Protocol of the Session on August 24, 2005

Diesen Bericht möchte die SPD-Fraktion an den Rechtsausschuss zurücküberweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Dressel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu später Stunde …

(Dr. Willfried Maier GAL: Es ist noch keine acht Uhr!)

Ja, aber manche sind doch schon ein bisschen in die Unterhaltung vertieft. Aber ich werde versuchen, noch einmal die Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken und die Präsidentin hilft mir auch.

(Glocke)

Lassen Sie uns das in Ruhe zu Ende bringen mit viel Aufmerksamkeit und Konzentration auf dieses Thema. Das ist auch nicht ganz unwichtig für Hamburg.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ohne Rudelbildung!)

Die Sicherheit in den Hamburger Strafvollzugsanstalten ist ein Dauerbrenner in diesem Hause und im Rechtsausschuss mit einem Justizsenator, der mit seinem Umsteuern vom Behandlungsvollzug zum Verwahrvollzug konsequent das Strafvollzugsgesetz missachtet hat, was nicht nur die böse Opposition so sieht, sondern zunehmend auch die Hamburger Gerichtsbarkeit, und mit einem Justizsenator, der sich

selber einen Sicherheitsgaranten nennt, aber immer mehr zum Sicherheitsrisiko für den Strafvollzug und seine Mitarbeiter wird.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wer erinnert sich nicht an die Berichte über den Weglaufknast in Billwerder, an die Flucht in der Mülltonne, den Gefangenen, der mit EC-Karte mal eben das Weite sucht, um seine Geldstrafe zu berappen und sich freizukaufen? Wer erinnert sich nicht an die Berichte über leere Wachtürme in Vierlande, wo dann, als Bürgerschaftsabgeordnete zu Besuch kamen, mal schnell alle Mann an Deck waren? Das waren aber nur wenige Schlaglichter, die Wahrheit ist für den Justizsenator noch ungemütlicher.

Die Wahrheit ist zu lesen im so genannten Sicherheitsbericht der Justizbehörde, verfasst im letzten Jahr, und in den ausführlichen Begleitakten hierzu. Um diesen Sicherheitsbericht hat sich ein einjähriger Streit in diesem Hause entzündet, dessen klägliches Ergebnis Sie in der heute vorliegenden Drucksache ersehen können. Man kann es so zusammenfassen: Der Justizsenator hat fast ein ganzes Jahr versucht, mit Tarnen, Tricksen und Täuschen das Parlament und die Hamburger Öffentlichkeit in Sachen Sicherheit des hamburgischen Strafvollzugs hinters Licht zu führen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ein knappes Jahr haben Sie versucht, die Aufklärung Ihrer Sicherheitslücken zu verhindern, haben das vermeintliche Staatswohl bemüht, um Akten nicht herausgeben zu müssen, haben die Abgeordneten in ihrer Aufklärungsarbeit behindert und schikaniert. Und was ist die Begründung für diese Verschleierungspolitik? Zitat:

"Ich denke nicht daran, den Häftlingen Gebrauchsanweisungen für Ausbrüche zu geben."

Das haben Sie, Herr Kusch, in der "Bild"-Zeitung am 19. Januar dieses Jahres erklärt.

Das markiert schon einen Tiefpunkt des Umgangs des Senats mit der Hamburgischen Bürgerschaft, denn Sie unterstellen den Abgeordneten, die Aufklärungsarbeit in Sachen Vollzugssicherheit zu einer organisierten Fluchthilfe für Gefangene ausarten zu lassen; das ist eine bodenlose Frechheit.

(Beifall bei der SPD – Michael Neumann SPD: Das ist noch harmlos formuliert!)

Dafür sollten Sie sich schämen, Herr Senator, und ich erwarte, dass Sie sich hier und heute dafür entschuldigen.

(Beifall bei der SPD)

Die CDU-Fraktion hat sich hierbei auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert, sondern mal wieder in ihrer bewährten Rolle als Ja-Sager und Abnicker diesen Vertuschungskurs bestätigt. Im Ausschussbericht steht es schwarz auf weiß, auch ein wirklich spannendes Zitat:

"Die CDU wünsche keine Dauerkontrolle des Hamburger Strafvollzugs …".

Parlamentarische Gepflogenheiten, laufende Beratungen angemessen fortzusetzen, kennen Sie leider auch nicht mehr. Sie haben sich vollends als Erfüllungsgehilfe des Justizsenators bei der Demontage parlamentarischer Rechte betätigt und das sollte Sie wirklich nachdenklich stimmen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Inhaltlich ist der Sicherheitsbericht – da verrate ich kein Geheimnis, – vor allem ein Dokument der Hilflosigkeit des Justizsenators. Die Veröffentlichung des Berichts hätte keineswegs das Staatswohl gefährdet, wohl aber Ihren Sessel als Justizsenator.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Durch diesen Bericht wird ganz klar, dass zum Beispiel die überstürzte Umplanung von Billwerder auf Kosten der Sicherheit geht. Und dass der angebliche Superknast – das hat auch eine Anfrage der Kollegin Dräger ergeben – gar nicht so super ist, sondern vor Baumängeln nur so strotzt, ist mittlerweile auch klar.

Ansonsten bleiben viele Fragen, denen Sie nicht ausweichen können. Dabei schrecken Sie, Herr Senator, auch nicht davor zurück, die Verfassung zu missachten, um vom eigenen Versagen abzulenken, so geschehen übrigens bei einer Kleinen Anfrage. Ich danke deshalb ausdrücklich dem Präsidenten dieses Hauses, der gerade nicht da ist – aber das möchte ich an dieser Stelle deutlich betonen –, dass er eine vertuschende Senatsantwort zum Einschleusen von Drogen in den Vollzug wegen Missachtung der verfassungsrechtlichen Antwortpflicht dem Senat zur erneuten Beantwortung zurücküberwiesen hat. Immerhin hat es von da Schützenhilfe gegeben.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Uwe Grund SPD: Ein Armutszeugnis!)

Herr Kusch, die Öffentlichkeit will zum Beispiel wissen, wie und wann Sie die bekannten baulichen Mängel in den Justizvollzugsanstalten abstellen werden, wie und wann Sie die Transportrisiken zum Beispiel von Häftlingen in die Hamburger Außengerichte mittels Taxis

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Mit Kindersicherung!)

das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen – in den Griff bekommen wollen, wie und wann Sie abgängige und störanfällige Sicherheitstechnik in den Anstalten ersetzen wollen und wie es um die durchgehende Besetzung von Wachtürmen in den Anstalten bestellt ist.

Deshalb noch einmal unsere Aufforderung: Legen Sie die Karten auf den Tisch und sagen Sie dem Parlament und der Hamburger Öffentlichkeit die Wahrheit über die Sicherheitslage im Vollzug. Wir geben Ihnen heute hierzu eine weitere Chance. Mit der Rücküberweisung an den Rechtsausschuss können wir dort auch in einer nichtöffentlichen Sitzung die Beratungen fortsetzen, damit alle Fragen geklärt werden können.

Ich fordere Sie dringend auf, sich nicht diesem Kurs zu verweigern. Auch Sie können kein Interesse daran haben, dass an weiteren Beweisen gearbeitet wird, dass es hier nur um die Vertuschung geht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat jetzt Frau Spethmann.

(Uwe Grund SPD: Alles ist gut! – Dr. Andreas Dressel SPD: Alles ist super!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum von Ihnen monierten

Verfahren: Die Opposition hat die Diskussion um den Sicherheitsbericht extrem in die Länge gezogen, und zwar nicht nur durch monatelange Verzögerungen im Rechtsausschuss, sondern auch dadurch, dass teilweise von Ihnen Punkte angesprochen worden sind, die längst obsolet sind, zum Beispiel die Sicherheitstechnik der Justizvollzugsanstalt Vierlande. Die Anstalt wird eh geschlossen, wollen Sie da noch 100 000 Euro in eine Anstalt investieren, die eh geschlossen wird; das ist lächerlich.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Darum geht es doch gar nicht!)

Wir haben uns an diversen Terminen mit dem Sicherheitsbericht beschäftigt; ich lese Sie Ihnen einmal vor: 11. Januar, 9. Februar, 1. März, 20. April, 31. Mai, 28. Juni.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie haben nur über Formalien geredet!)

Deputierte und Abgeordnete haben am 21. Januar, 26. Januar, 21. Februar, 25. Februar und am 28. Juni Akteneinsicht genommen. Sie reden von mangelnder parlamentarischer Kontrolle, Sie hatten hier genug Möglichkeiten.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Woher wissen Sie das?)

Das ist in der Bürgerschaftskanzlei notiert, Herr Neumann. Ich habe kein Herrschaftswissen, das sind Akten, die hier vorgelegt worden sind. Das stand alles in dem Bericht, Sie konnten das bei der Akteneinsicht ersehen.

Sie wollten eine Dauerkontrolle des Strafvollzugs. Eine Dauerkontrolle gibt es für Parlamentarier nicht, dazu stehe ich auch. Sie können Einzelkontrollen machen, Sie können aber keine Dauerkontrolle machen. Wir können uns doch nicht die nächsten drei Jahre monatlich über den Strafvollzug unterhalten.

(Zurufe von der SPD)

Das wollen wir nicht und Sie missbrauchen parlamentarische Rechte, wir nicht.

(Beifall bei der CDU)

Aber nun zum eigentlichen Thema, zur Gefängnissicherheit; immerhin haben Sie sich dazu auch geäußert. Hamburgs Gefängnisse sind sicher, das kann ich an vielen Beispielen belegen.

Erstens: Die Strukturen und Kapazitäten wurden verbessert. Die neue Justizvollzugsanstalt Billwerder ist mit fast 800 Haftplätzen im geschlossenen Vollzug neu geschaffen worden.