Protocol of the Session on March 30, 2006

Nun sehen wir, dass neben diesen beiden Wachstumspolen weitere Wachstumspole entstehen. Wir müssen uns bemühen, auch diese Verbindungen in diese Regionen zu stärken. Ich möchte deswegen zeigen, welche Dynamik in den genannten Regionen besteht.

In den Jahren 1997 bis 2005 hat Chinas Bruttoinlandsprodukt ein durchschnittliches Wachstum von 8,4 Prozent gehabt; die baltischen Staaten hatten in diesen Jahren ein Wachstum von 6,5 Prozent. Nun kommen zwei Regionen hinzu:

Erstens Indien als großer Wirtschaftsraum mit einer Milliarde Menschen. Indien hat in den letzten drei Jahren jeweils eine Wachstumsrate von über 7 Prozent gehabt: in 2003 7,4 Prozent, in 2004 7,3 Prozent und in 2005 7,1 Prozent. Wenn Sie das auf die gewaltige Einwohnerzahl Indiens beziehen, dann sehen Sie, dass auch das ein Sektor ist, um den wir uns bemühen müssen. Deswegen war ich vor Jahresfrist in Indien, um dort Verbindungen für hamburgische Unternehmen zu knüpfen. Im Übrigen kann ich sagen, dass das gut anläuft.

Zweitens die arabische Region. Ich konzentriere mich auf die Golfregion, Herr Frank. Hier gab es in den letzten zehn Jahren bei der Entwicklung hoch interessante Zahlen. Die Vereinigten Arabischen Emirate hatten ein durchschnittliches Wachstum von 6,4 Prozent, Bahrein hatte 5,2 Prozent und Katar 9,9 Prozent. Das heißt also, wir wollen alle Kraft dransetzen, um Wachstumsimpulse aus dieser Region zu uns nach Deutschland und vor allen Dingen nach Hamburg zu holen.

Deswegen hat der Senat in seiner Regierungserklärung im Oktober 2004 die arabischen Länder als neuen regionalen Schwerpunkt festgelegt und seitdem hat sich eine ganze Menge auf diesem Sektor entwickelt. Wir haben versucht, unser Netzwerk dort zu verstärken, und haben zum Beispiel in der Golfregion – Dubai wurde eben angesprochen – eine eigene Hamburg-Vertretung eröffnet. Wir haben im Sultanat Oman einen Hamburg Ambassador, der sein Amt ehrenamtlich ausübt, gewinnen können, einen der führenden Unternehmer Omans, Herrn Sultan.

Wir haben kürzlich in Dubai einen Hamburger Kaufmann, der dort ansässig ist, Herrn Kuhlmann, gewinnen können, der dort ehrenamtlich als Hamburg Ambassador arbeitet; zwei weitere Ambassadors werden in Kürze ernannt werden.

Das heißt, wir bauen dort ein Netzwerk auf, mit dem wir den hamburgischen Unternehmen zur Verfügung stehen können. Wir haben in Hamburg in der Senatskanzlei, in meiner Behörde, in der Handelskammer und im Nah- und MittelOstVerein wirksame Anlaufstellen, die diese Kontakte ebenfalls weiter vertiefen können.

Ich bin vor zwei, drei Wochen in Dubai gewesen. Es ist beeindruckend zu sehen, mit welchem Drive dort die Entwicklung vor sich geht. Ich war dort zwar weniger als ein Tag, aber man kann schon einen ersten Eindruck gewinnen, wenn man sich auf solche eine Reise entsprechend gut vorbereitet hat. Der Anlass war der Eröffnungsflug von Emirates Airlines. Die Emirates Airlines wählt natürlich ihre Ziele in Europa so aus, dass sie eine Verbindung zu den Wachstumszentren herstellen kann. Deswegen freuen wir uns, dass Emirates Airlines jetzt

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diesen Direktflug eröffnet hat. Wie ich vom Flughafen Hamburg gehört habe, ist die Auslastungsquote außerordentlich erfreulich.

Wir haben anlässlich meines Besuches auch eine wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Dubai University College und Hamburg School of Business Administration vereinbart. Wir haben in zahlreiche Logistikprogramme, die dort in den nächsten Jahren durchgeführt werden, Einblick gewinnen können. Ich sage ganz offen, dass wir hier keine großen Wunder zu erwarten haben. Wir wollen die Hoffnungen nicht übertreiben, denn die Verbindung, die man bei der Logistik und bei den Güterströmen zwischen der Golfregion und Hamburg wählen kann, wird nicht mit den Wachstumsraten belegt werden, die wir zum Beispiel nach Ostasien haben.

Wir bemühen uns, zu den zukünftigen Führungskräften Arabiens eine langfristige Verbindung aufzubauen. Wir freuen uns über einen Besuch der young arab leaders am 20. und 21. April in Hamburg, die von Daimler Chrysler eingeladen wurden. Kollege Dräger und ich werden mit diesen jungen Menschen diskutieren. Wir werden ihnen die Highlights unseres Wirtschaftslebens zeigen, zum Beispiel werden wir mit ihnen in Finkenwerder bei Airbus tagen.

Um auf wirtschaftlichem Gebiet mitzuhalten, müssen wir uns Mühe geben, mit Kreativität an die Aufgaben heranzugehen. Wir müssen Tempo vorlegen, um alle Chancen zu nutzen, die nutzbar sind.

Wir wollen aber nicht nur auf dem wirtschaftlichen Gebiet stehen bleiben, obwohl wir wissen, dass wirtschaftliche Entwicklung sehr häufig der Vorläufer für eine Verbesserung der politischen Situation in den Ländern ist. Das haben wir zum Beispiel durch die enge Zusammenarbeit der Bundesregierung mit der Regierung in Peking gespürt. Hier gehen wir davon aus, dass sich in diese Richtung im arabischen Raum neue Impulse ergeben können.

Es ist schon das Gesundheitswesen angesprochen worden. Hier bietet sich eine Reihe von Aufgaben an, zum Beispiel in der Förderung einer qualifizierten Fortbildung von Medizinern aus den arabischen Ländern oder auch in der Behandlung von arabischen Patienten.

Kultur und Wissenschaft ist genannt worden. Wir wissen alle, dass die arabische Kultur sehr reichhaltig und vielfältig ist und eine Bereicherung für die Stadt sein wird.

Durch unseren Kollegen Michael Freytag und die BSU wird eine Reihe interessanter Verbindungen geknüpft, zum Beispiel im Bereich öffentlicher Personennahverkehr, in der städtebaulichen Projektentwicklung oder in konkreten Gesprächen über die Verbesserung der Abwässerentsorgung in Abu Dhabi.

Wir haben in der Großen Anfrage vieles genannt, was wir bereits getan haben. Wir haben noch große Aufgaben vor uns und ich würde mich freuen, wenn dieses eines der sachlichen Themen ist, das wir über Fraktionsgrenzen hinweg gemeinsam zum Wohle unserer Stadt anpacken können.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Müller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich hatte eigentlich nicht vor, an das Pult zu gehen,

(Olaf Ohlsen CDU: Dann können Sie sich ja wie- der setzen!)

aber weil der Name Emirates gefallen ist, will ich kurz etwas dazu sagen.

Kurz nach dem Besuch des Scheichs, der auch in den Hamburger Medien sehr groß gefeiert wurde – er wurde vom Senator vom Flughafen abgeholt, wie wir lesen durften –, ist bekannt geworden, dass in den letzten Wochen und Monaten in den Vereinigten Arabischen Emiraten diverse schwule Männer ohne Grund, nur aufgrund der vermuteten Homosexualität eingekerkert wurden.

Gerade von diesem Senat, der mit diesem Thema sehr unheilvolle Erfahrungen hat und möglicherweise noch haben wird, hätte ich mir gewünscht, dass er nicht nur an Gesundheitspolitik denkt, sondern auch an die Einhaltung der Menschenrechte. Das mag unangenehm sein, es wird aber immer ein Weg gefunden. Ich weiß, dass auch unser Bundespräsident und auch Kanzlerin Frau Merkel einen Weg gefunden haben, das Thema anzusprechen. Die Vereinigten Arabischen Emirate und der gesamte arabische Raum sind, was die Menschenrechte betrifft, nicht besser als China. Ich wünsche mir, dass das von diesem Senat in Zukunft – gerade wenn schwule Männer oder lesbische Frauen betroffen sind – bei den nächsten Treffen und Gipfeln berücksichtigt wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Ich stelle fest, dass die Große Anfrage, Drucksache 18/3777, besprochen worden ist.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 76. Drucksache 18/3817, Antrag der SPD-Fraktion: Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Themen Zwangsprostitution und Menschenhandel – insbesondere zur WM 2006.

[Antrag der Fraktion der SPD: Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Themen Zwangsprostitution und Menschenhandel – insbesondere zur WM 2006 – Drucksache 18/3817 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 18/3944 ein Antrag der GAL-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der GAL: WM 2006 – Sexarbeiter/-innen vor Gewalt und Krankheiten schützen – Drucksache 18/3944 –]

Wer wünscht das Wort? – Frau Brinkmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche haben schon vor Wochen dazu aufgerufen, die Fußballweltmeisterschaft 2006 auch zu nutzen, um auf Zwangsprostitution und sexuelle Ausbeute aufmerksam zu machen.

Der Hamburger Erzbischof Thissen bezeichnet die Zwangsprostitution als moderne Form der Sklaverei und die hamburgische evangelische Bischöfin, Frau Jepsen, fordert die Politik auf, sich im Kampf gegen die Zwangsprostitution an die Spitze zu stellen.

Die SPD-Fraktion hat diesen Aufruf verstanden und wir fordern mit unserem Antrag den Senat auf, zur Fußballweltmeisterschaft 2006 endlich auch in diesem Bereich zu handeln.

(Beifall bei der SPD)

In 71 Tagen beginnt die Fußballweltmeisterschaft und der Senat macht seine Hausaufgaben nicht. Trotz der Erkenntnis, dass bei Großereignissen, wie der Fußballweltmeisterschaft, die Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen ansteigt, unternimmt der Senat nichts gegen die damit zu erwartende Zunahme von Zwangsprostitution.

"Die Welt zu Gast bei Freunden", davon haben Herr Senator Nagel und Herr Warnholz in der gestrigen Debatte geschwärmt,

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Genau!)

aber Freier können keine Freunde sein, Herr Warnholz.

(Beifall bei der SPD – Karl-Heinz Warnholz CDU: Das habe ich nie gesagt!)

"Was die Sicherheit anbetrifft, ist Hamburg für die Fußballweltmeisterschaft gerüstet, damit es ein fröhliches und friedliches Fest in einer sicheren und attraktiven Stadt wird."

So hat es der Senator gestern formuliert. Ich bin gespannt, was Herr Nagel zu der heutigen Problematik ausführen wird, vor allen Dingen, wo er nicht einmal anwesend ist und sich diese Debatte nicht einmal anhört.

(Michael Neumann SPD: Unglaublich!)

Aus den Antworten der Kleinen Anfragen von Frau Dr. Lappe geht jedenfalls hervor, dass sich der Senat bisher mit dem Thema kaum befasst hat und angeblich immer noch an Konzeptentwicklungen arbeitet, obwohl die "Projektgruppe WM 2006 der Ständigen Konferenz der Innenminister der Länder zur Konzeption zur Kriminalitätsbekämpfung" aus Anlass der Fußballweltmeisterschaft 2006 die Minister und Senatoren auffordert, dass die eigenen Länderbehörden frühzeitig eigene Konzepte entwickeln sollten.

Ihre Presseerklärung, die Sie nun sozusagen vor wenigen Minuten während der Bürgerschaftssitzung herausgegeben haben, macht die Sache nicht besser. Spät und in diesem Falle zu spät reagieren Sie auf Druck der Presse und auf unseren heutigen Antrag mit der öffentlichen Debatte.

Die Erklärung enthält nichts Neues und bezieht sich eigentlich auch nicht auf das Hauptthema. Uns geht es um die Sensibilisierung zur Zwangsprostitution. Sie beschreiben eine Kampagne gegen Aids und HIV. Jede Kampagne gegen HIV und Aids unterstützen und begrüßen wir, hat nur aber mit diesem Thema nichts zu tun und entbindet Sie auch nicht von unseren Vorwürfen, die wir weiter erheben werden.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Natürlich wissen wir nicht, wie viele Frauen freiwillig oder unfreiwillig mit falschen Versprechungen oder von vornherein durch Zwang nach Hamburg kommen werden, um sich hier während der Fußballweltmeisterschaft als Prostituierte zu verdingen. Aber wir wissen, dass sie kommen.

Nach Schätzungen der UNO werden allein in Europa Jahr für Jahr eine halbe Million Frauen und Mädchen verschleppt und zur Prostitution gezwungen. Die EU geht von rund 140 000 Frauen pro Jahr aus, die in die Gemeinschaft gebracht werden. Es wird geschätzt, dass zur Fußballweltmeisterschaft 30 000 bis 40 000 Frauen vor allem aus Osteuropa nach Deutschland kommen werden. Verlässliche Zahlen gibt es nicht, aber ich betone nochmals, wir wissen, dass Frauen kommen.