Protocol of the Session on January 31, 2007

Das Wort erhält die Abgeordnete Strasburger.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Unsere wunderschöne, wachsende Stadt Hamburg soll eine familienfreundliche Stadt sein und in dieser Stadt musste ein Kindergarten schließen, weil die Kinder zuviel Lärm gemacht haben. Das passt meines Erachtens nicht zusammen. Hier sagt die CDU ganz deutlich: Wir freuen uns über Kinder in unserer

Stadt, Kinder gehören zu einer wachsenden, lebenswerten Stadt, Kinder dürfen gerade nicht an den Rand einer Stadt gedrängt werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Unser Bundespräsiden hat dazu, wie ich finde, sehr passend gesagt, Kinderlärm ist Zukunftsmusik und das ist es nicht nur für Herrn Köhler, das ist es für die CDU und wir kämpfen auch dafür, dass das Konsens in unserer Stadt findet.

Unser Ziel ist klar, Kinder als etwas Positives zu begreifen und ihre Geräusche nicht zu beklagen.

(Doris Mandel SPD: Sie müssen den Richtern auch was Vernünftiges an die Hand geben!)

Wie aber kommt man zu dem Ziel? Glücklicherweise ist es in diesem Haus so, dass wir alle das gleiche Ziel verfolgen, nur der Weg dorthin ist nicht der gleiche.

Seit 2005 bewegt uns das Thema Kinderlärm. Seit der Föderalismusreform und unserem Experten-Workshop im vergangenen Jahr, von dem auch Frau Dr. Schaal gesprochen hat, wissen wir, dass Hamburg einen eigenen Weg gehen kann, soll und gehen wird.

(Beifall bei der CDU)

Einigkeit unter den Fraktionen besteht bei dem Ziel, aber nicht bei dem Weg. Die CDU hat eine lebensnahe und einfache Möglichkeit gefunden,

(Jan Quast SPD: Zu einfach!)

dieses Problem zu lösen und bewirkt genau das, was wir wollen. Kinderlärm kann nicht mehr als Schließungsgrund für Kitas herhalten. Kinderlärm ist sozial adäquat.

(Beifall bei der CDU)

Anders die Entwürfe der Opposition. Die zunächst sicherlich gut gemeinten Vorschläge werden eine Klageflut auslösen. Genau das, Frau Dr. Schaal, sind unsere Bedenken gegen Ihre Vorschläge und ich werde es auch begründen.

Ich fange mit dem GAL-Vorschlag von Herrn Maaß an. Sehr geehrter Herr Maaß, bei Ihrem Gesetzesentwurf kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren,

(Dr. Willfried Maier GAL: Den hat ein Jurist ge- schrieben!)

dass letztendlich neben den Kindertagesstätten durchaus auch die Anwohner geschützt werden sollen. Sie haben zum Glück Abstand von Ihrer ersten Version genommen.

(Christian Maaß GAL: Da waren Sie selbst An- tragstellerin!)

Da war ich nicht die Antragstellerin.

(Christian Maaß GAL: Aber hallo!)

Einige Beispiele kann ich hieraus gerne nennen. Kindergärten sind nicht nur möglichst, sondern natürlich wohnortnahe einzurichten.

Sie fordern, dass die Einrichtungen nach dem Stand der Technik zur Lärmminderung betrieben werden sollen. Hier sind doch schon jetzt die ersten Klagen vorprogrammiert. Sollten die Kitas die Voraussetzungen nicht erfüllen, müssen sie für viel Geld entsprechende Maßnahmen vornehmen. Sie wollen die Nutzung von Spiel

plätzen mit Altersbeschränkungen belegen und Nutzungszeiten für Spielplätze und Außenflächen für Kitas festsetzen.

(Christian Maaß GAL: Jetzt unterstellen Sie nicht so bösartig!)

Wer soll die Kinderspielplätze überprüfen beziehungsweise durchsetzen? Sollen die Kinder mit Ausweisen auf die Spielplätze kommen? Sie beschränken damit den Betrieb einer Kita und die freie Entfaltung der Kinder ganz erheblich.

Ähnlich verhält es sich mit dem Gesetzesentwurf der SPD. Hier sind vier Paragrafen dem Entwurf der CDU durchaus sehr ähnlich. Es ist etwas mehr aufgebläht. Wir sind der Meinung, dass es nicht nötig ist, das Ganze in viele Paragrafen zu gießen.

(Jan Quast SPD: So viele Paragrafen?)

In Ihrem Paragrafen 5 verlässt Sie dann der Bündnisschwur mit den Kindertagesstätten. Gerade durch den Paragrafen 5 werden potenzielle Kläger motiviert, gegen die Kindergärten vorzugehen.

(Doris Mandel SPD: Ne!)

Der Gesetzesentwurf der CDU zeigt, dass wir voll und ganz hinter den Lebensäußerungen von Kindern stehen und wir den Betrieb von Kindertagesstätten nicht noch durch weitere Verordnungen beeinträchtigen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden nicht den Weg gehen, den Bürgern durch ein Gesetz die Möglichkeit einer Klage mit Aussicht auf Erfolg zu geben, denn nichts anderes wird aufgrund des Paragrafen 5 des SPD-Antrages und des Paragrafen 4 des GAL-Gesetzesentwurfes geschehen. Sie schreiben vordergründig zwar keine Immissionsgrenzwerte vor, öffnen aber Tür und Tor, gerichtlich gegen Kitas vorzugehen. Ein Damoklesschwert, das Sie da über die Kitas hängen. Das wollen wir vermeiden.

(Beifall bei der CDU)

Die von Kindern ausgehenden, mitunter auch lauten Lebensäußerungen sind für die persönliche Entwicklung von Kindern unabdingbare Voraussetzung und gehören zum Kernbereich des Rechts eines Kindes auf Entfaltung seiner Persönlichkeit. Dennoch ist es aber schon im Kindesalter angebracht, die Kinder auch zur Rücksichtnahme zu erziehen. Das haben wir in unserem Gesetzesentwurf beziehungsweise Paragrafen geschrieben.

Mit der von uns gewählten Regelung soll die Beurteilung für die Bewertung von Lärm erleichtert und den Behörden und Gerichten ein ermessensleitender Gesichtspunkt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass eine einzelfallbezogene Bewertung ersetzt wird. Dieser Ansatz wird im SGB VIII um den Paragrafen 29 geregelt und deshalb gehört er auch dorthin.

Meine Damen und Herren! Wir wollten ganz bewusst keine technische Regelung.

(Aydan Özoguz SPD: Sie wollen einfach nur da- gegen sein!)

Kinder sind für uns keine lärmenden Maschinen, sondern für uns steht der pädagogische Auftrag absolut im Vordergrund. Für uns ist Kinderlärm Zukunftsmusik.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Maaß.

(Manuel Sarrazin GAL: Mach mal Lärm, Christian!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist richtig, dass wir uns über das Ziel einig sind, dass Kinderlärm privilegiert werden soll gegenüber Gewerbelärm, dass es schlicht eine Besonderheit gibt, dass das Trennungsgebot, das man sonst aus dem Immissionsschutzrecht kennt, nämlich dass man sagt, störende Nutzungen sollen in Gewerbegebiete und die Wohngebiete sollen von störenden Betrieben möglichst freigehalten werden, kein Maßstab sein kann, wenn es um Kindergärten und Kinderspielplätze geht.

(Beifall bei Doris Mandel SPD)

Aber es geht heute nicht darum – und daran möchte ich mich jetzt auch nicht beteiligen –, sich in kinderlieben Parolen zu überbieten, sondern es geht darum, einen Weg zu finden, welches der beste Weg ist, um dieses Ziel, das wir gemeinsam teilen, zu erreichen.

Deswegen eine Vorabbemerkung. Man kann sich durchaus auch wundern, warum wir uns heute – und mein Beitrag wird es vielleicht auch deutlich machen – in der Sache streiten, denn es ist in der Tat fraglich, ob man sich zu diesem Thema wirklich streiten sollte.

Ich glaube, es ist in Ordnung. Wir haben bekräftigt, dass wir ein gemeinsames Ziel verfolgen und einer Demokratie schadet es sicherlich nicht, wenn man sich über den richtigen Weg zu dieser Zielerreichung streitet. Das ist, denke ich, Demokratie im besten Sinne.

Ich möchte ein paar Worte zur Entstehungsgeschichte dieses Gesetzes sagen, die mittlerweile eineinhalb Jahre andauert, denn diese Entstehungsgeschichte ist, glaube ich, wichtig für das Verständnis unserer heutigen Debatte und worüber wir uns eigentlich streiten.

Es beginnt mit dem Urteil des Landgerichtes zur Kita Marienkäfer – dazu ist schon einiges gesagt worden, auch zum Inhalt dieses Gesetzes – und geht dann über in unseren ersten gemeinsamen Gesetzentwurf, Frau Strasburger. Ich möchte Sie noch einmal daran erinnern. Sie haben den Gesetzentwurf aus der Drucksache 18/3033, den die GAL erarbeitet hat, hier gegeißelt. Ich möchte einmal darauf hinweisen, dass auf dieser Drucksache auch die CDU als Antragstellerin steht. Es ist ein interfraktioneller Antrag und insofern wundert es mich, dass Sie Ihren eigenen Antrag, den Sie damals gestellt haben, in einer solchen Form kritisiert haben. Das heißt für mich, dass Sie nach eineinhalb Jahren in einigen Bereichen noch von großer Unkenntnis geprägt sind.