Protocol of the Session on October 11, 2006

Ja, ich bin sowieso gleich fertig.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Sie werfen uns immer wieder vor, wir würden im Alleingang handeln. Wir stehen zu unserer Verantwortung für diese Stadt, während sich die SPD dieser entzieht und das unterscheidet uns. Wenn Sie regieren würden, meine Damen und Herren von der SPD, würden Sie dieses Wahlrecht auch ändern,

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Warten wir es ab, es dauert nicht mehr lange!)

aber Sie hätten dann in uns eine Opposition gehabt, die mit Ihnen zusammen zu einer Lösung im Dienste der Stadt gekommen wäre. Sie haben sich für den Populismus entschieden – leider.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Duden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Voet van Vormizeele, ich glaube, Ironie, die teilweise in Ihrer Rede mitschwang, ist in der Frage des

sen, was wir heute zu entscheiden haben, eindeutig der falsche Zungenschlag und das steht Ihnen in dieser Debatte auch nicht zu.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Was Sie hier als Argumentenhagel bezeichnet haben und was der Kollege Jäger auch noch einmal versucht hat, in seiner Folgerede deutlich zu machen, ist eigentlich, dass Sie hilflos argumentieren und versuchen, von dem, was vermutlich bei vielen von Ihnen Bauchweh verursacht, abzulenken. Neues zum Wahlrecht ist in dieser Frage nicht gekommen.

(Bernd Reinert CDU: Von Ihnen auch nicht!)

Besonders ärgerlich finde ich in dieser Frage, dass immer wieder diese 21 Prozent bemüht werden, 21 Prozent aller Leute, die sich für dieses Wahlrecht entschieden haben. In der Folge dieser Argumentation müssten wir weitere Bankreihen einrichten, und das wäre dann die Fraktion der Nichtwähler, weil diese dann die größte Fraktion in diesem Hause wäre. Dann müssen Sie sich natürlich auch die Frage gefallen lassen, wenn es nicht 21 Prozent gewesen wären, sondern vielleicht 25, 26 oder 27 Prozent, ob Ihnen das dann gereicht hätte. Ich glaube, diese Argumentation ist für Sie brandgefährlich und die würde ich auch nicht weiter wählen. Sie müssen sich klarmachen, dass Ihre Abgeordneten heute vor einer ganz schweren Frage in diesem Punkt stehen.

(Harald Krüger CDU: Ihre auch!)

Ich glaube, dass wir keine weitere, inhaltsreiche Debatte zu dieser Frage führen müssen. Das haben wir alle 14 Tage getan. Wir müssen hier heute deutlich machen, wo die CDU in dieser Stadt steht.

(Karen Koop CDU: Sie müssen das gar nicht! – Bernd Reinert CDU: Wo stehen Sie denn?)

Ich habe selten das Gefühl, dass ich Uwe Bahnsen mit einem Kommentar so vorbehaltlos unterstützen kann, der heute getitelt hat: "Weg in die Isolation".

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sie lassen mit dieser Frage Bündnispartner und vielleicht auch eine komfortable absolute Mehrheit hinter sich, aber das werden die Strategen, die Sie heute in diese Debatte geschickt haben, sicher auch wissen.

Wir haben in dieser Debatte immer wieder über Respekt und Verantwortung geredet, aber – und das Lachen finde ich da sehr unpassend – das heißt, dass Sie trotz vieler Wiederholungen, die wir gemacht haben, in Wirklichkeit nicht begriffen haben, worüber wir heute hier diskutieren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wo sind die Ansprüche der CDU-Fraktion geblieben, diese Verantwortung und diesen Respekt vor sich herzutragen, so ernst zu nehmen, dass man sagt: Das ist in Ordnung, wir respektieren es und versuchen es einmal. Das wäre Respekt gewesen, das wäre Verantwortung gewesen.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Das wäre verant- wortungslos gewesen!)

Dieser Frage stellen Sie sich nicht. Sie sagen, das Volk hat entschieden, aber Respekt und Verantwortung reklamieren wir in anderer Art und Weise für uns.

Wir haben in den Diskussionen der vergangenen Wochen immer wieder gesagt: Lassen Sie die Finger davon. Lassen Sie uns gemeinsam gucken, was dieses Wahlrecht bringt, auch mit der Tatsache, dass viele Abgeordnete von uns vielleicht ein nicht so komfortables Rückfahrtticket haben wie sie es jahrelang gewohnt waren. Das wäre möglich gewesen. Da hätten wir, glaube ich, alle zusammen in dieser Stadt bei der Frage, wie wir mit dem neuen Wahlrecht umgehen, auch in den Spiegel gucken können und auch den Bürgern sagen können, das ist in Ordnung so, wir versuchen es.

Doch jetzt ist alles anders. Es gibt einen Appell von 33 Leuten im "Hamburger Abendblatt" und ich fand im Übrigen die Einlassung, dass von diesen 33 einige nicht in Hamburg wohnen, ziemlich schmalbrüstig. Das macht doch deutlich, dass das, was heute hier diskutiert wird, weit über die Stadtgrenzen dieser Stadt hinaus

(Wolfhard Ploog CDU: Eine Weltstadt!)

die Leute unruhig macht und sie dazu zwingt, eine Meinung zu haben und uns Hamburgern in dieser Frage zu unterstützen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Von daher würde ich mich an Ihrer Stelle niemals darüber aufregen, dass 33 vielleicht keine Hamburger sind oder nächstes Mal vielleicht auch nicht wählen gehen können. Ich kann mir vorstellen, dass Sie nicht hören wollen, was hochverdiente SPD-Bürgermeister dieser Stadt Ihnen in Sachen Wahlrecht mitgeben wollen.

(Zurufe von der CDU: Oh, oh!)

Das merke ich auch an Ihrem Geraune. Das ist in Ordnung. Aber jeder Einzelne von ihnen hat Ihnen ins Stammbuch geschrieben, warum Sie es eigentlich sein lassen sollten. Aber wenn die Crème de la Crème der Politikwissenschaftler Deutschlands – ich nenne nur Greven, Gessenharter, Wiesendahl, Decker, von Alemann, Walter, Raschke –, die bestimmt nicht innerhalb einer Klammer stehen, dass sie alle Freunde von Rotgrün sind, Ihnen mit geballter Kompetenz sagen, lassen Sie die Finger davon, dann, glaube ich, ist die Debatte, die Sie heute versucht haben zu führen, völlig unnötig.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sie können heute die Notbremse ziehen.

(Wolfhard Ploog CDU: Ziehen Sie sie doch!)

Eigentlich ist es ganz einfach. Sie müssen als Abgeordnete nur noch einmal in sich gehen und gucken, welche Argumente es in Wahrheit gegeben hat und mit welch großem Unbehagen ich eigentlich hier stehe und "Ja" sage. Heute hat schon in der Presse gestanden, dass wir uns einen heftigen Schlagabtausch liefern werden. Wenn wir das tun würden, wenn wir in dieser Frage auch die Stimme erheben müssen, gegen unheimlich viele Zwischenrufe andiskutieren müssen,

(Karen Koop CDU: Sie sind doch die Zwischen- ruferfraktion!)

dann hätten wir als Parlament eine Fünf verdient, weil diese Frage wirklich die Urfrage dessen ist, was wir hier diskutieren könnten. Deshalb hoffe ich, dass rüberkommt, dass wir in dieser Frage eine ernsthafte Debatte führen

und dass wir glauben, dass es nicht um einen Schlagabtausch geht, sondern auch um Nachdenklichkeit.

(Beifall bei der SPD)

Nachdenklichkeit ist im Übrigen nichts, was einen Abgeordneten auf die Negativliste bringt. Nachdenklichkeit in jeder Entscheidung ist das, was Abgeordnete auf eine Positivliste bringt. Wenn Sie das mit nach Hause nehmen, ist das schon mal eine gute Sache.

(Bernd Reinert CDU: Das sagen Sie mal in Ihre Richtung!)

Sie stärken mit dieser Entscheidung, die heute gefällt wird, die Politikverdrossenheit und Sie eröffnen in Wahrheit das Spiel mit der Stimme für radikale Parteien in Bezirksversammlungen. Das müssen Sie einfach wissen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – Harald Krüger CDU: Jetzt ist aber wirklich Schluss!)

Jeder Einzelne von Ihnen hat die Chance, "Nein" zu sagen, sich gegen den Weg in die politische Isolation zu entscheiden. Ich will als einen versöhnlichen Vergleich noch einmal bringen: In Hamburg gibt es zurzeit das Filmfest und wenn es dort einen Preis gäbe, der "Steigern von Politikverdrossenheit" heißt, dann hätten Sie als CDU-Fraktion alle Preise eingeheimst, die dort zu vergeben wären.

Wir, das Parlament insgesamt, erleben das Durchziehen einer zynischen Politik gegenüber dem Volkswillen Hamburgs und ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun. Die meisten CDU-Abgeordneten waren vor 14 Tagen noch nicht das, was man Fachleute nennen könnte. Abgeordnetenwatch zeigt im Übrigen bis zu dem heutigen Tag, dass die meisten Abgeordneten auch am Tag der Abstimmung über diese Frage entweder Formbriefe vor sich sehen, es vorziehen, nicht zu antworten oder hoffen, dass es irgendwie vorübergeht. Halten Sie inne, sagt die Initiative, halten Sie inne, sagen wir auch. Wenn es Bedenken aus Ihrer Fraktion gegeben hätte, dass irgendetwas, was Volkes Wille entschieden hat, verfassungsrechtlich bedenklich wäre – das sage ich auch den Abgeordneten in den hinteren Reihen –, dann hätten Ihre vorderen Fraktionsspitzen sofort den Weg an den Sievekingsplatz angetreten und hätten nicht bis zur heutigen Diskussion gewartet.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wolf Lepenies hat am Sonntag den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels bekommen, ein Soziologe, der vielen von uns nicht bekannt ist. Er hat gesagt:

"Ansteckend kann die Demokratie nur wirken, wenn sie nicht routiniert betrieben oder anderen mit Gewalt aufgezwungen wird …"

Von Ihnen geht keine Ansteckungsgefahr aus.