Daher möchte ich ein bisschen mehr an Ihr Geschichtsbewusstsein und an die Einsicht appellieren, dass man sich sozusagen Dinge nicht auf die Brust heften darf, für die man nicht allein verantwortlich ist.
Jetzt kommen wir zu den Schulden. Es entspricht nicht der Wahrheit, dass der Schuldenberg der Freien und Hansestadt Hamburg zurückgeht. Vielmehr wird er sich auch weiter anhäufen und die anvisierte Situation, keine Nettokreditaufnahme mehr zu haben, wird frühestens in acht bis zehn Jahren der Fall sein, wenn die Planungen so umgesetzt werden, wie das jetzt beabsichtigt ist. Wenn wir dann dort angekommen sind, sind wir bei ungefähr 30 Milliarden Euro Schulden. Bei Regierungsantritt haben Sie ungefähr 22 Milliarden Euro Schulden gehabt. Das heißt, auch Sie haben lustig weiter die Verschuldung vorangetrieben. Ich würde an Ihrer Stelle ein bisschen vorsichtiger sein, mit solchen Lobeshymnen auf sich selbst an die Öffentlichkeit zu treten.
Herr Senator Peiner ist einer derjenigen gewesen, der auch im Haushaltsausschuss immer mal auf derartige Dinge hingewiesen hat. Er hat im Grunde genommen als einzigen Fehler der vorherigen Regierung bezeichnet, dass man davon ausgegangen ist, dass 2001 das Ende der Konsolidierung erreicht gewesen sei. So habe ich ihn jedenfalls immer wieder verstanden. Allerdings habe ich nie verstanden, warum Sie andererseits hier in der Fraktion immer versuchen, sich als die Schuldenmanager und -abbauer schlechthin hinzustellen, denn das ist einfach nicht wahr.
Mir liegt auch noch daran, außerhalb der Generaldebatte auf einen Antrag hinzuweisen, den die SPD-Fraktion und
wir gemeinsam eingebracht haben. Es ist ein Beitrag zur Haushaltsmodernisierung, die Ihnen – wie ich weiß – auch sehr wichtig ist. Sie haben erst unlängst wieder einen Antrag eingebracht hinsichtlich einer Erprobung der Einführung einer ergebnis- und ressourcenverbrauchsorientierten Haushaltssteuerung in der Behörde für Schule und Sport.
Etwas Ähnliches zum Thema Gender Budgeting fordern wir auch. Wir halten das für einen wichtigen Beitrag zu einer weiteren Haushaltsmodernisierung. Das ist sozusagen die Fortsetzung vom Neuen Steuerungsmodell oder die Einführung der Doppik und die Bilanzerstellung. Dass Sie auch an die Kostenleistungsrechnung heranwollen, haushaltstechnisch verwertbare Kennzahlen und Indikatoren aufzustellen, ist ein echter und richtig guter Beitrag.
In diesem Sinne könnte man natürlich auch versuchen, einen geschlechtergerechten Haushalt herzustellen, wenn man sich die Mühe machen würde, diese Kennzahlen zu ermitteln und vielleicht in einem Bereich damit mal anzufangen. Ich hatte hierzu eine Kleine Anfrage gestellt. Ich möchte darauf hinweisen, dass, auch wenn der Senat sagt, dass er das für nicht erheblich und nicht wichtig hält und es nicht steuerbar über den Haushalt ist, die Behörde für Wissenschaft und Forschung ein solches Modell hat. Ich weiß nicht, ob Ihnen allen das bekannt ist.
Diese Behörde hat im Zuge der Finanzierung der Hochschulen ein Drei-Säulen-Modell entwickelt, in dem eine Säule ein Anreizmodell ist, bei dem auch der Indikator Gleichstellung bewertet wird, und dass Hochschulen, die in dem Bereich fortschrittlich sind und vorankommen sowie mehr Professorinnen an die Hochschulen bekommen, tatsächlich auch finanzielle Vorteile haben.
Das heißt, es geht also und ist eher eine Frage, ob man das will und ich sage jetzt betont "man". Uns im Parlament würde eine solche Vorgehensweise erheblich mehr Werkzeug im Sinne von Haushaltstransparenz und der Wahrnehmung unserer Kontrollaufgaben in die Hand geben.
Im Übrigen würde das sicherlich auch im Sinne der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger Hamburgs ein Fortschritt sein. Sie haben sich auch hier sehr modern gezeigt und alle Fraktionen haben zusammen beschlossen, dass wir dieses Internet-Forum zum Haushalt Hamburg durchführen. Dort könnte man beispielsweise mit der Frage experimentieren: Wie könnte aus Sicht insbesondere der Bürgerinnen, aber auch der Bürger ein geschlechtergerechter Haushalt für Hamburg aussehen? Das fordern wir unter anderem in dem Antrag. Wir würden das begrüßen, wenn Sie bereit wären, hierzu beispielsweise einen Kongress in Hamburg durchzuführen und sich mit den Menschen auseinanderzusetzen, die schon vorangeschritten sind und Konzepte haben. Ich will gar nicht behaupten, dass die Durchführung eines Kongresses einfach ist, aber es wäre ein Versuch wert.
Im Übrigen wird es demnächst eine Machbarkeitsstudie der Bundesregierung zu diesem Thema geben. Spätestens dann würde es sich lohnen, dieses Thema in Hamburg weiter aufzugreifen, um die Ressourcen über den Haushalt so zu steuern, dass wir eine tatsächlich gerechte Teilhabe von Frauen und Männern in dieser Gesellschaft haben werden.
Sie haben sich auch dem Thema Generationenbilanz gewidmet. Das ist letztlich auch nichts grundsätzlich anderes. Herr Dietrich hat einen Antrag zum Transparentmachen der Förderung im Bereich Leistungssport gestellt. Das sind alles Themen, die Ihnen wichtig sind. Da ist es aus Ihrer Sicht auch wichtig, dass Sie im Haushalt dargestellt werden und auch eine entsprechende Ressourcensteuerung möglich ist. Aber bei dem Thema Geschlechtergerechtigkeit haben Sie offensichtlich Hemmungen voranzugehen und weiterzuschreiten, um Herrn Dräger zu folgen, um das auch in Ihrer Haushaltspolitik insgesamt sichtbar und erkennbar zu machen.
Ich bitte Sie, hier noch einmal umzudenken. Europa will es von den Länderregierungen und den Kommunen. Der Bund ist dabei, das umzusetzen. Das Bundesland Berlin ist auch dabei, das zu tun. Ich weiß, Sie denken mehr an die Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen, wo nach dem Regierungswechsel zu Herrn Rüttgers das Projekt Gender Budgeting kaltgestellt worden ist, weil man es einfach nicht haben wollte. Es ist schon eine Frage des Wollens und nicht so sehr des Machbaren. Ich appelliere an Sie, weil es so gut in Ihre sonstige Politik passt, sich in diesem Zusammenhang doch dafür einzusetzen, weil aus meiner Sicht alles andere falsch ist. Ich bitte Sie, sich das noch einmal zu überlegen und sich vielleicht doch einen Ruck zu geben, es zumindest an den Haushaltsausschuss zu überweisen, damit wir uns dort intensiver damit beschäftigen können. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Früher – und da will ich mal ein bisschen nostalgisch werden – war es so,
dass wir an dieser Stelle über den Gleichstellungshaushalt und über Frauenpolitik diskutiert haben. Das gibt es jetzt nicht mehr, aber es gibt heute eine Initiative der Fraktionen von SPD und GAL, das Thema Gender Budgeting im Rahmen der Haushaltsberatungen mit aufzunehmen.
Das ist nicht die Boshaftigkeit der Fraktionen, einen unverständlichen Begriff zu nehmen, sondern es ist Ausdruck dessen, dass es um eine internationale Sache geht, an der Weltbank, UNO, EU und viele andere mitarbeiten und versuchen, in vielen Ländern einen Prozess zu implementieren, der eine geschlechtergerechte Haushaltsaufstellung und -durchführung ermöglicht. Wir sind in der etwas absurden Situation, dass die Bundesrepublik dort, wo sie Entwicklungshilfe leistet, sehr viel für Gender Budgeting tut, aber im Land selber die Ansätze eher spärlich sind. Es gibt aber auf Bundesebene und in einigen Bundesländern, sei es in Berlin, Sachsen-Anhalt, aber auch in vielen kreisfreien Städten erste Ansätze, so etwas zu tun. Ich will, um es kurz zu machen, drei Beispiele nennen, wo so etwas interessant für uns sein könnte.
Wir geben viele zig Millionen Euro im Bereich Arbeitsmarkt aus, aber wir wissen nicht, wie das Geld bei Männern und Frauen ankommt. Wir geben viele Millionen Euro für Jugendhilfe aus und wir haben das diffuse Gefühl, dass da zum Beispiel die Jungen vielleicht ein bisschen die Verlierer in der letzten Zeit gewesen sind. Aber wir haben keine Zahlen und Fakten, wie das Geld, das wir ausgeben, dort wirklich ankommt. Ich glaube, wir tun gut daran, wenn wir für die weitreichenden Entscheidungen über viel, viel Geld, die wir hier treffen, wir auch eine hohe Transparenz, Material, Zahlen, Indikatoren haben, um die Wirkung des Einsatzes unserer Ressourcen auch messen zu können. Sie versuchen das – Frau Dr. Lappe hat es gesagt – in einigen Bereichen. Wir schlagen vor und legen es Ihnen sehr ans Herz, das auch gerade im Bereich der Geschlechtergerechtigkeit zu tun. Ich habe ein bisschen die Hoffnung, dass dieser Antrag, der heute nicht abgestimmt wird, sondern erst am Ende der Debatte als Antrag zum Haushaltsplan 9.1, von Ihnen dann doch noch an den Haushaltsausschuss überwiesen wird. – Vielen Dank.
(Olaf Ohlsen CDU: Herr Kerstan war doch schon mal dran! – Gegenruf von Dr. Verena Lappe GAL: Ach, Herr Ohlsen!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe Ihren Ausführungen, Herr Peiner, mit Interesse gelauscht. Wir fordern ja Kreativität und ich glaube, wir haben gerade auch ein Beispiel von Kreativität in Ihrer Rede erleben können, denn im nachhinein so mit manchen Ihrer Entscheidungen umzugehen, das war doch eine sehr kreative Legendenbildung.
Lassen Sie mich das an zwei Beispielen darstellen. Ich finde Ihr Anliegen, dass wir gemeinsam darüber nachdenken sollen, wie das Ansehen der Politik gesteigert werden kann, können wir alle nur unterstützen. Wenn das dazu beitragen sollte, dass man freundlicher übereinander redet, dann wären wir sicher auch bereit, das zu tun. Aber, ich glaube, wirklich viel für die Glaubwürdigkeit der Politik in dieser Stadt hätten Sie getan, wenn Sie, nachdem Sie einen Volksentscheid zur Privatisierung des LBK verloren haben, bei dem Sie einen eigenen Vorschlag präsentiert hatten und die Wähler sich bewusst dagegen entschieden hatten, nicht trotzdem den LBK verkauft hätten, meine Damen und Herren. Sie haben sich aber leider anders entschieden.
Ich habe auch mit Verwunderung vernommen, dass der Bürgermeister zuerst der SPD Wankelmut in der Frage der HHLA-Privatisierung vorgeworfen hat und auch Sie dort jetzt ein sehr stringentes Bild gemalt haben, was eigentlich die Voraussetzungen sein sollten, wenn man die HHLA verkaufen sollte.
Wenn man Ihre eigenen Kriterien nimmt, nach denen die HHLA international tätig wird, ein eigenständiges Unternehmen, das über die Grenzen hinausgreift, dann frage ich mich, warum wir im Januar über Ihren Vorschlag debattiert haben, die HHLA an die Deutsche Bahn zu ver
kaufen? Denn letztlich hätte der Verkauf der HHLA an die Deutsche Bahn bedeutet, dass all die Kriterien, über die Sie eben geredet haben, verletzt worden wären. Die HHLA wäre ein Teil der Deutschen Bahn geworden. Sie hätte nicht mehr eigenständig agieren können, sie wäre nicht über die Grenzen hinausgegangen und die Bahn wäre auch kein potenter Erwerber gewesen.
Insofern verwundern mich Ihre Ausführungen schon. Vielleicht haben Sie auch in diesem Jahr dazugelernt, meine Damen und Herren.
Sie sagen – und das, finde ich, ist eigentlich das besorgniserregendste –, was wir mit der HHLA machen, haben wir noch gar nicht entschieden. Sie haben auch verschiedene Modelle erwähnt. Aber was Sie dabei verschweigen, ist, dass Sie gerade ein internationales Interessenbekundungsverfahren am Laufen haben und jetzt, bevor Sie eigentlich wissen, was Sie wollen, Investoren aus aller Welt Gebote abgeben. Wenn Sie sagen, lassen Sie uns einmal darüber reden, was wir mit der HHLA machen wollen, dann nehmen wir diesen Vorschlag gerne auf. Sie wissen, dass ich nie ein Verfechter war, der sagte, darüber darf man gar nicht nachdenken. Aber lassen Sie uns bitte erst darüber nachdenken und entscheiden, was wir wollen, bevor Sie anfangen, den Laden zu verscherbeln. Sie haben da eine Dynamik in Gang gesetzt, dass ich befürchte, Sie werden den Verkauf nicht mehr stoppen können, wenn das nicht im Interesse der Stadt sein sollte. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was haben wir bisher in der Generaldebatte gehört? Hamburg ist eine europäische Metropole, eine Welthandelsstadt, das Tor zur Welt. Wir hören es oft und deswegen ist es aus meiner Sicht wichtig, dass wir heute auch über die Rolle Europas in Hamburg reden, die auch in diesem Einzelplan, den wir eigentlich besprechen, abgehandelt wird.
Als europäische Metropole, als Welthafen, wird Hamburg im nächsten halben Jahr auch bei der Gestaltung der deutschen Ratspräsidentschaft der Europäischen Union eine besondere Rolle spielen. Herr Peiner hat es auch schon angesprochen, Hamburg versteht sich sowohl als Gewinner der Erweiterung der Europäischen Union als auch als Gewinner der Globalisierung.
Deswegen ist es wichtig, dass alle Fraktionen in diesem Haus weiterhin stringent zum Prozess der Europäischen Einigung stehen und auch weiterhin daran arbeiten, dass sich Europa eine neue Verfassung gibt.