Fünf Stunden sind sicherlich ein Fortschritt zu vier Stunden. Das gebe ich zu und da haben wir auch gar keinen Dissens. Aber das Hauptproblem ist doch, wie viele Kinder aus dem Ganztagesbereich rausfallen, die es benötigen. Da gebe ich noch einmal die Kriterien wieder, die der Senat in seiner Antwort angegeben hat.
Eintritt von Arbeitslosigkeit. Da sagen Sie, die Eltern sind wohl zu Hause und können ihre Kinder dann auch selber versorgen. Wir alle aus dem Jugendbereich wissen, wie schwierig das Problem, die Kinder zu versorgen, gerade für Arbeitslose ist. Wer aufmerksam die Presse verfolgt, hat neulich die Berichte aus dem Stadtteil Oldenfelde gelesen, wo Kinder händeringend um ein Mittagessen in dieser Einrichtung bitten, und das sind nahezu alles Kinder von Arbeitslosen. Es gibt auch andere Fälle, aber so sieht es manchmal mit der Versorgung von Kindern bei Arbeitslosigkeit aus.
Dann ist angegeben: Verringerung der Arbeitszeit. Dann: Inanspruchnahme der Elternzeit. Jetzt stellen wir uns bitte einmal vor, da sind Eltern, die bereits ein Kind ganztags in der Kita haben. Die erlauben sich jetzt etwas, was die Stadt eigentlich gerne möchte, und bekommen ein zweites Kind.
Ja, unerhört, denn das bedeutet für das Geschwisterkind, dass es seinen Anspruch auf acht Stunden verliert, verliert sein soziales Gefüge der acht Stunden, sein Ritual, seinen Ablauf in der Kita und wird zurückgestuft auf fünf Stunden. Das ist nicht familienfreundlich.
Es sind wieder viel zu viele Gesprächsgruppen. Ich bitte, die Gesprächsgruppen einzustellen. Frau Blömeke, fahren Sie jetzt bitte fort.
Danke. Ich nehme an, dass das Thema die CDU-Fraktion zu Recht sehr erregt, weil es natürlich immer da, wenn man einsieht, dass es vielleicht doch nicht so richtig läuft, zu Zwischengesprächen kommt.
Lassen Sie mich noch einmal auf das Ende der Ausbildungszeit zurückkommen. Welche Idiotie liegt denn darin, dass Eltern oder manchmal sind es auch Alleinstehende, sehr häufig auch Frauen, die ihre Ausbildung gemacht haben, dazu glücklicherweise einen Ganztagesplatz erhalten haben, dann aber, wenn sie sich auf die Suche nach einem Job begeben, ihr Kind den Ganztagesanspruch verliert und auf fünf Stunden zurückgestuft wird. Vielleicht, Frau Strasburger, sollten wir – und Sie haben auch Kinder, ich habe Kinder, viele haben Kinder – uns einmal überlegen, was es für das Kind bedeutet. Frau
Dr. Hilgers hat es gerade ausgeführt. Da gibt es Kinder, die mehrfach im Monat umgestuft worden sind. Es gibt Kinder, die jährlich mehrfach umgestuft worden sind. Wo bleibt denn da das feste Gefüge für die Kinder, die Beziehungsarbeit, die wir in der Kita leisten wollen? Wir hatten die Zahlen eben gehört. Im Jahr 2004 sind über 3000 Kinder mehrfach umgestuft worden. In 2005 waren es etwas weniger, aber jedes einzelne Kind, das umgestuft wird, ist eines zuviel.
Kommen wir noch einmal zum Thema Personal. Auch da ist die Anfrage wirklich sehr aufschlussreich, denn sie sagt genau das, was wir vorhergesagt haben. Es sind mehr Kinder im System bei weniger Personal. Was glauben Sie denn, wird da rauskommen? Wird da eine qualitativ hochwertige Betreuung rauskommen, die Sie jetzt gerade so befürwortet haben und gesagt haben, ja, hervorragend, das leisten wir? Nein, Ihre Bildungspläne werden vermutlich auf dem halben Wege verhungern. Sie werden daran scheitern, dass uns das Personal fehlt, die Bildungspläne umzusetzen.
Wenn Sie jetzt sagen, in der Praxis sieht das doch alles ganz anders aus, dann erwähne ich nur das Beispiel Dulsberg. Neulich war ein Fachaustausch in Dulsberg. Frau Dr. Hilgers und ich waren anwesend. Wer glänzte mit Abwesenheit? – Die CDU-Fraktion.
Dann ist es doch auch kein Wunder, wenn Sie überhaupt nicht verstehen, was an der Basis, was in den Kitas vor sich geht. Es ist genau das Thema.
Wenn Sie ständig dazwischen rufen, dürfen Sie sich auch gerne noch anschließen. Ich sage nur, was dort war. Es war einfach keiner von der CDU da und es war ein Fachaustausch über die Problematik, über die wir gerade reden. Dann hätten Sie vielleicht dies bekommen, was Sie alle sehen können. Man braucht nicht die Zahlen zu lesen, man braucht nur die Skala zu sehen. Das Hohe ist im letzten Jahr gewesen, das Niedrige in diesem Jahr, und zwar ist es der Unterschied von Ganztagesplätzen. Während wir im Jahre 2003 diesen hohen Balken hatten, hat sich das im Jahr 2005 reduziert. Das ist nur die bildhafte Darstellung dessen, was Frau Dr. Hilgers und ich hier immer wieder betonen: Kinder aus sozialen Brennpunkten verlieren ihren Anspruch auf einen Ganztagesplatz und das wird ein Desaster geben, das sich später in der Jugendhilfe beweisen wird. Dann heißt es wieder: Mensch, hätten wir doch eher angefangen. Ja, hätten Sie und bei der Sprachförderung können Sie gleich anfangen.
Sprachförderung ist paradoxerweise kein Kriterium mehr für einen Ganztagesplatz. Da stellen Sie sich hin und sagen, wie wichtig die Sprache beim Schuleintritt ist und was machen Sie? Sie nehmen den Kindern die Möglichkeit, ganztags in der Kita die Sprache zu erwerben. Und welche Auswirkungen das gerade auf Migrantenkinder hat …
Ach, Herr Heinemann, Sie kommen doch aus dem Schulbereich. Sie kennen doch die Problematik. Dann verstehe ich Ihre unqualifizierten Zurufe hier wirklich nicht.
Wenn der Redebedarf so groß ist, bitte ich um weitere Wortmeldungen. Ansonsten fährt Frau Blömeke jetzt fort.
Ich denke, die Problematik ist ausreichend dargestellt. Ich freue mich, dass die CDU-Fraktion es dann doch noch geschafft hat, diese Problematik ein bisschen aufzunehmen. Sie sollten das mal in Ihren Köpfen zergehen lassen, was Sie damit anrichten, wenn Sie ausschließlich die Familien im Blick haben, die es sich leisten können, einen Kita-Platz zu haben, aber die sozialen Brennpunkte völlig aus Ihrem Blickwinkel verlieren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Um die angeblich falschen Weichenstellungen im Kita-GutscheinSystem soll es heute noch einmal gehen. Ich will noch einmal sagen, welche Weichen wir gestellt haben.
Zweitens: Eine Erhöhung der Zahl der Krippenkinder im Gutschein-System um 20 Prozent gegenüber 2004.
Drittens: Einen Rechtsanspruch auf fünf Stunden mit Mittagessen für Kinder von drei Jahren bis zum Schuleintritt.
Die Inanspruchnahme dieses Rechtsanspruchs im ersten Jahr durch über 10 000 Kinder, davon über 7000 – Frau Strasburger hat es gesagt – mit Mittagessen. Insgesamt sind rund 3000 Kinder mehr im Kita-Gutschein-System als letztes Jahr bei geringerem Budget und schließlich Bildungspläne, die das Schaffen optimaler Bildungsvoraussetzungen bereits im Kindergarten verbindlich machen. Das sind die Weichen, wie wir sie gestellt haben. Übrigens gemeinsam, wenn ich mich daran erinnere, aber davon ist nichts mehr zu sehen.
Sie unterstellen jetzt immer wieder gerne mit dieser Großen Anfrage, mit unserem System würden die Familien, die besonders benachteiligt seien, völlig rausfallen, unbetreut sein. Dabei wissen Sie so gut wie ich und alle, die sich hier mit diesem Bereich beschäftigen, wissen es: Wenn eine sozial oder pädagogisch besonders dringliche Situation vorliegt, erhält das Kind einen Gutschein für die erforderliche Betreuung auch dann, wenn die Eltern nicht berufstätig sind. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis.
Abschließend möchte ich noch eines sagen: Auch wiederholte Debatten, immer neue Anfragen in der Bürgerschaft werden nichts daran ändern. Die Unruhen und Unsicherheiten im Kita-Bereich sind vorbei.
Die Frage, bekomme ich einen Gutschein oder nicht, bekomme ich einen Platz oder nicht, ist keine Frage mehr. Es gibt ganz große Klarheit und es gibt das, was es zu Ihrer Zeit und vorher nie gegeben hat, eine Verlässlichkeit. Die Neuordnung des Kinderbetreuungssystems ist ein großer Erfolg und Sie sind die Miesmacher dabei.
Wissen Sie, Frau Senatorin, der politische Autismus der Aktuellen Stunde setzt sich hier fort von Ihrer Seite.
Schon beim letztes Mal, Frau Senatorin, habe ich Sie daran erinnert und dieses Mal auch: Sie schmücken sich hier, was das Kinderbetreuungsgesetz angeht, mit fremden Federn. Sie wollten das nicht. Sie sind dazu durch eine Volksinitiative gezwungen worden. So einfach ist das.
Frau Strasburger, wo Sie so doll dabei waren, wie viel Unterschriften haben Sie denn für dieses Gesetz gesammelt? Könnten Sie uns das hier vielleicht auch einmal sagen?
Diese Drucksache – und ich bitte Sie wirklich, Kolleginnen und Kollegen von der CDU, gucken Sie sich das Ding gründlich an – zeigt die Fehlentwicklung, die Sie bei der Umsetzung des Gutschein-Systems machen, deutlich auf. Sie sehen nur die Erfüllung von Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist wunderbar, dass das für Berufstätige gut geregelt ist. Das erfordert dieses Gesetz, das wollten wir so. Es ist gut, dass das so geregelt ist. Aber Kinderbetreuung hat auch eine bildungs- und sozialpolitische Aufgabe und die wird mit der Umsetzung dieses Systems in Hamburg nicht geleistet, und zwar für eine bestimmte Kindergruppe. Denken Sie es bitte einmal von den Kindern her: Die permanenten Betreuungswechsel, das Rausfallen aus Krippe und Hort konzentriert sich auf bestimmte Stadtteile und da brauchen wir die Kita als eine soziale und bildungspolitische Instanz und auch als eine, die auf das Kindeswohl achtet. Frau Senatorin, die Kriterien, um aus sozialen und pädagogischen Gründen einen Platz zu bekommen, die sind von Ihrer Seite so gestrickt, dass man das Kind schon aus der Familie herausnehmen müsste, um sie zu erfüllen.