Protocol of the Session on November 9, 2005

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ich habe gesagt, dass es in der Sozialbehörde gut aufgehoben ist!)

Sie haben es aber unter einem anderen Gesichtspunkt gesagt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist richtig!)

Eben. Und ich will diesen Gesichtspunkt ändern.

Es passt fachlich in die Sozialbehörde. Dort ist es richtig und dort wird es hervorragend betreut.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt Bereiche, die dort jetzt geklärt werden. Das kann im Laufe der Zeit und so schnell nicht geschehen, da diese Stelle erst installiert worden ist. Es wird Punkte geben, bei denen einiges geregelt werden muss, wie bei den Frauenhäusern, wo wir zum Anfang nächsten Jahres auf eine Lösung und ein Konzept warten, die uns vorgelegt werden sollen.

Zur Telefon-Hotline, die Sie angesprochen haben: Wir wünschen eine solche Hotline. Wie das geregelt wird, muss genau geprüft werden.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie haben doch ge- sagt, im August sei diese schon eingeweiht!)

Herr Dr. Dressel, das hängt maßgeblich davon ab, ob das Konzept finanziell tragbar ist. Das kann möglicherweise bei einer Interventionsstelle liegen oder auch bei der Polizei. Es kann sinnvoll sein, dass die Polizei etwas tut. Es kann aber auch anders sein.

Hiermit komme ich zur Interventionsstelle: Die Interventionsstelle hat ein Modellprojekt, das auch von der CDUFraktion initiiert worden ist. Dass unter dieser Haushaltslage neue Projekte von der CDU-Fraktion und dem Senat installiert wurden, ist unglaublich. Darüber sagen Sie gar nichts.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Dann haben Sie ein Frauenhaus geschlossen!)

Das ist heute bundesweit einmalig. So etwas gibt es kaum.

Die Interventionsstelle wird jetzt evaluiert. Wir müssen abwarten, was dabei herauskommt.

Es ist möglich, dass dieser Träger diese Arbeit weitermacht, es kann aber auch sein, dass jemand anderes sie fortführt. Davon hängt die Zukunft der Hotline ab. Insoweit

denke ich, dass wir diese Entscheidung abwarten sollten, weil nur ein Träger, der diese Hotline auch rund um die Uhr betreuen kann, ein sinnvoller Träger ist.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Es soll also nicht in der Behörde passieren!)

Ich bin hierfür offen, aber ich wäre durchaus dafür, dass es ein Träger ist, der entsprechende Mitarbeiter hat, die das umsetzen können.

Dann zu dem Thema "Gewaltschutzgesetz". Dieses Gewaltschutzgesetz ist von allen Parteien umgesetzt worden. Durch die CDU-Regierung und durch die CDUMehrheit ist inzwischen das SOG geändert worden. Es gibt Meldepflichten der Amtsgerichte. Seitdem wissen die zuständigen Kommissariate vor Ort genau, welche einzelnen Maßnahmen für die einzelnen Haushalte durchgeführt worden sind. Hiermit kann der einzelne Polizeibeamte in seinem Einsatz richtig agieren.

Die CDU-Fraktion fordert hier mit dem Antrag auch einen Landesaktionsplan. Ein Landesaktionsplan ist nicht unbedingt etwas Großes und Neuartiges. Wir halten ihn aber insoweit für wichtig, um die Öffentlichkeit zu schärfen.

Nichts ist wichtiger, als dass die Öffentlichkeit mitbekommt, dass es Opfer gibt und was man für Opfer unternehmen muss. Das Opfer wird nur dadurch bekannt und erhält dann Hilfe, wenn eine Anzeige vorliegt oder die Polizei beziehungsweise eine Opferhilfeeinrichtung überhaupt angesprochen wird. Das geschieht nicht allein von der Polizei, sondern normalerweise durch Nachbarn, Freunde oder Familienmitglieder, die hier die Polizei anrufen.

Insoweit finde ich das auch etwas falsch, was Sie hier vorgebracht haben, Herr Dr. Dressel. So, wie Sie hier irgendwelche Berichtspflichten fordern – uns ist viel berichtet worden und wird auch weiterhin berichtet wer- den –, ist Ihr Antrag wiederum nur reine Effekthascherei.

Was Sie aber zu dem Thema "Stalking" hinsichtlich Ihrer Gesetzesänderung hier vorbringen, haben wir schon ausführlich im SOG diskutiert.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Zu dem Thema Stal- king steht da überhaupt nichts drin. Sie haben es überhaupt nicht gelesen, Frau Spethmann!)

Sie haben hier zum Gewaltschutzgesetz einen Gesetzesantrag gemacht. Dieser ist insoweit falsch. Und hier muss ich Sie auch einmal juristisch belehren. Das Gewaltschutzgesetz im Vergleich zum SOG ist Lex specialis, um hier einmal juristisch zu werden. Das SOG wäre also immer nachrangig, Herr Dr. Dressel. Das war juristisch falsch und insoweit werden wir Ihrem Antrag in der Hinsicht auch nicht zustimmen.

Ich denke mal, eine Sache, die wir auch im Ausschuss intensiv angesprochen haben, ist der Bereich "Kinder als Opfer mittelbarer Gewalt". Auch hier sieht die CDUFraktion einen Handlungsbedarf. 60 Prozent der hilfesuchenden Mütter bei der Interventionsstelle haben Kinder. Diese Kinder sind Opfer mittelbarer Gewalt und es gibt bisher keine ausreichenden Opferhilfeeinrichtungen, die sich um diese Kinder kümmern. Das sind die Täter von morgen. Hier sehen wir einen Handlungsbedarf und denken, dass wir hier gemeinsam daran arbeiten müssen. Wir machen keine Effekthascherei, sondern sehen hier effektive Arbeit.

Ich glaube, das alles zeigt, dass es noch einiges zu tun gibt. Es ist viel geschehen. Hamburg ist Vorreiter im Opferschutz. Wir werden weitere Verbesserungen ohne Effekthascherei vornehmen. Lassen Sie uns daher an diesem Thema ruhig und konstant weiter arbeiten. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Dr. Lappe.

Vielen Dank. Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch auf die Gefahr hin, dass Sie vielleicht denken, ich sei harmoniesüchtig oder etwas Ähnliches, will ich einmal versuchen, die Wogen etwas zu glätten, weil ich glaube, dass wir hier in der Tat ein Thema haben, das sich lohnt, sehr positiv in Bezug auf das, was in der Vergangenheit schon getan worden ist und auch in Bezug auf das, was wir hier doch im Zusammenspiel von Opposition und Regierung vielleicht auch für die Zukunft hinbekommen werden, zu betrachten.

(Glocke)

Frau Dr. Lappe, darf ich Sie einmal kurz unterbrechen. Es ist wirklich eine solche Unruhe hier, das geht so nicht. Dann gehen Sie bitte hinaus. – Vielen Dank.

Herr Dr. Dressel hat es gesagt und im Grunde genommen kann man das nicht oft genug sagen: Die Initiative zu dem, was jetzt CDU und der Senat wünschen, ist von Ihnen und uns ausgegangen. Es hat einen langen Prozess gegeben. Das habe ich nicht so negativ bewertet wie Sie, weil ich glaube, dass es letztlich ein Erfolg für Sie und uns ist, dass unsere Anregungen auch ernsthaft diskutiert und in einigen Teilen auch übernommen worden sind. Dass wir hieran weiter arbeiten müssen, ist keine Frage und wir werden dieses Spiel zwischen Opposition, Regierungsfraktion und Senat gern weitermachen, wenn es sachdienlich weiter läuft und vielleicht auch mit den Erfolgen, die wir bis jetzt schon erreicht haben.

Ich denke in der Tat auch, dass es wichtige Schritte in die richtige Richtung gewesen sind, die schon eingeleitet worden sind und hoffentlich auch fortgesetzt werden. Auf einige Schritte haben Sie schon angespielt. Ich möchte noch ergänzen, dass in Zukunft ein besserer Datenaustausch zwischen Behörden, Polizei und Gerichten vorhanden sein wird, damit man auch bei der Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes nachverfolgen kann, wo schon Schutzanweisungen und Ähnliches ausgesprochen sind, damit die Polizei vor Ort in Gefahrensituationen bessere Handlungsmöglichkeiten hat. Auch eine verbesserte Datenerfassung bei Polizei und Gerichten ist vorteilhaft, damit auch der Erkenntnisstand über die Struktur des Phänomens Gewalt in der Familie im sozialen Nahraum mehr erweitert wird. Das ist auch ein wichtiger Schritt in die Zukunft. Das betrifft auch die Umstrukturierung des Landeskriminalamts und für mich ist es in der Tat nur eine Umstrukturierung mit einer leichten Akzentverschiebung, weil für mich das bisherige LKA 151 im Prinzip auch so etwas wie eine Art Opferreferat war. Sie haben es umbenannt und wollen mehr Personal hineinstecken. Das heißt, es gibt eine höhere Bewertung dieser

Arbeit innerhalb der Polizei. Ich glaube, dass das auch wünschenswert ist, insbesondere in der Kombination mit den Beamten, die sich dann vor Ort in den einzelnen Polizeirevieren diesem Thema widmen werden. Ich glaube, dass das wirklich sinnvoll ist, genauso wie auch die Zusammenfassung im Opferschutzreferat in der Behörde für Soziales und Familie.

Bei dem beabsichtigten Landesaktionsplan, kann man nur konstatieren, dass das eine gute Sache ist, die wir auch gewollt haben. Wir werden sehen, wie schnell und mit welchen Inhalten Sie tatsächlich zu Ergebnissen kommen. Daran werden Sie in naher Zukunft gemessen werden müssen.

(Beifall bei der GAL)

Eine Sache, die mich etwas verstimmt hat, möchte ich doch noch einmal geraderücken, Frau Spethmann. Die Initiative zur Interventionsstelle "pro-aktiv" ist nicht von Ihnen gekommen, sondern von uns, und Sie haben sie dann umgesetzt. Das ist löblich und gut. Sie haben es zwar nicht so umgesetzt, wie wir es gern gehabt hätten, aber es ist trotzdem eine Einrichtung, die, wie wir nun wissen, funktioniert und arbeitet sowie auch schon eine Reihe von Erkenntnissen produziert hat.

Kritisch bleibt anzumerken, dass Sie sich bisher verschlossen haben, eine relativ einfache Verbesserung der psychologischen Versorgungslage von Kindern und Jugendlichen vorzunehmen, die Gewaltopfer werden. Das haben Sie selbst auch erwähnt. Hier hätte man schon mit einer Bundesratsinitiative etwas unternehmen können, um den Deckungsgrad mit Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen und -therapeuten in Hamburg zu verbessern, ohne dass es etwas kostet. Das wäre schon mal ein relativ leichter Schritt gewesen, aber diesen Weg sind Sie nicht gegangen.

Das Wort Täterarbeit gibt es bei Ihnen nach wie vor nicht. Die finanzielle Situation bei den Hilfeeinrichtungen, die in freier Trägerschaft sind, ist zwar in Ihrem Petitum enthalten, aber das erscheint mir bisher auch nur ein Feigenblatt zu sein, angesichts dessen, wie Sie sich in der Vergangenheit gerade bei diesen Trägern mit Kürzungen engagiert haben.

Ich hoffe, dass Sie hier eine Einsicht haben und vor allen Dingen auch sehen, dass mit der Art Lotsenfunktion, die "pro-aktiv" besitzt und die letztlich sowohl beim Opferschutzreferat als auch bei der Dienststelle im LKA vorhanden ist, eher noch mehr Klientinnen für diese Hilfeeinrichtung produziert werden. Hier können Sie nicht tatenlos zusehen, sondern es muss eine Lösung gefunden werden.

(Glocke – Karen Koop CDU: Richtig!)

Frau Abgeordnete, darf ich Sie nochmals unterbrechen. Ich finde es der Rednerin gegenüber sehr unhöflich, was Sie hier machen. Ich hatte schon vorhin um etwas mehr Ruhe gebeten.

Danke, Frau Präsidentin. – Ein weiterer Punkt ist die Situation für Frauen in Hamburg zum Thema häusliche Gewalt, die von einem Migrationshintergrund herrühren. Dieser Punkt ist in allen Anträgen nicht enthalten. Ich muss ehrlich sagen, dass wir meiner Meinung nach früher diesen Punkt in unseren

Antrag auch nicht aufgenommen haben. Ich muss mich korrigieren, unser Antrag enthält doch etwas zum Thema Zwangsehe. Das müssen wir uns jetzt natürlich noch einmal näher anschauen, insbesondere, seitdem der Zwischenbericht von "pro-aktiv" vorliegt.

Die Ergebnisse zeigen sehr deutlich, dass gemessen am Anteil der Hamburger Bevölkerung sehr viel mehr Migrantinnen das Angebot von "pro-aktiv" nutzen und gleichzeitig auch sehr viel mehr von ihnen durch die Hilfe nicht erreicht werden. Das sind die ersten Ergebnisse. Hier müssen wir uns etwas einfallen lassen, aber aus Ihrer Behörde, die dieselbe Behörde ist, werden alle Angebote an Beratungen für Migrantinnen gestrichen. Hierüber werden wir nächste Woche im Sozialausschuss reden, wenn wir uns mit den Integrationscentern beschäftigen. Dort muss dann auch noch einmal deutlich diese Frage angesprochen werden, inwieweit wir hier präventiv und unterstützend für Frauen mit Migrationshintergrund in Hamburg aktiv werden können.

Das betrifft auch das Thema Stalking, welches wir auch im Sozialausschuss erörtern werden. Hier hat sich gezeigt, dass sich der Senat mit der Prüfung der Beratungsangebote für Stalking-Opfer hier in Hamburg sehr zurückhaltend, auch gegenüber einem Antrag aus Ihren Reihen, verhält. Das Ergebnis konnte man sich fast denken: Es gibt eigentlich keinen Handlungsbedarf, denn es ist alles bestens.

In Wahrheit aber ist es doch so, dass im LKA eine einzige Frau mit einer halben Stelle sitzt, die Stalking-Opfer in Hamburg beraten soll. Das ist doch unvorstellbar. Eine Lotsenfunktion kann sie auch nicht wahrnehmen, weil es keine entsprechenden Angebote außer bis zu einem gewissen Grad bei "pro-aktiv" gibt. Es gibt keine entsprechende finanzielle Ausstattung und keine Überlegungen in dieser Stadt, diese Angebote zu erweitern. Hier muss noch vieles getan werden.

Um es zusammenzufassen, man muss ein bisschen aufpassen, dass wir nicht bei den administrativen und repressiven Ansätzen hängen bleiben, sondern auch an die gesellschaftspolitischen und sozialen Aspekte von Gewalt und insbesondere häuslicher Gewalt in unserer Gesellschaft näher herankommen.