Protocol of the Session on December 13, 2006

Bevor wir zur Elbphilharmonie kommen, will ich noch einen Punkt nennen, bei dem Sie wieder eine Idee der GAL aufgegriffen haben – man könnte sagen, gut, dass Sie das gemacht haben –, und zwar den Kulturwirtschaftsbericht. Aber auch der ist leider eine Enttäuschung. Herr Maier hat es schon gesagt. Wir hätten uns sehr gewünscht, wenn die Bereiche, in denen in dieser Stadt Geld verdient wird – Medienbereiche, Werbeagenturen, Musiklables –, darin enthalten wären. Dann hätten wir endlich einen Blick dafür gehabt, was die Kreativwirtschaft in dieser Stadt ausmacht, wie viele Arbeitsplätze sie vorhält und was sie für Potenziale hat. Aber leider haben Sie das nicht getan. Damit haben Sie auch eine große Chance vergeben aufzuzeichnen, dass die Kreativwirtschaft kein Schattendasein führt und mit anderen traditionellen Wirtschaftszweigen in dieser Stadt durchaus mithalten kann.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Diese Zickzackpolitik, meine Damen und Herren, ist folgendermaßen gekennzeichnet: Die Filmförderung wurde gekürzt, die Kreativen wandern ab und die Privattheater werden willkürlich subventioniert und die Glaubwürdigkeit ist in Frage gestellt. Von der Museumsmalaise haben wir eben schon gehört. Wir erfahren in der nächsten Woche, was wir heute hätten beschließen müssen. Das Planetarium sollte zuerst ganz, dann halb und jetzt soll es zu einem Viertel in die HafenCity verlegt werden. Eine gradlinige Politik sieht anders aus, wenn Hamburg wachsen soll. Bei Ihrer Politik wächst nur die Ratlosigkeit, sonst nichts.

(Beifall bei der GAL – Kai Voet van Vormizeele CDU: Beschweren Sie sich doch nicht!)

Jetzt kommen wir endlich zur Elbphilharmonie. Sie wissen alle, dass die GAL-Fraktion unter der Regie von Herrn Dr. Maier das Vorhaben sehr unterstützt. Wir haben uns stark gemacht und zusammen die Anträge formuliert, Bedingungen gestellt – auch mit Ihren Stimmen. Wir wollen keine Beschränkung auf einen klassischen Konzertbetrieb, wir wollen einen hohen Stellenwert auf die Musikvermittlung legen. Wir wollen, dass der Innenraum des Speichers nicht nur Parkplätze beinhaltet, sondern auch für publikumswirksame Musikveranstaltungen genutzt werden kann und soll. Der GAL war vor allen Dingen eine öffentliche Zugänglichkeit sehr wichtig.

Wir haben unsere Forderungen in einen Antrag gegossen, in dem wir deutlich gesagt haben, wo wir das Ende der finanziellen Zuschüsse einerseits für die Investivmittel, aber auch für die Stiftung sehen. Das liegt nicht lange zurück, daran können wir uns noch erinnern. Wir haben das auch vor dem Hintergrund gesagt, dass Ihr Senatsvertreter in den vielen Anhörungen, Herr Wegener, uns hoch und heilig versprochen hat, der Bau würde auf keinen Fall teurer werden. Im Gegenteil. Er hat die Zahlen, die wir als Schätzung aus den Anhörungen hatten, sogar noch heruntergesetzt. Jetzt hören wir auf einmal etwas anderes. Bitter ist, dass in Nebensätzen gesagt wird, an den Mehrkosten sei nun die Bürgerschaft Schuld. Sie haben gar nicht gewusst, was das für das Parlament bedeutet. Wir haben zugestimmt und jetzt hat der Senat neue Expertisen, es wird teurer, es wird wesentlich teurer, es sind nicht nur 10 oder 15 Prozent, es sind 30 Prozent. Meine Partei hat in der letzten Woche einen Beschluss gefasst, nach dem die Kostenexplosion so nicht hinzunehmen ist. Besonders traurig finde ich, dass wir Akteneinsicht beantragen müssen, um überhaupt zu erfahren, was da los ist. Ich hätte erwartet, dass Sie uns alle einladen, nachdem wir alle den Beschluss getragen haben, und uns die Pläne offenbaren. Jetzt müssen wir mit Minderheitenrecht Akteneinsicht beantragen. Das ist nicht fair.

(Beifall bei der GAL)

Nach jetziger Kenntnislage hat an der Kostenexplosion natürlich einzig und allein der Senat Schuld. Wir wissen es nicht besser. Wir glauben nicht, dass die Bürgerschaft daran Schuld trägt. Wir haben ausführlich darüber beraten und wir haben uns sehr auf die Macher wie Herrn Wegener verlassen. Wir werden sehen, wohin das geführt hat.

Bisher kann ich bei der Planung nur Unsolidität und Unseriösität erkennen. Wir wollen, dass die ganze Wahrheit auf den Tisch kommt, und wir wollen vor allen Dingen, dass die Hamburgerinnen und die Hamburger erfahren, wie viel Geld in dieses Projekt hineingeschossen werden soll. Sie brauchen vielleicht nicht unsere Zustimmung für die Zukunft, aber das Wichtige ist bei diesem Bürgerprojekt Elbphilharmonie, dass es zumindest die Akzeptanz in der Stadt nicht verliert.

Herr Rusche, ich weiß nicht, woher Sie die Idee nehmen, ganz Hamburg stünde hinter der Elbphilharmonie. Ich habe kürzlich "NDR 90,3" gehört und dort hat man kaum einen Hörer gefunden, der sich positiv für die Elbphilharmonie ausgesprochen hat. Die Leute waren in Brass. Sie können doch nicht sagen, ganz Hamburg stünde hinter den Mehrkosten, egal was die Elbphilharmonie kosten

wird. Das ist dreist. Damit tun Sie sich selbst keinen Gefallen.

(Beifall bei der GAL – Dietrich Rusche CDU: Das glauben Sie ja wohl selber nicht!)

Meine Fraktion wird die Akten und die Zahlen sichten und wir werden dann entscheiden, wohin wir Ihnen in diesem Punkt folgen. Die Elbphilharmonie darf unter diesem Senat keinen Schaden nehmen. Wir werden dafür sorgen und eintreten, dass es keinen Schmu gibt und dass die Hamburgerinnen und Hamburger wissen, worauf sie sich eingelassen haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Wolfhard Ploog CDU: Wie wollen Sie das schaffen?)

Das Wort bekommt Senatorin Professor von Welck.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Haushaltsplan-Entwurf für die Kulturbehörde steht unter dem erfreulichen Vorzeichen, dass von uns keine zusätzlichen Konsolidierungsbeiträge abverlangt wurden. Dafür bin ich dankbar. Aber wir sind natürlich auch selbstbewusst genug, dies als eine richtige Entscheidung einzuschätzen, zumal die Kultur in unserer Stadt einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor darstellt.

Einige Zahlen aus unserem Kulturwirtschaftsbericht, lieber Herr Müller, mögen dies verdeutlichen:

30 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte arbeiten für die Kultur in Hamburg. Der erwirtschaftete Jahresumsatz im Bereich Kultur beträgt 4,37 Milliarden Euro. Ein Viertel der 98 Millionen Tagesgäste kommen nach Hamburg der kulturellen Angebote wegen und fast 1 Milliarde Euro geben die Kulturtouristen jährlich in unserer Stadt aus.

All diese Zahlen sind sicher steigerungsfähig, aber ich bin froh, dass wir sie in unserem Bericht zum ersten Mal erfasst haben. Lieber Herr Müller, Sie verwechseln schlicht und einfach Kulturwirtschaft mit Kreativwirtschaft. Aber darüber können wir in einem bilateralen Gespräch gern noch einmal sprechen.

(Beifall bei der CDU)

So schön und ermutigend die Zahlen, die ich eben vorgetragen habe, auch sind, sie dürfen uns nicht verleiten, uns beruhigt zurückzulehnen und uns auf dem Erreichten auszuruhen. Im Folgenden will ich gern skizzieren, was in den beiden kommenden Haushaltsjahren und darüber hinaus mit den im Doppelhaushalt 2007/2008 eingestellten Mitteln in der Kultur bewegt werden soll. Dabei geht es uns um zwei Bereiche: Zum einen geht es um die Breitenkultur, sozusagen um das Fundament, das wir brauchen, um unsere Stadt und ihre Stadtteile lebens- und – wie Herr Rusche das so schön gesagt hat – liebenswert zu erhalten. Zum Zweiten geht es um die sogenannten kulturellen Leuchttürme, die zwar zur nationalen und internationalen Attraktivität unserer Stadt beitragen, die aber gleichzeitig für die Bewohner Hamburgs identitätsstiftend sind und das Angebot der Breitenkultur entscheidend bereichern.

Richard von Weizsäcker hat einmal gesagt:

"Unsere Kultur ist gewachsen wie ein kräftiger und vielgestaltiger Mischwald. Er leistet seinen Beitrag zur lebensnotwendigen Frischluft."

Diesen vielgestaltigen Mischwald wollen auch wir erhalten und fördern und daher freue ich mich, dass über die fortgeschriebene Finanzierung der Stadtteilkulturarbeit hinaus auch im senatsübergreifenden Projekt "Lebenswerte Stadt" Kulturprojekte elementare Bestandteile sind und zur Stabilisierung benachteiligter Stadtteile beitragen werden.

(Beifall bei der CDU)

Dazu gehört das Leseförderungsprojekt "Buchstart" für die ganz Kleinen ebenso wie das Projekt "Il canto del mondo", ein generationenübergreifendes Singpatenprogramm für Kindergärten, aber zum Beispiel auch die Förderung der "HipHop Akademie" im Stadtteilkulturzentrum Billstedt.

Die Förderung von Stadtteilkultur bedeutet häufig die Förderung von Kinder- und Jugendkultur und ich freue mich sehr über Ihre Unterstützung, Frau Dr. Stapelfeldt, denn die Kinder- und Jugendkultur ist mir, wie Sie wissen, ganz besonders wichtig. Das sehe ich nicht alleine so, das sehen viele von Ihnen hier im Haus.

Über die bisher angestoßenen Maßnahmen werden wir Sie in Kürze durch eine Bürgerschaftsdrucksache informieren. Aber ich freue mich auch, dass wir im engen Schulterschluss mit der Schulbehörde arbeiten, wenn Sie an das Rahmenprogramm Schule und Kultur für den Ganztagsschulbereich denken oder an die Vorbereitungen für die musikalische Breitenbildung unter der Einbeziehung des Klingenden Museums, ein Konzept, das insbesondere für Kinder, die aus sozial schwachen Familien kommen, große Chancen bereithält.

Ich möchte an dieser Stelle festhalten, dass die Unterstützung dieses Schwerpunkts Kinder und Jugendkultur durch Stiftungen, Mäzene, Unternehmer und Einzelpersonen bundesweit beispiellos ist. Schon allein die Zurverfügungstellung von 1 Million Euro für diesen Bereich für die nächsten drei Jahre durch die "Stiftung Maritim" von Milena und Hermann Ebel ist ein großes Glück,

(Beifall bei der CDU und der SPD sowie vereinzelt bei der GAL)

aber es kommen noch viele, viele andere dazu. Das insgesamt großartige private Engagement für die Kinder- und Jugendkultur in unserer Stadt ermöglichte uns sogar, einige kleinere Umschichtungen in unserem Haushalt vorzunehmen, die anderen ebenfalls wichtigen, aber sperrigeren Vorhaben zugute kamen. Überhaupt muss ich voll Dankbarkeit und auch mit ein wenig Stolz feststellen, dass uns mit Hilfe von privater Seite bei der Bewältigung unserer Vorhaben geholfen wird.

So gelang es zum Beispiel, einen Mäzen zu finden, der für die Förderung der bildenden Kunst – auch ein wichtiges Thema in unserer Stadt – in den nächsten Jahren ebenfalls 1 Million Euro zur Verfügung stellt. Auf diese Weise können wir nicht nur die so wichtigen Marketing- und Vernetzungsstrategien der Szene fördern, sondern auch Symposien und sogar die Einrichtung von Künstlerateliers in der Speicherstadt, die im Frühjahr 2007 bezogen werden können.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

A C

B D

Positives zu berichten gibt es auch von unseren drei Staatstheatern. John Neumeier wurde gerade mit dem begehrten Nijinsky-Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnet und seine Inszenierungen erreichen die Traumauslastung von 99 Prozent, um die wir weltweit beneidet werden. Simone Young, unsere neue Generalmusikdirektorin, wurde in ihrem ersten Hamburger Jahr zur "Dirigentin des Jahres" gewählt. Eigentlich müsste es heißen "Dirigent des Jahres", denn der Titel wurde geschlechterübergreifend verliehen. Friedrich Schirmer gelang in dem berühmt schwierigen Deutschen Schauspielhaus ein guter Start, insbesondere mit seinem Jungen Schauspielhaus, das für seine erste Spielzeit gleich den neu geschaffenen Deutschen Theaterpreis DER FAUST einheimste.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das Thalia Theater unter Ulrich Khuon bricht alle Rekorde und seine Autorentheatertage haben sich zum wichtigsten Festival des zeitgenössischen deutschsprachigen Theaters entwickelt.

Die Hamburger Öffentlichen Bücherhallen haben ihre notwendige Reform und die Kürzungen verkraftet und befinden sich – Herr Rusche hat es schon beschrieben – auf Erfolgskurs.

Das neue System der Nachbarschaftsbibliotheken wird sehr gut angenommen und auch die Medienboxen für Kitas – in Anlehnung an die Medienboxen oder Bücherkisten für die Grundschulen – versprechen, ein voller Erfolg zu werden. Ich bin mit Ihnen einer Meinung, Frau Stapelfeldt, dass das ausgebaut werden muss, und ich begrüße es, dass wir darüber im Ausschuss diskutieren können.

Über den Stadtteil Sasel kann man denken, was man möchte, aber ein Problemgebiet ist Sasel sicherlich nicht. Deshalb haben wir uns schweren Herzens entschlossen, die dortige Bücherhalle zu schließen, und haben dafür eine gute Alternative eröffnet. Wir werden daran arbeiten wie auch in anderen Fällen, dass mit dem Stadtteilkulturzentrum in Sasel eine gute Kooperation geschlossen wird, sodass man dort sicherlich noch viele Leseförderungsprogramme für den Stadtteil installieren kann.

Trotz all dieser positiven Nachrichten aus dem Kultursektor gibt es aber auch eine Reihe von Problemen, die schon etwas angeklungen sind, die wir in den vergangenen zwei Jahren vorbereitet haben und deren Lösung wir im Jahre 2007 in Angriff nehmen werden.

Da sind zum einen die Museen, die zwar großartige Schatzhäuser unserer Stadt sind, deren Verschuldung aber aufgrund gravierender Fehleinschätzungen früherer Senate mittlerweile ein Maß erreicht hat, das nicht weiter hingenommen werden kann. Zur Analyse der Probleme und Strukturen haben wir in Übereinstimmung mit den Vorständen der Museumsstiftungen eine ehrenamtliche Expertenkommission eingesetzt, deren Empfehlungen wir in den kommenden Monaten hinsichtlich ihrer Realisierbarkeit gemeinsam mit den Museumsstiftungen prüfen, konkretisieren und in ihren finanziellen Auswirkungen berechnen werden.

Lieber Herr Müller, wir wollten professionell arbeiten, haben uns Zeit genommen und uns von außerhalb Fachrat geholt. Das war der richtigere Weg, als irgendetwas über das Knie zu brechen.

(Beifall bei der CDU)

Die Ergebnisse unserer Untersuchungen werden wir erst dem Senat und der Bürgerschaft bis Mitte kommenden Jahres zur Entscheidung vorlegen. Wir werden dann auf Ihrer aller Hilfe angewiesen sein, um die Probleme zu lösen.

Ein weiterer Problembereich, der auch schon aufgeschienen ist, den wir in dem kommenden Jahr einer Lösung zuführen wollen, ist die Frage der Förderung der Privattheater. Übereinstimmend – quer durch alle Theater, quer durch die Öffentlichkeit, quer durch die Parteien – wird das bestehende Förderkonzept für private Theater in Hamburg als nicht mehr zeitgemäß kritisiert. Deshalb soll es auf den Prüfstand gestellt und neu geordnet werden. Wir hatten dazu noch keine Kommission, Herr Müller – das haben Sie falsch verstanden –, wir hatten nur für verschiedene Bereiche Jurys eingesetzt.

Aber auch diese Frage der Evaluierung der Privattheater – um dann möglicherweise zu neuen Förderstrukturen zu kommen –, gehen wir mit großer Professionalität an und machen keine Schnellschüsse. Das kann man in diesem Bereich auch nicht.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Auch in den Bereich Theater fällt unsere Initiative "Tanzplan auf Kampnagel". Die Kulturstiftung des Bundes hat im Januar dieses Jahres Hamburg als einziger Stadt in Deutschland die Höchstfördersumme von 1,2 Millionen Euro zugesprochen. Diese Förderung ist ein wichtiger Impulsgeber dafür, neben der wunderbaren Compagnie von John Neumeier das bereits bestehende moderne Tanzangebot in Hamburg weiter zu profilieren und nachhaltig zu verstetigen.

Von Kampnagel aus werden auch die Aktivitäten des sogenannten Community Dance weitergeführt werden, die durch die bisherigen zwei Aufenthalte des Choreografen Royston Maldoom in unserer Stadt sehr wichtige Impulse erhalten und sich seither erfreulicherweise schon sehr verstetigt und ausgeweitet haben. Sein Motto "You can change your life in a dance class" wird für immer mehr Menschen in Hamburg Wirklichkeit.