenheit der Länder wäre. Andere Beispiele sind die Medizin und die akademischen Heilberufe. Genau dort, wo der Staat den Berufszugang reglementiert, ist die überregionale Diskussion gegenwärtig noch nicht abgeschlossen, auch wenn es in jüngster Zeit das eine oder andere hoffnungsvolle Zeichen gibt, sodass es gelingen könnte, auch diese Bereiche der staatlich reglementierten Berufe in die gestufte Studienstruktur zu überführen.
Ich glaube, wir sind uns alle in diesem Hause einig, dass wir uns nicht vorschnell mit Denkblockaden abfinden sollten. Ich bin mir dessen gewiss und die bisherigen Erfahrungen mit dem Bachelor-/Master-System bestätigen mich, dass auch die im Moment von der Reform noch nicht erfassten Bereiche erheblich von dem neuen Studiensystem profitieren können, denn dieses System stellt überall eine erhebliche Verbesserung dar. Die Studierenden erhalten eine qualitativ hochwertigere Ausbildung, mehr Berufsorientierung, internationalere Anerkennung, größere Flexibilität und auch Durchlässigkeit von der Berufsakademie und von der Fachhochschule bis hin zur Promotion sowie eine innovative Studienstruktur, die die Studienabbrecherzahlen senken und die Studienzeiten verkürzen lässt.
Das sind wichtige Ziele, für die wir uns alle einsetzen sollten. Ich freue mich sehr darüber, dass die Hamburger Hochschulen auf einem guten Weg sind und ich danke Ihnen auch für die breite Unterstützung, die dieser Weg in diesem Hause erfährt. – Herzlichen Dank.
Wenn keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von dieser Drucksache Kenntnis genommen hat.
Wir kommen zum Punkt 32 der Tagesordnung, Drucksache 18/5561, Gemeinsamer Antrag der SPD- und der GAL-Fraktion: Hochschulübergreifenden Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen weiterführen.
[Antrag der Fraktionen der SPD und der GAL: Hochschulübergreifenden Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen weiterführen – Drucksache 18/5561 –]
Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Wissenschaftsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Professor Brüning, bitte.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der hochschulübergreifende Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen wäre in diesem Jahr 25 Jahre alt geworden,
wenn Senator Dräger nicht auf die grandiose Idee gekommen wäre, ihn kurz vor dem Jubiläum abschaffen zu wollen.
Aber es gibt ja noch den hochschulpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Wolfgang Beuß, der die Notbremse gezogen hat.
Da Wolfgang Beuß die Notbremse gezogen hat, wird nun – wie ich der Presse entnehmen konnte – der gemeinsame Antrag von SPD und GAL in den Wissenschaftsausschuss überwiesen. Lieber Herr Beuß, für Ihren Einsatz haben Sie ein großes Lob verdient. – Vielleicht könntet Ihr einmal klatschen.
Meine Damen und Herren von der CDU, Sie hätten ruhig auch einmal klatschen können. Er hat sich so abgemüht und Sie tun nichts dafür. Aber ich weiß, Sie haben es mit Ihrem Senator nicht ganz einfach. Obwohl er Naturwissenschaftler ist, hat er ein negatives Verhältnis zu Zahlen.
Auf meine Kleine Anfrage vom November wurde noch von einer Studienerfolgsquote von 30 Prozent gesprochen. Als die Studierenden-Berechnung eine Quote von 48 Prozent präsentierte, meinte der Senator, dass diese Zahlen falsch seien. Seit einigen Tagen sind diese Zahlen aber doch richtig und das Sekretariat des HWI ist schuld, dass es falsche Berechnungen gab. Wer, meine Damen und Herren von der CDU, trägt nun eigentlich die politische Verantwortung dafür, dass die Zahlen richtig sind, vor allem, wenn sie in Kleinen Anfragen erwähnt werden? Ich meine, dass hierfür der Senat die Verantwortung tragen muss, denn spätestens, nachdem die Studierenden ihre Kohortenberechnung präsentierten, hätte der Senat nachrechnen müssen.
Seitdem nun aber die Mär mit der Studienerfolgsquote nicht mehr stimmt, erhalten jetzt die Hochschulen den Schwarzen Peter. Die Hochschulen wollten sich nicht einigen – sagt der Senator – und daher muss der Studiengang weg. Herr Senator, seit wann machen Sie eigentlich das, was die Hochschulen wollen?