Protocol of the Session on January 31, 2007

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Und wenn Sie dann am Ende noch davon reden, wie stolz Sie darauf seien, 50 000 offene Stellen zu haben, dann ist auch das eine nur teilweise erfreuliche Botschaft für die Menschen in der Stadt. Erst einmal profitieren – dagegen habe ich gar nichts, das Umland ist uns lieb und teuer – von diesen 50 000 offenen Stellen natürlich auch viele Menschen aus dem Umland davon und ob die Langzeitarbeitslosen bei Ihrer schlechten Vorbereitung davon profitieren, ist fraglich.

Zweitens sind nicht alle dieser 50 000 offenen Stellen so einfach zu besetzen, denn Sie beschreiben da nicht nur eine Hoffnung, sondern ein großes Problem der Wirtschaft, dass wir nämlich einen Fachkräftemangel haben. Diesen Fachkräftemangel werden wir nicht beheben können, wenn wir nicht ganz unten anfangen.

Ich sage jetzt zum dritten Mal diesen Satz: Wenn Sie es in einer solch guten Situation für die Stadt nicht schaffen, dass alle Jugendlichen in den Schulen einen Abschluss bekommen, mit dem sie in den Beruf gehen können und ihr Potenzial für die Ökonomie nutzbar gemacht werden kann – ich rede einmal ganz nach "Hartz" auch über das böse Wort Humankapital –, dann hat die Wirtschaft ein Problem und auch das ist ein Versagen des Wirtschaftssenators und dieses Senats. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Köncke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Uldall, kommen wir gleich zu Beginn zur Substanz Ihrer erfolgreichen Regierungsarbeit, zu den richtigen Dimensionen, die Sie eingefordert haben. Ich habe heute Ihre Pressemitteilung gelesen. Voller Stolz verkünden Sie, dass 13 711 Arbeitslose eine neue Beschäftigung gefunden hätten. Sie wissen, dass ich Ihnen nie unterstellen würde, das sei gelogen. Das ist vielleicht falsch gelesen, aber die Zahl stimmt natürlich nicht, denn von den 13 711 Abmeldungen gibt es genau 5061 Abmeldungen in Erwerbstätigkeit und 1473 in Ausbildung. Der Rest von 7177 verschwindet irgendwohin: Umzug, Elternzeit und so weiter. Herr Uldall, ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich eine neue Pressemitteilung ausdenken und diese Zahl bitte korrigieren.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Gucken wir doch einmal über die Grenzen Hamburgs hinaus. Mir liegen Zahlen über die Entwicklung der Arbeitslosen in den 16 Bundesländern vor, Veränderungen von Januar 2006 bis Januar 2007. Hamburg liegt nicht an letzter Stelle – Mecklenburg-Vorpommern und Berlin sind noch etwas schlechter –, aber mit minus 11,8 Prozent doch ziemlich weit hinten. Bayern liegt mit 21,6 Prozent vorne, Baden-Württemberg folgt und Hamburg ist fast auf dem letzten Platz. In diesen Dimensionen möchte ich den Vergleich gerne einmal aufgestellt wissen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Kommen wir aber zu Ihrem Grundansatz, der Frage, die Herr Kerstan schon aufgeworfen hat, mit welcher Idee, auf welcher Grundlage die CDU heute diesen Antrag zur Debatte angemeldet hat. Was ich bisher gehört habe, klingt letztendlich nur nach Sahne abschöpfen. Sie schreiben die jetzigen Entwicklungen fort: Airbus, Hafen. Die "Bild"-Zeitung brachte es auf den Punkt: Die Chinesen machen unseren Hafen reich. Es gibt keine neue Idee, keine neue Entwicklung, keine neue Problematisierung, die eine echte Debatte lohnen würde.

Die Frage muss eigentlich lauten, inwieweit es Hamburg gelingt, die wirtschaftliche Dynamik zu nutzen, um die Weichen für die Zukunft zu stellen,

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

denn dass nach einem Boom auch eine Depression kommt, wissen wir seit Adam Riese.

Diesbezüglich stellt Ihnen der Zukunftsrat in seiner neuesten Veröffentlichung 2006 leider ein ziemlich schlechtes Zeugnis aus. Bei Bildungschancen, Teilhabechancen, sozialer Integration stehen die Ampeln in allen Bereichen auf Rot.

Wir haben das Thema Langzeitarbeitslosigkeit schon angesprochen und für Herrn Uldall ist es immer so etwas wie ein gottgewolltes Schicksal, das man nicht bewegen kann. Wenn ich mir einmal ganz konkret angucke, was die Arbeitsagentur, die ARGE, in Hamburg leistet, dann bedeutet das, dass im Wesentlichen diejenigen, die dicht am Arbeitsmarkt sind, Weiterbildungschancen bekommen, aber diejenigen, die weiter vom Arbeitsmarkt entfernt sind, im Regen stehen gelassen werden. Da werden keine Weiterbildungs- und Qualifizierungschancen zur Verfügung gestellt und genau das, Herr Uldall, habe ich mit Zahlen belegt. Von den Kurzzeitarbeitslosen bekommt jeder elfte diese Chance, von den Langzeitarbeitslosen jeder 48ste. Wir haben 142 000 Menschen, die in diesem sogenannten Regelkreis zwei sind. Durch diese Ignoranz verfestigen Sie die Langzeitarbeitslosigkeit und spielen dem Aufbau der ARGE, die viel Geld gekostet hat, den 180 Millionen Euro, die die Bundesregierung zur Verfügung stellt, doch entgegen. Herr Uldall, wir brauchen letztendlich einmal neue Ideen. Sie müssen einfach mal ein bisschen über den Tellerrand hinausschauen

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Dem wird doch schwin- delig, wenn er mal über den Tellerrand gucken muss!)

und nicht immer nur stereotyp sagen, wir fördern den ersten Arbeitsmarkt. Wenn man einmal ein bisschen über unsere Hamburger Grenzen hinausgucken würde, dann sähe man einen kleinen Ort im Osten der Republik, den Kurort Bad Schmiedeberg, der es geschafft hat, die Arbeitslosigkeit innerhalb von drei Monaten durch Bürger

arbeit auf 1,5 Prozent zu senken. Gucken Sie sich das bitte einmal genauer an.

(Beifall bei der GAL und bei Dr. Mathias Petersen und Dr. Monika Schaal, beide SPD)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Dr. Hochheim.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Opposition hat heute ein wenig neidisch anerkannt, dass Hamburgs Wirtschaft auf Wachstumskurs ist. Aber dennoch versucht sie stets, uns darzulegen, dass wir angeblich unsozial seien. Da kann ich Ihnen nur eines sagen: Die Grundlage einer jeden Sozialpolitik ist eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Soziales können wir uns erst leisten, wenn...)

Hamburgs Wirtschaftspolitik ist überaus erfolgreich. Die Konjunktur boomt, das Wirtschaftswachstum liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Das haben Sie nicht geschafft, meine Damen und Herren von der Opposition.

Herr Neumann, das hat auch Auswirkungen auf die Arbeitsmarktpolitik und den Arbeitsmarkt. Ich möchte noch einmal die Zahlen nennen und es wäre schön, wenn Sie auch diese Zahlen zur Kenntnis nähmen. Wir haben 12 000 Arbeitslose weniger als vor einem Jahr, einen Rückgang von 25 Prozent bei der Jugendarbeitslosigkeit und seit letztem Sommer rund 21 000 Sozialversicherungsbeschäftigte mehr. Diese Erfolge können sich sehen lassen.

Das Thema Langzeitarbeitslosigkeit wird hier zu Recht angesprochen, aber auch dort haben wir Erfolge. Seit vergangenem April konnten wir 9000 Männer und Frauen in Arbeit bringen. Die Langzeitarbeitslosigkeit – das wissen Sie alle ganz genau – ist nicht über Nacht gekommen und kann deshalb auch nicht über Nacht abgebaut werden, so etwas braucht schon seine Zeit. Bei den Langzeitarbeitslosen, um auch dort ein offenes Wort zu sprechen, haben wir es auch mit Menschen zu tun, die oftmals kaum oder gar nicht ausgebildet sind.

(Gesine Dräger SPD: Ja, eben!)

Diese Menschen brauchen auch im Niedriglohnbereich Perspektiven, Frau Dräger. Leider besagt die Volkswirtschaft, dass der Niedriglohnbereich von einem Wirtschaftswachstum stets als letztes Glied in der Kette profitiert. Demnach muss das Wirtschaftswachstum länger anhalten, damit noch mehr in Arbeit gebracht werden können als die 9000, die wir schon geschafft haben. Um dies zu schaffen, müssen wir als Staat weitere Hemmnisse abbauen.

Da möchte ich insbesondere ein Thema ansprechen, das meiner Meinung nach hier immer viel zu kurz kommt, der Kündigungsschutz.

(Erhard Pumm SPD: Der Kündigungsschutz kommt zu kurz!)

Wir haben zurzeit eine boomende Konjunktur. Viele Unternehmer möchten Arbeitnehmer einstellen, schrecken aber davor zurück aus Angst, bei einer Konjunkturflaute von Personalkosten erdrückt zu werden.

(Uwe Grund SPD: Ein Blödsinn, ein solcher Blöd- sinn!)

Wenn Sie hier über Mindestlöhne sprechen, Herr Grund, dürfen Sie den Wegfall des Kündigungsschutzes nicht tabuisieren. Der Niedriglohnbereich muss insgesamt reformiert werden und deshalb müssen alle Themen ohne ideologische Scheuklappen auf die Agenda.

Zu guter Letzt möchte ich noch etwas zu Ihrer pessimistischen Herangehensweise sagen. Wie hat es unser erster Wirtschaftsminister Ludwig Ehrhard einst so treffend formuliert: 50 Prozent der Wirtschaft sind Psychologie.

(Gesine Dräger SPD: Eben!)

Versuchen Sie als Opposition doch einmal, den Wirtschaftsstandort Hamburg vernünftig darzulegen, die Fakten zu erkennen und anzuerkennen, dass Hamburgs Wirtschaft wächst.

(Gesine Dräger SPD: Ja!)

Das haben unserer Meinung nach der Wirtschaftsstandort und auch die Bürger verdient, denn 50 Prozent der Wirtschaft sind Psychologie. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Egloff.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Senator Uldall, Sie haben sich darüber beklagt, dass wir hier wieder das Thema Langzeitarbeitslosigkeit angesprochen haben. Sie haben die Situation in diesem Bereich richtig beschrieben, aber dann stellt sich doch die Frage, warum Sie nicht die richtigen Konsequenzen daraus ziehen. Natürlich können wir uns nicht mit den Flächenländern vergleichen, das haben wir auch nicht getan. Wir haben uns immer mit städtischen Ballungsräumen verglichen und da schneidet Hamburg nach wie vor schlechter ab als beispielsweise Köln oder andere Städte in diesem Land.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und bei Christian Maaß GAL)

Sie werden sich so lange gefallen lassen müssen, dass wir dieses Thema traktieren, bis Sie eine vernünftige Politik im Bereich der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit machen. Solange müssen Sie sich das hier anhören.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch und Christian Maaß, beide GAL)

Dann zum Thema Hafen. Hier wird jetzt schon eine Spur gelegt nach dem Motto: Wir kommen demnächst mit irgendeiner Drucksache, in der es darum geht, den Hafen zu finanzieren,

(Olaf Ohlsen CDU: Das ist ja nicht unbekannt, oder?)

weil nämlich die HHLA verkauft werden soll. Herr Senator Uldall, wir haben letztes Mal hier schon gesagt, Sie haben, obwohl Sie sich seit vielen Jahren als Wirtschaftssenator mit diesen Fragen beschäftigen, wissend, welche Investitionsbedarfe es gibt, bis zum Zeitpunkt der letzten Haushaltsberatungen nie davon gesprochen, dass die HHLA verkauft werden soll, um ihre Hafeninfrastrukturinvestitionen zu finanzieren. Nun stehen Sie hier mit einem Mal, weil Sie gemerkt haben, dass das Geld nicht reicht,

mit kurzen Hosen und versuchen, uns den Schwarzen Peter zuzuschieben.

(Beifall bei der SPD – Michael Neumann SPD: Und der ist schon so klein!)