Aber ich möchte diese Stunde auch nutzen, um zur Sache zu reden. Wie alle Großstädte hat auch Hamburg zunehmend das Problem der sozialen Entmischung. Das wurde leider, wie in allen Großstädten, von der Politik in den letzten 20, 30 Jahren gefördert. Es sind Stadtteile entstanden, in denen der Anteil der Sozialhilfeempfänger und Arbeitslosen in der Bevölkerung nahezu doppelt so hoch ist wie im Hamburger Durchschnitt und gleichzeitig mussten ausgerechnet diese Stadtteile einen Großteil der Integration von Migranten bewältigen. Den Menschen in diesen Gebieten müssen wir durch aktive Politik helfen und Ihre Behauptung, dass die Mittel für soziale Stadtteilentwicklung um die Hälfte gekürzt worden seien, ist schlichtweg falsch und zu kurz gedacht. Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt gibt alleine 39 Millionen Euro dafür aus.
Das ist aber nur ein Teil dessen, was insgesamt getan wird, denn die aktive Stadtteilentwicklung ist eine Querschnittsaufgabe, da gehören alle Bereiche der Politik mit hinein. Das ist die Förderung von Familien, von Kindern, von Jugendlichen, Integration und Arbeitsmarktpolitik und das sind Felder, auf denen wir eine Menge vorzuweisen haben. Das möchte ich Ihnen an zwei, drei Punkten vielleicht einmal deutlich machen.
Es fängt mit der Neuordnung der Kita-Versorgung in Hamburg an, die erfolgreich war. Innerhalb kürzester Zeit ist es uns gelungen, Hamburg mit den Neuerungen im System bei der Kindertagesbetreuung an die Spitze der westdeutschen Bundesländer zu bringen.
Rund 340 Millionen Euro werden hierfür jährlich aufgewandt. Beim Regierungswechsel im Jahr 2001 wurden jährlich durchschnittlich knapp 49 000 Kinder in Kindertageseinrichtungen betreut, heute sind es 55 000. Seit Anfang 2004 müssen alle Viereinhalbjährigen in der Grundschule vorgestellt werden, um rechtzeitig Förderbedarfe zu erkennen und diese Förderbedarfe erfolgen schwerpunktmäßig in sozial benachteiligten Gebieten mit hohem Migrationsanteil. 2,2 Millionen Euro werden jährlich für diese zusätzlichen Sprachfördermaßnahmen in den Tageseinrichtungen zur Verfügung gestellt.
Die Behörde für Familie und Gesundheit fördert mit jährlich rund 1,57 Millionen Euro den Betrieb von 14 Integrationszentren in allen Hamburger Bezirken und gewährleistet damit die Infrastruktur für vielfältige Integrationsmaßnahmen. Mit dem Angebot der ergänzenden Sprachförderung sollen besonders Frauen mit Kleinkindern gefördert werden, die bisher keine Möglichkeit hatten, an den Integrationskursen nach dem Zuwanderungsgesetz teilzunehmen. Seit 2004 können Studenten günstig auf der Veddel wohnen, damit die Entwicklung zu einem attraktiven, jungen und lebendigen Stadtteil gefördert wird; das sind nur wenige Beispiele. Wir sind sozialpolitisch in den Stadtteilen eindeutig aktiv.
Sehr geehrte Damen und Herren! Tagesaktuell können wir in den Medien Stichworte wie Gewalt an der Berliner Rütli-Schule,
nenministers über Billbrook hören. Es darf keine Stigmatisierung von Stadtteilen geben. Die Äußerung von Schäuble war nicht gut, das sage ich hier frank und frei. Der Stadtteil Billbrook ist kein Slum.
Und dort, wo es Probleme gibt, wird geholfen und wir werden weiter helfen. Sie wissen um die Ankündigung des Bürgermeisters, einzelnen Stadtteilen demnächst noch gezielter und nachhaltiger zu helfen. Das hat natürlich etwas mit Geld zu tun, aber mindestens genauso wichtig ist es, dass wir den vielen Menschen helfen, die sich in ihren Stadtteilen engagieren, sei es in den Vereinen, Verbänden, sozialen Einrichtungen und Kirchen.
Ein Schlusswort zur Opposition: Nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihren Bezirkspolitikern in allen Hamburger Bezirken, die aktiv zusammen mit der CDU in den Stadtteilen – ich will nicht sagen – für Ordnung sorgen, aber viel, viel Gutes bewirken. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Problem ist nicht, Herr Schira, dass vieles geschehen ist, wie Sie es berichten, sondern das Problem ist, dass zu wenig geschieht.
Und derjenige, der es beklagt, ist Ihr Erster Bürgermeister, der nämlich die Debatte losgetreten hat, eine längst notwendige Diskussion darüber, dass es in Hamburg Stadtteile gibt, die auf der Kippe stehen. Er hat angekündigt, etwas zu tun, aber wann hat er das getan? Nicht vor vier Jahren, als er an die Regierung gekommen ist, sondern zur Halbzeitbilanz. Da hat er festgestellt, dass es Stadtteile gibt, die auf der Kippe stehen. Ich frage mich, was er in den vier Jahren davor gemacht hat in Hamburg.
Meine Damen und Herren! Es gibt Stadtteile, die Hilfe brauchen und es ist gut, dass der Erste Bürgermeister dies erkannt hat. Aber es ist mehr nötig, als nur Sonntagsreden zu halten. Es müssen Taten folgen, es muss etwas in diesen Stadtteilen geschehen. Was aber macht der Senat? Herr Lieven hat es berichtet und es wird auch nicht besser, wenn Sie das Gegenteil behaupten. Der Senat kürzt die Mittel für die soziale Stadtteilentwicklung. Seit 2002 hat er die Mittel für die soziale Stadtteilentwicklung von 14 Millionen auf 7,5 Millionen Euro quasi halbiert und für die städtebauliche Sanierung sind die Mittel von 10 Millionen auf 7 Millionen Euro gekürzt worden. Das sind Tatsachen, an denen wir Sie messen werden.
Viel schlimmer ist aber noch, dass die wenigen Mittel, die zur Verfügung stehen, nicht mehr ausgegeben werden, weil Ihr Senat es versäumt hat, Programme aufzulegen und in die Stadtteile zu tragen, die die Hilfe brauchen; stattdessen bilden Sie Reste.
Ein Problem dabei ist, dass Sie eben nicht, wie Sie behaupten, erkannt haben, dass soziale Stadtteilentwicklung eine Querschnittsaufgabe ist, die alle Behörden betrifft, sondern tatsächlich wurschtelt immer noch jede Ihrer Behörden vor sich hin und sie arbeiten zum Teil gegeneinander und nicht miteinander in der sozialen Stadtteilentwicklung.
Wir haben uns im letzten Jahr über die Schließung von Schulen, Schwimmbädern, Bücherhallen und sozialen Einrichtungen unterhalten und darüber, wo Sie diese Einrichtungen schließen, schließen wollen und schließen wollten. Das waren zum Teil genau die Stadtteile, die der Bürgermeister meinte, die in der sozialen Stadtteilentwicklung gewesen sind, die gerade raus waren oder noch drin sind. Trotzdem hatte Ihr Senat kein Problem damit, gegeneinander zu arbeiten und genau an diesen Stadtteilen anzusetzen und den Bürgern das Wenige zu nehmen, was sie dort haben.
Stattdessen investieren Sie in Leuchtturmprojekte wie Elbphilharmonie, Tamm-Museum, Jungfernstieg und vieles andere mehr. Wir brauchen auch Leuchtturmprojekte, das ist richtig, die Kunst ist aber, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen und diese Kunst beherrschen Sie nicht.
Stattdessen ist der Senat beseelt vom olympischen Motto. Ich meine nicht: Dabei sein ist alles. Das gilt sicherlich auch für einige Ihrer Kollegen im Senat. Ich meine das Motto: Höher, weiter, schneller.
Superlatives statt Normales, Kür statt Pflicht. Senator Freytag will Hochhäuser bauen, baut aber keine Wohnhäuser mehr.
Der Wohnungsbau hat in Hamburg einen historischen Tiefstand erreicht: 3251 Wohnungen im letzten Jahr, gerade einmal halb so viele wie nötig. Wer wird die Konsequenzen daraus tragen? Das sind die Mieterinnen und Mieter dieser Stadt, die künftig mehr bezahlen müssen oder schwerer Wohnungen finden. Da setzt Ihre soziale Spaltung an, zulasten der Mieter in Hamburg.
Oder Architekturolympiade statt sozialer Wohnungsbau. Senator Freytag schwärmt davon, im Stadtpark eine Stadthalle in historischer Größe entstehen zu lassen, während der soziale Wohnungsbau einen historischen Tiefstand erreicht hat:
181 Wohnungen im sozialen Wohnungsbau in 2005. Mein Gott, wo sind wir in Hamburg angekommen. Auf der einen Seite kürzen Sie beim sozialen Wohnungsbau, bauen keine Wohnungen mehr, auf der anderen Seite sind aber die Mieter von günstigen Wohnungen, von Sozialwohnungen gut genug, um Ihre Zukunftsprojekte zu
finanzieren; Herr Lieven hat es erwähnt. Die Mieter von SAGA und GWG sollen 600 Millionen Euro für die Zukunftsprojekte, für die Leuchtturmprojekte aufbringen. Da stimmt doch irgendetwas nicht, das passt doch nicht zusammen.
Insofern sollten Sie sich überlegen, ob Sie das nicht sehr ernst nehmen, was Herr Lieven gesagt hat,
und überlegen, Ihre Politik zugunsten der Stadtteile zu ändern und sie nicht mehr gegen die Stadtteile zu richten.