… wenn man Sie so reden hört, kann ich mir nicht vorstellen, dass Sie seit zwei Jahren mit mir gemeinsam in diesem Familienausschuss sitzen. Alle Debatten scheinen an Ihnen vorbeigegangen zu sein.
Das sind 51 000 Kinder und mehr als in Ostdeutschland. Dort sind es neun Kinder und höher als der westdeutsche Bundesdurchschnitt.
Frau Senatorin, ich verstehe, dass Sie diese Zahlen noch nie in der Öffentlichkeit genannt haben. Sie passen auch nicht in das CDU-Konzept, bei dem Hamburg gern als Glanz und Gloria-Stadt dargestellt wird. Nein, hier passen diese alarmierenden Zahlen nicht hinein.
Armut im reichen Hamburg. Was bedeutet das für den Alltag dieser Kinder? Für diese Kinder ist vieles tabu, was für andere selbstverständlich ist. Musik- und Turnunterricht, Schwimmbad- und Zoobesuch, Klassenreisen, Ausflüge sowie Nachhilfeunterricht. Das alles ist unbezahlbar.
Wenn Sie sich so echauffieren, warum sind Sie im Ausschuss dann immer so ruhig? Machen Sie doch dort einmal den Mund auf und diskutieren Sie mit uns.
Ich kann Ihnen noch einiges mehr erzählen. Es sind nicht nur die materiellen Dinge, die diesen Kindern fehlen. Wer arm ist, ist auch häufiger krank und psychisch belastet. Diese ganze Armut zieht einen Rattenschwanz hinter sich her.
Frau Dr. Hilgers hat die Auswirkungen der Kita gerade richtig beschrieben. Kinder bis drei Jahren aus armen Elternhäusern haben gar keinen Kita-Platz, weil meistens ein Elternteil zu Hause ist. Zwischen drei und sechs Jahren haben sie nur einen Halbtags-Kita-Platz. Ihre Schuldbildung und ihr Schulabschluss sind vorprogrammiert. Sie enden meistens ohne Schulabschluss auf den sogenannten Rest-, Förder- oder Hauptschulen. Bei dieser Aus
grenzung ist es nicht verwunderlich, wenn diese Kinder reagieren, nämlich mit Aggressionen, Gewalt und Kriminalität.
Und in dieser Folge tragen sie genau zu dem bei, wo auch immer wieder Herr Dr. Peiner erklärt, dass es nicht angehen kann, dass die Hilfen zur Erziehung ins Unermessliche wachsen. Woher kommt denn das? Das ist Ihre verfehlte Politik für die Kinder in der Kita und in der Schule.
Ich sage das an dieser Stelle ganz deutlich. Wir haben es hier mit einem gesellschaftlichen Problem zu tun, dessen Ausmaß dieser Senat völlig verkennt. Die Armut in der reichen Stadt Hamburg ist die Kehrseite der wachsenden Stadt Hamburg.
Diese Kinder sind nicht einmal mehr Statisten. Statisten spielen im Film eine ganz besonders wichtige Rolle. Nein, diese Kinder kommen gar nicht erst vor. Sie werden vom Senat ignoriert, Frau Strasburger, weil sie nicht in Ihre Hochglanzbroschüren Hamburgs passen.
Lediglich einige dramatische Einzelfälle von vernachlässigten Kindern reißen den Senat aus seiner Lethargie. Es geht hier aber nicht um Einzelfälle, sondern um den ganz banalen Alltag von 50 000 Kindern und wahrscheinlich mehr, die hier in Hamburg auf der Verliererseite stehen.
Was macht unser Bürgermeister? Er verspricht im Februar dieses Jahres vollmundig: Kein Kind darf durch den Rost fallen. Das ist sowieso eine sehr komische Assoziation, Kinder mit Rost in Verbindung zu bringen. Und noch dazu liefert er sich ein sportliches Wettrennen mit seiner Sozialsenatorin nach dem Motto: Wer besucht die meisten Kitas oder die Mittagstische in den sozialen Brennpunkten? Die Senatorin singt ein Lied mit den Kindern und der Bürgermeister isst selbstgebackene Pfannkuchen.
Wenn ich diese Kitas besucht habe, dann habe ich andere Dinge mitgenommen, als ein fröhliches Lied oder einen vollen Bauch. Ich habe genau die Dinge erfahren, die Frau Dr. Hilgers genannt hat, nämlich, wie benachteiligt die Kinder in den sozialen Brennpunkten sind, wie Eltern sich verschulden und dass es in Hamburg sogar Kinder gibt, die aufgrund der Verschuldung ihrer Eltern aus der Kita zwangsabgemeldet werden müssen. Haben Sie das auch erfahren?
… und demonstrieren Ihre Untätigkeit. Hier haben Sie ein großes Handlungsfeld. Fangen Sie an, zu handeln. Dann wären wir in dieser Stadt ein Stück weiter.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eines möchte ich vorweg ganz deutlich sagen: Noch nie, wirklich noch nie haben Kinder und Familien in Hamburg einen so hohen Stellenwert gehabt, wie bei dieser Regierung.
Kinder verdienen unseren Schutz und es ist mir ein Herzensanliegen, sie bei einem guten Start ins Leben zu unterstützen. Das legen die Maßnahmen und die Projekte des Senats in den vergangenen Jahren ganz eindeutig dar. Hierfür will ich Beispiele nennen.
Um Kinder vor Vernachlässigungen zu schützen, hat der Senat ein großes Maßnahmenbündel auf den Weg gebracht. Hamburg schützt seine Kinder, das wissen Sie alle. In diesem Maßnahmenbündel haben wir 40 kleine und große Maßnahmen zusammengefasst. Das sind viele Projekte, unter anderem die Aufstockung, die wirklich teure Aufstockung der allgemeinen sozialen Dienste und die bessere Vernetzung. Es ist also ein breites Paket, das dazu beiträgt, den Schutz von Kindern auszuweiten.
Und ich nenne ein weiteres Beispiel dafür, dass die Politik direkt das Wohl von Kindern und Jugendlichen verfolgt. Das ist unser Konzept der drogenfreien Kindheit und Jugend.
Während Sie in Teilen der Opposition immer noch über die Freigabe von Cannabis und so weiter fachsimpeln, haben wir hier wichtige und strukturelle Maßnahmen auf den Weg gebracht,
Das ist Jugendschutz, anstatt Legalisierungsirrsinn. Wir wollen Familien und Kinder in problematischen Lebenslagen so früh wie möglich erreichen. Das ist ebenfalls ein wichtiges Anliegen dieses Senats. Daher gibt es rund um Schwangerschaft und Geburt mehr Familienhebammen,
(Dr. Mathias Petersen SPD: Weniger Geburten! – Gegenruf von Stefanie Strasburger CDU: Dafür können wir ja nun nichts!)
als zu Ihrer Regierungszeit. Es gibt Planungen der Nachbarschaftszentren, Sprachförderangebote und WelcomeProjekte, also einen breiten Strauß. Bereits im Kranken
haus werden heute junge Mütter von uns angesprochen. Ich glaube, dass wir hier weiter sind, als Sie je zuvor.