Das Problem der Wohnungsbaupolitik in Hamburg ist, dass sie nicht an der Stadthausbrücke, sondern am Gänsemarkt betrieben wird. Der Finanzsenator bestimmt, was gemacht wird, und da geht es nur um Mehreinnahmen und nicht um mehr Wohnungsbau. Insofern ist es konsequent, wenn der Finanzsenator neuerdings die großen Wohnungsbauvorhaben vorstellt, zumindest der Presse, wenn auch nicht der Bürgerschaft gegenüber. Bis 2009, so konnten wir im März lesen, will der Senat 5500 neue Wohnungen bauen, das sind rund 1100 neue Wohnungen im Jahr. Die Hälfte davon soll sogar familiengerecht werden. Das mögen zwar dreimal so viele Wohnungen sein, wie Sie bisher bauen, aber es reicht nicht aus. Es reicht schon gar nicht aus, wenn Sie das stoppen wollen, was wir Umlandabwanderung nennen. Fast 20 000 Menschen verlassen Jahr für Jahr Hamburg. Wenn man davon ausgeht, dass ungefähr 10 000, also die Hälfte davon, zu Familienverbänden gehören, dann reicht es eben
nicht aus, wenn wir pro Jahr 600 neue familiengerechte Wohnungen auf städtischen Grundstücken bauen; das ist zu wenig.
Ist denn dieser Wohnungsbau überhaupt realistisch, 5500 neue Wohnungen in den nächsten fünf Jahren? Sie haben in der Antwort auf unsere Große Anfrage die Flächen zum großen Teil aufgelistet. Auf der Fläche des AK Ochsenzoll, auf freiwerdenden Flächen, sollen, schon lange von Rotgrün geplant, 700 bis 800 neue Wohneinheiten entstehen, aber das Ganze liegt doch danieder. Entgegen der Wohnungsbauplanung, die auch unser Oberbaudirektor vorgestellt hat, planen Sie doch zurzeit den Ausbau des Maßregelvollzugs; da werden keine 800 Wohnungen gebaut. Diese Zahlen, die Sie noch in der Drucksache nennen, sind doch Makulatur.
Oder nehmen wir Barmbek. In Barmbek wollen Sie über 1000 neue Wohnungen bauen. Nach Ihrer Vorgabe werden das dann rund 500 familiengerechte Wohnungen sein. Ich frage mich nur, welche Familien nach Barmbek ziehen sollen, wenn Sie dort die Schulen dicht machen. Wo sollen in Barmbek Familien ihre Kinder einschulen, wenn sie keine Schule vorfinden? Die ziehen gar nicht erst hin.
Und dann klingt es wie Hohn, wenn, wie gestern im Stadtentwicklungsausschuss geschehen, vom Stadtentwicklungssenator gesagt wird, man wolle jetzt auch auf Flächen von Schulen, die geschlossen werden, Wohnungsbau betreiben. Ich frage mich nur, für wen wir dort Wohnungsbau betreiben, wenn die Infrastruktur fehlt.
Sie ahnen bestimmt alle, was ich sagen möchte. Es ist wieder sehr, sehr laut. Es werden viel zu viele Nebengespräche geführt und ich möchte Sie bitten, wieder zu mehr Ruhe zu kommen, vor allen Dingen rechts in der Ecke.
Das Interesse am Wohnungsbau ist leider bei der Regierungsfraktion nicht so groß, wie auch die Zahlen deutlich machen.
Und über die Flächen für den Wohnungsbau in Hamburg, die wirklich Sinn machen würden, weil die Infrastruktur vorhanden ist – über die Bebauung von Baulücken –, hat der Senat keine Informationen. 1990 wurde noch ein Baulückenkataster geführt, um dafür Sorge zu tragen, dass Baulücken bebaut wurden. Viele sind bebaut worden, aber nicht alle. Aber der Senat hat auf zwei Anfragen nicht sagen können, wo die Baulücken sind, und ich bin nur dankbar, dass die GAL die Initiative ergriffen und heute einen Antrag für ein Baulückenkataster vorgelegt hat, damit Baulücken künftig in Hamburg geschlossen werden können und wir dort, wo Wohnungen fehlen und Infrastruktur vorhanden ist, Wohnungen bauen. Vor allen Dingen müssen Wohnungen in den Stadtteilen gebaut werden, in denen es keine großen Wohnungen für Familien gibt, in denen aber auch Wohnungen fehlen, wenn Senioren aus den großen Wohnungen ausziehen würden,
aber im gleichen Stadtteil bleiben wollen. Dafür haben Sie keine Konzepte, keinen Plan und deswegen ist der Wohnungsbau in Hamburg so schlecht, wie er ist.
Meine Damen und Herren! Ihre Wohnungsbaupolitik ist nicht für die wachsende Stadt geeignet, sondern für wachsende Mieten und für eine wachsende Wohnungsnot und ich frage mich nur, wo der Staatsrat für den Wohnungsbau bleibt.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eben haben wir den Beitrag eines letzten großen Wagnerianers erlebt. Das war echt mal ein Beitrag, wo man so richtig merkte, dass Eugen Wagner die Geister und Räume der SPD-Fraktion durchweht.
Das waren noch Zeiten mit Eugen Wagner. Da war vieles richtig gut, vieles ging auch daneben, vor allem in der Baubehörde, und nun ärgern Sie sich darüber, dass wir endlich einmal angefangen haben, in Hamburg vieles von dem an alten Zöpfen abzuschneiden, was Sie jahrelang eingeführt haben. Das würde mich an Ihrer Stelle auch ärgern.
Ich will Ihnen einmal etwas zum Thema Wohnungsbau sagen. Wenn Sie durch diese Stadt fahren und sich gerade einmal da umschauen, wo Menschen wirklich gerne wohnen, dann werden Sie feststellen, dass an allen Ecken und Enden dieser Stadt gebaut wird. Es wird gebaut, weil die Menschen hier leben wollen, es wird gebaut, weil Investoren bereit sind, ihr Geld einzubringen und es wird gebaut, weil dieser Senat es seit Jahren geschafft hat, endlich einmal wieder viele ideologische Barrieren, die Sie jahrelang aufgebaut haben, abzuschaffen und Voraussetzungen dafür zu schaffen, damit wir in Hamburg wirklich etwas machen können. Und das, sehr verehrte Kollegen, wurmt Sie, das verstehe ich.
Sie haben Anfragen zum Grundstückskostenrichtsatz gestellt. Ich finde das Thema ganz spannend, der Kollege Quast offensichtlich nicht, denn er hat nicht ein Wort dazu gesagt; aber ich will es Ihnen auch gern ersparen.
Ich will Ihnen sagen, wo unsere Schwerpunkte bei der Grundstückspolitik liegen. Wir haben einen klaren Schwerpunkt und der heißt: Wir wollen Wohnraum schaffen, wir wollen Flächen für familiengerechten Wohnraum schaffen und genau das schaffen wir zurzeit in Hamburg. Schauen Sie sich einmal die Zahlen an, gucken Sie ein
mal, wie es im Eigenheimprogramm aussieht. Wir haben im Jahre 2003 84 Prozent der vergebenen Grundstücke an Familien vergeben und im Jahre 2004 73 Prozent.
Im Eigenheimprogramm läuft etwas für Familien; das hat es all die Jahre vorher bei Ihnen nicht gegeben.
Wir haben andere alte Zöpfe abgeschnitten. Wir haben angefangen, die seit Jahren verquarzten Vorgaben für Nichtverkaufsgebiete endlich einmal abzuschaffen. Wir haben gerade den Genossenschaften viele von den Grundstücken, die sie seit Jahren gerne erwerben wollten, gegeben. Gerade Herr Quast weiß das am allerbesten, denn er hat mit seinem Lieblingsgebiet, der Jarrestadt, jahrelang dafür gesorgt, dass man dort entgegen dem Willen der Genossenschaften nichts machen konnte.
Wir haben auch eine Sache gemacht, die ich persönlich sehr, sehr wichtig finde. Wir haben einen Plan aufgelegt, bei dem wir es Erbbauberechtigten ermöglichen, Grundstücke, die sie selbst nutzen, für günstiges Geld zu erwerben. Diese Menschen sind in der Lage, flächendeckend in ganz Hamburg die Grundstücke, die sie seit Jahren bebaut haben und nutzen, jetzt zum ersten Mal selbst zu erwerben. Das haben sie all die Jahre diesen Menschen vorenthalten. Jetzt können sie es endlich und sie nutzen dieses Angebot mit großer Begeisterung. Und um eines ganz deutlich zu sagen: Hier geht es nicht um Spekulation, hier geht es darum, diesen Menschen Selbstnutzungen zu geben und das übrigens für einen ausgesprochen fairen Preis. Diese Art von ideologischen Verquarzungen haben wir aufgelöst. Wir sorgen dafür, dass in dieser Stadt wirklich Wohnungsbaupolitik und auch Flächenpolitik gemacht wird, wie es pragmatisch gemacht werden muss.
Ein letztes Wort zu dem Gegenmodell, das Herr Quast Ihnen vorgestellt hat, die Baulückenbebauung. Die Baulückenbebauung geistert seit vielen Jahren immer wieder durch die Köpfe aller Menschen. Und immer, wenn den Kollegen der SPD nichts Besseres einfällt, dann sagen sie, die Baulücken werden es richten. Verehrte Kollegen, man merkt, dass Sie weit weg von jeder Praxis sind. Die Baulücken, die wir in Hamburg haben und die schlichtweg nicht bebaut sind, haben Gründe, warum sie nicht bebaut sind,
weil in der Regel mit ihnen große Schwierigkeiten bautechnischer Art oder wegen der Eigentumsverhältnisse verbunden sind. An diesen Baulücken haben sich in der Tat ganze Generationen von Vorgängern, auch von Ihren Regierungen, die Zähne ausgebissen. Wir werden mit Sicherheit nicht nachlassen, bei Baulücken immer wieder nachzuhaken, aber zu glauben, wir könnten irgendeine Flächenpolitik, irgendeine Wohnungsbaupolitik auf einem Baulückenkataster aufbauen, ist, ehrlich gesagt, mehr als naiv und führt genau zu der schwachen Wohnungsbaupolitik, die Sie all die Jahre gemacht haben.
Ich verspreche Ihnen, dass wir im Rahmen des Leitbildes der "Wachsenden Stadt" dafür Sorge tragen werden, dass gerade Familien diejenigen sein werden, die in dieser Stadt den Nutzen davon haben, dass wir Grundstücke pragmatisch und unideologisch an sie vergeben. Das wird
den Leuten in der Stadt nutzen und den jungen Familien die Chance geben, endlich einmal Eigentum zu erwerben. Das ist übrigens, nebenbei gesagt, auch die beste Sozialpolitik, die ich mir vorstellen kann.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mich beileibe nicht als Wagnerianer bezeichnen lassen, aber was Sie da abgeschnitten haben, waren nicht nur alte Zöpfe, sondern das war eine wirklich starke und erfolgreiche Wohnungsbaupolitik in Hamburg und die hat zu einem großen Teil dazu beigetragen, dass Hamburg in den Neunzigerjahren vergleichsweise stark gewachsen ist und dabei für viele Menschen Wohnungen zur Verfügung gestellt worden sind.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Petra Brink- mann SPD: Richtig! – Dr. Andrea Hilgers SPD: Das hören wir gerne!)
Diese Tradition haben Sie erfolgreich gebrochen, das haben Sie erfolgreich zerstört. Das ist eigentlich auch der einzige Erfolg Ihrer Wohnungsbaupolitik. Die Anfrage der Kollegen von der SPD als auch die Anfrage, die wir kürzlich zur Wohnungsbauförderung gestellt haben, deckt das schonungslos auf.
Auch die entsprechenden Gutachten der LBS, die wirklich unverdächtig ist, eine Politik zu machen, die nur dem Mietwohnungsbau das Wort redet, auch die LBS-Studie macht völlig klar: Die Wohnungsbauleistung in Hamburg ist grottenschlecht. Es sind nur 3500 bis 4000 Wohnungen gebaut worden, der Bedarf ist fast doppelt so hoch. Mit dieser Wohnungsbauleistung ist in Hamburg kein Staat zu machen und schon gar keine wachsende Stadt zu schaffen.
Herr van Vormizeele, Sie haben im Bereich der Eigenheime nur Prozente genannt. Natürlich ist es schön zu sagen, 70 Prozent der Eigenheime wurden an Familien vergeben, wunderbar, das stimmt. Aber von wie vielen? Von 600. Das ist kein doller Wert. 600 neue Eigenheime insgesamt und davon 70 Prozent für Familien sind zu wenig. Das sind keine Zahlen, die irgendwie herzeigbar wären und das macht deutlich, dass Ihre Wohnungsbaupolitik absolut auf der Stelle tritt.