Sie ignorieren dabei komplett, dass der Boom im Hafen bei einem Großteil der Bevölkerung spurlos vorbeigeht.
90 000 Arbeitslose sprechen da eine deutliche Sprache. Auch die Arbeitslosigkeit in Hamburg sinkt trotz boomenden Hafens langsamer als im Bundesgebiet. Wer wie Sie, Herr Bürgermeister, behauptet, Soziales können wir uns erst leisten, wenn es uns wirtschaftlich wieder gut geht, der nimmt damit in Kauf, dass diese Gesellschaft auseinanderdriftet, dass der Gegensatz zwischen Arm und Reich immer größer wird, denn, meine Damen und Herren, in einer globalisierten Welt ist es eben nicht mehr so, dass Wirtschaftswachstum allein die sozialen Probleme einer Gesellschaft löst.
Das Wirtschaftswachstum, auch wenn der Kuchen größer wird, löst die Probleme nicht, denn die Krümel, die dann für die Armen abfallen werden, werden leider in dieser heutigen Zeit nicht mehr größer. Wer auf Wirtschaftsförderung allein setzt, riskiert den Zusammenhalt der Gesellschaft. Das ist keine vorausschauende Politik, das ist verantwortungslos, Herr von Beust.
Nein, jetzt ist Zeit, auch einmal neue Wege zu gehen, die Stärken Hamburgs zu nutzen, um auch neue Stärken aufzubauen. Hamburger sagen gerne von ihrer Stadt, Hamburg hätte mehr Brücken als Venedig. Venedig sollte aus meiner Sicht in anderer Hinsicht ein Vorbild sein. Venedig war ebenso wie Hamburg eine unabhängige Stadtrepublik und kam in ihrer Blütezeit durch erfolgreiche Handelspolitik zu Reichtum.
Venedig war aber immer mehr als eine Handelsrepublik. Es war auch Zentrum der Kultur und der Wissenschaft, des Ausgleichs zwischen Orient und Okzident. Hamburg hat sich dagegen in seinem Selbstverständnis immer sehr stark auf den wirtschaftlichen Erfolg beschränkt und blieb deshalb auch immer etwas provinziell, ohne die kulturellen Leistungen kleinreden zu wollen, die es natürlich auch in Hamburg gab. Venedigs große Zeiten sind vorbei. Hamburg hat in seiner Geschichte immer wieder von neuen Zeitenwenden profitiert, indem es die Chancen des Wandels mutig nutzte. Lassen Sie uns den aktuellen Boom auch nutzen, um neue Bereiche zu stärken.
Kreativität, neue Ideen und Vielfalt sind die entscheidenden Faktoren in einer globalisierten Wissensgesellschaft, die helfen, die Zukunft zu gewinnen. Ziel muss es sein, die kreativen Potenziale aller Hamburgerinnen und Hamburger zu nutzen, um niemanden zurückzulassen und gleichzeitig Magnet für alle Kreative dieser Welt zu werden.
Es ist bezeichnend für Ihr Politikverständnis, Herr Bürgermeister, dass Sie, wenn Sie Kreativität hören, nicht daran denken, die Kreativität aller Hamburgerinnen und Hamburger zu nutzen, sondern immer nur an die Kreativwirtschaft denken, an die, die im Glanze stehen, die Medien, die Kultur, die Wissenschaft. Wir werden aber nur dann erfolgreich sein, wenn wir beides tun, denen einen guten Standort bieten, aber auch allen anderen Menschen in dieser Stadt die volle Entfaltung ihrer Kräfte ermöglichen; da gibt es noch viel zu tun.
Wir können so eine gerechtere und lebenswertere Gesellschaft in unserer Stadt schaffen und auch noch ein neues wirtschaftliches Standbein neben Handel und Hafen erschließen. Um diese Chancen zu ergreifen, braucht es Mut und einen Mentalitäts- und Politikwechsel. Haushaltspolitik ist dabei kein Selbstzweck. Der Haushalt stellt
die Finanzierung der Politik dar. Lassen Sie mich deshalb sagen, wie wir Grünen die finanziellen Weichen stellen würden, damit diese Vision wahr werden kann.
Der alte Grundsatz ist immer noch gültig: Der Staat sollte kein Geld in Bereiche geben, in denen schon genug Geld vorhanden ist, und das ist genau die Krux bei Ihrer Hafenpolitik. Die privaten Umschlagbetriebe verdienen gut und immer besser; sie müssen stärker an den Infrastrukturausbaukosten beteiligt werden. Herr Reinert ist im Moment nicht da,
aber wenn Sie sich das genau überlegen würden, bedeutet das natürlich nicht, die Investitionen zurückzufahren, sondern sie anders zu finanzieren, die Privaten diese Investitionen tätigen zu lassen und dem Staat diese Mittel für andere Bereiche freizuschaufeln. Wir wollen in den nächsten neun Jahren 135 Millionen Euro Hafeninvestitionen anders investieren, 15 Millionen Euro pro Jahr.
Auch wollen wir Ihre Kürzungen bei den Arbeitsmarkttiteln zum Teil rückgängig machen, denn anstatt die Potenziale der Menschen, die im Moment auf dem Arbeitsmarkt keine Chance haben, zu fördern, haben Sie dieses Geld in den Aufbau der Hafenbahn gesteckt. Auch das kann man anders finanzieren. 10 Millionen Euro davon wollen wir zukünftig in die soziale Stadtentwicklung investieren.
Wir wollen im Gegensatz zu Ihnen nicht nur die Hälfte der Steuermehreinnahmen in den Versorgungsfonds einstellen, sondern die gesamten 500 Millionen Euro. Hamburg reduziert damit nicht nur seine Verbindlichkeiten, sondern erhält auch zusätzlichen finanziellen Spielraum, 25 Millionen Euro im Jahr 2007 und 41 Millionen Euro in 2008.
Darüber hinaus werden wir Ihre geheime Wahlkampfkasse zum Nutzen der Stadt plündern. Die Versorgungsfonds, die Sie in den letzten Jahren gebildet haben, waren immer viel zu hoch ausgestattet, ungefähr 50 Millionen Euro mehr, als Sie veranschlagt hatten. Diese Summe wollen Sie im nächsten Jahr erneut um 67 Millionen Euro und 2008 noch einmal um 38 Millionen Euro aufstocken. Warum Sie das tun, ist sehr leicht verständlich. So haben Sie insgesamt 150 Millionen Euro in zwei Jahren zur freien Verfügung, zur Verteilung von Wahlkampfgeschenken. Für Ihr Programm "Lebenswerte Stadt" wollen Sie 100 Millionen Euro ausgeben, gestreckt auf fünf Jahre, 20 Millionen Euro pro Jahr, 3,5 Millionen Euro pro Stadtteil. Da sieht man einmal, wo Sie die Prioritäten in dieser Stadt setzen.
Wir werden aus diesem sogenannten Vorsorgefonds 25 Millionen Euro herausnehmen und den Bereichen Kita, Schule und Hochschule zur Verfügung stellen.
Alles in allem werden wir 2007 und 2008 134 Millionen Euro umschichten und davon 83 Millionen Euro in Betriebsmittel investieren und 51 Millionen Euro an Investitionen bereitstellen. Wir schlagen eine Bundesratsinitiative vor, die die Kinderbetreuung fordert, statt Ehegatten steuerlich zu begünstigen.
Wir werden mit diesen Mitteln Zukunftsinvestitionen in den Bereichen Kita, Schule und Hochschule stärken, aber auch Maßnahmen ergreifen, die das soziale Auseinanderdriften dieser Stadt aufhalten sollen. Integration wird dabei ein wichtiges und handlungsreiches Feld werden. Dabei werden wir natürlich auch den Verkehr und den öffentlichen Raum so gestalten, dass diese Stadt lebenswerter wird, auch für Familien. Und wir werden mit der Förderung der Kreativwirtschaft und der erneuerbaren Energie neue wirtschaftliche Impulse in der Stadt anstoßen, wie genau, das werden wir bei den Besprechungen der Einzelpläne in den nächsten Tagen genauer darlegen.
Meine Damen und Herren! Hamburg steht vor großen Herausforderungen. Lassen Sie uns gemeinsam ein neues Kapitel für Hamburg aufschlagen,
Hamburgs Stärken zum Aufbau neuer Stärken nutzen und uns nicht nur auf alte Stärken beschränken. Wir wollen die kreativen Potenziale aller Hamburgerinnen und Hamburger heben, um die Zukunft für diese Stadt zu gewinnen. Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch. Haben Sie Mut, alte Pfade und Wege zu verlassen. Bei den Haushaltsberatungen in den nächsten Tagen haben Sie dazu Gelegenheit. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit der Bildersprache von Herrn Kerstan kann man nur scheitern, wenn man um diese Jahreszeit einen Vergleich mit Körben und Eiern bringt, die man hineinlegen will, weil es einfach nicht passt.
Das mag natürlich daran liegen, dass Sie zeitlich noch ein bisschen zurückgeblieben sind, weil Ihnen das Tempo in der Stadt insgesamt zu hoch ist.
Ihr anderes Bild handelte von dem schlingernden Schiff und dass der Lotse von Bord gehen würde. Bei Ihnen ist es wahrscheinlich so wie früher in England auf der E-Lok, wo man auf der Heizung mitfahren musste. Was ist denn nun die Funktion eines Lotsen? Auf hoher See ist es schlecht, wenn der Kapitän von Bord geht, da gebe ich Ihnen recht. Ist unser Kapitän an Bord? Ja, er ist da.
Der Lotse hat die Aufgabe, das Schiff auf Kurs zu bringen und wenn das Schiff auf Kurs ist, dann kann er beruhigt von Bord gehen.
(Beifall bei der CDU – Gesine Dräger SPD: Aber nicht, wenn das Wetter wechselt! – Zuruf von der GAL: Autopilot!)
Das ist ein sehr gutes Stichwort, der Autopilot, weil es tatsächlich so ist – das ist sehr amüsant in so einer Haushaltsdebatte –, dass nicht Sie es sind, die die Regierung auf Kurs hält, was die Haushaltsdisziplin angeht.
Das würden Sie gerne, tun Sie es doch. Kommen Sie einmal rüber, dann erklären wir Ihnen, wie man das macht.
Sie müssten uns auffordern, stärker zu konsolidieren, mehr zu tun; das tun Sie aber nicht. Der einzige, der die Regierung kontrolliert, ist sie selber. Das ist schon eine etwas merkwürdige Situation, aber wir stehen das durch, weil wir diesen Konsolidierungskurs wie mit einem Autopiloten fahren; das ist uns so eingeimpft. Herr Peiner kann jetzt beruhigt gehen, diesen Kurs halten wir die nächsten Jahre. Ob wir ihn 135 Jahre halten, Herr Kerstan, so wie Sie sich Oppositionsarbeit gewünscht haben, kann ich nicht garantieren.
Dann komme ich zu dem anderen Kandidaten, und zwar zur Verlesung der Rede des noch amtierenden Bürgermeisterkandidaten der SPD. Der hat auch ein sehr schönes Bild gebracht.
Er sprach plötzlich von der dunklen Seite. Das ist wohl so ein Bild, ich schätze mal, aus seinem letzten Kinobesuch "Star Wars", erster Teil; das habe ich auch gesehen. Das Dumme ist nur, dass er Ole von Beust als Robin Hood anspricht. Das ist in der Bildersprache falsch. Dazu gehört Luke Skywalker, der ist der Held. Ich weiß nicht, ob sich der Kollege Petersen für die Rolle des Darth Vader bewerben wollte, da muss er noch ein bisschen üben.
Ich will nicht sagen, dass mit ihm die SPD auf der dunklen Seite steht, aber sie steht natürlich im Schatten. Das Beruhigende an den Reden von Petersen ist, dass sie eigentlich gar nicht lang genug sein können. Mit jeder Minute einer Petersen-Rede freuen wir uns mehr und sollten wir jemals in einem katastrophalen Tief sein, dann braucht nur Herr Petersen hier ans Pult zu treten und mit jeder Sekunde wird es für uns besser.
An die Regie der SPD gerichtet muss ich einmal sagen: Sie sind doch schon einmal schlecht gefahren. Schauen Sie auf der Rednerliste nach, wer eigentlich reden sollte. Es war schon früher nicht klug, Herrn Zuckerer zu ersetzen.