Deshalb sei die Feststellung der Jugendlichen nicht richtig, also mit anderen Worten: Die Jugendlichen müssen sich irren, denn in den Akten der Behörde steht etwas anderes. Aber was nützt es, wenn es in den Akten steht? Es muss umgesetzt werden, die Schule muss es umsetzen.
Aus den Studien ist bekannt, dass nicht wenige homosexuelle Jugendliche sich in der Phase des Coming outs von ihrer Umwelt alleingelassen fühlen, dass sie in Drogenkonsum oder gar in Selbstmord flüchten.
Meine Damen und Herren! Wir haben gerade wieder die Teilauflösung des Parlaments in mehr oder minder interessierte Gesprächsgruppen.
Lutz Kretschmann-Johannsen (fortfahrend) : Antischwule Schimpfwörter sind in der Schule sehr beliebt und werden häufig benutzt; wir haben hier auch schon mehrmals darüber gesprochen. Das alles ist nicht hinnehmbar, darüber kann man auch nicht einfach hinwegsehen, da muss man hinsehen, da muss man etwas tun und ich habe auch einen Vorschlag. Ich empfehle dem Senat – es sind ja noch einige Mitglieder da –, sich in der nächsten Senatssitzung, die immer sehr kurz sind, habe ich gelesen, einmal fünf Minuten mit dem Klassensatz der Unterrichtshilfe zum Thema Homosexualität zu befassen. Genügend Exemplare müssten in der Schulbehörde noch vorhanden sein, die verstauben da in den Regalen. Ich empfehle Material Nummer acht, das steht ungefähr auf Seite 39, ein Erfahrungsbericht einer Hamburger Schülerin, die ein Gymnasium besucht hat: Lesen bildet. Lesen Sie sich das einmal durch und Sie werden sehen, was gemacht werden muss und was in den Hamburger Schulen passiert: zu dem Thema nichts.
Auch von Problemen von Lehrern, die sich geoutet haben oder für homosexuell gehalten werden, mit den Kollegen oder den Schülern will der Senat nichts wissen. Es herrscht also große Unwissenheit bei den Behörden.
Nun kann man sich fragen, ob der Senat etwas unternimmt, zum Beispiel eine Umfrage wie in München, eine Studie wie in Berlin, um etwas über die Lebensbedingungen der homosexuellen Menschen in Hamburg zu erfah
Der Senat will also gar nichts wissen. Er handelt nach der Devise, dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Das Referat für Gleichstellung hat seit 2004 keine Veröffentlichung, keine Teilnahme an überregionalen Fachkonferenzen und auch keine Initiativen vorzuweisen und jetzt kürzt der Senat 2007/2008 die wenigen Mittel für Gleichstellungsprojekte auch noch.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir leben im 21. Jahrhundert. Der Senat macht leider eine Politik, die zu den Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts passen würde.
Sie funktioniert in etwa so: Sei lesbisch oder schwul, aber hänge es nicht an die große Glocke, dann lassen wir dich auch in Ruhe und können darüber hinwegsehen.
In einer vielfältigen Gesellschaft geht es darum, die Menschen darin zu bestärken, ihre Freiheitsrechte auch in Anspruch zu nehmen, sie zu ermutigen, sich die Freiheit zu nehmen, die ihnen der Staat und nur dieser gewährt. Die katholische Kirche kann das anders handhaben, aber die Stadt muss ihren Standpunkt unmissverständlich klarstellen. Viele Homosexuelle verschweigen aus Furcht vor Nachteilen immer noch ihr Privatleben bei der Arbeit oder stellen es gar falsch dar; es soll auch hier im Hause einige geben. Warum, verehrte Kollegen und Kolleginnen, eigentlich? Das zeigt doch, dass hier noch einiges zu tun ist.
Der Staat und die Stadt sollten mit gutem Beispiel vorangehen und die Menschen zur Offenheit ermutigen, nur müsste dazu der Senat endlich die richtigen Signale setzen, aber das tut er nicht, im Gegenteil. Zum Beispiel Anpassung Landesrecht an das Lebenspartnerschaftsgesetz; das haben Sie bestimmt schon erwartet, Herr Heintze. Ich möchte Sie nämlich daran erinnern, dass Sie am 8. Juni 2005 in der Debatte gesagt haben, dass die CDU-Fraktion nach der Bundestagswahl zügig die Anpassung des Landesrechts vornehmen werde. Das ist
ziemlich lange her und was ist passiert? Nichts, Herr Heintze. Was ist denn mit Ihrer Fraktion, können Sie sie nicht dafür begeistern,
Der Senat hat keine Verbesserung der Rechtsstellung der Lebenspartnerschaften erreicht, obwohl er sich das in seinem Regierungsprogramm vorgenommen hatte. Die Bundesratsinitiative ist gescheitert, zum Glück, kann man sagen, es hätte nur zu neuen Diskriminierungen geführt und von einem Anlauf, in irgendeiner Form zum Thema Lesben und Schwule etwas zu machen, ist keine Rede.
Meine Damen und Herren! Hamburg hat einen schwulen Bürgermeister, das kann man ja mal sagen, aber wer glaubt, dass deshalb in dieser Stadt Diskriminierung bekämpft oder Toleranz befördert werde, der irrt. Nach der unsäglichen Attacke des damaligen Zweiten Bürgermeisters – Sie erinnern sich, das war der Schill – auf ihn selbst und seinen damaligen Justizsenator – das war der Kusch – ist Herrn von Beust eine Welle der Sympathie und Solidarität entgegengebracht worden. Es ist schade, dass er nicht wenigstens dafür sorgt, dass diese Unterstützung auch denen zukommt, die sich in weniger prominenten Positionen befinden. Stattdessen hält dieser Senat ausgerechnet das Thema Diskriminierung und Homosexualität offenbar für abschließend erledigt. Das finde ich unredlich und unfair.
In Hamburg leben viele homosexuelle Menschen, das ist auch gut so. Die Politik des Senats gefällt sich darin, diesen Teil der Bevölkerung nicht weiter zu beachten und sich um ihre Bedürfnisse zu kümmern. Sie halten das wahrscheinlich für liberal, ich nenne das ignorant und gleichgültig. – Vielen Dank.
– Herr Grund, jetzt haben wir die Ratschläge zur Nutzung des Mikrofons durch und ich werde mich bemühen, die Lautstärke nicht allzu sehr zu penetrieren. Das gibt auch das Thema an der Stelle nicht her.
Herr Kretschmann, Sie haben sehr viele sehr unterschiedliche Facetten und auch mich persönlich angesprochen, dass ich das Lebenspartnerschaftsgesetz et cetera groß angekündigt hätte. Seien Sie versichert – ich glaube, wir sind beide lange genug mit diesem Thema befasst –, dass wir wissen, dass bestimmte Thematiken, und dazu gehört auch Homosexualität, in der Gesellschaft deutlich schwieriger anzugehen sind, als es vielleicht die Innere Sicherheit sein mag; da wird es dann ja auch gleich lauter.
Seien Sie überzeugt – da haben wir auch eine andere Sichtweise auf die Antworten des Senats auf die Große Anfrage –, dass sich etwas bewegt und ich glaube schon, dass sich Schwule und Lesben in dieser Stadt nicht dis