Die Realität sieht in Hamburg zurzeit leider anders aus. Wir mussten sogar feststellen, dass Schüler ein bis zwei Jahre zur Schule gehen und hinterher sogar weniger wissen als vorher. Hierzu möchte ich eine kleine Anekdote am Rande anführen.
Es war für mich schon bemerkenswert, als ich Herrn Professor Egholm lauschte, dass in den dortigen Schulen offenbar ganz andere Arbeitsbedingungen gelten, da doch die GEW die Schweden immer als bildungspolitisches Paradies darstellt. Die Lehrer in Schweden werden beispielsweise von ihrem Schulleiter nach Erfolg bezahlt und Professor Egholm fand das auch völlig selbstverständlich: "Wir geben als Staat den Lehrern Geld und können daher Resultate verlangen." Ich kann aber die GEW beruhigen. Die CDU wird auch weiterhin nicht das schwedische Schulsystem in Hamburg einführen.
Aber wir werden es auch nicht mehr weiter zulassen, dass Potenziale von Schülern vergeudet werden und dass unser Unterricht offenbar weniger effektiv ist, als der in Bayern und in Sachsen. Der PISA-Forscher, Herr Professor Prenzel, konnte am Sonnabend zwar feststellen, dass Hamburg zu SPD-Zeiten in der empirischen Bildungsforschung führend war – Hut ab –, aber aus den umfangreichen Studien vor Ort in den Schulen leider keine Konsequenzen gezogen wurden.
In den letzten Jahren haben wir die Grundlagen für die heutige Debatte gelegt und neue Bildungspläne mit klaren Standards eingeführt. In diesem Jahr finden zum zweiten Mal zentrale Abschlussprüfungen in allen Schulformen statt. Mit dem Orientierungsrahmen Schulqualität hat die Bildungssenatorin, glaube ich, sehr eindrucksvoll und nachvollziehbar dargestellt, was gute Schule ausmacht.
Ebenfalls von großer Bedeutung ist aus meiner Sicht die bis 2001 völlig verschlafene Vernetzung der Schulen, die bis heute für einen riesigen bürokratischen Aufwand und einen bildungspolitischen Wildwuchs sorgt. Alle Statistikprobleme, die uns heute noch beschäftigen – ich nenne nur die Lehrerstellen und die Planungen für den Schulbau –, haben ihre Ursachen doch in der völlig antiquierten sozialdemokratischen Zettelwirtschaft, die wir vorgefunden haben. Bis 2001 gab es in der Schulbehörde weder Datenbanken, Vernetzungen, noch Controlling-Systeme. Im Sommer dieses Jahres – das war, wie Sie wissen, eine lange Aufbauarbeit – werden nun endlich alle Schulen am Netz sein
und damit weiß die Behörde künftig auf Knopfdruck, wo die Schüler und wo die Lehrer sind. Willkommen im 21. Jahrhundert.
Mit allen diesen inhaltlichen und organisatorischen Veränderungen haben wir die Voraussetzungen geschaffen, um jetzt die weiteren Schritte zu gehen. Auf der einen Seite gewähren wir den Schulen ab August mehr Freiheiten in ihrer pädagogischen und organisatorischen Arbeit. Auf der anderen Seite verlangen wir aber auch von den Schulen, dass sie genau die damit verbundene Verantwortung annehmen und dann auch für ihre Ergebnisse Rechenschaft ablegen. Das erreichen wir unter anderem durch die Einführung von Ziel- und Leistungsvereinbarungen sowie durch die seit langer Zeit von vielen Seiten – auch von der SPD – verlangte Einführung von einer Schulinspektion nach dem Vorbild anderer europäischer Länder.
Die Schulinspektion ist aber nicht nur für die Bildungsbehörde und die Bildungspolitik von großer Bedeutung. Ich glaube, dass sie für die Eltern noch viel wichtiger ist. Sie können künftig schwarz auf weiß nachlesen, welches die Stärken und welches die Schwächen ihrer Schule sind. Die Gerüchteküche, die im Moment die Stadtteile beherrscht, wird endlich durch Fakten abgelöst. Ab August werden Hamburgs Eltern mehr Informationsrechte haben, als sie je hatten. Von daher glaube ich, dass heute ein guter Tag für Hamburgs Eltern ist.
Ich glaube, der grundlegende Paradigmenwechsel in der Bildungspolitik war und ist angesichts der vorliegenden Ergebnisse erforderlich. Ich verstehe aber auch alle, die Angst und Sorgen haben, bei dem notwendigen Tempo der Reformen nicht mitzukommen. Ich halte es daher für sehr richtig und wichtig, dass die Bildungssenatorin eine schrittweise Einführung aller Reformen vorgesehen hat. Einige Maßnahmen sind zwingend, wachsen aber erst langsam auf, wie beispielsweise die Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Bei anderen Maßnahmen können die Schulen sogar selbst entscheiden, ob sie sich dieses Mehr an Selbstverantwortung zum jetzigen Zeitpunkt zutrauen, das ist beispielsweise das Thema eigenverantwortliche Einstellung.
Auch die Schulinspektion fängt zunächst mit freiwilligen Schulen an. Vor diesem Hintergrund, dass wir die Reformen schrittweise einführen und auf Freiwilligkeit setzen, halte ich es für absolut möglich und auch zwingend, dass wir mit den Schulreformen im nächsten Schuljahr starten. Schließlich wissen wir alle, dass eine vollständige Umsetzung der Reformen noch Jahre dauern wird. Das haben alle Experten erklärt und das zeigen auch die Erfahrungen anderer Länder. Ich bin der Meinung und auch der festen Überzeugung, dass wir es nicht verantworten können, noch weitere Schülergenerationen nicht optimal zu fördern, obwohl wir es mittlerweile besser wissen.
So gut diese Senatsvorlage auch ist, so sehr sind wir doch konstruktiven Argumenten gegenüber immer aufgeschlossen und haben daher zwei aufwendigen, großen Anhörungen zugestimmt, haben auf zahlreichen Veranstaltungen mit Schülern, Eltern und Lehrern diskutiert, haben viele Briefe und E-Mails gelesen und haben schließlich an einigen wenigen Stellen die Vorlage noch geändert.
Der letzte Hinweis kam aus dem Schulausschuss in der Senatsanhörung von Frau Goetsch und Sie haben gesehen, dass wir diesen auch noch entsprechend aufgegriffen haben.
Ich denke, dass dieser Beratungsprozess wieder einmal gezeigt hat, dass die CDU Diskussionsprozesse nicht als
Alibi begreift, sondern dass wir uns stets an der Sache orientieren und für gute Vorschläge offen sind. Wir würden uns wirklich freuen, wenn das heute auch hier für alle Fraktionen im Hause gelten würde und Sie nachher im Interesse einer zügigen Klarheit für alle Schulen keinen Widerspruch gegen die zweite Lesung erheben. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Heinemann, natürlich kann man auf dem Papier viel formulieren, aber die heutige Debatte wird auch zeigen, dass es doch viel entscheidender ist, was letztendlich als Vereinbarungen und auch an entsprechenden Bewegungen von der Schulpolitik in diese Stadt hineingetragen worden ist und wie man dann versucht, versucht hat oder hätte versuchen müssen, die entsprechenden Mitstreiter mitzunehmen.
Das heute zur Abstimmung stehende Gesetz zur Schulreform stellt in der Tat – hier sind wir mit der CDU vollkommen einer Meinung und ich denke, dass sich alle drei Parteien hier im Parlament einig sind – einen wichtigen Paradigmenwechsel dar.
Aber Hamburg, Herr Heinemann, steht nicht an der Spitze der Bewegung und das wissen Sie auch, wenn Sie ehrlich sind. Andere Bundesländer, insbesondere auch CDU-regierte Länder, aber nicht nur die, haben die Selbstverantwortete Schule zum Teil bereits vor Jahren eingeführt. Von den anderen europäischen Ländern brauchen wir hier erst gar nicht zu reden.
Für uns Sozialdemokraten bietet die Selbstverantwortete Schule zum einen die Chance, die Qualität schulischer Arbeit bei Unterricht und Erziehung und damit das Wichtigste, nämlich den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler zu verbessern, und zum anderen eine höhere Effektivität und Effizienz bei dem Einsatz der Mittel zu erreichen, indem die Schulen diese selbst bewirtschaften.
Wenn ich Selbstverantwortung einführe, benötige ich aber neben der internen Evaluation, die die Beteiligten dann durchführen werden, auch die externe Kontrolle durch die Schulinspektion. Soweit sind wir uns einig und daher hat die SPD-Fraktion seinerzeit hier in der Bürgerschaft eine Vorlage eingebracht und beantragt. Sie haben das aber abgelehnt. Jetzt kommen Sie genau mit dieser Vorlage wieder zurück.
Es gab hier in der Bürgerschaft eine Initiative der SPDFraktion, diese Selbstverantwortete Schule einzuführen. Im Herbst 2003 – Sie gehörten seinerzeit dem Parlament vielleicht noch nicht an – war für die SPD-Fraktion schon klar, dass die Selbstverantwortete Schule einer der Wege ist, um die Qualität von Schule verbessern zu können. Leider hat es damals außer lobenden Worten im Schulausschuss keine weitere Entscheidung geben können, weil es dann zu Neuwahlen kam. Aber wir hätten trotzdem schon weiter sein können, Herr Heinemann, wenn die CDU früher als heute auch mit einer entsprechenden
Wenn man nun, Herr Heinemann und meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, ein solches Gesetz mit sehr tiefgreifenden Änderungen plant, dann ist es doch eigentlich Aufgabe der Verantwortlichen, also hier Ihrer Fraktion und der Senatorin, dafür in der Öffentlichkeit zu werben und den Dialog mit den Betroffenen zu suchen. Aber Sie, Herr Heinemann und Frau Senatorin, sind sich wieder treu geblieben. Es lief ab, wie immer. Der Gesetzentwurf wurde Ende Februar eingebracht, im März hatten wir gerade noch Zeit, Experten anzuhören, und jetzt ganze zwei Monate später soll die Bürgerschaft dieses Gesetz mit diesen wenigen Änderungen beschließen. Diskussionen in der Öffentlichkeit? Gleich Null. Es geht aber nur mit den Menschen, nicht ohne die Menschen oder gar gegen sie.
Frau Fischer, nicht einmal die Hauptbetroffenen, die Schulleitungen, haben Sie bisher offiziell einbezogen. Ich zitiere hier aus der Anzeige in der Morgenpost vom Sonnabend.
Das sind aber die Schulleitungen, Frau Fischer, die Sie brauchen, um dieses Gesetz entsprechend umzusetzen.
"Das neue Schulgesetz ist ohne jegliche Einbeziehung und Informationen von Schulen und Schulleitungen im Eiltempo durch die zuständigen Gremien der Bürgerschaft eingebracht worden."
Das zeigt doch, Herr Beuß, dass es Ihnen allen doch nicht darum geht, was diese Experten erklärt haben, denn das haben Sie nicht zitiert. Sie haben gesagt: "Wir brauchen gerade für ein solches Gesetz das Schaffen einer Vertrauenskultur." Nein, Top-down war wieder einmal angesagt. Der typisch provinzielle CDU-Mief des hierarchischen Denkens
(Oh-Rufe und Lachen bei der CDU – Wie hat denn Frau Raab die Schulpolitik gemacht? Da ging es doch nur Top-down!)
(Karen Koop CDU: So viel Blödsinn, wie Sie da geredet haben, das muss einen ja betroffen machen! – Wolfgang Beuß CDU: Nun kommen Sie mal zur Sache!)