Es gibt einen dritten Punkt, den ich erwähnen möchte. Das ist die Situation der Jugendlichen in Bezug auf Ausbildungsplätze. Die Situation für Jugendliche mit einem Real- oder Hauptschulabschluss – insbesondere wenn sie einen sogenannten Migrationshintergrund haben – war in Hamburg auf dem Ausbildungsmarkt noch nie so schwierig wie in diesem Jahr. Und wer regiert jetzt? Nicht Rot, nicht Grün, nein Schwarz,
Einen letzten Punkt möchte ich an dieser Stelle noch erwähnen. Am Dienstag konnten wir im Pressespiegel nachlesen – vielleicht ist das bei manchen untergegangen –, dass der Kollege Frommann sich darüber wundere, dass die katholische Schule in Wilhelmsburg künftig
auch türkische Schüler aufnehmen wolle, denn bislang würden an der Konfessionsschule keine muslimischen Schüler eingeschult, denn das würde wohl auch zu einer Verschlechterung des bisher ausgezeichneten Rufs der katholischen Bonifatiusschule beitragen.
Hier kann ich nur sagen: Wer ein derartiges Verständnis für Leute nicht deutscher Herkunft aufbringt, darf sich nicht wundern, dass die Wahlergebnisse für die CDU in diesen Stadtteilen auch wieder bergab gehen werden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich bemerken, dass ich es sehr beschämend finde, mit welcher Heiterkeit der Bürgermeister hier an der Debatte teilnimmt.
Jawohl, es ist beschämend, dass sich der Bürgermeister bei einer Debatte über die soziale Spaltung in dieser Stadt hierüber belustigt. Das ist überhaupt kein lustiges Thema.
Was Sie hier aufbieten, meine lieben Kollegen von der CDU-Fraktion, ist auch beschämend. Sie können einzig und allein über Wilhelmsburg reden. Das ist Ihr großer sozialer Leuchtturm.
180 Millionen Euro werden dort investiert. Das hat Senator Dr. Freytag hier soeben wortreich kundgetan.
Was für eine Gegenwart hat Wilhelmsburg mit 25 Prozent arbeitslosen Sozialhilfeempfängern? In der Schule Buddestraße sind gerade drei Grundschulklassen in zwei Grundschulklassen zusammengelegt worden. Und der Sprecher der Schulbehörde erklärt: "Tut uns Leid, hieran können wir nichts ändern. Aber es ist ein großes Programm unterwegs." Hierzu komme ich gleich.
Zunächst komme ich zu dem Kollegen Finck, der hier sehr merkwürdige Theorien hinsichtlich des politischen Hintergrunds aufgestellt hat. Hierzu möchte ich ein kurzes Beispiel geben. Am Montag erzählte mir meine ältere Tochter, dass ihre Klassenreise wahrscheinlich nicht zustande kommt, weil zehn von 27 Schülern die Kosten von 130 Euro nicht bezahlen können, die die ARGE den Eltern nicht überwiesen hat. Die Lehrerin ist in Vorkasse getreten. Das macht mich betroffen. Das ist ein Stück aus Altona-Altstadt und ist nicht Wilhelmsburg. Das ist die
soziale Realität. Mehr als ein Drittel der Schüler der sechsten Klasse eines Hamburger Gymnasiums können 130 Euro für eine Klassenreise nicht bezahlen. Das ist die Realität und die kommt nicht nur in Wilhelmsburg vor.
Herr Senator Dr. Freytag verwies auf die 39 Millionen Euro, die für die aktive Stadtteilentwicklung für vier Jahre eingesetzt werden. Das sind neun Millionen Euro pro Jahr. Im letzten Doppelhaushalt wurden die Mittel in der sozialen Stadtentwicklung um 25 Prozent abgesenkt. Das ist die Realität.
Abgesehen von Wilhelmsburg leben in den zwölf genannten Stadtteilen 289 000 Menschen, die sich diese neun Millionen Euro pro Jahr teilen, was 33 Euro pro Kopf ausmacht. Die Kindergarten-Essensgebühr für einen Monat kostet 13 Euro.
Das sind dementsprechend 39 Euro für drei Monate. Sie können sich unschwer ausrechnen, wie wenig Geld das ist. Das ist nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein, den Sie hier aufbringen, was ist Ihnen auch völlig klar ist. Daher strickt jetzt auch eine Staatsräterunde an einem Feuerwehrprogramm, das im November vorgestellt werden soll. Was Sie dort zusammenbasteln, ist ein Windei.
Der Senator hat eine Menge Projekte aufgezählt. Das ist der Vorteil der Exekutive, dass sie die Schubladen aufmachen und alles Mögliche herausholen kann. Aber das, was Sie tun, ist leider viel zu wenig im Vergleich zu der Größe der Probleme, mit denen wir es zu tun haben.
Was Sie hier vorhaben, sind Projekte, die den Menschen in den Stadtteilen unmittelbar zugute kommen sollen. Sie machen das hundertprozentig Top-down, also von oben nach unten. Unter Ausschluss der Bezirksversammlungen und der lokalen Ebene wird in der Staatsräterunde jetzt eifrig nach Projekten gesucht.
Hinzukommt, dass Sie in einzelnen Stadtteilen eine Reihe von speziellen Themen behandeln wollen. In Wilhelmsburg geht es um die Bildung. In Steilshoop soll der öffentliche Raum chic gemacht werden. Dass die Leute dort über die Schließung ihrer Gesamtschule klagen, interessiert Sie überhaupt nicht. Das ist bei Ihrem Feuerwehrprogramm völlig unwichtig.
Sie machen unverbundene Einzelprojekte. Sie schicken sozusagen Hilfsflüge dort hin und werfen etwas im Stadtteil ab,
damit der Bürgermeister dann in zwei Jahren die schönen Bänder durchschneiden kann und erklären kann: "Seht her, das ist Sozialpolitik." Aber das ist nur eine Alibipolitik und mehr nicht.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sie philosophieren sehr viel, wer, was, wie macht und warum jemand lacht. Ich möchte hier aber eines ganz deutlich zum Ausdruck bringen. Das Niveau dieser Debatte, insbesondere wenn Kolleginnen wie Frau Veit hier reden und die Sturmflut, deren Opfer und die Konsequenzen mit der Entwicklung in Kirchdorf-Süd zusammenzubringen, ist unter aller Kanone.
Die Sturmflut hat 1962 stattgefunden. Die Entwicklungen in Kirchdorf-Süd sind Anfang der Siebzigerjahre entstanden.