(Doris Mandel SPD: Sie brauchen sich doch gar nicht zu entschuldigen! Das muss Ihr Kollege ma- chen!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kollegen, wenn Sie sich entschuldigen möchten, dann können Sie nach vorne kommen. Ich möchte aber gern auf die letzten Worte von der Kollegin Frau Dr. Hilgers eingehen.
Wenn Sie ganz langsam wieder herunterkommen, Herr Neumann, können wir gern einmal über die Sache reden. – Vielen Dank.
Liebe Frau Dr. Hilgers, keiner stellt irgendwie in Abrede, dass es sehr viele Kollegen in der SPD gibt, die natürlich in der Jugendhilfe sehr engagiert sind und den Jugendlichen helfen wollen. Aber liebe Kollegen der SPD und das gilt auch für die GAL: Wer über Wochen, Monate und fast schon über Jahre hinweg alles tut und jedes populistische Mittel ausnutzt, um Jugendhilfemaßnahmen so darzustellen, dass sie nicht helfen können, weil man den Erfolg nicht will, dann muss man sich schon fragen, ob es denjenigen eigentlich um die Jugendlichen oder um den vermeintlich politischen Erfolg geht, den man damit erreichen möchte.
Ich möchte noch etwas zur Rede von Frau Blömeke ausführen, da ich eigentlich selten mit ihr einer Meinung bin. Aber ich fand Ihren Beitrag, Frau Blömeke, bezogen auf
Sie reden nicht über Finanzierung. Sie haben uns allen immer ein Modell an die Wand gemalt, dass Sie eigentlich für die Geschlossene Unterbringung sind. Das können Sie heute nicht mehr ernsthaft anders begründen. Über das Aussehen und den Standort sprechen Sie lieber gar nicht mehr. Das Projekt wird dann irgendwie mit vielen anderen gemeinsam in verschiedenen Bundesländern laufen.
Eigentlich geht es Ihnen nur noch ganz persönlich um den Skalp, den Sie gern haben möchten. Sie möchten in Ihre vermeintlich politische Erfolgsbilanz gern eintragen: Die GUF in Hamburg haben wir platt gemacht, egal ob sie hilft oder nicht, aber diesen Skalp haben wir jedenfalls. Das ist – ehrlich gesagt – deutlich zu wenig und trägt auch in der Jugendhilfe zu Ihrer politischen Glaubwürdigkeit, liebe Frau Dr. Hilgers, wahrlich nicht bei.
Es gibt den einen oder anderen Kollegen, der gern behauptet, dass die Kollegen der Grünen eigentlich unheimlich konservativ sind. Ich finde, das hat Frau Blömeke heute eigentlich sehr gut nachgewiesen. Ihren Beitrag hätte sie auch schon vor zehn oder 15 Jahren halten können, weil die Grünen leider in jener Zeit in der Frage der Jugendhilfe null bewegt haben. Hier ist kein Fortkommen, kein Begreifen und auch kein Dazulernen vorhanden, Frau Blömeke.
Wenn Sie hier stehen und erklären, dass die Jugendhilfe nur mit intensiv betreuten Wohnungen erfolgreich ist, dann müssen wir einmal feststellen, dass wir solche Wohnungen gerade unter Ihrer Regierungszeit in Hamburg reichlich gehabt haben
(Christa Goetsch GAL: Leider nicht! – Erste Vize- präsidentin Barbara Duden übernimmt den Vor- sitz.)
und trotzdem waren Sie nicht in der Lage, das Problem zu lösen. Das war nur ein Teil des Ganzen. Wir sind – ehrlich gesagt – nicht in der Lage, mit dem Klientel, mit dem wir die GUF ansprechen wollen und müssen, das Problem zu lösen, was Sie meinen, mit intensiv betreuten Wohnungen lösen zu können. Das hat nicht geklappt. Hieran sind Sie gescheitert. Das haben wir deutlich gemacht und entsprechend geändert.
Wenn man die Darstellung der Kollegen über die Geschlossene Unterbringung hört, dann könnte man den Eindruck gewinnen, dass es nichts Schlimmeres gibt. Keiner will dort hinein und keiner will dort arbeiten.
Ich stelle einmal fest, und zwar gerade für Sie, Herr Neumann, dass Sie das der Öffentlichkeit gegenüber gern darstellen möchten. Es ist aber in den letzten zwei Jahren um die ganze Einrichtung ausgesprochen ruhig gewesen. Dort wird nämlich zwei Jahre lang hervorragend, sicher und sehr erfolgreich gearbeitet. Das gefällt Ihnen nicht, Herr Neumann, aber das ist der Fall.
Es wird sogar so erfolgreich gearbeitet, dass derweil Jugendliche sich dort selbst vorstellen und erklären, dass sie in die Einrichtung wollen und dort gern betreut werden möchten. Das sind die Jugendlichen, die Frau Blömeke dort unter Zwangsmaßnahmen sieht
und meint, sie dort an einer gesellschaftlichen Teilnahme ausgeschlossen zu sehen. Das sind die Jugendlichen, Frau Blömeke, die begriffen haben, dass die GUF für sie die letzte Chance ist. Und genau diesen Jugendlichen wollen wir mit dieser Einrichtung helfen.
Die GUF schließt keine Jugendlichen von der Teilnahme am Gesellschaftsleben aus. Sie ist nur für die Jugendlichen, die wir mit den normalen breit gefächerten und in Hamburg reichlich vorhandenen Jugendhilfeangeboten nicht mehr erreichen, die letzte Chance. Wer diese letzte Chance nicht begreift und ergreift, wird hinnehmen müssen, dass die nächste Station bei weiterer krimineller Karriere die U-Haft ist. Das wollen wir vermeiden. Wir wollen diesen Jugendlichen ein Angebot machen. Dieses Angebot muss verbindlich sein. Dieses Angebot kann nicht darauf aufbauen zu sagen: Komm doch bitte einmal vorbei. In der intensiv betreuten Wohnung reicht es.
Frau Blömeke, wenn Sie sich einmal die Akten einiger Jugendlicher in der GUF anschauen, werden Sie feststellen, dass die allesamt größtenteils lange Zeit in Ihren Wohnungen zugebracht haben. Ich empfehle Ihnen wirklich, einmal die Protokolle der Mitarbeiter der intensiv betreuten Wohnungen nachzulesen. Das ist lesenswert. Wie es darin steht: Der Jugendliche A. kam, dem Jugendlichen A. gefiel es nicht, er ging wieder. Am nächsten Tag kam er wieder. Na ja, heute war es nicht so. Er ging wieder.
Das zieht sich teilweise über Wochen und Monate hin. Wir haben keine Chance gehabt, diesen Jugendlichen verbindlich anzusprechen. Wir haben keine Chance gehabt, diesen Jugendlichen eine letzte Chance zu bieten. Das, Frau Blömeke, wollen wir nicht. Die GUF ist nicht dafür da, breite Schichten in der Jugendhilfe zu erreichen. Sie ist die letzte Chance für diejenigen Jugendlichen, die sonst keine weitere Chance mehr haben. Deshalb ist sie der richtige Weg. Wir haben mit der GUF, wie wir sie jetzt haben und wie sie von der BSG fort- und weiterentwickelt worden ist, eine gute Hamburger Einrichtung, die in den nächsten Jahren diese Problemstellen lösen wird. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir mit der GUF genau den richtigen Weg beschritten haben, und werden ihn weiter beschreiten.
Frau Präsidentin, Herr van Vormizeele, ich glaube Sie haben auch einiges bewusst – vielleicht auch unbewusst, das weiß ich nicht – missverstanden. Vielleicht mag es auch daran liegen, dass Sie in vergangenen Legislaturperioden noch nicht hier in der Bürgerschaft anwesend waren. Ich will eins noch einmal sagen: Die intensiv betreuten Wohnungen, wie wir sie wollen, …
Stellen Sie bitte eine Zwischenfrage, wenn Sie mit mir reden wollen. Gut, wenn Sie das nicht wollen, …
Die intensiv betreuten Wohnungen, wie wir sie wollen, sind nicht die ganz normalen Jugendwohnungen, die Sie eben zitiert haben, wo die Jugendlichen ein und aus gehen, wo sie hinkommen, wenn sie wollen. Intensiv betreute Wohnungen – ich hatte versucht, es deutlich zu machen – haben eine Verbindlichkeit, haben einen Betreuungsschlüssel von einem Pädagogen zu einem Jugendlichen.
Natürlich kommt es in diesen Wohnungen auch einmal vor, dass ein Jugendlicher abends zu Hause oder im Zimmer bleiben muss, aber das bitte schön gemeinsam mit einem Pädagogen und nicht mit einem Mitarbeiter eines Wachdienstes.
Es ist völlig richtig: Wir haben intensiv betreute Wohnungen gehabt, und zwar in der Zeit, in der die Grünen auch mit an der Regierung waren. Ich war damals auch noch nicht dabei. Dennoch geben wir offen zu, dass es in dieser Zeit aus dem Grunde nicht richtig funktioniert hat, weil gespart wurde.
Dort wurden nämlich auch zum Teil nicht ausreichend Pädagogen eingesetzt. Aus diesen Fehlern muss man lernen. Das heißt nicht gleich, dass das ganze Modell falsch ist. Nein: Wir müssen es verändern und variieren. Wenn Herr van Vormizeele sagt, die GAL hätte sich überhaupt nicht fortbewegt, dann hat er leider nicht richtig zugehört. Denn dieser Betreuungsschlüssel, den wir heute fordern, war damals nicht so. Was wir heute fordern, ist das kooperierende Erziehungsmodell der Clearing-Stellen. Das ist ein ganz entscheidender Punkt, Herr van Vormizeele und verehrte Kollegen der CDU-Fraktion. Eine schnelle intervenierende Hilfe zusammen mit allen beteiligten Akteuren ist etwas, was völlig neu ist und in Schleswig-Holstein erfolgreich unter einer rotgrünen Regierung erprobt wurde. Wenn wir hier über Polemik reden, dann möchte ich einmal festhalten, dass es geradezu infam ist, hier zu behaupten, dass es in den letzten zwei Jahren ruhig um die Feuerbergstraße geworden wäre. Vielleicht darf ich einmal an das letzte Jahr erinnern – ich glaube, es war im März –, als wir überhaupt erst die ganze Problematik der Psychopharmaka in die Öffentlichkeit gebracht haben.
Die Problematik der Wachleute und auch die Problematik, wie wir sie aktuell haben, zum Beispiel der unerlaubten HIV-Untersuchung bei den Jugendlichen,
sind alles Punkte, die wir noch klären müssen. Wenn hier jemand über Polemik reden kann, dann ist es die CDUFraktion, die damals mit der Schill-Fraktion in einer bei
spiellosen polemischen Art und Weise die Geschlossene Unterbringung eingerichtet hat und allen Bürgern auch noch weismachen wollte, dass das alles zu ihrem Schutz geschehe. Hier wird ein Schutz suggeriert, den man mit einer Geschlossenen Unterbringung nicht einhalten kann. Das wissen Sie auch und Sie haben mit den Gefühlen der Bürger gespielt. Das war Polemik, Herr van Vormizeele, und nicht unsere Aufklärungsarbeit.