Und zur Belohnung dürfen sie noch einen aufwendigen Ausnahmeantrag stellen, der auch noch von einem Schulleiter bearbeitet werden muss, der anscheinend sonst in der Schule überhaupt nichts zu tun hat. Eine derartige Ungleichbehandlung ist Unfug, Herr Heinemann.
Es sind vor allen Dingen nicht nur die Eltern von einem derartigen Modell betroffen, sondern auch die Kinder. Ich frage mich manchmal, ob Ihnen wirklich klar ist, was Sie da geschaffen haben. Ich will Ihnen einmal sagen, wie es in der Realität aussehen kann. Nehmen wir einmal den Fall eines Kindes mit Sprachförderbedarf, das bislang in die Kita gegangen ist. Nach Ihrem Gesetz muss es jetzt in die Vorschule und erhält dort Sprachförderung. Dann wechselt es möglicherweise die Institution zur Kita, weil es Mittagessen und Nachmittagsbetreuung haben möchte, und bekommt dort auch Sprachförderung im Rahmen der intensivierten Sprachförderung. Zusätzlich muss es noch zweimal die Woche nachmittags zur additiven Sprachförderung. Herr Heinemann, das ist völlig zusammenhangslos, eine nebeneinandergestellte Sprachförderung. Nicht immer ist "mehr" besser. In diesem Fall ist "mehr" nur das Ergebnis eines Flickwerkes à la CDU – aufwendig, teuer und wenig zielorientiert.
Ich frage Sie, verehrte Senatorin, und auch die andere Senatorin, die jetzt nicht anwesend ist, warum Ihnen immer der Mut zu wirklichen, wahren Reformen fehlt. Warum begnügen Sie sich mit diesem Flickwerk? Wir lehnen diese halbherzigen Reformen ab und haben aus diesem Grund in der Tat mit der SPD gemeinsam einen Antrag eingebracht, der morgen abgestimmt wird. Sie haben also noch die Wahl. Wollen Sie Reformen, meinen Sie es wirklich ernst mit der Sprachförderung für Vorschulkinder? Ist Ihnen die vorschulische Bildung wirklich so wichtig? Dann kann es doch eigentlich nur einen Weg geben, der die Ganzheitlichkeit darstellt, nämlich indem Sie ein komplettes kostenfreies Bildungsjahr schaffen und das vorschulische Jahr, das Jahr vor der Schule, einheitlich gestalten. Wir müssen in der Tat die beiden Systeme von Vorschule und Kita auflösen. Diese neue Struktur ist eine wahre, eine wirkliche Reform, bei der wir auch auf dem Weg der Sprachförderung einen großen Schritt weiterkommen. Da brauchen Sie uns auch nicht ankreiden, dass wir hier jammern. Hier jammert niemand. Die GAL hat Konzepte für dieses System. Nur Sie weigern sich, diese Reformen anzugehen.
Nein, das sind keine Sprechblasen, Herr Heinemann. Sondern das ist genau das, was in der Enquete-Kommission besprochen wurde.
Sie weigern sich nur, diese Reformen anzugehen, Sie begnügen sich mit Flickwerk. Das ist bedauerlich, denn die Leidtragenden sind die Kinder, die Eltern und die Kitas, die Sie benachteiligen. Das ist keine Politik aus einem Guss.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die CDU und der Senat setzen auf eine frühe und gezielte individuelle Förderung der Kinder, damit alle Kinder gerechte Startchancen haben.
Bis vor wenigen Minuten dachte ich, dass dieser Satz auch für die GAL und die SPD gilt. Nur ist das scheinbar nicht der Fall,
denn die CDU und auch der Senat nehmen die Verschiedenartigkeit der Kinder als ein positives Merkmal an und hierzu gehört auch eine unterschiedliche Art von Förderung, die wir den Kindern zuteil werden lassen.
Das ist der Grund, weshalb die CDU und der Senat schon im laufenden Schuljahr die verpflichtende, zusätzliche und gebührenfreie Sprachförderung für fast 1500 Kinder, die diesen besonderen Sprachförderbedarf benötigen, eingeführt haben. Von diesen 1500 Kindern sind bisher circa 10 Prozent in keiner schulischen Einrichtung. Daher wollen wir auch ab diesem Sommer ein verpflichtendes Vorschuljahr für besonders förderbedürftige Kinder einführen.
Was sind besonders förderbedürftige Kinder? Das sind die Kinder, bei denen wir im viereinhalbjährigen Vorstellungsverfahren feststellen, dass sie in ihrer gesamten Entwicklung – und es geht hier nicht um die Sprache – hohe Defizite aufweisen.
Ich glaube, das ist Ihnen von der Opposition entfallen. Und diese Defizite werden vermutlich in dem einen Jahr auch nicht ausgeglichen werden, wenn es so weitergeht wie bisher. Daher müssen wir uns darüber Gedanken machen, wie wir diese Kinder ganz besonders fördern und wie wir ihnen die Möglichkeit geben können, diesen Rückstand aufzuholen.
Es handelt sich doch um Kinder – ich denke, das kann man hier ganz deutlich sagen –, die in der Regel aus einem ganz schwierigen sozialen Umfeld kommen. Ein Umfeld, in dem die Eltern sehr häufig den Kindern auf diesem Weg nicht helfen. Hier geht es darum, dass der Staat eingreifen muss.
(Dirk Kienscherf SPD: Darum geht es hier doch gar nicht! – Dr. Andrea Hilgers SPD: Zum Thema! – Christiane Blömeke GAL: Wir sind uns doch einig!)
Man darf sie nicht sich selbst überlassen. Diese Kinder haben in meinen Augen ein Recht darauf, eine reelle Chance zu erhalten, um nicht schon vor der Schule zu Verlierern der Gesellschaft zu werden.
Ich muss ehrlich sagen, dass diese Phantomdebatte, die wir heute führen, mich nicht davon abbringen wird, diesen Weg konsequent weiterzugehen. Wir brauchen eine vorgezogene Schulpflicht.
Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, die für diese sogenannte vorgezogene Schulpflicht sprechen. Herr Heinemann hat den wichtigsten Grund schon ausgeführt.
Wir können eine Schulpflicht rechtsverbindlich machen, aber eine Kitapflicht nicht. Aber genau diese Kinder wollen wir verpflichtend bei uns haben, um sie zu fördern.
Ich glaube, dass wir alle klar feststellen können – und hier sind wir uns auch einig –, dass Organisation und Gestaltung von Kitas und Vorschule unterschiedlich sind.
Mit der vorgezogenen Schulpflicht können wir diese Kinder nicht nur in eine veränderte Form von Sprachförderung bringen. Wir können diese Kinder auch frühzeitig an den Rahmen "Schule" gewöhnen. Das ist bei diesem Ausmaß von Entwicklungsverzögerungen, die wir haben, ein zusätzlicher und entscheidender Punkt, um die Bildungschancen dieser Kinder zu erhöhen.
den ich hier soeben einige Male von Ihnen gehört habe. Gleichwertigkeit heißt nicht Gleichartigkeit. Gleichwertigkeit heißt nicht Beliebigkeit,
sondern es geht darum, den bestmöglichen Weg zu finden. Es sind gleichwertige Angebote, aber sie weisen einen unterschiedlichen Charakter und einen unterschiedlichen Weg auf.
So ist es uns möglich, einen fließenden Übergang von der Vorschule in die Erste Klasse zu haben. So gewöhnen wir die Kinder rechtzeitig an das schulische Umfeld und können so die Sprachförderung optimieren. Vor allem haben wir noch eine Chance, die Mütter in die sogenann
te ehrenamtliche schulische Mütterarbeit einzuführen, indem wir sie parallel zu den Sprachförderkursen laufen lassen. So verschwindet die Scheu vor der Institution Schule und die Mütter werden gleichzeitig Bildungsunterstützer ihrer Kinder, was sie bis heute nicht sind.
Mit diesem konsequenten Konzept, das angefangen von dem Viereinhalbjährigen-Vorstellungsverfahren, über Zusatzangebote bis hin zu einem grundsätzlichen Pflichtangebot geht, sichern wir das zu.
Wie Sie, meine Damen und Herren von der SPD, hier von Chaos für Vorschule und Kita sprechen können, ist mir wahrlich ein Rätsel. Ich weiß, wo es in den letzten Wochen Chaos gibt, aber sicherlich nicht bei der Politik des Senats für Familien und Kinder.