Protocol of the Session on September 27, 2006

Das Wort hat die Abgeordnete Köncke.

Neu ist an diesem Thema, das hat Herr Lieven, glaube ich, ziemlich eindrucksvoll dargestellt, dass Sie es tatsächlich schaffen, in Zeiten des konjunkturellen Wachstums die soziale Spaltung weiter zu verschärfen. Das ist mit Sicherheit neu.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Sie investieren eine ganze Menge, nur Sie investieren darin, dass es weniger Menschen besser und vielen schlechter geht.

(Wolfgang Beuß CDU: Das ist doch lächerlich!)

Das ist deutlich dargestellt worden.

Jetzt noch zwei, drei Sätze zur rotgrünen Stadtentwicklungspolitik. Sie haben die Lenzsiedlung angesprochen. Moment einmal, wenn ich mich richtig erinnere, ist die Entwicklung der Lenzsiedlung im sozialpolitischen Sinne, im stadtteilentwicklungspolitischen Sinne von Rotgrün angeschoben worden. Danke, dass Sie diesen Erfolg so plastisch herausgearbeitet haben.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Zwei, drei andere Beispiele für rotgrüne Stadtteilentwicklungspolitik, auf die Sie gerne noch einmal zurückkommen können, sind Stadtteile wie St. Georg, Ottensen und St. Pauli, die vor 15 Jahren nicht so aussahen, wie sie heute aussehen. Sie ernten heute die Früchte rotgrüner Stadtteilentwicklungspolitik.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Herr Freytag, Sie haben heute, wie es bei Ihnen üblich ist, viel über Investitionen gesprochen, wenig über die Menschen. Lassen Sie uns noch einmal einen zweiten, einen anderen Blick auf diese Menschen in diesen Stadtteilen werfen. Wir haben in diesen Stadtteilen – Billstedt, Jenfeld, Hamm und Horn und wie sie alle heißen – die höchste Geburtenrate. Wir haben hier Zweisprachigkeit, wir haben hier kulturelle Vielfalt. Der Anteil der jungen Menschen unter 25 Jahren ist genau hier am größten.

(Wolfgang Beuß CDU: Das sind alles rotgrüne Früchte!)

Genau hier sind die Potenziale, die wir mit allen möglichen anderen Politikbereichen immer wieder versuchen zu fördern. Hier bleiben Sie an der Seite brachliegen, weil Sie in Gebäude investieren.

(Wolfgang Beuß CDU: Was ist das für eine Logik?)

Es sind hier Jugendliche, die zu Fachleuten ausgebildet werden wollen, Migranten, die nach Hamburg kommen, um ihr Glück zu suchen, Kinder, die eigentlich unsere Zukunft bedeuten. Hier leben die Hoffnungsträger.

(Jörn Frommann CDU: Schöne heile Welt!)

Ich will damit nichts schönreden, sondern einfach begründen, warum hier eine Investition, eine Förderung der Menschen nötig ist, nicht nur eine bauliche Verbesserung der Situation.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Sie haben von Konzepten und Finanzierungsmöglichkeiten gesprochen. Ich möchte gerne ein Konzept und eine Finanzierungsmöglichkeit zumindest im Ansatz aufgreifen. Wir haben 170 Millionen Euro – ich habe sie schon häufig zitiert – die wir nutzen könnten, um die Situation in genau diesen Stadtteilen zu verbessern. Was haben Sie mit diesen 170 Millionen Euro gemacht? Sie haben 13 000 Ein-Euro-Jobs quer über diese Stadt gegossen, die den Menschen und der sozialen Stadtteilentwicklung nicht helfen. Hier könnten Sie kombinieren, hier hätten Sie eine Möglichkeit, tatsächlich die Situation in den Stadtteilen zu verbessern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Frommann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! So manches Mal kommt es einem vor, als wenn man im falschen Film ist.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ja, das sind Sie!)

Das Draufblicken, das Frau Köncke eben beschrieb, war das Typische. Es ist eine Situation aus dem theoretischen Aspekt, wie es denn einmal sein könnte.

Herr Lieven, wir haben ein ganz generelles Problem. Sie reden hier weiterhin über 30 Prozent der Schüler ohne Schulabschluss. Vielleicht schauen Sie sich die Drucksachen an. Wir sind bereits – 30 Prozent war zu Ihren Zeiten von Rotgrün – bei unter 20 Prozent, was noch nicht super ist, aber was eine deutlich positive Tendenz ist. Schauen Sie sich die Drucksachen an.

(Beifall bei der CDU)

Frau Veit kam wieder mit dem Argument, wir sollen uns um alle Familien und Kinder kümmern. Da haben Sie Recht. Nur, wo war die SPD denn bitte schön in den Neunzigerjahren?

(Christiane Blömeke GAL: Sie sind seit sechs Jah- ren an der Regierung!)

Wo waren Sie in Wilhelmsburg? Sie haben den Stadtteil dorthin gebracht, wo wir ihn vorgefunden haben. Das Problem ist, – Dr. Maier weiß es mit am besten – die Situation ist zu verfahren. Die Probleme sind doch nicht vor fünf Jahren entstanden, sondern wir haben die schon seit mehreren Jahrzehnten. Sie waren noch nicht einmal in der Lage, in Ihrer Regierungszeit die einfachsten Arbeitsaufträge abzuarbeiten.

Wir haben zum Beispiel damals mit der Drucksache 16/5339 gefordert, die Schaffung von sozialem Wohnungsbau im Stadtteil bis zum Jahre 2015 auszusetzen – abgelehnt von Rotgrün. Der lokale Einzelhandel, insbesondere im WEZ oder in ähnlichen Bereichen, soll gestärkt werden – abgelehnt von Rotgrün. Das sind ganz einfache Aufgaben. Gesamtverkehrskonzepte entwickeln – abgelehnt von Rotgrün. Der Punkt ist doch einfach: Wenn man an einzelnen Fakten für die Stadtteile arbeiten würde, würde man eine Perspektive für die Menschen entwickeln. Das ist erst 2001 mit dem Konzept des Sprungs über die Elbe gelungen. Das muss man ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Köncke, Sie reden über Neubauten und Entwicklung. Natürlich passiert auch im Baubereich etwas auf Wilhelmsburg. Das Entscheidende ist aber, dass man die Menschen mitgenommen hat, eine Perspektive entwickelt hat, die für alle eine Chance bietet. Da zitiere ich einmal Ihren lieben Abgeordneten, den Kollegen Martin Schmidt. Er ist nicht mehr bei uns, aber damals am 12. Dezember 2000 in der Debatte um die Zukunftskonferenz, die immer wieder von der GAL hochgehalten wird, sagte er:

"Die Behörden dürfen nicht jede für sich von den Problemen getrieben einfach immer weiter wurschteln."

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

"Sondern es muss eine Zukunftsvorstellung da sein. Das Bild – Bild übersetzt man lateinisch mit Vision – des Stadtteils der nächsten Jahrzehnte muss entwickelt werden. Daraus muss sich eine Stadtteilpolitik entwickeln, die auf neue Weise das staatliche Handeln beeinflusst."

Das hat die CDU, das hat der Senat getan. Wir sind auf einem guten Weg. Ich bin sicher, diesen Stadtteilen wird es besser gehen. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Marx.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ein bisschen bemerkenswert war die Situation eben schon. Ich meine, es ist nichts ganz Neues, dass der Senat nicht unbedingt zuhört, wenn jemand von der Opposition redet. Auch den

eigenen Leuten hört der Senat nicht immer zu. Aber, dass der Senat in weitgehendes Gelächter ausbricht, während Carola Veit redet, finde ich, ist schon ziemlich unerhört.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Frank- Thorsten Schira CDU: Seien Sie einmal nicht so empfindlich! Sie sind ja eine Mimose!)

Nach der Rede von Herrn Frommann hatte ich fast den Eindruck, dass die CDU-Fraktion auch das Rad und den tiefen Teller erfunden hat. Das weiß ich aber nicht so genau.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ricola!)

Ich weiß aber sehr genau, dass schon der rotgrüne Senat beschlossen hat, dass es eine Internationale Gartenschau in Wilhelmsburg geben soll. Ich begrüße sehr, dass der jetzige Senat und der Zwischendurch-Senat dieses Projekt nicht hat fallenlassen, sondern es weiter vorantreibt.

Ich möchte etwas zu der Schulsituation in Wilhelmsburg sagen. Die CDU tut so, als ob sich dort jetzt alles gebessert hätte. Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben mittlerweile an den Grundschulen in Wilhelmsburg – wie auch sonst in Hamburg – 27 Schüler als Minimum in jeder Klasse. Das ist doch keine Verbesserung. Das halten auch die Eltern nicht für eine Verbesserung, weder in Wilhelmsburg noch in Veddel noch in Dulsberg noch sonst wo.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Selbst Ihrem eigenen Senat ist aufgefallen, dass das so doll nicht mehr ist und dass man vielleicht in der Haushaltsklausur der CDU-Fraktion am 17. November oder spätestens im nächsten Jahr rechtzeitig vor der Wahl noch einmal nachlegen müsse. Insofern bin ich der Meinung, dass auch Sie als CDU-Fraktion diese Erkenntnis jetzt schon haben könnten.

Dann realisieren Sie symbolische Projekte wie beispielsweise die Studierenden in Wilhelmsburg, die jetzt gefördert werden, allerdings nur in einigen Straßen und in anderen Straßen nicht. Aber diejenigen Studierenden, die schon immer in Wilhelmsburg wohnen – und hiervon gibt es auch welche –, werden nicht gefördert, sondern dürfen stattdessen Studiengebühren zahlen, was eine ganz spezielle Form der Förderung ist.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)