Protocol of the Session on April 26, 2006

In Berlin und Bremen war jedenfalls nicht die gute Idee der Anlass, sondern die absolute Finanznot. Das hat Hamburg sicher nicht nötig, aber der Handelskammer passte die Umweltbehörde schon lange nicht. Sie störte ihre Kreise und der Wunsch der Kammer ist dem Senat Befehl. Folgerichtig hat der Bürgermeister bei Amtsantritt zu seiner zweiten Legislaturperiode die Umweltbehörde zum Appendix erklärt. Und was macht man mit einem Wurmfortsatz?

(Christiane Blömeke GAL: Rausnehmen!)

Man operiert ihn weg und das Skalpell dazu liegt auch schon auf dem Tisch, meine Damen und Herren. Das sind die Leitlinien für die organisatorische Fortentwicklung der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. Wir fordern jetzt den Senat auf, die Umsetzung dieser Leitlinien unverzüglich anzuhalten. Die bewährten Arbeitszusammenhänge in der Umweltbehörde dürfen nicht weiter zerschlagen werden. Es geht letztlich um Qualität und vor allen Dingen um Transparenz in der Hamburger Umweltpolitik. Wenn es aber jetzt nach dem Senat geht, soll künftig ein und dieselbe Verwaltungseinheit Eingriffe in die Natur planen und zugleich die Natur vor diesen Eingriffen schützen. So lässt sich aber keine Transparenz zwischen naturschutzrechtlichen Belangen und anderen Interessen in dieser Stadt herstellen. Damit macht man den Bock zum Gärtner, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Nach dem Willen des Senats soll die Umweltpolitik künftig Querschnittsaufgabe sein. Aber aller Erfahrung nach fallen Querschnittsaufgaben meistens unter den Tisch, weil sich niemand darum kümmert. Bei den vorliegenden

Leitlinien handelt es sich also nicht um eine Fortentwicklung der Umweltpolitik, sondern um eine Organisation umweltpolitischer Bedeutungs- und Verantwortungslosigkeit, meine Damen und Herren. Es war die undurchschaubare Verteilung von behördlichen Zuständigkeiten, die vor 30 Jahren nach dem Stolzenberg-Skandal dazu geführt hat, dass die Umweltbehörde überhaupt eingerichtet wurde.

(Doris Mandel SPD: Die wissen gar nicht mehr, was das ist!)

Die Umweltbehörde ist in vielerlei Hinsicht bundesweit beispielhaft und die Hamburger Umweltbehörde hat sich auch in der ganzen Republik durch ihre Ideen, Kreativität, durch konsequentes Handeln und ihre Fähigkeit, mit Unternehmen kooperativ umzugehen, einen hervorragenden Ruf erworben und den gilt es zu bewahren und nicht zu schädigen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Die heutigen Probleme und Aufgaben in der Umweltpolitik sind ja nicht geringer geworden. Im Gegenteil. Von den Antworten auf Fragen zum Schutz von Klima, Natur, Artenvielfalt unserer Böden und der Gewässer wird sich in Zukunft auch das Schicksal der Stadt entscheiden. Den Senat scheint das alles nicht zu interessieren. Er wird nicht müde, in seiner umweltpolitischen Rhetorik Hamburg als grüne Stadt am Wasser hochzujubeln. Die Wirklichkeit sieht allerdings anders aus. Der Senat und seine Mehrheit beschließen ein millionenschweres Sonderinvestitionsprogramm nach dem anderen, aber für Nachpflanzungen, für Straßenbäume fehlt das Geld, von Baumsanierungen ganz zu schweigen, da wird eher geholzt als saniert. Die Folgen sind jetzt schon sichtbar im Stadtbild. Pro Jahr fallen 6000 Straßen- und Parkbäume und wenn das so weitergeht, verliert Hamburg seine grüne Seele und seine Identität.

Was mit den Bäumen passiert, meine Damen und Herren, ist sinnbildlich für den gesamten Naturschutzbereich. Es wird materiell und personell ausgeholzt und jetzt soll das Personal noch einmal um 25 Prozent runtergeschnitten werden. Es ist zu befürchten, dass dann der Rest auch irgendwann weg ist.

Was man bis jetzt hören konnte, ließ darauf schließen, dass der Senat noch nicht einmal auf seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hört und die Leitlinien gegen ihren fachlichen Rat durchdrücken will. In Hamburg haben sich inzwischen 29 Verbände und Organisationen des Natur- und Umweltbereiches gegen diese Organisation gestellt. Im Umweltausschuss werden wir hoffentlich Ihre Stellungsnahme hören. Allerdings hat sich jetzt auch herausgestellt, dass es nicht so geschieht, wie wir es angenommen hatten. Wir sind davon ausgegangen, dass wir das nächste Woche machen, aber wir sind guter Hoffnung, dass das dann doch noch passiert.

Eine Bemerkung kommt noch dazu. Unter den 29 Verbänden ist auch die "Schutzgemeinschaft Deutscher Wald", hier in der Bürgerschaft in der CDU prominent vertreten durch Herrn Kruse. Es sollte Ihnen also nicht schwer fallen, meine Damen und Herren, Ihren Senat davon zu überzeugen, dass es falsch ist, die Umweltbehörde neu zu organisieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Engels.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Dr. Schaal, den Anfang Ihrer Rede fand ich ganz hervorragend, nämlich die Sache mit der Schallplatte, die dann einen Sprung hatte, denn wenn ich den Inhalt Ihrer Rede mit dem Inhalt der Rede vor vier oder sechs Wochen vergleiche, dann hat sich eigentlich kaum etwas Neues ergeben.

(Michael Neumann SPD: Da haben Sie also ein richtig starkes Argument!)

Sie hätten hier gerne ein Gerät hinstellen und diese Schallplatte abspielen können. Dann hätten Sie sich die Mühe sparen können.

Meine Damen und Herren! Wir sind schon lange an diesem Thema dran. Wir wollen uns die entsprechende Planung im Umweltausschuss und dann auch in der Behörde noch einmal genauer anschauen. Jedenfalls eine Sorge haben wir nicht mehr, die wir damals auch vonseiten der Mitglieder der CDU im Umweltausschuss genannt haben, nämlich die Frage, ob die Umweltbehörde weiterhin in der Lage ist, zentrale Regelungen, wie EU-Normen oder auch bundeseinheitliche Regelungen oder sonstige allgemeine Umweltregelungen durchzusetzen. Dieses Problem scheint uns behoben zu sein. Von daher sehen wir den Verlauf der Dinge sehr optimistisch. Das hindert uns aber trotzdem nicht, die Behörde und auch noch andere Experten genauer anzuhören.

Ich will noch einmal betonen – und da habe ich eine ganz andere Sichtweise –, dass sich die Aufgaben der Umweltpolitik von den Anfängen zu heute geändert haben. Das haben – Sie haben das auch in Ihrer Rede noch einmal wieder erwähnt – die Bundesländer uneinheitlich geregelt. Die Stadtstaaten-Regelung Bremen, Berlin haben wir jetzt auch in Hamburg übernommen. Die waren übrigens vorher da. Sie wissen, dass Sie in Bremen mitverantwortlich sind und in Berlin sogar noch mit einer ganz linken Gruppe. Insofern schießen Ihre Vorwürfe ins Leere. Wir müssen bei Stadtentwicklungspolitik – die ist sicherlich auch in Bremen und Berlin notwendig – die Umweltaufgabe als Querschnittsaufgabe verstehen und Querschnittsaufgabe heißt eben nicht, dass die Umwelt zu kurz kommt, sondern im Gegenteil, dass sie bereits frühzeitig in die Gesamtplanung einbezogen wird. Das hindert uns im Parlament doch nicht oder auch vonseiten der Verbände, die eine gute Öffentlichkeitsarbeit machen und auch immer eine Öffentlichkeit haben, dann, wenn es sich zuspitzt, die Probleme auf den Punkt zu bringen. Das ist doch unsinnig. Aber Sie können doch nicht erwarten, dass wir einen Senat haben, der zunächst einmal dieses Wechselspiel des Austauschs der unterschiedlichen Argumente einbaut, also beispielsweise zunächst mal eine Stadtentwicklungspolitik macht und dann hinterher eine Umweltpolitik und dann wieder beides getrennt gegeneinander aufhebt. Dies ist ein Verwaltungsaufwand, den wir nicht mehr machen wollen,

(Michael Neumann SPD: Dann lösen Sie doch alle Behörden auf, die gehören alle zusammen!)

und der nicht im Sinne eines effektiven Regierens dieser Stadt steht.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ihre Aussage, Umwelt käme jetzt zu kurz, hat überhaupt keinen argumentativen Beweiszusammenhang. Im Gegenteil. Wir vermuten eher eine Effektivität des Ansatzes Umwelt durch vorzeitiges Miteinbeziehen.

Noch eine Anmerkung zu der Frage der Bezirke und der bezirklichen Mitverantwortung. Wir bekennen uns – soweit es sinnvoll ist – zu einer breiteren bezirklichen Verlagerung. Da sind Sie ja auch der Meinung, zumindest auf anderen Sektoren. Das bedeutet ebenfalls eine Stärkung zumindest des Umweltgedankens und nach unserer Auffassung auch der Umweltqualität. Es kann auch nicht schaden, wenn auch in anderen Verwaltungsbereichen Gedanken zur Verbesserung unserer Umwelt zustande kommen. Mit anderen Worten, meine Damen und Herren, Ihre Kritik ist erstens schon wiederholt, zweitens wird sie eindeutig von uns zurückgewiesen. – Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Maaß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir hatten in der letzten Debatte zu diesem Thema schon einiges zu der Frage von Integration von unterschiedlichen Belangen, die mit Umwelt zutun haben, gesprochen. Ich habe damals dem Senat vorgeworfen, dass er nach dem Motto verfährt: Teile und herrsche. Ich glaube, darauf kann ich auch zum Großteil verweisen.

Ich möchte aber noch auf einen weiteren Aspekt eingehen. Ich finde, dass der Grundansatz zu sagen, es gibt bestimmte Bereiche, die man nicht getrennt voneinander betrachten kann, sondern da muss man verschiedene Bereiche durchaus im Zusammenspiel sehen, richtig ist. Nur, warum verfährt der Senat in wichtigen Bereichen gerade anders, während er immer dann, wenn es um die Frage geht, einzelne Naturschutzbelange auch einmal so einzeln hervorzuheben, dass sie im Widerstreit mit anderen Interessen durchaus ihr Gewicht noch einmal vertreten können, wiederum diesen Integrationsgedanken verfolgt. Ich will drei Bereiche herausgreifen, wo der Senat diesen Integrationsgedanken gerade nicht verfolgt.

Das eine ist der Klimaschutz. Wir hatten heute schon eine Debatte im Zusammenhang mit der Atomkraft. Herr Senator Uldall hat noch einmal dargestellt, wie wichtig diese Aufgabe ist – da kann ich ihm in der Analyse durchaus auch beipflichten –, aber wenn es denn nun so wichtig ist, dann müsste man doch folgerichtig sagen, dass wir eine integrierte Klimaschutzpolitik brauchen, möglichst aus einer Hand.

Was hat der Senat gerade gemacht? Er hat die Energiepolitik, die vorher in einer Behörde war, wiederum in zwei Teile gespalten. Das heißt, alle Bereiche von grundsätzlicher Energiepolitik liegen jetzt in der Wirtschaftspolitik. Die Sanierung von Häusern – ein ganz wichtiger Bereich in der Stadt – ist in der Wirtschaftsbehörde angesiedelt und die Genehmigung von Industrieanlagen und Kraftwerken weiterhin in der Umweltbehörde.

Ein anderes Beispiel zur Wasserpolitik. Hochwasserschutz im Zusammenhang mit Klimaschutz ist gerade auch für Hamburg ein wichtiges Thema, das in den kommenden Jahrzehnten immer wichtiger werden wird. Auch hier ist der Bereich Wasserbau vollkommen getrennt von den Bereichen, die sich mit der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie befasst haben. Das haben wir bei den

Haushaltsberatungen im Umweltausschuss auch feststellen können. Da fehlt eine Verzahnung, auch wenn wenigstens innerhalb der Behörde eine gleiche Zuständigkeit gegeben ist.

Ein weiteres Beispiel: Belastung von Lebensmitteln, Verbraucherschutz. Auch hier ist eine zunehmende Spaltung von Zuständigkeiten für Landwirtschaft, Pflanzenschutzmittel, Lebensmittelüberwachung und Verbraucherschutz. Hier verfährt der Senat nach einem gegenteiligen Motto als das, was sich hier angeblich unter der Überschrift "Integration" in der BSU abspielen soll. Da muss man schon den Vorwurf an den Senat richten, dass er hier nicht wirklich konsistent erklären kann, was das Leitmotiv seines Handelns ist. Ich habe langsam das Gefühl, dass der Umweltschutz bei Ihnen in allen Abteilungen so gut integriert ist, leider so gut, dass er schon gar nicht mehr sichtbar ist. Das ist ein bisschen das Grundproblem, das Sie haben, Herr Senator Freytag.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wir haben uns im Umweltausschuss glücklicherweise darauf verständigt, dass wir eine Anhörung zu diesem Thema durchführen wollen. Nun hatten wir vom Senat gehört, dass der April noch abgewartet werden möge, damit die Mitarbeiterbeteiligung stattfinden könne und wir dann erste Ergebnisse präsentiert bekommen. Mein Anliegen ist aber, dass wir uns als Ausschuss auch gerne die kritischen Stimmen der Umweltverbände anhören wollen, bevor alles entschieden und nichts mehr rückgängig zu machen ist. Deswegen gefällt es mir nicht, wenn gesagt wird, dass diese Anhörung erst stattfinden soll, wann auch immer Sie das vorschlagen,

(Hartmut Engels CDU: Die haben wir doch ge- führt!)

und dann überhaupt nicht mehr die Möglichkeit besteht, Einfluss zu nehmen. Das wollen wir so nicht mitmachen, Herr Engels.

(Beifall bei der GAL und bei Dr. Monika Schaal SPD)

Deswegen meine Bitte: Nehmen Sie hier klar Stellung, wie die zukünftige Aufteilung gerade im Bereich Naturschutz in der Behörde sein soll und lassen Sie auch noch kritische Stimmen zu, bevor diese Entscheidungen endgültig festgezurrt sind. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort bekommt Senator Dr. Freytag.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Schaal, es gibt einen Film, der heißt "Und täglich grüßt das Murmeltier. Der handelt von permanenten Wiederholungen."

(Michael Neumann SPD: Witzig, Herr Freytag, witzig! Das war ja genau das richtige Niveau!)

Der Abgeordnete Engels hat zu Recht betont, dass Sie heute genau dasselbe gesagt haben wie vor vier oder sechs Wochen. Es wird dadurch nicht besser. Ich fand das, was Herr Maaß sagte, ein bisschen frischer. Er hat ein paar neue Argumente gebracht. Vor allen Dingen hat er eben festgestellt, dass Umweltschutz in der BSU überall integriert ist. Genau, das ist ein Kompliment.

(Christian Maaß GAL: Das war Ironie!)

Umweltschutz ist an der Spitze, im Führerhaus der Lokomotive und nicht mehr im letzten Waggon. Genau das ist unsere Politik.

(Beifall bei der CDU)

Ich halte es für falsch, Umweltschutz in ökologische Nischen zu verbannen, was Sie wollen. Wir wollen den Umweltschutz dort, wo er hingehört, nämlich mitten ins Leben, dort, wo die Entscheidungen fallen, dort wo Stadtentwicklung, Infrastruktur eine Rolle spielen, meine Damen und Herren.