Protocol of the Session on April 14, 2005

(Beifall bei der SPD)

Das ist angewandte Mittelstandsförderung, meine Damen und Herren.

Ansonsten stellt sich doch die Frage, wenn hier immer gesagt wird, Hamburg sei die mittelstandsfreundlichste Stadt der Bundesrepublik, woran sich das denn festmacht. Welche neuen Maßnahmen hat dieser Senat denn letztendlich wirklich hier auf den Weg gebracht, wo er doch immer verkündet hat, dass er im Bereich der Mittelstandspolitik so viel Neues und Gutes durchführen würde? Das sind nicht viele Maßnahmen. Wenn wir uns den Bereich Existenzgründung ansehen, so gibt es die Hamburger Existenzgründungsinitiative seit 1994; sie ist unter sozialdemokratischen Senaten eingeführt worden. Die Innovationsstiftung ist 1996 gegründet worden und ist in dieser Stadt mit 32 Millionen Euro Fördersumme seit 1996 ein wichtiges Instrument der Mittelstandsförderung, auch im Bereich neuer Industrietechnologien. Sie ist aber keine Idee dieses Senates, sondern wird fortgeführt und das ist auch gut so.

Aber wenn man hier mit dem Anspruch antritt, mit einer neuen Mittelstandspolitik die mittelstandsfreundlichste Stadt zu werden, dann muss ein bisschen mehr kommen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Auch über das Mittelstandsförderinstitut reden wir hier schon seit zwei Jahren. Das habe ich in der Haushaltsdebatte schon gesagt. Und was ist dabei herausgekommen? Dabei ist herausgekommen, dass die Innovationsstiftung in die Habichtstraße umgezogen ist.

Die Frage stellt sich doch: Brauchen wir in dieser Stadt nicht vielmehr eine Investitionsbank? Warum greift der Senat den Vorschlag, den wir hier zweimal angeführt haben und der zweimal abgelehnt worden ist, nicht auf, für Hamburg eine Investitionsbank zu gründen?

(Beifall bei der SPD – Günter Frank SPD: Bravo!)

Eine Investitionsbank würde dazu führen, dass wir Wirtschaftsförderung in größerem Maße betreiben und Infrastrukturprojekte im Rahmen von Kommunalkrediten, die günstig refinanzierbar sind, vorantreiben könnten. Sie würde weiterhin dafür sorgen, dass die Kredite der KFW, wenn die Geschäftsbanken sie dann nicht durchleiten, auch bei den Unternehmen ankommen. Das sind alles Aufgaben, die solch ein Institut durchführen könnte. Dieser Senat unternimmt hier bisher nichts. Daher fragen wir: Wann kommt hier endlich eine Förderung für die mittelständischen Unternehmen, die diese dringend in dieser Stadt benötigen.

(Beifall bei der SPD und bei Jens Kerstan GAL)

Ich stelle auch die Frage, warum die Gründung einer Investitionsbank bisher nicht durchgeführt wurde. Was ist der Grund? Dazu wird hier in diesem Hause bisher geschwiegen. Spielt hierbei die Hamburger Sparkasse eine Rolle? Gibt es Verhandlungen mit Schleswig-Holstein über eine gemeinsame Investitionsbank? Das wäre auch eine Möglichkeit, aber dann sollte man das hier letztendlich einmal sagen.

Wer mit dem Anspruch antritt, in dieser Stadt die mittelstandsfreundlichste Politik zu machen, der muss auch den Beweis erbringen, der bisher nicht erbracht worden ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Kerstan.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mittelstandspolitik ist ja nun wirklich das Lieblingsdebattenthema der Wirtschaftspolitiker der CDUFraktion. Ich bin erst seit zweieinhalb Jahren in dieser Bürgerschaft, aber es ist heute schon das vierte Mal, dass ich zu Ihrer Änderung des Mittelstandsförderungsgesetzes reden konnte oder darf. Sie scheinen auch wirklich stolz darauf zu sein. Und in der Tat, es ist etwas ganz Revolutionäres passiert.

Die CDU-Fraktion hat es geschafft, in einem Gesetz aus einer Sollbestimmung eine Mussbestimmung zu machen.

(Barbara Ahrons CDU: Das ist eine ganze Menge, Herr Kerstan!)

Das könnte natürlich auch zu Änderungen führen. Die CDU-Fraktion war dann auch so eifrig, den Senat zu fragen, was denn jetzt wirklich passiert ist.

(Wolfhard Ploog CDU: Der Mittelstand ist ja auch immer wichtig!)

Ich habe dieses Ersuchen und auch die Antwort gelesen. Ich habe mir dann gedacht: Meine Güte, ganz schön dünn. Hier ist wirklich wenig passiert. Das Ganze hat nicht richtig zu einem Erfolg geführt. Von 35 öffentlichen Unternehmen haben 21 – Frau Ahrons hat das erwähnt – ihre Satzung geändert.

(Barbara Ahrons CDU: 28!)

Was hat denn jetzt die Satzungsänderung bei diesen Unternehmen bewirkt? Die Antwort des Senates ist recht eindeutig. Von den 35 Unternehmen haben 16 überhaupt nicht nach VOB oder VOL vergeben, weil sie die Größenordnung der Schwellenwerte für VOB- oder VOL-Vergaben gar nicht erreicht haben. Sieben Unternehmen fallen unter die Ausnahmeregelung. Von den 35 Unternehmen hat also Ihre ach so tolle Gesetzesänderung bei 23 Unternehmen keinerlei Auswirkungen gezeigt.

Wenn man sich jetzt überlegt, dass ich bereits zum vierten Mal dazu rede, muss man sich wirklich fragen, ob es für den Mittelstand im Moment weiß Gott nicht wichtigere Themen gibt. Es geht im Moment um viele Insolvenzen, die Dienstleistungsrichtlinie, Mindestlohn sowie die Lohnnebenkosten. Das sind alles Themen, die die Mittelständler unmittelbar berühren. Daher habe ich dieses Thema nicht zur Debatte angemeldet, um den Senat vorzuführen, weil ich mir gedacht habe, dass es gar nicht sinnvoll ist herumzumeckern, dass dieses Gesetz nicht viel gebracht hat. Insofern war ich dann sehr erstaunt, als ich festgestellt habe, dass Sie dieses Desaster selber zur Debatte angemeldet haben. Das ist wirklich ein passendes Beispiel für Realsatire.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Und dann steht dieses Thema auch noch an Punkt 1 der Tagesordnung. Hier sitzen noch Gäste, also Steuerzahler, die uns alle dafür bezahlen, dass wir dieses weltbe

wegende Thema debattieren. Die Presse ist auch noch anwesend und willig, etwas zu schreiben.

(Barbara Ahrons CDU: Sie sollten sich mal mit dem Baugewerbeverband unterhalten!)

Etwas anderes hat diese Mittelstandspartei CDU nicht zu liefern, als stolz geschwellt wirklich zum vierten Mal darüber zu debattieren.

Wo sind neben Ihren wortreichen Reden über Mittelstandspolitik die Ergebnisse Ihrer Taten? Hier wird natürlich ganz deutlich, dass Ihre Worte mit den Taten nicht so richtig übereinstimmen.

746 Millionen Euro kostet der Ausbau des Hafens, was zum größten Teil den Großunternehmen zugute kommt. 150 Millionen Euro stecken Sie in den Flughafen. Die Landebahnverlängerung bei Airbus wird vielleicht 100 Millionen Euro kosten.

Und was tun Sie für den Mittelstand? Hier haben Sie in einem Gesetz aus dem Wort "Soll" ein "Muss" gemacht. Ihre Taten sprechen für sich selbst.

(Barbara Ahrons CDU: Sie sollten mal die Zulie- fererbetriebe betrachten!)

Es gibt eigentlich nicht sonderlich viel darüber zu berichten.

(Beifall bei der GAL)

Letztendlich können Sie sich solche Debatten wie heute doch wirklich nur deshalb leisten, weil unsere Debatten in der Regel unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden und die Kollegen von der Presse über diese wirklich sinnlosen und inhaltsleeren Debatten den gnädigen Mantel des Schweigens ausbreiten, damit auch nichts darüber aus diesen heiligen Hallen hinausdringt. Vielleicht würde sich das mal ändern, wenn die Kollegen von der Presse darüber berichten würden. Ich befürchte aber, dass das nicht der Fall sein wird.

Ihre Taten sprechen für sich. Sie unternehmen nichts für den Mittelstand. Daher müssen Sie zumindest regelmäßig über den Mittelstand reden, so wie wir es heute zum wiederholten Male tun. Ich befürchte, derartige Debatten werden uns in Zukunft nicht erspart bleiben. Das ist leider das traurige Fazit und es ist wirklich ein Armutszeugnis, denn der Mittelstand ist der Bereich in dieser Stadt, in dem die meisten Unternehmen mit den meisten Arbeitsplätzen tätig sind beziehungsweise in dem man auch weitere Arbeitsplätze schaffen könnte.

Ich hoffe, dass wir in Zukunft vielleicht auch mal über konkrete Maßnahmen reden können, die wirklich etwas verändern. Aber dieser Senat ist uns das bisher schuldig geblieben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort bekommt Senator Uldall.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor zwei Jahren hatte die Bürgerschaft eine Änderung des Mittelstandsförderungsgesetzes beschlossen, und zwar mit dem Ziel, eine mittelstandsfreundlichere Auftragsvergabe, auch durch die öffentlichen Unternehmen, in Hamburg zu erreichen.

Dieses war eine gute Initiative, die damals maßgeblich von Frau Ahrons hier im Parlament ergriffen worden ist.

Was ich jetzt als besonders lobenswert aus der Sicht der Parlamentarier herausstellen möchte, ist, dass nicht nur gesagt wird, lieber Senat, das hast du zu tun, sondern zwei Jahre später gefragt wird, lieber Senat, berichte uns einmal, was jetzt dabei konkret herausgekommen ist. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Förderung des Mittelstandes von der Regierungsfraktion nicht nur als ein Sonntagslippenbekenntnis betrieben wird, sondern dass hier mit aller Energie nachgehakt wird, was der Senat durchgeführt hat.

Ich will jetzt die Zahlen im Einzelnen nicht wiederholen. Sie sind alle aufgelistet. Diese Zahlen sprechen für sich. Es ist schon etwas Besonderes, dass heute in den Satzungen der Unternehmen, auf die die Stadt Hamburg Einfluss hat, festgehalten wird, dass man die Auftragsvergabe mittelstandsfreundlich zu halten hat. Dieses ist ein wichtiger Hinweis, um nicht nur zu sagen, es ist egal, nein, wir wollen, dass es so gemacht wird. Ihr müsst in diesem Sinne handeln. Das ist ein wesentlicher Unterschied, der sich auch in den nächsten Jahren noch deutlicher herausstellen wird.

Natürlich hat Herr Egloff in einem Punkt Recht. Wir hätten in der Senatsmitteilung einen Vergleich zu den vorhergehenden Jahren vornehmen müssen. Das ist völlig richtig, Herr Egloff. Seinerzeit gab es aber das Mittelstandsförderungsgesetz in dieser Form noch nicht. Daher konnten wir diesen Vergleich auch nicht ziehen.

Wir werden aber in Zukunft von Jahr zu Jahr genau überprüfen, wie sich die Auftragsvergabe entwickelt hat und werden dann auch genau nachsteuern können, wenn dieses im Einzelnen nicht reicht.

Es gibt schon einige positive Dinge, über die wir uns freuen können. Der häufig vernommene Vorwurf, dass bei der Vergabe von Aufträgen im Wesentlichen auf die großen Unternehmen zugegangen und die Generalunternehmerschaft bevorzugt werden würde und es für viele kleine und mittlere Betriebe sehr ernst wäre, ist jetzt widerlegt worden. Es sind nur 0,5 Prozent der Aufträge, die an Generalunternehmen vergeben worden sind. Ich glaube, das schafft eine Klarheit, über die wir uns freuen können.

(Glocke)

Jetzt frage ich Sie: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Egloff?

Ja, gern.