Protocol of the Session on August 23, 2006

Ja, hier soll man das nicht auf die Goldwaage legen, Herr Ohlsen, aber Sie fangen an, irgendwelchen Unsinn über die SPD zu erzählen, was wir so hinnehmen sollen.

Niemand bestreitet, dass man für die Zukunft planen muss. Aber ich sage es nochmals: Wenn man 600 Millionen Euro in dieses Projekt investieren will,

(Bernd Reinert CDU: 1 Milliarde!)

dann muss man sich überlegen, zu welchem Zeitpunkt das vorgenommen wird. Nur darum geht es und das haben Sie nicht begriffen. Hier haben Sie bisher nicht Ihre Hausaufgaben gemacht.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen zum ersten Thema sehe ich nicht.

Dann rufe ich das zweite von der SPD-Fraktion angemeldete Thema auf:

Armutszeugnis für Hamburg – Warum Kinder in der Politik des Senates nur Statisten sind

Das Wort bekommt die Abgeordnete Dr. Hilgers.

Verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Schnieber-Jastram lässt sich bei ihren Kita-Besuchen gern auf Fotos von Kindern einrahmen. Sie macht sie zu Statisten ihres Auftritts, aber die Probleme der Kinder und ihrer Familien interessieren sie nicht.

(Rolf Harlinghausen CDU: Die Kinder wollen Sie ja auch nicht auf dem Foto haben! – Beifall bei der SPD)

Gesamtverantwortung für diese Stadt heißt, Verantwortung für das prosperierende, für das boomende, sich gut entwickelnde Hamburg zu tragen. Gesamtverantwortung für diese Stadt und für dieses Gemeinwesen heißt aber auch, Verantwortung für die Entwicklung der Stadtteile zu tragen, die Sie Stadtteile mit sozialen Problemlagen nennen, beispielsweise für die Familien und insbesondere für die Kinder aus Billstedt, Billbrook, Dulsberg, Horn,

Jenfeld, Lohbrügge, Lurup, Rothenburgsort, St. Georg, St. Pauli, Steilshoop, Veddel und Wilhelmsburg.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Diese Verantwortung nimmt dieser Senat nicht wahr. Er blendet sie nicht nur systematisch aus, sondern er verschärft dort auch die Probleme.

Nach vier Jahren verfehlter Politik für Kinder und Familien fällt dem Finanzsenator im MOPO-Inverview auf, dass man Familien zu stark belastet habe. Dass, Herr Finanzsenator, ist der blanke Hohn und ist ein Skandal.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – Michael Neumann SPD: Frechheit!)

Sie haben zu verantworten, dass die Zahlen im geförderten Wohnungsbau in den Keller gehen. Sie haben die Arbeitsmarktmittel auf einen mikroskopischen Rest geschrumpft. Sie haben die Kinderkuren eingestampft, das Sozialticket gestrichen und Sie überziehen alle Eltern mit einer beispiellosen Gebührenkeule.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Sie haben alle Familien belastet, aber in den Stadtteilen mit sozialen Problemlagen nehmen Sie die Kinder für die Lebenslage ihrer Eltern in Geiselhaft.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch und Manuel Sarrazin, beide GAL)

Und das, obwohl nach heutigem Kenntnisstand nichts wichtiger ist, als frühe Förderung von Kindern. Hier kann der fatale Zusammenhang von Armut und Bildungsarmut aufgebrochen werden. Kitas sind hierfür der entscheidende Ort, die Chancengleichheit von Kindern aus bildungsfernen Schichten zu erhöhen, Sprachförderungen und Integration zu leisten.

Gerade im Elementarbereich bei den Drei- bis Sechsjährigen verschleiern Sie, Frau Schnieber-Jastram, durch eine trickreiche Berechnung bei der Versorgung, dass ein Fünftel der Kinder in den Gebieten mit sozialen Problemlagen vor der Schule keine Teilhabe an frühkindlicher Bildung haben. Und das ist schlimm.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sie decken mit den Zahlen aus unserer Großen Anfrage auf, dass in diesen Gebieten die Versorgung mit Krippenplätzen im Kita-Gutscheinsystem seit 2002 um ein Drittel und die Hortversorgung um ein Fünftel schlechter geworden ist, als in den übrigen Stadtteilen Hamburgs. Aus Ihren Zahlen wird auch deutlich, dass es im Elementarbereich seit 2002 ein Drittel weniger Ganztagsplätze gibt. Sie lassen die Kinder allein.

(Beifall bei der SPD)

Frau Senatorin, Sie kennen diese Zahlen. Sie wissen, was Sie hier angerichtet haben. Das macht die unverschämte Kommentierung aus Ihrem Hause deutlich. Dort heißt es, dass Sie lieber mehr Kinder kürzer als weniger länger betreuen wollten. Falsch, Frau Senatorin, entscheidend ist der individuelle Förderbedarf der Kinder, und zwar unabhängig von der Lebenslage der Eltern. Kitas gibt es nicht nur, weil die Eltern Betreuung im Umfang ihrer Berufstätigkeit brauchen, sondern Kitas gibt es auch als notwendige Ergänzung familiärer Erziehung und als eigenständige Bildungseinrichtung im vorschulischen Bereich.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Weiter heißt es, Frau Senatorin, dass man Sprache auch auf der Straße lernen könne. Falsch, Frau Senatorin, man lernt zwar auf der Straße vieles, vor allem Unfug, aber nicht die Sprache, jedenfalls nicht so, dass man dem Unterricht folgen kann und nicht so, dass man von Anfang an mitkommt.

Zum Thema der wachsenden Verschuldung von Eltern bei Kitas heißt es lapidar aus Ihrer Behörde: Wer Leistung will, muss sie auch bezahlen. Falsch, Frau Senatorin, Kinder können nicht warten, bis sich die finanzielle Lage ihrer Eltern gebessert hat. Prioritär und unabhängig vom Einwirken auf die Eltern muss den Kindern geholfen werden.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Im Zentrum muss stehen, welche Kinder so früh wie möglich so viel individuelle Förderung wie nötig brauchen. Für diese Positionen haben sich in den letzten Tagen in den Hamburger Medien viele Zeugen und viele Organisationen angesprochen gefühlt und hierfür möchte ich mich bedanken. Aber das perlt an Ihnen ab, wie das Wasser in der Teflonpfanne. Sie merken nichts.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Glocke)

Sie müssen zum Schluss kommen.

Was tun Sie für diese Kinder, Frau Senatorin? Ankündigungen über Ankündigungen. Sie haben keine Lösung, nicht einmal Ansätze. Sie sind ein Teil des Problems. Das ist Ihr Armutszeugnis. Nehmen Sie Ihre Gesamtverantwortung und die Probleme dieser Kinder wahr. Lassen Sie diese Kinder nicht allein.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Strasburger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Damen und Herren der Opposition werden nicht müde, das Thema Kinder im Allgemeinen und das Thema Kita im ganz Besonderen hier auf die Tagesordnung zu setzen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das heute von der SPD angemeldete Thema, für den Senat seien Kinder nur Statisten, ist nun wirklich eine echte Groteske.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Hat Herr Dr. Peiner belegt!)

Nach den letzten Umfragewerten kommen Sie mir langsam wie die Statisten in dieser Stadt vor.

(Bernd Reinert CDU: Richtig!)

Liebe SPD, für Sie einmal ganz deutlich: Kinder sind unsere Zukunft, und zwar für alle.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von Dr. Mathias Petersen SPD)

Alle Kinder, Herr Dr. Petersen. Das sehe ich genauso.

Niemand darf sich anmaßen, zu sagen, dass bei dem einen gefördert werden soll und bei dem anderen nicht. Wir müssen unsere Kinder und Jugendlichen bestmöglich fördern.

(Christiane Blömeke GAL: Jetzt aber mal los!)

Bei Menschen, die es nicht allein schaffen, sich qualitativ und befriedigend um ihre Kinder zu kümmern, müssen wir Hilfe leisten.