Protocol of the Session on November 9, 2005

(Klaus-Peter Hesse CDU: Eine Zwischenbilanz, Herr Kienscherf!)

Das eine oder andere haben wir schon in der Aktuellen Stunde vorweggenommen.

Herr von Frankenberg, deswegen bin ich etwas verwundert über Ihre Aussagen, die Sie vorhin getroffen haben. Im Ausschuss ist relativ schnell deutlich geworden, dass wir neben verbesserten präventiven Maßnahmen und neben zusätzlichen Hilfestellungen für die betroffenen Familien vor allen Dingen eine bessere Erkennbarkeit von Vernachlässigung brauchen. Alle Experten waren sich darin einig, dass verbindliche U-Untersuchungen einen Beitrag dazu leisten können. Wir alle wissen, dass diese Gesundheitsuntersuchungen bisher freiwillig sind, dass aber insbesondere durch diese Freiwilligkeit die Kinder durch das Netz huschen und letztendlich nicht berücksichtigt werden, die es eigentlich besonders notwendig haben. Es sind die Kinder aus problematischen Familien.

(Vizepräsidentin Bettina Bliebenich übernimmt den Vorsitz.)

Deswegen war es gut, dass uns Ihr Kollege Weinberg im Mai im RTL-Fernsehen unter anderem gesagt hat, als es darum ging, ob wir einen gemeinsamen Antrag einbringen oder eine gemeinsame Initiative ergreifen sollten, wir sollten uns auf keinen Fall auf den Senat verlassen

(Michael Neumann SPD: Zu Recht, zu Recht!)

das können wir heute, denke ich, alle nachvollziehen –, sondern uns aufforderte, gemeinsam als Bürgerschaft dieses Thema voranzutreiben. Ich habe mich damals für unsere Fraktion bereit erklärt, einen entsprechendenden Antrag auszuarbeiten mit dem Ziel, dass wir es schaffen, verbindliche U-Untersuchungen in Hamburg einzuführen, dass wir es schaffen, Leid von Kindern abzuwenden.

Es täte gut, wenn es ein entsprechendes Signal am heutigen Tag geben würde.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

So weit, so gut. Wir haben diesen Antrag den beiden anderen Fraktionen vorgelegt. Die GAL hat natürlich gesagt, dass sie dieses selbstverständlich unterstützen werde. Von der CDU gab es das Signal, grundsätzlich ja, aber wir müssen erst einmal die nächsten Expertenanhörungen abwarten; die haben wir dann auch abgewartet.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Senatsanhörung heißt das, Herr Kienscherf!)

Die Expertenanhörung zu diesem Thema.

Ich habe die Gespräche mit Herrn von Frankenberg geführt, das ist Ihr Sprecher. Wenn Sie das Amt gleich persönlich übernehmen wollen, Herr Hesse, dann machen Sie das, aber bisher war es Herr von Frankenberg.

(Michael Neumann SPD: Hesse ist omnipotent!)

Die Expertenanhörung kam und danach hieß es dann, das sei zwar alles ganz schön und gut, jetzt komme aber die Sommerpause und wir sollten noch einmal warten. Wir haben wieder gewartet und wieder wurde dieser Antrag nicht in die Bürgerschaft eingebracht. Nach der Sommerpause dasselbe. Die CDU-Fraktion sagt, gar kein Problem, das unterstützen wir, wir würden aber gerne das eine oder andere noch einmal klären. Wieder gingen einige Wochen ins Land und als wir ihn vor drei Wochen einbringen wollten, kam erneut das Signal von Ihrer Seite, wir würden es gerne unterstützen, warten sie aber noch bis zur nächsten Bürgerschaftssitzung und hiermit sagen wir ihnen zu, dass es durchgeht.

Heute müssen wir feststellen, dass Sie sich an Ihre Zusagen nicht mehr erinnern können. Ich finde das sehr schade, denn das geht zulasten der Kinder unserer Stadt. Die Bürgerinnen und Bürger werden nicht verstehen, warum Sie auf der Zielgeraden umkehren und diese sinnvolle Maßnahme nicht mehr unterstützen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Dabei ist das, was wir Sozialdemokraten wollen und was auch die GAL unterstützen wird, nicht das, was Sie zum Beispiel in Berlin machen wollten. Sie haben einen entsprechenden Antrag nach dem Motto eingebracht: Ab morgen soll das verbindlich sein und nun sieh mal zu Senat, wie du das umsetzt.

Unser Prüfungsersuchen an den Senat war da sehr differenzierter. Er gab zwei mögliche Wege vor, zum einen eine Gesetzesänderung, wo der eine oder andere zu Recht sagt, das könne gesetzlich schwierig sein, das sei ein Eingriff in das Elternrecht, und zum zweiten die Möglichkeit, dass Krankenkassen diejenigen Kinder melden, die nicht an diesen Untersuchungen teilnehmen und sich die Jugendämter dann darum kümmern. Also: Der Senat soll planen, soll prüfen und dann hier berichten.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Ein Kessel Buntes!)

Ich weiß nicht, was man dagegen haben kann.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Von daher zeigt dieser Vorgang ganz deutlich, dass wir Sozialdemokraten alles getan haben, um mit Ihnen gemeinsam die richtigen Weichenstellungen zu vollziehen. Sie sind von diesem Weg abgewichen, das ist schade. Besonders ärgerlich ist und letztendlich ist es auch ein Zeichen Ihrer Wertschätzung gegenüber dem Ausschuss, dass dieser Ausschuss, der sich seit sechs Monaten mit dieser Thematik befasst hat, diesen Antrag noch nicht einmal zur Prüfung vorgelegt bekommt, denn Sie wollen diesen Antrag hier nicht beschließen, sondern ihn an den Jugend- beziehungsweise Gesundheitsausschuss überweisen,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Da gehört er hin, Herr Kienscherf!)

die Ausschüsse, die sich die letzten sechs Monaten mit dem Thema nicht befasst haben. Auch das ist ein deutliches Zeichen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Hesse, der Antrag gehört natürlich in den Sonderausschuss, aber wir wollen ihn da gar nicht haben, sondern dieser Antrag gehört heute hier beschlossen; das muss das Votum sein.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Michael Neumann SPD: Genau!)

Sie drücken sich vor Verantwortung und, Herr Hesse, was ich besonders schlimm finde, Sie wissen doch selbst, dass es der Senat war, der sich an Sie gewandt und gesagt hat, wir müssen auf jeden Fall verhindern, dass es in diesem Haus einen interfraktionellen Antrag gibt, dass die Initiative von der Bürgerschaft ausgeht. Wir als Senat wollen diejenigen sein, die initiativ dastehen. Sie sind doch letztendlich dazu verdonnert worden, nicht mitzustimmen.

(Michael Neumann SPD: Schon wieder! Schäbig, schäbig!)

Dass Sie dieses Spiel mitmachen, ist das Schlimme.

(Beifall bei der SPD)

Wie Sie vorgehen, zeigt auch dieses schöne Papier, das die Senatorin vorgelegt hat. Wir haben in den letzten Monaten im Sonderausschuss diverse Beratungen führen wollen und uns relativ frühzeitig auf eine entsprechende Terminplanung verständigt. Herr Hesse, falls Sie nicht da waren,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Ich war da!)

kann ich Ihnen das auch noch einmal hier erläutern. Wir haben gesagt, angesichts der Problematik, die es zurzeit gibt und die uns noch einmal verdeutlicht worden ist, müssen wir schnell handeln und deswegen wollten wir im Herbst die Ausschussarbeit abschließen. Deswegen war auch vorgesehen, nach den vielen Expertenanhörungen im September die Senatsanhörungen durchzuführen. Das war breiter Konsens aller Fraktionen und als es dann im September so weit war, hieß es auf einmal, die Senatorin und andere Senatoren auch hätten Terminschwierigkeiten

(Michael Neumann SPD: Nicht nur die, sie hat auch noch andere Schwierigkeiten!)

und könnten deswegen nicht teilnehmen. Die Probleme brennen der Stadt unter den Nägeln, wir alle müssen tagtäglich miterleben, dass Kinder vernachlässigt werden und dann kommen wir nicht zu Potte, weil die Senatoren Terminschwierigkeiten haben und Sie machen dieses Spiel auch mit. Wo leben wir eigentlich?

(Beifall bei der SPD und der GAL – Klaus-Peter Hesse CDU: Sie wollen doch nur den Ausschuss verlängern!)

Als es um das sensible Thema Allgemeine Soziale Dienste ging, über die wir in diesem Ausschuss diskutieren wollten, sollten die dann an einer anderen Stelle diskutiert werden, nämlich im Jugendausschuss.

(Petra Brinkmann SPD: Da wird sowieso nichts diskutiert!)

Dann haben Sie sich hingestellt und gemeinsam mit der Senatorin diese Anhörung verhindert. Sie haben ebenfalls verhindert, dass über dieses Thema gesprochen wird und das damit begründet, man müsse sich erst einmal darüber im Klaren werden, was mit dem ASD werde. Das ist die Politik der Regierungsfraktion, meine Damen und Herren.

Während gleichzeitig – und das ist das Erstaunliche – alles abgesagt worden ist, während die Ausschussarbeit nicht mehr fortgesetzt werden konnte, kam die Senatorin und präsentierte ihr tolles Papier "Hamburg schützt seine Kinder".

(Klaus-Peter Hesse CDU: Zumindest erkennen Sie an, dass das toll ist, Herr Kienscherf!)

Es gab dann ein entsprechend großes PresseTohuwabohu, aber dieses Papier ist nicht das, was diese Stadt braucht. Es ist nicht das, was die Kinder in dieser Stadt brauchen, was hilft, um Kindervernachlässigung letztendlich zu verhindern, sondern es sollte der Senatorin nur ein wenig Luft verschaffen. Letztendlich ist alles nur Stückwerk, es sind Halbwahrheiten, die Sie hier präsentiert haben, Frau Senatorin, und es sind Andeutungen und Altbekanntes.

(Wolfhard Ploog CDU: Unfug!)

Man kann einige Beispiele nennen. Sie verweisen in Ihrer Drucksache unter anderem auf das Thema Schulpflichtverletzung. Das haben wir im Frühjahr breit diskutiert und damals schon gesagt, Sie hätten mit den Schulpflichtverletzungen ganz anders umgehen können; das haben Sie aber nicht. Wir haben es im Frühjahr abschließend diskutiert und Sie bringen es in Ihre Drucksache wieder hinein, weil Sie nichts anderes haben.

(Wilfried Buss SPD: Hört, hört!)

Dann haben Sie das Thema KICK hineingebracht, die Reform des Jugendhilfegesetzes auf Bundesebene; auch altbekannt, auch gelaufen, nichts Neues, Frau Senatorin. Auch in diesem Fall war die Bundesregierung besonders initiativ, aber Sie haben es immer geschafft, sich mit fremden Federn zu schmücken.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)