Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege von der CDU, Sie haben nichts dazu gelernt.
Wenn es eines Beweis bedurft hätte, dass dieser parlamentarische Untersuchungsausschuss bitter notwendig war und ist, dann nach Ihrer Rede.
Ich will Ihnen deswegen ein wenig helfen und Erinnerungsarbeit betreiben. Ich will Ihnen vom 7. August 2003 erzählen.
Im Sommer 2003 berichtete die Hamburger Presse über einen zwölfjährigen Jungen, der für vier Wochen in die Feuerbergstraße gebracht wird. Dann gab es drei voneinander unabhängige Gutachten, die besagen, dass dieser Junge in der Feuerbergstraße nichts zu suchen habe. Ein Familiengericht bestätigt das und sagt, dass der zu dem Zeitpunkt zwölfjährige Junge von der Feuerbergstraße in eine offene Jugendhilfeeinrichtung zu bringen sei. So kommen wir zum 7. August 2003. Als dieser Junge von der Feuerbergstraße aus nach Heide gebracht werden sollte, warteten vor der Tür Pressefotografen.
Am Abend des 7. August werden beteiligte Sozialpädagogen in ihre Übergabebücher notieren: Haben einen Anruf von der Pressestelle des Staatsrats erhalten, wieso wir diesen Jungen beim Abtransport versteckt haben, es hätten keine Fotos gemacht werden können. Die Sozialpädagogen erwidern auf diesen Anruf, dass sie ihn nicht versteckt hätten, er sei viel zu klein gewesen, um aus dem Fenster des Autos zu schauen.
Dann macht man sich auf die Fahrt von der Feuerbergstraße über die Bundesautobahn Richtung Heide. An diesem Abend wird der zuständige Fahrer der Securitas in seinem Übergabebuch protokollieren: Sind verfolgt worden von zwei Fahrzeugen. Aus dem einen Fahrzeug wurde andauernd versucht, den Jungen zu fotografieren. Der wachdiensthabende Securitas-Mitarbeiter schrieb darüber hinaus, dass der Junge Angst habe und nicht fotografiert werden will. Dann notierte der Fahrer in seinem Übergabebuch, dass er einen Anruf von Behördenmitarbeiter erhalten habe und ihm gesagt wurde, bei nächster Gelegenheit den Wagen anzuhalten und den Jungen aussteigen lassen zu sollen, damit die Presse endlich ihr Foto bekommt. Wenn ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss notwendig ist, dann in einem solchen Fall.
Ich will, damit hier keine Missverständnisse entstehen, keine der Straftaten dieses zwölfjährigen Kindes entschuldigen, ich will die Liste auch nicht schmälern.
Aber dieses Kind hat sich in Ihrer staatlichen, behördlichen Obhut befunden und diese Fürsorgepflicht haben Sie grobfahrlässig verletzt.
Wenn man dann glaubt, dass das alles nicht wahr ist, dann fragt man den Senat, ob das stimmen und zutreffen würde.
Dann bekommt man eine Antwort, in der vom Grundsatz her das Ereignis bestätigt wird. Dann heißt es weiter in der Antwort des Senats vom 21. Oktober:
"führten zu der Empfehlung an den mitfahrenden Begleiter der SECURITAS, anzuhalten und die Presse ein Foto machen zu lassen."
Ich bin gar nicht mehr wütend. Ich schäme mich für die Haltung des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg in einem solchen Fall.
Wohin, kommen wir, Herr Bürgermeister, wenn Kinder, die in Ihrer Obhut sind, der Presse auf diese Art und Weise preisgegeben werden? Ich verspreche Ihnen in die Hand, Herr Bürgermeister, dass wir den Vorgang vom 7. August minutiös, Wort für Wort, Person für Person aufklären.
Durch ständiges Wiederholen falscher Vorwürfe werden diese nicht wahrer. Das gilt auch, Herr Böwer, für das, was Sie soeben geschildert haben.
Ihnen liegt eine Antwort auf Ihre Kleine Anfrage vor, die die Situation detailliert schildert. Das, was Sie hier gemacht haben, ist mehr als eine Entstellung.
(fortfahrend) : Es steht alles in der Antwort auf die Kleine Anfrage. Ich bitte Sie darum, sich diese Antwort detailliert durchzulesen, dann wissen Sie, dass es sich hier um eine mögliche Unfallsituation oder um eine Gefährdung handelte.
werden diese nicht zu Tatsachen. Das gilt für die von Ihnen gewählte Überschrift dieser Debatte ganz genauso wie für die Diskussionen zur geschlossenen Unterbringung in den letzten Wochen.
Ich will zunächst auf den ersten Teil der Überschrift kommen, zum angeblichen "Chaos". Hierzu will ich Ihnen sehr deutlich sagen: Die geschlossene Unterbringung in der Feuerbergstraße ist und bleibt notwendig.
Ein Weiteres. Die dortigen Mitarbeiter arbeiten hoch motiviert und engagiert mit den Jugendlichen. Das ist nicht nur meine Wahrnehmung.
Die Wochenzeitung "Die Zeit" schreibt am 18. August 2005 über die Erziehungswissenschaftlerin Sabrina Hoops, die am Deutschen Jugendinstitut über freiheitsentziehende Maßnahmen forscht und auch die geschlossene Unterbringung in der Feuerbergstraße untersucht hat – Zitat –:
"Alles in allem, sagt Hoops, seien geschlossene Heime für Jugendliche bei allen Mängeln immer noch besser als die Alternative. Wo solche Einrichtungen nämlich fehlten, verschwänden schwierige Jugendliche ohne jede pädagogische Betreuung gleich in der Kinder- und Jugendpsychiatrie.